LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7779 06.11.2019 Datum des Originals: 06.11.2019/Ausgegeben: 12.11.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3040 vom 9. Oktober 2019 der Abgeordneten Gabriele Walger-Demolsky AfD Drucksache 17/7623 Binnenwanderung von Schutzberechtigten und Geduldeten nach NRW Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Wie die Tageszeitung „WELT“ berichtet, zieht es innerhalb von Deutschland viele Migranten vom Osten in den Westen der Bundesrepublik, vor allem nach NRW. Als Grund für diese Binnenwanderung werden Kontakte zu Verwandten und Freunden sowie die großstädtische Struktur mit vergleichsweise günstigerem Wohnraum im Ballungsraum, etwa im Ruhrgebiet, vermutet.1 Von negativer Bedeutung ist diese Binnenwanderung, da speziell die Städte und Gemeinden in den Ballungsräumen finanziell stark angeschlagen sind. Strukturschwache Städte mit desaströser Haushaltslage kämpfen seit Jahren mit hohen Sozialausgaben. Sie verfügen nicht über ausreichende Mittel zum Erhalt oder zur Modernisierung der Infrastruktur, ebenso wenig wie zur effektiven Aufrechterhaltung von Dienstleistungen für den Bürger. Viele Städte und Gemeinden sind überschuldet oder von Überschuldung bedroht und nehmen am sog. „Stärkungspakt“ teil. Dies betrifft z.B. Großstädte wie Duisburg, Hagen und Bochum als pflichtige Teilnehmer oder Essen, Gelsenkirchen, Leverkusen, Mönchengladbach und Solingen als freiwillige Teilnehmer und eine Reihe von mittelgroßen und kleineren Städten des Landes. Die Gemeinden müssen einen klaren Sanierungskurs einschlagen, um einen ausgeglichen Haushalt zu erreichen. Notwendig wird dabei auch die Genehmigung des Haushalts durch die zuständige Bezirksregierung. Gemäß § 12 a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) wird es den Bundesländern ermöglicht, eigene landesinterne Regelungen zur Wohnsitzzuweisung zu treffen. In NRW gilt auf dieser Grundlage die Ausländer-Wohnsitzregelungsverordnung (AWoV). 1 Vergl. https://www.welt.de/politik/deutschland/article200963000/Migranten-NRW-fordert-mehr-Geldund -gerechtere-Verteilung.html?fbclid=IwAR2HNx47- U9FBcpL6DmfcZjkRrabHcicnFQ3z9y_Q6b4vhrki4-VJHtN98g LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7779 2 § 12 a AufenthG bestimmt, dass der Wohnsitz im Bundesland der Anerkennung zu nehmen ist. Diese Regelung gilt grundsätzlich für anerkannte, asylberechtigte Flüchtlinge im Sinne von § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiär Schutzberechtigte im Sinne von § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes. Abgewichen vom diesem Grundsatz wird, wenn eine Beschäftigung (in einem bestimmten Umfang) angetreten wird, eine Ausbildung oder ein Studium begonnen wird oder wenn eine Härtefallregelung vorliegt. Die Wohnsitzauflage gilt für einen Zeitraum von drei Jahren ab Anerkennung oder Erteilung der Aufenthaltserlaubnis. Per Integrationsschlüssel erfolgt die weitere Verteilung auf die 396 Kommunen in NRW. Landesweit zuständig für die Zuweisung ist die Bezirksregierung Arnsberg. Auch für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer gilt gemäß § 61 AufenthG eine Wohnsitzauflage. Dieser Personenkreis ist verpflichtet, an einem bestimmten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen. Auch für Geduldete (Personen ohne Anrecht auf Asyl, die aus diversen Gründen aber nicht abgeschoben werden können) gilt eine Wohnsitzauflage, wenn sie Sozialleistungen empfangen. Für Asylbewerber gilt im Gegensatz dazu die Residenzpflicht. Menschen, die in Deutschland Asyl suchen, werden für die Zeit der Antragsbearbeitung nach dem „Königsteiner Schlüssel“ einem bestimmten Bundesland zugewiesen. Für die Zeit der Bearbeitung des Asylantrages, müssen sich Asylbewerber im festgelegten Gebiet aufhalten. Das Ziel der Wohnsitzauflage ist es, dass kein Land über seine Kapazitäten beansprucht wird. Entsprechendes gilt für die Kommunen bei der Weiterverteilung innerhalb des Bundeslandes gemäß Integrationsschlüssel. Der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration hat die Kleine Anfrage 3040 mit Schreiben vom 6. November 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung beantwortet. 1. In wie vielen Fällen kam es seit 2017 zu einer Wohnsitzverlagerung aus anderen Bundesländern nach NRW oder umgekehrt, trotz bestehender Wohnsitzauflage? (bitte nach Jahr, Bundesland und Anzahl der Personen auflisten) 3. Welche waren die Hauptherkunftsländer der Personen, die in diesem Zusammenhang ihren Wohnsitz nach NRW verlegt haben. (bitte die 10 wichtigsten Herkunftsländer und die jeweilige Anzahl der Personen auflisten) 4. In wie vielen Fällen kam es seit 2017 zu einer Wohnsitzverlagerung aus anderen Bundesländern nach NRW oder umgekehrt, nach Wegfall der Wohnsitzauflage? (bitte nach Jahr, Bundesland und Anzahl der Personen auflisten) 5. Welche Städte und Gemeinden in NRW sind besonders von einem Zuzug durch die geschilderte Binnenwanderung betroffen? (bitte alle Städte- und Gemeinden mit einer Nettozuwanderung aus anderen Bundesländern von min. 50 Personen seit 2017 in NRW, unter Nennung der jeweiligen Höhe der Zu- und Abgänge benennen) Die Fragen 1, 3, 4 und 5 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Statistische Daten zu den gestellten Fragen liegen der Landesregierung nicht vor. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7779 3 2. Aufgrund welcher Rechtsgrundlage kam es in diesen Fällen zu einer Wohnsitzverlagerung nach NRW? (bitte nach Rechtsgrundlage und Anzahl der Personen auflisten) Gemäß § 12a Absatz 1 AufenthG sind anerkannte Schutzberechtigte gesetzlich verpflichtet, für einen Zeitraum von drei Jahren ab ihrer Anerkennung oder Erteilung der Aufenthaltserlaubnis in dem Bundesland ihren Wohnsitz zu nehmen, dem sie zur Durchführung des Asylverfahrens zugewiesen worden sind. Ausgenommen von dieser gesetzlichen Verpflichtung sind anerkannte Schutzberechtigte, die einer sozialversicherungspflichten Beschäftigung in ausreichendem Umfang nachgehen oder in einem Ausbildungs- oder Studienverhältnis stehen. Eine nachträgliche Änderung oder Aufhebung der Wohnsitzverpflichtung ist nur in gesetzlich normierten Fällen möglich. Aufhebungsgründe sind insbesondere die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung und die Zusammenführung der Kernfamilie (§ 12a Absatz 5 Satz 1 AufenthG). Vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer, deren Lebensunterhalt nicht gesichert ist, unterliegen einer gesetzlichen Wohnsitzverpflichtung nach § 61 Absatz 1d AufenthG. Die Ausländerbehörde kann die Wohnsitzauflage ändern, sofern humanitäre Gründe von Gewicht vorliegen. Wird die Wohnsitzverpflichtung jedoch nicht aufgehoben oder geändert, so steht sie in beiden Fällen einer Wohnsitzverlagerung entgegen.