LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7603 08.10.2019 Datum des Originals: 08.10.2019/Ausgegeben: 14.10.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2959 vom 9. September 2019 des Abgeordneten Rüdiger Weiß SPD Drucksache 17/7388 Wann fängt die Landesregierung an, Nordrhein-Westfalen als entwicklungspolitischen Akteur zu stärken? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In ihrem Koalitionsvertrag bekennt sich die Landesregierung, „in aller Deutlichkeit zu den Grundsätzen eines fairen und nachhaltigen Freihandels“ (S. 114). Gleichzeitig möchte die Landesregierung aber die „bestehenden Instrumente der nordrhein-westfälischen Entwicklungspolitik […] überprüfen“, um das „Fördervolumen insbesondere dort zu reduzieren, wo der Nachweis eines konkreten Nutzens nicht durch unabhängige Evaluierung erbracht ist“ (S. 118). Ein klares Bekenntnis und angekündigte Kürzungen im selben Bereich lassen die nordrheinwestfälischen Bürgerinnen und Bürger darüber im Unklaren, in welche Richtung die entwicklungspolitischen Aktivitäten des Landes unter schwarz-gelber Führung gehen sollen. In ihrem Antrag „Leitplanken des freien und fairen Handels stärken“1 geben CDU und FDP zwar vor, freien und fairen Handel zusammenzudenken. Allerdings steht im Zentrum der Bestrebungen lediglich der Ausbau des freien, und nicht des fairen Handels. So sollen dem freien Handel lediglich „Leitplanken der Fairness“ (ebd.) gesetzt werden, ohne genauer darauf einzugehen, was genau das bedeuten soll. Noch dramatischer deutlich wird der Widerspruch zwischen den unterschiedlichen Versprechungen des Koalitionsvertrags in der vollständigen Aushöhlung des Tariftreue- und Vergabegesetzes (TVgG). Im Rahmen des „Entfesselungspaket I“2 entzog die schwarz-gelbe Landesregierung den nordrhein-westfälischen Kommunen jede rechtliche Grundlage für eine 1 Siehe Landtag Nordrhein-Westfalen, Drucksache 17/4444 2 Siehe Landtag Nordrhein-Westfalen, Drucksache 17/1046 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7603 2 öffentliche Beschaffung nach ökologisch und sozial nachhaltigen Kriterien, sodass fortan ausschließlich auf der Basis von Freiwilligkeit fair beschafft werden kann. Sachverständige kritisierten scharf, dass neben der Streichung einer Nachweispflicht für die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen auch sämtliche Kriterien für eine Einbeziehung von umwelt- oder gleichstellungsrelevanten Faktoren aus dem Gesetz fielen.3 Kommunale Sachverständige bemängelten den vollständigen Rückzug des Landes als Regelungs- und Kontrollinstanz im Bereich der nachhaltigen öffentlichen Beschaffung, etwa durch den Wegfallen landesweit bekannter Formblätter oder wegen der zu erwartenden Schwierigkeiten in der Vergabepraxis durch die „Zersplitterung der Vorgehensweise der verschiedenen Vergabestellen“.4 Statt Kommunen, die gerne nachhaltig und fair beschaffen möchten, zu „entfesseln“, entzog die Landesregierung ihnen jede Rechtssicherheit – ein Faktor, der vor allem in angespannten Haushaltslagen von enormer Bedeutung ist. „Entfesselt“ wurden mit diesem Gesetzespaket also nur diejenigen Akteure, die nicht nachhaltig und fair beschaffen möchten. Der DGB schreibt im Rahmen einer Stellungnahme zur Aushöhlung des TVgG, dass „die Erfahrung in den Landesvergabegesetzen mit freiwilligen Regelungen [lehrt], dass es dort, wo es freiwillig ist, keine oder kaum Anwendung findet“5. Nicht zuletzt erschwerte die Landesregierung so mit der Aushöhlung des TVgG die Markteinführung nachhaltiger Produkte in ganz Nordrhein-Westfalen, indem der öffentliche Sektor als Nachfrager nachhaltiger Produkte verschwindet und so für entsprechende Wettbewerbsteilnehmer*Innen Anreize wegfallen, nachhaltigkeitsbezogene Veränderungsprozesse „anzustoßen oder weiter zu beschreiten“ (ebd.). Fest steht also, dass die CDU und FDP nachhaltige und faire Beschaffung in NRW massiv verhindern und somit „Leitplanken der Fairness“ abschaffen, statt sie zu installieren. Nordrhein-Westfalen ist auch über die eigenen Grenzen hinaus ein entwicklungspolitischer Akteur von großem Gewicht. Unter der aktuellen schwarz-gelben Landesregierung scheint dieser Anspruch aber offensichtlich verloren gegangen zu sein. Bereits im Haushalt für 2018 hat die Landesregierung eine Summe von 100.000 € zur „Evaluierung entwicklungspolitischer Förderprogramme“ eingesetzt6. Allerdings scheint diese Evaluierung 2018 nicht stattgefunden oder zu keinen Ergebnissen geführt zu haben. Für 2019 wurde der gleiche Titel noch einmal um 100.000 € auf 200.000 € erhöht. Ob mittlerweile die im Koalitionsvertrag angekündigte Evaluierung stattgefunden hat, bleibt weiter unklar. Während der Wille der Landesregierung, das entwicklungspolitische Engagement des Landes zu drosseln, deutlich sichtbar wurde, bleiben die Versprechungen der schwarz-gelben Landesregierung auch knapp zweieinhalb Jahre nach Übernahme der Regierungsgeschäfte unkonkret und die Landesregierung selbst einen Nachweis über deren Verwirklichung oder zumindest die hierzu unternommenen Anstrengungen schuldig. Der Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Internationales hat die Kleine Anfrage 2959 mit Schreiben vom 8. Oktober 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern, dem Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie, dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales, der Ministerin für Schule und Bildung, der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung sowie der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. 3 Siehe Landtag Nordrhein-Westfalen, Stellungnahme 17/219 4 Siehe Landtag Nordrhein-Westfalen, Stellungnahme 17/207 5 Siehe Landtag Nordrhein-Westfalen, Stellungnahme 17/205 6 Siehe Haushaltsplan 2018 Nordrhein-Westfalen, Kapitel 02 010 Titelgruppe 64, Titel 526 64 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7603 3 Vorbemerkung der Landesregierung In ihrem Koalitionsvertrag bekennt sich die Landesregierung dazu, dass sie „auch in Zukunft engagierter Akteur in der Entwicklungspolitik bleiben“ wird. Nordrhein-Westfalen ist ein wesentlicher entwicklungspolitischer Akteur innerhalb der deutschen Länder. Die Politik hat hier früh erkannt, dass die Länder in Ergänzung der Aktivitäten des primär zuständigen Bundes mit ihren spezifischen Kompetenzen und in Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen, Kirchen, Wirtschaft und Kommunen wertvolle Impulse in die entwicklungspolitische Arbeit einbringen können. Die Landesregierung unterhält und pflegt deshalb traditionell enge Kooperationsbeziehungen zu zahlreichen staatlichen und nichtstaatlichen Entwicklungsorganisationen, Hilfswerken, Stiftungen und Think Tanks mit Sitz in Nordrhein-Westfalen. Das Land bietet für das ehrenamtliche Engagement in der entwicklungspolitischen In- und Auslandsarbeit die besten Rahmenbedingungen unter den Bundesländern und ist mit seinen Aktivitäten und Projekten beispielgebend. Möglich ist dies vor allem auch durch die große Motivation und Unterstützung einer sehr aktiven Zivilgesellschaft, die sich hierzulande mit rund 3.000 aktiven Gruppen und Nichtregierungsorganisationen in der Entwicklungszusammenarbeit und der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit engagiert. Die Landesregierung unterstützt diese Arbeit und fördert die Kooperation der Akteure untereinander. Die Landesregierung legt Wert auf die Feststellung, dass auch ihr ökologische und soziale Standards sowie der Erhalt bzw. die Förderung von nachhaltigen Arbeits- und Lebensbedingungen wichtig sind. Auch führt die im Rahmen des „Entfesselungspakets I“ erfolgte Verschlankung des nordrhein-westfälischen Tariftreue- und Vergabegesetzes nicht dazu, dass einer Beschaffung nach ökologisch und sozial nachhaltigen Kriterien die rechtliche Grundlage entzogen wurde. Der Begriff „Aushöhlung“ ist daher irreführend. Vielmehr ist die rechtssichere Berücksichtigung fairer und nachhaltiger Aspekte auch heute über das allgemeine Vergaberecht auf jeder Stufe des Vergabeverfahrens nach Maßgabe der vergaberechtlichen Vorschriften möglich. Die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen gehört hierbei zu den geltenden rechtlichen Verpflichtungen, die Unternehmen bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags zu beachten haben. 1. Was hat die Landesregierung getan, um die Rolle des Landes als entwicklungspolitischer Akteur zu stärken? Nordrhein-Westfalen leistet im Rahmen seiner Möglichkeiten und Kompetenzen einen umfangreichen Beitrag zur Unterstützung entwicklungspolitischen Engagements im In- und Ausland. Die nachfolgend aufgeführten Aktivitäten sind nicht abschließend. Vielmehr stehen sie exemplarisch für einen vielfältigen Einsatz des Landes. Entsprechende Projekte und Programme werden fortlaufend weiterentwickelt. Der Etat für die Förderprogramme aus Nordrhein-Westfalen – für den „Konkreten Friedensdienst“ (ca. 346.000 EUR/Jahr), die „Kommunale Entwicklungszusammenarbeit“ (ca. 286.000 EUR/Jahr), das Programm zur „Förderung der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit“ (ca. 227.000 EUR/Jahr) und das „Auslandsprogramm“ (ca. 400.000 EUR/Jahr) ist unverändert hoch. Auch für das „Eine-Welt-Promotorenprogramm“ werden regelmäßig rund 1,4 Millionen EUR bereitgestellt. Kernanliegen des Promotorenprogramms ist es, LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7603 4 zivilgesellschaftliche Akteure der Eine Welt Arbeit zu stärken, um über ihr Engagement entwicklungspolitische Themen verstärkt in die Breite und Fläche zu tragen. Mit Blick auf die wichtige Arbeit der Eine-Welt-Promotorinnen und Promotoren in Nordrhein- Westfalen steht dabei die zielgerichtete Arbeit mit den Bürgerinnen und Bürgern aus allen gesellschaftlichen Bereichen sowie mit der Wirtschaft, insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen, künftig deutlich stärker im Mittelpunkt. Trotz des allgemeinen Spargebots in Zeiten der Konsolidierung ist es der Landesregierung gelungen, die Substanz für eine qualifizierte Entwicklungsarbeit zu erhalten. Dazu kommen weitere umfangreiche Fördermittel für Projekte von ca. 1,7 Millionen EUR (2018) pro Jahr für die Stiftung Umwelt und Entwicklung NRW für die entwicklungspolitische Inlandsarbeit. Die partnerschaftliche Entwicklungszusammenarbeit, die Erfahrungen in der kommunalen Selbstverwaltung und die Facharbeit der Kommunen sind unverzichtbar, wenn es um die Umsetzung der Agenda 2030 und ihrer 17 Nachhaltigkeitsziele geht. Nordrhein-Westfalens außerordentlich engagierte Kommunen nehmen hier eine Vorreiterrolle ein. Es gibt zahlreiche kommunale Partnerschaften und Beziehungen zu Ländern des Südens. In Ergänzung zu den Aktivitäten des Bundes stärkt die Landesregierung die kommunale Entwicklungszusammenarbeit nicht nur über das eigene „Kommunale EZ-Programm“ und eine enge Zusammenarbeit mit der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW), sondern auch über das Flankieren entsprechender Aktivitäten auf Bund- und Länderebene. So hat Nordrhein-Westfalen in diesem Jahr einen von Rheinland-Pfalz initiierten und von Sachsen eingebrachten Beschluss der Innenministerkonferenz zur Kommunalen Entwicklungszusammenarbeit7 unterstützt, um ein sichtbares Signal für die vielfältigen kommunalen EZ-Initiativen zu setzen, die auch in Nordrhein-Westfalen auf den Weg gebracht worden sind, denn diese wichtige Arbeit steht regelmäßig auch unter einem Finanzierungsvorbehalt und ist häufig auf Unterstützung durch Bund und Länder angewiesen. Die entwicklungspolitische Arbeit in Nordrhein-Westfalen hat sich bislang an der Eine-Welt- Strategie des Landes Nordrhein-Westfalen aus dem Jahr 2012 orientiert. Zwischenzeitlich hatten die Vereinten Nationen in 2015 die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung beschlossen. Auch die globalen Entwicklungen der vergangenen Jahre, die von einem erstarkenden Nationalismus, Populismus und unilateralen Tendenzen, von Sorgen um die weitere Perspektive der Europäischen Union und vielfältigen Konflikten geprägt sind, erfordern eine Neubestimmung der Rolle des Landes Nordrhein-Westfalen als entwicklungspolitischer Akteur. Vor diesem Hintergrund möchte Nordrhein-Westfalens Landesregierung neue politische Schwerpunkte in der Entwicklungspolitik setzen. Sie hat im vergangenen Jahr damit begonnen, eine entsprechende Positionsbestimmung zu erarbeiten. Im vergangenen Jahr sowie in diesem Sommer fand dazu unter Leitung des Staatssekretärs für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Internationales jeweils ein Expertenaustausch in der Staatskanzlei statt. Der Arbeitsprozess an den Neuen Entwicklungspolitischen Schwerpunkten soll in 2019 abgeschlossen werden. Die Landesregierung verschärft ihren Kampf gegen Kinderarbeit. Grabsteine aus China, Indien, den Philippinen und Vietnam dürfen in Nordrhein-Westfalen per Gesetz nur noch dann aufgestellt werden, wenn sie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ohne schlimmste Formen von Kinderarbeit (Übereinkommen Nr. 182 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 17. Juni 1999) hergestellt worden sind. 7 https://www.innenministerkonferenz.de/IMK/DE/termine/tobeschluesse /20190614_12/beschluesse.pdf?__blob=publicationFile&v=2 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7603 5 An der Schnittstelle zwischen Landesregierung und -verwaltung sowie zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren, Kommunen, Wissenschaft und Wirtschaft unterstützt die BNE- Agentur NRW die Landesregierung und andere Akteure bei der Umsetzung der BNE-Strategie in Nordrhein-Westfalen. Um die Zusammenarbeit von Bildungseinrichtungen und Zivilgesellschaft weiter auszubauen und Globales Lernen in Nordrhein-Westfalen voranzubringen, wird das Thema dort durch eine Fachpromotorin besonders in den Fokus genommen. Das Landesnetzwerk BNE und die Regionalzentren als Motoren von BNE in den Regionen tragen dazu bei, die Themen des globalen Lernens in schulischen wie außerschulischen Lernorten zu verankern. Mit Blick auf die Förderung des globalen Lernens wurde im Februar 2018 zudem ein gemeinsam mit dem Carlsen Verlag erstelltes Kinderbuch „17 Ziele für unsere Welt“ in einer Auflagenhöhe von 20.000 Exemplaren veröffentlicht. Das Buch richtet sich an eine junge Zielgruppe von Kindern ab 8 Jahren. Ich habe es an einer Düsseldorfer Schule der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Buch wurde in zahlreichen entwicklungspolitischen Newslettern sowie in Kooperation mit Schul- und Umweltministerium aktiv beworben. Die erste Auflage und ein Nachdruck von weiteren 30.000 Exemplaren waren innerhalb kürzester Zeit vergriffen. In 2019 geht das Kinderbuch in die nunmehr dritte Auflage. Zur Flankierung ihrer entwicklungspolitischen Aktivitäten arbeitet die Landesregierung darüber hinaus eng mit dem Bund wie auch mit anderen Bundesländern zusammen. In einschlägigen Gremien, wie etwa dem Bund-Länder-Ausschuss Entwicklungszusammenarbeit (BLA EZ), findet zwischen Bund und Ländern ein regelmäßiger fachlicher Ausschuss zu aktuellen entwicklungspolitischen Themen statt. Im November 2018 fand das Arbeitstreffen des BLA EZ mit Unterstützung der Landesregierung am Internationalen und UN-Standort Bonn statt. Im Hinblick auf die internationale Zusammenarbeit verbindet Nordrhein-Westfalen und Ghana seit über 10 Jahren eine Partnerschaft, die weiter intensiviert werden konnte. Eine besondere Ehre wurde Nordrhein-Westfalen am 27. Februar 2018 zuteil, als Ghanas Staatspräsident Nana-Akufo Addo zunächst das Deutsch-Afrikanische Wirtschaftsforum in Dortmund besuchte und danach zu politischen Gesprächen nach Düsseldorf weiterreiste. Er traf sich unter anderem mit Ministerpräsident Armin Laschet und nahm an einem Mittagessen mit dem gesamten Kabinett teil. Im August 2019 reiste Staatssekretär Dr. Mark Speich nach Accra, um Gespräche über mögliche neue Akzente der Partnerschaft zu führen. Seit 2012 arbeitet das Land Nordrhein-Westfalen eng mit dem GIZ-Landesbüro in Düsseldorf zusammen, das mit Landesmitteln verschiedene Projekte in Ghana umsetzt. Derzeit werden u. a. ein Vorhaben zur Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen, inklusive Messestipendien, ein Projekt zur Förderung von Start-ups und ein Projekt zur Wertschöpfung im Recyclingsektor unterstützt. Im Jahr 2018/2019 fand zum zweiten Mal ein Verwaltungsaustausch zwischen den Regierungen statt, in dessen Rahmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesverwaltung sowie der ghanaischen Regierung in den Behörden des jeweils anderen Landes hospitieren können. Kern des Konzeptes ist, dass die Teilnehmenden eng zu einem vorher definierten Thema aus ihrem jeweiligen Arbeitsbereich zusammenarbeiten. Ziel des Programms ist es, zum gegenseitigen Verständnis beizutragen, die Kooperation der Verwaltungen zu vertiefen und neue Felder der Zusammenarbeit zu identifizieren. Für 2020 ist eine Fortsetzung dieses bundesweit einmaligen Programms geplant. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7603 6 Zudem werden Projekte in den arabischen Ländern, vor allem in Jordanien, gefördert. Inhaltlich werden insbesondere Beschäftigungs- und Ausbildungsprogramme unterstützt, um Perspektiven für die Menschen vor Ort zu schaffen. Zugleich wird die sicherheitspolitische Zusammenarbeit ausgebaut. Ein wichtiger Baustein der entwicklungspolitischen Arbeit der Landesregierung ist zudem die Förderung des entsprechenden Engagements der Zivilgesellschaft im In- und Ausland. Nordrhein-Westfälische Nichtregierungsorganisationen können so zum Beispiel über das Auslandsprogramm Fördergelder für Projekte in Entwicklungsländern erhalten. Voraussetzung für eine Förderung ist, dass eine hiesige NGO mit einem zivilgesellschaftlichen Kooperationspartner im Entwicklungsland zusammenarbeitet. So soll die Eigenverantwortung der Partner gestärkt und der langfristige Erfolg des Projekts gesichert werden. 2. Wie unterstützt die Landesregierung die nordrhein-westfälischen Kommunen nach der Aushöhlung des TVgG bei einer fairen öffentlichen Beschaffung? Für die Kommunen bestehen verschiedenste Schulungs- und Informationsangebote zu Fragen der Umsetzung fairer Beschaffung, die sie bedarfsgerecht in Anspruch nehmen können. Beispielhaft wird auf das umfassende Angebot der Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung (KNB) beim Beschaffungsamt des Bundesministeriums des Innern hingewiesen, mit der die Landesregierung eng zusammenarbeitet. Auch die vom Land Nordrhein-Westfalen mitgetragene Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) bietet ein umfassendes Beratungsangebot. Ferner gibt es verschiedene Webangebote zu dieser Thematik. Hingewiesen wird insoweit insbesondere auf die Informationen zu nachhaltiger Beschaffung auf dem Webportal des öffentlichen Auftragswesens in Nordrhein-Westfalen, www.vergabe.nrw.de, das von der Landesregierung betrieben wird. 3. Wie hat sich die Resonanz auf öffentliche Ausschreibungen seit der Aushöhlung des TVgG entwickelt? (Bitte auflisten nach Beschaffungssparte, Kommune und Jahr) Die Landesregierung weist den Vorwurf der „Aushöhlung“ des TVgG zurück (vgl. Vorbemerkung). Ihr liegen keine Daten gemäß der Fragestellung zu öffentlichen Ausschreibungen und Beschaffungen der Kommunen vor. 4. Inwieweit qualifiziert die Landesregierung Mitarbeiter*innen (auf kommunaler und Landesebene) in den Fragen der unterschiedlichen Fair Trade Siegel und Zertifikate in den verschiedenen Produktbereichen? Produktbereiche, Art und Umfang der zu beschaffenden Leistungen variieren je Vergabestelle stark. Es ist deshalb wichtig, dass die jeweiligen Vergabestellen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedarfsspezifisch auch in Bezug auf Fair Trade Siegel und andere Zertifikate qualifizieren und schulen. Hierbei können sie auf ein umfassendes Angebot zurückgreifen. Beispielsweise bieten die KNB und die SKEW Schulungs- und Informationsangebote zu unterschiedlichen Fair Trade Siegeln und Zertifikaten in den verschiedenen Produktbereichen an. Die Webportale „Kompass Nachhaltigkeit“ und „Siegelklarheit.de“ geben detaillierte Informationen zu Siegeln und Zertifikaten. Auch auf www.vergabe.nrw.de sind entsprechende Informationen verlinkt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7603 7 Die Fortbildungsakademie des Ministeriums des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen plant und konzeptioniert überdies derzeit für das Jahresprogramm 2020 und 2021 jeweils ein zweitägiges Seminar zur fairen nachhaltigen öffentlichen Beschaffung. Die Teilnehmenden sollen einerseits für eine faire nachhaltige öffentliche Beschaffung sensibilisiert werden und gleichzeitig die spezifischen vergaberechtlichen Grundsätze zur Förderung einer nachhaltigen Beschaffung mit praktischem Bezug kennenlernen. Bestandteil des Seminars sind ebenso ökologische und soziale Produktsiegel wie auch die Beurteilung alternativer Nachweise zur Einhaltung von Standards jenseits von Gütezeichen im Vergabeprozess. Die Fortbildungsangebote der Akademie richten sich vorrangig an die Landesbediensteten Nordrhein-Westfalens, sind aber zugleich auch offen für Beschäftigte der Kommunen. 5. Welche Ergebnisse hat der seit 2018 angesetzte Evaluationsprozess entwicklungspolitischer Maßnahmen hervorgebracht? Es ist ein Anliegen der Landesregierung, dass sich der Einsatz des Landes in der Entwicklungszusammenarbeit in das Gerüst bestehender Programme des Bundes und der Europäischen Union einfügt. Doppelstrukturen sollen vermieden und, wo vorhanden, beseitigt werden. Die bestehenden Instrumente der nordrhein-westfälischen Entwicklungspolitik sollen deshalb mit Ziel des Nachweises eines konkreten Nutzens durch unabhängige Evaluierung überprüft werden. Vor diesem Hintergrund wurde in 2018 eine Evaluierung der Förderprogramme „Kommunale Entwicklungszusammenarbeit NRW“ und „Entwicklungspolitische Informations- und Bildungsarbeit NRW“ auf den Weg gebracht und in 2019 beauftragt. Begleitend fanden in diesem Jahr unter anderem Workshops mit Kommunen und der Zivilgesellschaft zu beiden Förderprogrammen statt. Die Evaluierungen sollen Aussagen zur Wirksamkeit der Programme und zu ihrer konzeptionellen Weiterentwicklung im Lichte neuer, in Erarbeitung befindlicher entwicklungspolitischer Schwerpunkte der Landesregierung beitragen. Sobald die entsprechenden Evaluierungsergebnisse vorliegen, werden diese veröffentlicht.