LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7786 07.11.2019 Datum des Originals: 07.11.2019/Ausgegeben: 13.11.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3041 vom 10. Oktober 2019 der Abgeordneten René Schneider und Ibrahim Yetim SPD Drucksache 17/7628 Täter häuslicher Gewalt: Landesregierung legt stickum Fördertopf trocken Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Mehr als 38.500 Opfer häuslicher Gewalt gab es allein im Jahr 2017 in Nordrhein-Westfalen.1 Rein rechnerisch starb im gleichen Jahr jede Woche eine Frau an den Folgen häuslicher Gewalt. So gab es in Nordrhein-Westfalen 72 Todesfälle aufgrund von Partnerschaftsgewalt, 56 der Opfer waren Frauen.2 Verurteilte Täter häuslicher Gewalt erwartet oftmals eine Geld- oder Bewährungsstrafe. Pädagogische Angebote, die das Ziel haben, die Gewalt im häuslichen Umfeld gegen die eigene Familie wirksam und dauerhaft zu beenden, sind mittlerweile rar gesät. Die sogenannte Täterarbeit soll einen Beitrag zu Gewaltprävention beitragen und bot, neben der verpflichtenden Teilnahme durch staatsanwaltliche Zuweisung, ursprünglich auch die Möglichkeit der freiwilligen Teilnahme für Täter, die bislang nicht verurteilt wurden. Allein im Kreis Wesel nahmen in 2018 insgesamt 48 Männer, 23 zugewiesen und 25 aus eigenem Antrieb, an 20 Gruppen- und 188 Einzelsitzungen teil. Partielle finanzielle Unterstützung erfuhren die Träger zwar zuletzt, kostendeckend arbeitet man jedoch nicht. Jetzt lässt die Landesregierung Opfer, die Gewalt im engsten familiären Umfeld und den eigenen vier Wänden erleben mussten, nur noch hilfloser zurück, indem sie nüchtern und sehr technisch die Bewirtschaftungsgrundsätze des Landes massiv verschärft hat. Erstens hat die Landesregierung nun die Möglichkeit von Einzelsitzungen massiv eingeschränkt. Nicht jeder 1 WAZ, „Diakonie in NRW: Häusliche Gewalt betrifft jedes Milieu“ (2018): https://www.waz.de/politik/landespolitik/diakonie-in-nrw-haeusliche-gewalt-betrifft-jedes-milieuid 215861089.html (abgerufen am 25.09.2019). 2 WR, „Jede Woche stirbt eine Frau durch häusliche Gewalt in NRW“ (2018): https://www.wr.de/politik/jede-woche-stirbt-eine-frau-durch-haeusliche-gewalt-in-nrwid 215859445.html (abgerufen am 25.09.2019). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7786 2 kann oder möchte jedoch an Gruppensitzungen teilnehmen. Zweitens sollen nur noch staatsanwaltlich zugewiesene Täter Angebote zur Gewaltvermeidung nutzen können. Freiwillige werden somit ausgeschlossen und die Möglichkeit präventiv zu agieren, wird vertan. Drittens müssen künftig finanziell „leistungsfähige“ Teilnehmer die Kosten von rund 2.000 Euro für das Angebot selbst tragen – die Prüfung der „Leistungsfähigkeit“ sowie den Einzug sollen dabei die Träger übernehmen. Die Kosten für die Teilnehmer – die im Übrigen in der Regel nicht nur den Täter treffen, sondern die gesamte Familie und somit auch die Opfer – sind dabei vielfach höher als schnell verhängte Geldstrafen. Die Motivation ein solches Angebot zu nutzen, ist also gleich null. Aufgrund dessen stellten bisher bereits fünf Träger die Täterarbeit ersatzlos ein. Welche Strategie verfolgt die Landesregierung also mit diesen verschärften Bewirtschaftungsgrundsätzen? Ist die Gleichung etwa: Erschwerte Nutzung der Angebote = kein Abruf finanzieller Förderungen durch die Träger (sofern diese die Arbeit nicht ohnehin schon eingestellt haben) = Streichung der vorgesehenen Mittel im Haushalt? Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 3041 mit Schreiben vom 7. November 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die Justiz in Nordrhein-Westfalen fördert seit dem Jahr 2011 das Projekt „Täterarbeit als Mittel der Gewaltprävention und der Haftvermeidung“. Das Programm ergänzt die vom Strafvollzug und dem ambulanten Sozialen Dienst der Justiz angebotenen Beratungs- und Behandlungsmöglichkeiten mit dem Ziel, ein flächendeckendes Netz von qualifizierten Täterarbeitsprogrammen aufzubauen, auf das Gerichte und Staatsanwaltschaften zurückgreifen können. Die jährliche Gesamtfördersumme betrug bis ins Jahr 2015 knapp 350.000 € und wurde sodann bis auf zuletzt etwa 680.0000 € erhöht. Die öffentliche Förderung hat dabei nach den zwingenden haushaltsrechtlichen Vorschriften immer nur ergänzenden Charakter. Gleichwohl beträgt der Fördersatz des Projekts bis zu 90 % der zuwendungsfähigen Kosten (bei dann 10 % Eigenanteil); damit trägt die Justiz auch der grundsätzlichen Bedeutung der Täterarbeitsprogramme Rechnung. Das Ministerium der Justiz fördert deshalb von jeher auch die Teilnahme von so genannten „Selbststellern“. Diese - also Personen, die nicht im Strafverfahren eine justizielle Weisung zur Teilnahme an dem Programm erhalten haben, sondern im Sinne der Anfragesteller „freiwillig“ teilnehmen - machen einen erheblichen, teilweise sogar den überwiegenden Teil der geförderten Teilnehmer aus. Die in den Bewirtschaftungsgrundsätzen des Ministeriums der Justiz aufgestellten Fördervoraussetzungen sind seit Beginn des Förderprogramms im Jahr 2011 ganz weitgehend unverändert geblieben. Auch mit den punktuellen Ergänzungen für das Jahr 2019 ist keine inhaltliche Neuausrichtung der Fördervoraussetzungen verbunden. Diese haben vor dem nachfolgend dargestellten Hintergrund allein Klarstellungsfunktion: Bereits seit dem Jahr 2007 gibt die Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit Häusliche Gewalt (BAG TäHG) - begleitet durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend - Qualitätsstandards für die Arbeit mit Tätern in Fällen häuslicher Gewalt heraus. Diesen bundesweiten „Minimalstandard zur Sicherstellung einer guten Praxis von Täterarbeit“ (so die Präambel der Standards der BAG TäHG) legen seit jeher auch die LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7786 3 Bewirtschaftungsgrundsätze des Ministeriums der Justiz für die Förderung der Täterarbeitsprogramme zu Grunde. Ein fachlicher Grund, von diesen Standards - an denen sich beispielsweise auch die rheinland-pfälzischen Täterarbeitseinrichtungen „Contra Häusliche Gewalt!“ ausrichten - abzuweichen, ist nicht ersichtlich. Auch der Vorstand der BAG TäHG hat die Notwendigkeit der Einhaltung der Standards für eine qualitativ hochwertige Täterarbeit in einem im April 2019 im Ministerium der Justiz geführten Gespräch noch einmal betont. Insbesondere sehen die Standards der BAG TäHG seit dem Jahr 2007 in ihrer Ziffer 3.3 (Ziffer 3.5 der aktuellen Standards 2018) zu „Setting und Umfang“ der Täterarbeit einen grundsätzlichen Vorrang des Gruppensettings vor. Auf Einzelberatung soll danach nur ausgewichen werden, „wenn Gruppenarbeit in begründeten Einzelfällen nicht möglich ist“. In Ziffer 3.4 der Standards (Ziffer 3.7 der aktuellen Standards 2018) wird zudem seit jeher deutlich gemacht, dass im Rahmen der Teilnahmevereinbarung eine finanzielle Eigenbeteiligung des teilnehmenden Mannes geregelt werden soll. Damit soll nach Einschätzung von Vertretern der BAG TäHG eine gesteigerte Motivation zur langfristigen Teilnahme erreicht und - ganz zentral - die Übernahme von Verantwortung für das eigene Handeln verdeutlich werden. Im Rahmen noch nicht abgeschlossener Prüfungen des Förderbereichs hat der Landesrechnungshof verschiedene Verstöße von Zuwendungsempfängern gegen die - wie ausgeführt bereits nach den bisherigen Bewirtschaftungsgrundsätzen verbindlichen - fachlichen Mindeststandards der BAG TäHG (sowie die in den bindenden haushaltsrechtlichen Vorschriften vorgesehenen Mindeststandards bei der Ab-rechnung ihrer Leistungen und Ausgaben) moniert und gefordert, dass die Bewilligungsbehörden die Einhaltung dieser Standards intensiver als bislang prüfen. Er hat das Ministerium der Justiz zudem um Prüfung einer begleitenden weiteren Konkretisierung der Bewirtschaftungsgrundsätze gebeten. Dies hat das Ministerium der Justiz zum Anlass genommen, die Bewirtschaftungsgrundsätze für das Jahr 2019 in einigen Punkten zu ergänzen, um insbesondere (noch einmal) klarzustellen, dass die Zuwendungsempfänger die fachlichen Mindeststandards der BAG TäHG einzuhalten haben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den schriftlichen Bericht zu TOP 11 der 39. Sitzung des Rechtsausschusses des Landtags Nordrhein-Westfalen am 02.10.2019 („Änderung der Förderung der Arbeit mit Tätern, die häusliche Gewalt ausgeübt haben“, Vorlage 17/2501) verwiesen. Die Vorbemerkungen der Anfragesteller geben zudem Anlass zu folgenden klarstellenden Bemerkungen: - „Erstens hat die Landesregierung nun die Möglichkeit von Einzelsitzungen massiv eingeschränkt. Nicht jeder kann oder möchte jedoch an Gruppensitzungen teilnehmen.“ Der Vorrang des Gruppensettings ist nicht neu, sondern seit jeher in den Standards der BAG TäHG und den Bewirtschaftungsgrundsätzen vorgesehen. Ob ein begründeter Ausnahmefall vorliegt, der Anlass zum Ausweichen auf Einzelberatung bietet, ist in jedem Einzelfall zu prüfen. - „Zweitens sollen nur noch staatsanwaltlich zugewiesene Täter Angebote zur Gewaltvermeidung nutzen können. Freiwillige werden somit ausgeschlossen und die Möglichkeit präventiv zu agieren, wird vertan.“ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7786 4 Das ist falsch. Eine entsprechende Einschränkung der Förderung ist weder erfolgt noch derzeit beabsichtigt. - „Drittens müssen künftig finanziell ‚leistungsfähige‘ Teilnehmer die Kosten von rund 2.000 Euro für das Angebot selbst tragen – die Prüfung der ‚Leistungsfähigkeit‘ sowie den Einzug sollen dabei die Träger übernehmen.“ Die finanzielle Eigenbeteiligung des teilnehmenden Mannes ist nicht neu, sondern seit jeher in den Standards der BAG TäHG und den Bewirtschaftungsgrundsätzen vorgesehen. Häusliche Gewalt ist - auch nach Einschätzung des Förderbereichs - ein gesamtgesellschaftliches Problem und betrifft alle sozialen Schichten. Ein Grund, warum bei leistungsfähigen Teilnehmern die Allgemeinheit für die entstehenden Kosten aufkommen sollte, ist nicht ersichtlich, zumal - jedenfalls hinsichtlich der aus einem Strafverfahren zugewiesenen Täter - das strafprozessuale Verursacherprinzip (§§ 465, 467 der Strafprozessordnung) zu beachten ist. Dass erreichbare Mittel Dritter - und also auch die Eigenbeiträge der (leistungsfähigen) Teilnehmer - auf die Förderung anzurechnen sind, entspricht den zwingenden Vorgaben der Landeshaushaltsordnung. Dass mit der - in der Regel nur kursorischen - Prüfung der (fehlenden) Leistungsfähigkeit anhand der von dem Teilnehmer zu belegenden Eigenangaben ein nennenswerter Verwaltungsmehraufwand einhergeht, ist bislang nicht ersichtlich, zumal ein etwaiger Beitreibungsaufwand durch die Einforderung von Vorauszahlungen minimiert werden kann. - „Die Kosten für die Teilnehmer – die im Übrigen in der Regel nicht nur den Täter treffen, sondern die gesamte Familie und somit auch die Opfer – sind dabei vielfach höher als schnell verhängte Geldstrafen. Die Motivation ein solches Angebot zu nutzen, ist also gleich null.“ Motivation für die Teilnahme der Männer an dem Programm soll nicht die Vermeidung der Kosten einer (möglicherweise) alternativ zu verhängenden Geldstrafe sein. Zudem ist die Behauptung, die Kosten für die Teilnahme seien höher als eine (mögliche) Geldstrafe, derzeit nicht belegbar. Vielmehr liegt es angesichts des geltenden strafrechtlichen Tagessatzprinzips (die Höhe des Tagessatzes orientiert sich am verfügbaren Einkommen) nahe, dass eine drohende Geldstrafe gerade bei voll kostenpflichtigen leistungsfähigen Tätern entsprechend hoch ausfallen würde. Schließlich können bei der Frage, welcher Eigenbeitrag angesichts der wirtschaftlichen Lage des Teilnehmers angemessen ist, selbstverständlich auch etwa bestehende Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seiner Familie berücksichtigt werden. 1. Aus welchen Gründen hat die Landesregierung die o.g. Bewirtschaftungsgrundsätze verschärft? Die Bewirtschaftungsgrundsätze sind nicht verschärft worden. Zu den Hintergründen der klarstellenden Änderungen für das Jahr 2019 wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung sowie den schriftlichen Bericht zu TOP 11 der 39. Sitzung des Rechtsausschusses des Landtags Nordrhein-Westfalen am 02.10.2019 („Änderung der Förderung der Arbeit mit Tätern, die häusliche Gewalt ausgeübt haben“, Vorlage 17/2501) verwiesen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7786 5 2. Wie viele Träger waren und sind in Nordrhein-Westfalen zwischen 2014 und heute in der vom Land finanziell geförderten Täterarbeit tätig? Im Rahmen des Förderprogramms des Ministeriums der Justiz waren bzw. sind den Bewilligungsbehörden für folgende Anzahl an Trägern Zuwendungen zur Verfügung gestellt worden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass ein Träger Projekte an mehreren Standorten betreuen kann. Zwei Träger konnten im Jahr 2018 Mittel nicht abrufen, waren aber weiterhin in der Täterarbeit aktiv. Jahr 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Anzahl Träger 18 18 22 22 22 18 3. Wie viele zugewiesene und wie viele freiwillige Teilnehmer nahmen ein solches Angebot in den Jahren 2014 bis 2019 wahr (Stand Oktober 2019)? Vorauszuschicken ist, dass die Teilnahme am Täterarbeitsprogramm immer freiwillig - also auch im Fall justizieller Weisungen nur mit Zustimmung der Teilnehmer - erfolgt. Dies ist dem Programm immanent. Die von den geförderten Trägern beizubringende Statistik unterscheidet daher nur zwischen Teilnehmern mit und ohne justizielle Weisung. Die Zugangswege werden nicht erfasst, zumal oft gar nicht feststellbar ist, ob Täter auf Empfehlung beispielsweise der Polizei oder anderer Behörden Kontakt zur Beratungsstelle aufnehmen. Die Daten für das Jahr 2017 weichen von den Angaben im Rahmen des dem Rechtsausschuss des Landtags Nordrhein-Westfalen im Januar 2019 vorgelegten Controllingberichts (Vorlage 17/1535) ab, da der im Landgerichtsbezirk Wesel tätige Träger einen Sachbericht trotz entsprechender Auflage und Mahnung erst im Mai 2019 vorgelegt hatte. Daten der beiden im Jahr 2018 ohne Erhalt einer Zuwendung tätigen Träger liegen nicht vor. Die Unterlagen für das laufende Förderjahr sind von den Trägern erst zum 30.04.2020 einzureichen. Von einer gesonderten Abfrage habe ich - nicht zuletzt zur Entlastung der Träger von zusätzlichem bürokratischem Aufwand - abgesehen. Dies vorausgeschickt ergibt sich folgendes Bild: Jahr Teilnehmer insgesamt davon mit Weisung davon ohne Weisung 2014 626 352 274 2015 536 314 222 2016 649 331 318 2017 874 417 457 2018 685 364 321 Gesamt 3272 1718 1554 4. Hat die Landesregierung ein Interesse an der Fortführung des Angebotes? Die effektive Bekämpfung häuslicher Gewalt ist der Landesregierung ein dringendes Anliegen. Programme zur Täterarbeit können ein wichtiges Element der gesellschaftlichen Intervention gegenüber Partnergewalt darstellen und einen wertvollen Beitrag zur Reduzierung und LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7786 6 Vermeidung (wiederholter) häuslicher Gewalt leisten. Angesichts dessen hat die Landesregierung nicht zuletzt im Sinne der Opfer ein hohes Interesse daran, auch zukünftig den Fortbestand einer qualitativ hochwertigen Täterarbeit in Nordrhein-Westfalen zu gewährleisten. 5. Wenn ja, inwiefern fördert sie aktiv den Abruf der Haushaltsmittel? Es obliegt zunächst einmal den einzelnen Trägern als Empfänger öffentlicher Zuwendungsmittel, die fachlichen Mindeststandards und die nach den zwingenden haushaltsrechtlichen Bestimmungen - insbesondere den Verwaltungsvorschriften zu § 44 Landeshaushaltsordnung - vorgesehenen Formalien einzuhalten. Hierzu gehört es, Anträge unter Beifügung der vorgeschriebenen notwendigen Unterlagen zu stellen und die zweckentsprechende Verwendung der Zuwendungen nachzuweisen. Da die Landesregierung ein grundsätzliches Interesse an der Gewährleistung einer funktionierenden Struktur der Täterarbeit hat, bemüht sich das Ministerium der Justiz stets, im Rahmen der insbesondere durch die haushaltsrechtlichen Vorschriften gezogenen Grenzen zu einem möglichst unkomplizierten und reibungslosen Abruf der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel beizutragen. Hierzu steht es auch mit der Sprecherin des Förderbereichs - insbesondere im Rahmen des regelmäßig zwei Mal im Jahr durchgeführten Jour fixe mit den Trägern der Freien Wohlfahrtspflege - im engen Austausch. Berechtigten Belangen des Förderbereichs versucht das Ministerium der Justiz dabei möglichst umfassende Geltung zu verschaffen. In diesem Zuge hat das Ministerium der Justiz beispielsweise in einer Arbeitsgruppe mit den Bewilligungsbehörden einheitliche Musterformulare für das Antragsverfahren, den Mittelabruf und die Verwendungsnachweisprüfung entwickelt und den Zuwendungsempfängern im April dieses Jahres zur Verfügung gestellt. Auch für die Abfassung des bislang frei zu formulierenden jährlichen Sachberichts hat es den geförderten Trägern ab dem laufenden Förderjahr einheitliche Formulare an die Hand gegeben. Bei Vorliegen besonderer Härten oder sonstiger Ausnahmekonstellationen bemüht sich das Ministerium der Justiz um eine für alle Seiten tragbare Lösung, beispielsweise mittels einer unter gelockerten Voraussetzungen gewährten „Anschubfinanzierung“, Übergangsregelungen und / oder Ausnahmegenehmigungen. Um einzelnen Zuwendungsempfängern die mit Blick auf die Klarstellung der Bewirtschaftungsgrundsätze für das Jahr 2019 (trotz gleichbleibender Qualitätsanforderungen) möglicherweise nötige Umstellung weitgehend zu erleichtern, hat es so etwa zuletzt mit Schreiben vom 26.04.2019 eine (weitere) Übergangsfrist für die Einhaltung der Standards der BAG TäHG bis zum Jahr 2020 eingeräumt. Angesichts der Bedeutung einer funktionierenden Struktur der Täterarbeit für die Bekämpfung von häuslicher Gewalt prüft die Landesregierung zudem, wie sie auch zukünftig zu einer tragfähigen Finanzierung der Täterarbeitsprogramme in Nordrhein-Westfalen beitragen kann. Hierzu hat das Ministerium der Justiz sämtliche im Förderbereich tätigen Träger für den 07.11.2019 zu einer Besprechung eingeladen. Zudem steht es im Austausch mit der im Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung eingerichteten Landeskoordinierungsstelle zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Männer sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit häusliche Gewalt.