LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7768 06.11.2019 Datum des Originals: 06.11.2019/Ausgegeben: 12.11.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2993 vom 19. September 2019 der Abgeordneten Alexander Vogt und Ibrahim Yetim SPD Drucksache 17/7451 Herkunftsnennung bei Straftätern – schürt Innenminister Reul Vorurteile gegen Minderheiten? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der nordrhein-westfälische Innenminister Reul (CDU) will neue Transparenzregeln für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Polizei einführen. In Presseauskünften soll die NRW- Polizei künftig immer die Nationalität von Tatverdächtigen nennen – sofern daran keine Zweifel bestehen. Ziel sei es, die gezielte Verbreitung von Falschinformationen zu verhindern. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hingegen hält die aktuelle Regelung weiterhin für sinnvoll. Im bisherigen Erlass steht: „Auf die Zugehörigkeit zu einer Minderheit wird in der internen und externen Berichterstattung nur hingewiesen, wenn sie für das Verständnis eines Sachverhalts oder für die Herstellung eines sachlichen Bezugs zwingend erforderlich ist.“ Der GdP- Bundesvorsitzende Oliver Malchow argumentierte, dass Ermittlungsergebnisse nur begrenzt in die Öffentlichkeit gehörten und es daher keine generelle Transparenz geben könne. Integrationsminister Stamp (FDP) bremste den Vorstoß des Innenministers und sogar im CDUgeführten NRW-Justizministerium wird die Offensive von Minister Reul mehr als Risiko denn als Chance gesehen. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung mutmaßlicher Straftäter sei im Einzelfall schwierig mit dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit in Einklang zu bringen. Justizminister Biesenbach stellte daher klar, dass es für Staatsanwaltschaften keinen entsprechenden Erlass geben werde. Bei schweren Straftaten, bei denen die Pressehoheit bei den Staatsanwaltschaften liegt, könnte die Nennung der Nationalität also weiterhin verhindert werden. Ein weiterer Gatekeeper für die Veröffentlichung der Nationalität mutmaßlicher Tatverdächtiger sind die Medien. Der WAZ-Chefredakteur erklärte bereits, dass sich die Journalistinnen und Journalisten seiner Zeitung weiterhin an die Regeln des Pressekodex halten würden. Der besagt – ähnlich wie der bisherige Erlass des NRW-Innenministeriums –, dass die Nationalität der Verdächtigen oder Täter in der Regel nicht genannt werden solle, es sei denn, es bestehe ein begründetes öffentliches Interesse. Redaktionen sollten in jedem LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7768 2 einzelnen Fall verantwortungsbewusst entscheiden, ob nicht die Gefahr der diskriminierenden Verallgemeinerung überwiege. Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2993 mit Schreiben vom 6. November 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration sowie mit dem Minister der Justiz beantwortet. 1. Wie bewerten das NRW-Innenministerium, das NRW-Justizministerium und das NRW-Integrationsministerium den Vorschlag der Nennung der Nationalität aller Tatverdächtigen aus rechtlicher Sicht? 2. Inwiefern hat es zum Sachverhalt eine Abstimmung innerhalb der NRW- Landesregierung gegeben? Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet. Nach § 25 der Gemeinsamen Geschäftsordnung für die Ministerien des Landes Nordrhein- Westfalen (GGO), Bek. d. Ministeriums für Inneres und Kommunales v. 19.12.2014, stimmen die beteiligten Ressorts die neue Fassung des Runderlasses des Ministeriums für Inneres und Kommunales über die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Polizei Nordrhein-Westfalen derzeit ab. Sie werden den Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung dabei Rechnung tragen. Die Landesregierung greift dem Abstimmungsprozess nicht vor. 3. Hatte das Innenministerium vor dem Vorstoß die entsprechende Haltung von Journalistenverbänden und Polizeigewerkschaften angefragt? 4. Falls ja, welche Haltung haben die einzelnen Journalistenverbände und Polizeigewerkschaften vertreten? Die Fragen 3 und 4 werden gemeinsam beantwortet: Eine solche Anfrage ist weder verfassungsrechtlich noch gesetzlich oder nach der GGO vorgesehen. 5. Wie steht das Innenministerium zur Auffassung des Presserates, die Erwähnung der Nationalität von Verdächtigen oder Tätern könne die Vorurteile gegenüber Minderheiten schüren? Dem Ministerium des Innern steht es im Hinblick auf die grundrechtlich geschützte Pressefreiheit nicht zu, Äußerungen und Auffassungen der Presse und ihrer Berufsverbände zu bewerten.