LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7652 14.10.2019 Datum des Originals: 14.10.2019/Ausgegeben: 18.10.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2997 vom 20. September 2019 des Abgeordneten Michael Hübner SPD Drucksache 17/7457 Unterstützung bei der Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners für Kommunen Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Raupe des Eichenprozessionsspinners hat sich in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2019 noch weiter ausgebreitet. Die Brennhaare dieser Raupe mit ihrem Nesselgift verteilen sich über große Distanzen. Das Gift verursacht starke Hautreizungen und allergische Reaktionen bis zum allergischen Schock. Kommunen im Münsterland, aber auch anliegende Gemeinden wie z.B. Dorsten waren 2019 in besonderem Umfang von zahlreichen Nestern des Eichenprozessionsspinners betroffen. Sofern es sich um kommunale Baumbestände handelte, haben die Kommunen sowohl in Eigenregie als auch mittels Beauftragung von Spezialunternehmen versucht, die Nester zumindest in der Nähe von Schulen und Kindergärten etc. zu entfernen. In Dorsten mussten z.B. Grundschulkinder auf ihre Schulhofpause verzichten oder es fiel gar Unterricht aus, weil die Entfernung der Nester auf Schulhöfen noch ausstand. Obwohl die Gemeinden mit großem finanziellen Aufwand die Bekämpfung des Schädlings betrieben, war es weder ihnen noch den zahlreichen privaten Baumbesitzern möglich, die Lage befriedigend zu beherrschen. Eine Situation wie 2019 stellt für Teile der Bevölkerung eine gesundheitliche Gefährdung dar. Der kommunale Finanzreport der Bertelsmann Stiftung 2019 zeigt zugleich, dass die finanzielle Situation der Kommunen immer weiter auseinanderdriftet. Es liegt auf der Hand, dass die Bekämpfung des gefährlichen Schädlings so hohe Kosten verursacht, dass viele Kommunen überfordert sind. Nach Gesprächen mit der Stadt Dorsten richtete sich auch ein Bürger mit der Feststellung an mich, den betroffenen Städten käme nicht genügend Unterstützung bei der konkreten Gefahrenabwehr durch das Land zu. Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 2997 mit Schreiben vom 14. Oktober 2019 namens der Landesregierung im LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7652 2 Einvernehmen mit dem Minister des Innern, dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales und dem Minister für Verkehr beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Der Eichenprozessionsspinner profitiert von steigenden Durchschnittstemperaturen. Aufgrund der trocken-heißen Witterung im Sommer 2018 konnte er sich stark vermehren und wurde daher im Jahr 2019 verstärkt als Gesundheitsschädling wahrgenommen. Der Eichenprozessionsspinner kommt vor allem an Eichen vor und ernährt sich von frisch ausgetriebenen Blättern. Als Forstschädling spielt er eine untergeordnete Rolle. In der Regel ist eine Bekämpfung vorrangig aus gesundheitlichen Gründen erforderlich. Hierbei gilt, dass grundsätzlich der Grundstückseigentümer für die Beseitigung der Gefahrenquelle zuständig ist. Eine Ausnahme stellt der Befall mit Eichenprozessionsspinnern im Wald dar. Hierbei handelt es sich um eine waldtypische Gefahr, deren Risiken beim Betreten des Waldes hinzunehmen sind. Stellt ein Befall mit Eichenprozessionsspinnern eine akute Gesundheitsgefahr dar, kann die Beseitigung durch die kommunalen Ordnungsbehörden angeordnet werden. Hierbei hat der Eigentümer grundsätzlich die Kosten für die Beseitigung zu tragen. Die Beseitigung kann durch Absammeln der Gespinstnester erfolgen, in denen sich die gesundheitsschädlichen Brennhaare befinden. In den ersten beiden Larvenstadien in einem kurzen Zeitfenster von wenigen Wochen Ende April bis Anfang Mai kann auch der Einsatz von Bioziden erfolgreich sein, um den Eichenprozessionsspinner zu bekämpfen. Die Applikation erfolgt im Rahmen des Biozidrechts. 1. Wie unterstützt die Landesregierung Kommunen, die in besonderer Weise vom Auftreten der Eichenprozessionsspinnerraupen betroffen sind? Die Unterstützung von Seiten der Landesregierung besteht vor allem in der Bereitstellung geeigneter Informationsmaterialien. Hierbei werden unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt. Der Landesbetrieb Wald und Holz Nordrhein-Westfalen informiert über die Waldschutz- Infomeldungen1 zur Biologie des Eichenprozessionsspinners und gibt Hinweise zur Überwachung und Bekämpfung. Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales informiert in einer Broschüre über die gesundheitlichen Risiken des Eichenprozessionsspinners und gibt Hinweise zur Bekämpfung und zum Einsatz von Bioziden. Mittels einer mehrsprachigen Broschüre informiert der Landesbetrieb Straßenbau NRW vor allem zur EPS-Bekämpfung entlang von Straßen und Rastplätzen. Die verschiedenen Informationsangebote der Landesregierung sollen für 2020 in einem Handlungsleitfaden gebündelt werden. Dieser Leitfaden soll den Kommunen als Grundlage für eine fachlich fundierte Überwachung und Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners dienen. Neben den Erfahrungen der verschiedenen Ressorts sollen auch Erfahrungen anderer Bundesländer berücksichtigt werden, in denen der EPS schon länger als Gesundheitsrisiko 1 Ausgabe 04/2018, abrufbar unter: https://www.wald-und-holz. nrw.de/fileadmin/Waldschutz/Dokumente/Info_4-2018-2_EPS_2018_06_06.pdf LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7652 3 wahrgenommen wird. Die Erstellung erfolgt federführend durch mein Haus, das Verkehrsministerium wird gemeinsam mit dem Landesbetrieb Straßenbau NRW ebenfalls beteiligt und seine Fachkenntnisse einbringen. 2. Gibt es ein Programm, um Kommunen, die durch die Kosten der Schädlingsbekämpfung aufgrund ihrer finanziellen Lage besonders belastet sind, z.B. bei der Anschaffung von benötigten Hubwagen oder mit personeller Unterstützung zu helfen? Die Beseitigung und Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners im öffentlichen Raum liegt in der Verantwortung der betroffenen Kommunen, sie haben entsprechend auch die Kosten zu tragen. Zurzeit gibt es kein Programm zur finanziellen Unterstützung. Bisher ist unklar, ob der massive Befall in den Jahren 2018 und 2019 eine Ausnahme darstellt oder ob daraus eine dauerhafte Belastung für die Kommunen entsteht. 3. Wurden bereits Daten erhoben, wie hoch die Kosten für eine angemessene Bekämpfung des Befalls mit dem Eichenprozessionsspinner sind? Es wurden bisher keine Daten zu den entstehenden Kosten einer Bekämpfung erhoben. Die Kosten sind von vielen äußeren Faktoren abhängig. Dies sind unter anderem das angewendete Verfahren zum Entfernen der Gespinstnester, die Größe des Baumes, die Anzahl an Gespinstnestern und die Erreichbarkeit des Baumes mit fahrbaren Arbeitsbühnen und Hubsteigern. Je nach äußeren Faktoren können die Kosten über 500 € je Baum betragen. 4. Gibt es praktische und logistische Unterstützung für die schwer betroffenen Kommunen z.B. durch Landesbetriebe? Der Landesbetrieb Wald und Holz Nordrhein-Westfalen berät und unterstützt waldbesitzende Kommunen im Rahmen seiner Zuständigkeit für den Wald. Der Landesbetrieb Straßenbau NRW bekämpft den Eichenprozessionsspinner an Straßen in seiner Zuständigkeit in der Regel durch beauftragte Fachfirmen und steht dabei auch mit den örtlichen Kommunen in Kontakt. 5. Welche Bedeutung misst die Landesregierung der Wiederherstellung zerstörter ökologischer Systeme bei? Die Wiederherstellung zerstörter ökologischer Systeme hat für die Landesregierung eine besonders hohe Bedeutung. Der Befall mit Eichenprozessionsspinner stellt jedoch keine Zerstörung eines Ökosystems dar. Der Eichenprozessionsspinner kommt, wie viele andere Insekten auch, natürlich in Eichenwäldern und auf Eichen vor. Als Schädling spielt er dabei eine untergeordnete Rolle. Der Fraß der Raupen findet relativ früh im Jahr statt. Durch eine zweite Phase des Blattaustriebs, den sog. Johannistrieb Mitte Juni können die Verluste, verursacht durch den Eichenprozessionsspinner und andere Schmetterlingslarven, ausgeglichen werden. Erst im Zusammenspiel mit weiteren schädigenden Wirkungen kann der Fraß des Eichenprozessionsspinners zum Absterben einzelner Bäume führen. Dies stellt jedoch keine Zerstörung eines Ökosystems dar und ist in seinem Umfang auch nicht mit anderen Schädigungen durch Insekten wie z.B. den Borkenkäfer gleichzusetzen.