LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7582 07.10.2019 Datum des Originals: 04.10.2019/Ausgegeben: 11.10.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2914 vom 29. August 2019 der Abgeordneten Norwich Rüße und Wibke Brems BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/7267 Welche Verantwortung nimmt die Landesregierung NRW für den Umweltschutz bei der Nutzung des tiefen Untergrundes im deutsch-niederländischen Grenzraum wahr? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Dass die Nutzung des Untergrundes durchaus mit großen Umwelteinwirkungen einhergehen kann, zeigte der Öl-Unfall im Gronauer Amtsvenn im Zusammenhang mit einer als Öl-Lager genutzten Kaverne vor fünf Jahren. 75.000 Liter Rohöl verseuchten die Erde, 60.000 Tonnen belasteter Boden mussten entsorgt werden und noch immer tritt ölhaltiges Wasser aus. Auch das Austreten von Lagerstättenwasser aus einer defekten Rohrleitung in der Nähe von Emlichheim im benachbarten Niedersachsen hat dies jüngst erneut bestätigt. Im Zusammenhang mit den durch Salzgewinnung entstandenen und nun anderweitig genutzten Kavernen stellen sich zudem Fragen, wie standsicher das Deckgebirge über diesen Hohlräumen ist und wozu die gemessenen Absenkungen über den Kavernen führen könnten. Diese Sachverhalte werfen Fragen auf, wie und in welchem Umfang die NRW- Landesregierung Verantwortung – auch im Sinne von Vorsorge – übernimmt für die möglichen Folgen der Nutzung des Untergrundes im deutsch-niederländischen Grenzraum. Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 2914 mit Schreiben vom 4. Oktober 2019 im Einvernehmen mit der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz und dem Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Internationales namens der Landesregierung beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7582 2 1. Die Raumordnung ist in Deutschland und in den Niederlanden bei einigen Gemeinsamkeiten grundsätzlich unterschiedlich organisiert. Untergrundnutzungen, Lagerstätten und Grundwasserkörper, die sich zu beiden Seiten der Grenze befinden, unterliegen teils unterschiedlichen gesetzlichen Regelwerken. Inwiefern können aus diesen Rahmenbedingungen nach Auffassung der Landesregierung bei der Nutzung des Untergrundes Risiken für einen effektiven Schutz der Umwelt und der Grundwasserkörper an der deutsch-niederländischen Grenze resultieren? Antwort bitte begründen. Die unterschiedlichen gesetzlichen Anforderungen in beiden Staaten reichen über Verfahrensund Zuständigkeitsfragen bis hin zu materiellen Standards und deren Durchsetzung. Eine weitere wichtige Rolle spielen für Untergrundnutzungen die Erhebung und Verfügbarkeit geologischer Daten zu den jeweiligen Untergrundbereichen. Zum Ausschluss von Risiken, die aufgrund von fehlendem Wissen (beispielsweise über die geologische Beschaffenheit angrenzender Räume oder potenzielle Nutzungskonkurrenzen im Untergrund) entstehen können, dienen die für das jeweilige Vorhaben erforderlichen Fachplanungen und Genehmigungsverfahren, bei denen regelmäßig auch die Behörden und die Öffentlichkeit des Nachbarlandes zu informieren und zu beteiligen sind, sofern eine Betroffenheit gegeben ist. 2. Warum befasst sich der neue Landesentwicklungsplan NRW nicht im gleichen Umfang mit den vielfältigen Nutzungen bzw. Nutzungsmöglichkeiten des Untergrundes inklusive ihrer Umweltauswirkungen wie die Structuurvisie Ondergrond (2018) der Niederlande? Wie in Frage 1 dargelegt, ist die Raumordnung in Deutschland und in den Niederlanden grundsätzlich unterschiedlich organisiert. Der Landesentwicklungsplan NRW enthält zu Nutzungsmöglichkeiten des Untergrundes inklusive der Umweltauswirkungen verschiedene planerische Festlegungen, wie z.B. Grundsatz 8.2-5 Unterirdische Führung von Hochspannungsleitungen, Grundsatz 9.1-1 Standortgebundenheit von Rohstoffvorkommen und Ziel 10.3-4 Ausschluss von Fracking in unkonventionellen Lagerstätten. 3. Welche aktuellen bzw. geplanten raumbedeutsamen Nutzungen des Untergrundes mit Umweltrelevanz entlang der deutsch-niederländischen Grenze in NRW sind der Landesregierung auf beiden Seiten der Grenze bekannt? Bitte die Art der Nutzungen, deren Tiefe und deren geografische Lage benennen. Die Salzgewinnungsgesellschaft Westfalen mbH & Co. KG (SGW) betreibt seit 1972 auf der Grundlage erteilter Rahmen-, Haupt- und Sonderbetriebsplanzulassungen ein Steinsalzbergwerk südwestlich des Ortsteils Epe der Stadt Gronau. Die Salzgewinnung erfolgt in Form einer gezielten Bohrlochsolung an verschiedenen Betriebspunkten. Die durch Solung entstandenen Kavernen werden zum Teil für die Speicherung von Gas und Öl genutzt. Die Salzlagerstätte, in der die Gewinnung erfolgt, liegt in einer Tiefe von ca. 1.000 bis 1.500 Meter. Die SGW beabsichtigt, ihre Aktivitäten in westlicher und nordwestlicher Richtung auszuweiten und künftig auch im angrenzenden Gebiet der Niederlande eine Bohrlochsolung zu betreiben. Auf dem Gebiet der Niederlande ist die SGW Inhaberin einer Bergbauberechtigung, die südöstlich von Enschede an der niederländisch-deutschen Grenze liegt. Eine konkrete Zeitplanung, wann die SGW zunächst Erkundungstätigkeiten und ggf. eine spätere Gewinnung beabsichtigt, liegt der Landesregierung nicht vor. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7582 3 4. Welche gegenseitigen Verpflichtungen ergeben sich für NRW und die Niederlande aus den geltenden EU-Regelungen zum Umweltschutz, wenn Nutzungen des Untergrundes in Grenznähe geplant und ausgeführt werden? Gegenseitige Verpflichtungen bei Planung/Vornahme von Untergrundnutzungen betreffen vor allem Beteiligungspflichten im Zulassungsverfahren. Diese Beteiligungspflichten ergeben sich für Behörden aus Nordrhein-Westfalen und den Niederlanden aus den Grundsätzen der Espoo-Konvention sowie der UVP-Richtlinie. In Deutschland sind die zur grenzüberschreitenden Beteiligung geregelten Vorgaben der Espoo-Konvention und der UVP- Richtlinie in das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVPG) aufgenommen worden. 5. Welche wechselseitig grenzüberschreitenden administrativen und sonstigen Strukturen gibt es entlang der nordrhein-westfälisch-niederländischen Grenze für den Fall, dass von den Nutzungen des Untergrundes Gefahren für Mensch und Umwelt ausgehen? Eine beabsichtigte Nutzung des Untergrundes, für die bereits bei der Beantragung einer Genehmigung erkennbar oder zu erwarten ist, dass von ihr Gefahren für Mensch und Umwelt ausgehen, ist nicht genehmigungsfähig.