LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7613 09.10.2019 Datum des Originals: 08.10.2019/Ausgegeben: 15.10.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2969 vom 12. September 2019 des Abgeordneten Alexander Langguth FRAKTIONSLOS Drucksache 17/7402 420 – Präventive Maßnahmen zur Reduktion des Cannabiskonsums Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Laut Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung haben deutschlandweit 42,5% der jungen Erwachsenen zwischen 18 und 25 Jahren schon einmal Cannabis konsumiert.1 Bei den 12- bis 17-jährigen seien dies laut Studie 10% gewesen. Der Anteil derjenigen, die regelmäßig Cannabis konsumieren, betrage bei den 18- bis 25-jährigen 6,9% und bei den 12- bis 17-jährigen 1,6%. In beiden Altersgruppen zeige sich, dass statistisch signifikante Geschlechterunterschiede (p<0,05) festzustellen seien. Mehr männliche Jugendliche und junge Männer als weibliche Jugendliche und junge Frauen konsumieren Cannabis. Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 2969 mit Schreiben vom 8. Oktober 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern und dem Minister der Justiz beantwortet. 1. Wie hat sich der Anteil junger Personen zwischen 18 und 25 Jahren, die bereits erste Erfahrungen mit dem Cannabiskonsum gemacht haben, in den vergangenen zehn Jahren in NRW entwickelt? Es liegen keine gesonderten Zahlen für die Lebenszeitprävalenz des Cannabiskonsums für Nordrhein-Westfalen vor. Der Anteil junger Erwachsener zwischen 18 und 25 Jahren, die bereits erste Erfahrungen mit Cannabis gemacht haben, dürfte aber der gesamtdeutschen Entwicklung entsprechen. Für diese Annahme spricht, dass die NRW-spezifischen Auswertungen des Epidemiologischen Suchtsurveys 2015, der allerdings „nur“ den 1 BZgA-Forschungsbericht: „Der Cannabiskonsum Jugendlicher und junger Erwachsener in Deutschland“ Juni 2019 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7613 2 gelegentlichen und klinisch relevanten Konsum ausweist, keine Abweichungen des Cannabiskonsums zur Bundesbefragung ergaben. Nach Erhebung der Drogenaffinitätsstudie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung lag die Lebenszeitprävalenz des Cannabiskonsums bundesweit in der o.g. Altersgruppe im Jahre 2008 bei 40,9 %. Die Zahlen zwischen 2010 und 2016 schwankten in Werten unter 40 % bis zu einer aktuellen Erhöhung auf 42,5 % im Jahre 2018. 2. Wie hat sich der Anteil junger Personen zwischen 18 und 25 Jahren, die regelmäßig Cannabis konsumieren, in den vergangenen zehn Jahren in NRW entwickelt? Auch hierzu liegen keine gesonderten Zahlen für Nordrhein-Westfalen vor (siehe Frage 1). Allerdings kann wiederum eine Orientierung an der Schätzung der gesamtdeutschen Entwicklung im Rahmen der Drogenaffinitätsstudie erfolgen. Demnach ist davon auszugehen, dass sich auch in Nordrhein-Westfalen der Anteil der regelmäßig cannabiskonsumierenden jungen Erwachsenen zwischen 18 und 25 Jahren von 3,1 % im Jahre 2008 auf 6,9 % im Jahr 2018 erhöht hat. 3. Welche Mengen an Cannabis wurden in den vergangenen zehn Jahren jährlich in NRW sichergestellt und vernichtet? Die in der Grafik dargestellten Säulen bilden nach Angaben des Ministeriums des Innern ausschließlich die durch die nordrhein-westfälische Polizei sichergestellte Menge Cannabis ab. Dem Ministerium der Justiz liegen zu der gestellten Frage darüber hinaus keine validen Daten vor. Eine entsprechende Statistik gibt es nicht. Eine Sondererhebung, die von Hand vorzunehmen wäre, ist mit einem für die Strafrechtspflege zumutbaren Aufwand innerhalb der für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7613 3 4. Welche Maßnahmen zur Reduktion des Cannabiskonsums hat das Land NRW in den vergangenen zehn Jahren ergriffen? Seit 2008 werden in Nordrhein-Westfalen mit dem Cannabis-Präventionsprogramm „Stark statt breit“, das von der Landeskoordinierungsstelle für Suchtvorbeugung (GINKO) im Auftrag des Landes entwickelt wurde, die Maßnahmen der Prävention und Frühintervention im Bereich der Cannabisproblematik verstärkt und aktuellen Entwicklungen kontinuierlich angepasst. Das von den örtlichen Fachkräften für Suchtprävention landesweit umgesetzte Cannabis- Präventionsprogramm richtet sich in erster Linie an Jugendliche und an junge Erwachsene zwischen 14 und 25 Jahren mit dem Ziel, über die körperlichen und psychischen Risiken des Cannabiskonsums aufzuklären, die rechtlichen Folgen zu verdeutlichen und die Haltung zu Cannabis in Frage zu stellen. Unterstützt werden die personenbezogenen Aktivitäten in Schulen und im Jugendfreizeitbereich durch die aktualisierte Informationsbroschüre „Cannabis. Eine Info für Jugendliche“, die zum Ziel hat, die Entwicklung einer kritischen Einstellung zum Cannabiskonsum zu fördern und durch die ebenfalls neu aufgelegte Broschüre „Cannabis – Ein Ratgeber für Eltern“, die Basisinformationen für Eltern zu Cannabis und zum Cannabiskonsum sowie eine Anleitung zur Gesprächsführung mit cannabiskonsumierenden Jugendlichen enthält. Darüber hinaus gibt es weitere Informationsmaterialien mit speziellen Fachinfos und Arbeitshilfen für Fachkräfte im Kinder- und Jugendbereich, für Lehrerinnen und Lehrer sowie sonstigen Bezugspersonen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Seit 2018 wird landesweit ein Methodenkoffer „Cannabisprävention“ eingesetzt, der mittels einer Landesförderung in einer Auflage von 100 Stück allen Präventionsfachkräften in den Kreisen und kreisfreien Städten zur Verfügung gestellt wurde. Dieser Koffer enthält unterschiedliche Methoden samt den dafür erforderlichen entsprechenden Materialien für die interaktive Arbeit mit älteren Jugendlichen und jungen Erwachsenen zum Thema Cannabiskonsum und den damit verbundenen Risiken. Mit dem Koffer und dem dazugehörigen Handbuch erhalten die späteren Nutzerinnen und Nutzer in Schulen und Jugendeinrichtungen eine praktische Material- und Methodensammlung an die Hand, mit deren Hilfe sie selbst erfolgreich in ihren Einrichtungen einen Workshop durchführen können. Um die Wirksamkeit der Maßnahmen zu überprüfen, wird der Einsatz des Methodenkoffers ab Herbst 2019 durch ein Forschungsinstitut evaluiert. Die aufgeführten Präventionsmaßnahmen werden flankiert durch Maßnahmen der Frühintervention wie FreD („Frühintervention bei erstauffälligen Drogenkonsumenten“), einem Interventionsprogramm, das sich an (polizeilich) erstauffällige Drogenkonsumierende wendet und MOVE, einem Interventionskonzept zur Förderung und Unterstützung der Veränderungsbereitschaft von jungen Menschen mit problematischem Suchtmittelkonsum. Diese Programme, deren Wirksamkeit in wissenschaftlichen Studien nachgewiesen wurde, werden mittlerweile von zahlreichen Beratungsstellen landesweit umgesetzt. Die Internetplattform www.stark-statt-breit.de bündelt schließlich die einzelnen Elemente des Präventionsprogramms Cannabis. Neben den Informationen zu Cannabis gibt es für die unterschiedlichen Zielgruppen (Fachkräfte, Eltern und Jugendliche) spezielle Informationen über Materialien zur Cannabisthematik, Adressen von Anlaufstellen bei Cannabisproblematik sowie Informationen über neue Maßnahmen und Projekte zur Cannabisprävention. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7613 4 5. Plant die Landesregierung, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass für junge Personen, die beim Cannabiskonsum erwischt, mit einer Alkoholvergiftung von Rettungs- und Einsatzkräften aufgegriffen werden oder unter Drogen- /Alkoholeinfluss Delikte begehen, zur Prävention gegen Suchterkrankungen verpflichtende Suchtberatungsgespräche eingeführt werden? In Ermittlungs- und Strafverfahren besteht bereits nach geltendem Recht die Möglichkeit der Auferlegung entsprechender Weisungen. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass es mit dem Alkoholpräventions- und Interventionsprogramm HaLT („Hart am Limit“) sowie dem Frühinterventionsprogramm FreD bereits bewährte zielgruppenspezifische Programme gibt, die sich gezielt an alkoholintoxikierte Jugendliche und erstauffällige Cannabiskonsumenten richten, bundesweit umgesetzt werden und zum Teil verpflichtend sind.