LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7868 13.11.2019 Datum des Originals: 12.11.2019/Ausgegeben: 19.11.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3047 vom 14. Oktober 2019 des Abgeordneten Norwich Rüße BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/7649 Wie geht die Landesregierung gegen Verstöße bei Langzeittransporten von Kälbern vor? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Wesentliche Vorgaben zum Ablauf von Tiertransporten sind in der EU Tierschutz- Transportverordnung Nr. 1/2005 festgeschrieben, auch der Transport von Kälbern innerhalb und außerhalb der EU ist hier entsprechend geregelt. Die Transportzeit darf 12 Stunden nicht überschreiten. Dabei muss das Ziel innerhalb von 19 Stunden erreicht und während der Fahrt mindestens einmal eine Ruhepause eingelegt werden. Zusätzlich müssen die Säugetiere bereits von ihrem Muttertier entwöhnt sein, was bei Kälbern in der Regel in einem Alter von acht bis 10 Wochen der Fall ist. Trotzdem werden seitens Tierschützerinnen und Tierschützern immer wieder grobe Verstöße gegen die Vorgaben zum Transport von Kälbern dokumentiert. Männliche Kälber aus milchbetonten Rindviehrassen sind seit langem eher schwierig zu vermarkten, da sie aufgrund der Rasseeigenschaften keine hohen Mastleistungen aufweisen. Das hat dazu geführt, dass sich in den Niederlanden oder in Spanien einige Betriebe auf die Aufzucht dieser Bullkälber spezialisiert haben. Für die jungen Tiere sind die Transporte zu diesen Betrieben eine Tortur, insbesondere dann, wenn die Fahrten die vorgeschriebenen Transportzeiten überschreiten. Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 3047 mit Schreiben vom 12. November 2019 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 über den Schutz von Tieren beim Transport und damit zusammenhängenden Vorgängen regelt die tierschutzrechtlichen Anforderungen an Tiertransporte. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7868 2 Im April 2018 hat die Agrarministerkonferenz (AMK) in Münster das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gebeten, sich auf europäischer und internationaler Ebene für ein Verbot des Exportes von Tieren zur Schlachtung und auch von nicht abgesetzten Kälbern aus der EU in Drittländer (ausgenommen die Länder des Schengener Abkommens Norwegen und Schweiz sowie unmittelbar benachbarte Drittländer) stark zu machen. Im September 2019 hat das Umweltministerium NRW lange Beförderungen auf bestimmten Routen untersagt. Auf Initiative Nordrhein-Westfalens hat die AMK im September 2019 den Bund aufgefordert, die Tierschutztransportverordnung dahingehend zu ändern, dass im Rahmen innerstaatlicher Transporte, insbesondere zu einem Schlachtbetrieb, bei Außentemperaturen über 30°C die reinen Transportzeiten auf deutlich unter acht Stunden begrenzt werden, sofern nicht die Vorgaben für lange Beförderungen bei hohen Temperaturen gemäß Verordnung (EG) Nr. 1/2005 über den Schutz von Tieren beim Transport z.B. durch technische Vorrichtungen im Transportfahrzeug eingehalten werden können. 1. Wie viele nicht abgesetzte Kälber wurden in den letzten fünf Jahren aus NRW heraus exportiert? (Bitte nach Exporten innerhalb und außerhalb der EU differenziert auflisten) Die angefragten Daten werden von den Veterinärämtern in dieser Schlüsselung nicht routinemäßig erhoben. Die Auswertung der Daten ergab für die vergangenen fünf Jahre die folgenden Anzahlen von aus Nordrhein-Westfalen in Mitgliedstaaten verbrachten Kälbern: 2015: 342.253 Kälber 2016: 439.833 Kälber 2017: 392.687 Kälber 2018: 392.999 Kälber 2019: 357.792 Kälber (bis Oktober) Es erfolgte kein Export in Drittländer. Die Kälber wurden innergemeinschaftlich nach Spanien, Italien, Niederlande, Frankreich, Belgien und Polen verbracht. 2. Wie werden die Transporte von diesen Kälbern kontrollmäßig begleitet? Die Transporte werden von einer Vertretung der Kontrollbehörde nicht aktiv begleitet; lange Beförderungen werden vor Beginn des Transportes durch die zuständige kommunale Veterinärbehörde abgefertigt. Grundsätzlich werden lange Beförderungen von Kälbern nur abgefertigt, sofern eine Reservierungsbestätigung einer Kontrollstelle vorliegt, in der die Kälber nach spätestens neun Stunden abgeladen und versorgt werden können. Bei der Plausibilitätsprüfung der Gesamtstrecke wird ein ADAC-Routenplaner für Gespanne (Durchschnittsgeschwindigkeit 70-80 km/h) zugrunde gelegt. Bei allen langen Beförderungen wird zudem während des gesamten Transportes ein Zugriff auf das GPS-System durch das Veterinäramt gefordert. Die Zugriffsmöglichkeit muss vor Beginn des Transportes durch den Unternehmer sichergestellt werden und mindestens die Geodaten in Echtzeit übermitteln, sowie die Temperaturaufzeichnungen aus dem Ladebereich und Informationen über das Öffnen des Ladebereiches. Bei zu erwartenden Temperaturen über 30° Celsius werden keine LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7868 3 langen Beförderungen abgefertigt, da die Temperaturen auf den LKW selbst bei modernsten Fahrzeugen mit Lüftern bei diesen Witterungsverhältnissen nicht im Toleranzbereich zu halten sind. Jedes Fahrtenbuch wird nach dem Rücklauf von der zuständigen Behörde hinsichtlich der Einhaltung der tierschutzrechtlichen Vorgaben überprüft. 3. Wie oft wurden die Transportzeiten bei nicht abgesetzten Kälbern aus NRW in den letzten fünf Jahren überschritten? 5. Wie oft wurden in den letzten fünf Jahren Verstöße gegen die EU-Verordnung bei Transporten von nicht abgesetzten Kälbern in NRW registriert? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen zu Ziffer 3 und Ziffer 5 zusammen beantwortet. In Einzelfällen wurden geringfügige Überschreitungen der maximalen Beförderungsdauer festgestellt, die gemäß der Tierschutztransportverordnung (EG) Nr. 1/2005 Anhang I Kapitel V Nr. 1.8. - insbesondere unter Berücksichtigung der Nähe des Bestimmungsortes - im Interesse der Tiere um zwei Stunden verlängert werden darf. Weitere Verstöße gegen die EU- Verordnung wurden nicht berichtet. Da die Transporte überwiegend nach Belgien und in die Niederlande erfolgten, betrug die Transportdauer in den meisten Fällen deutlich weniger als acht Stunden. 4. Wie plant die Landesregierung die Anzahl der Langzeittransporte - insbesondere für nicht abgesetzte Kälber - deutlich zu reduzieren? Hinsichtlich der Durchführung von langen Beförderungen nicht abgesetzter Kälber schließt sich Nordrhein-Westfalen den Einschätzungen der Bundesministerin Julia Klöckner zu diesem Thema an. In einem Brief vom 6. August diesen Jahres an den Bayerischen Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz, Herrn Thorsten Glauber, führt die Bundesministerin aus, dass gemäß Verordnung (EG) Nr. 1/2005 lange Beförderungen nur zulässig sind, wenn ein für lange Beförderungen zugelassenes Fahrzeug verwendet wird, so dass durch die vorhandenen technischen Vorrichtungen eine bedarfs- und verhaltensgerechte Versorgung aller Kälber sichergestellt werden kann. Sollten entsprechend zugelassene Transportmittel zur Verfügung stehen, muss der Transport nicht abgesetzter Kälber nach einer Beförderungsdauer von neun Stunden für mindestens eine Stunde zur Einhaltung einer ausreichenden Ruhepause unterbrochen werden. Nach dieser Ruhepause kann die Beförderung für weitere neun Stunden fortgesetzt werden. Ein solches für den Transport nicht abgesetzter Kälber zugelassenes Fahrzeug, so Frau Klöckner, das die besonderen Voraussetzungen für den Transport von nicht abgesetzten Kälbern erfüllt, ist nach Kenntnis des BMEL nicht verfügbar. In der Folge muss nach Anhang I Kapitel V Nr. 1.2. der zuvor genannten Verordnung jede Beförderung von nicht abgesetzten Kälbern nach acht Stunden beendet sein. Die Beförderung muss dann mit der Schlachtung der Tiere oder mit einer mindestens 48-stündigen Unterbringung enden, d.h. erst nach mindestens 48 Stunden Unterbringung kann eine Weiterbeförderung mit einer Dauer von maximal acht Stunden stattfinden.