LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/904 12.10.2017 Datum des Originals: 11.10.2017/Ausgegeben: 17.10.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 246 vom 30. August 2017 des Abgeordneten Dr. Christian Blex AfD Drucksache 17/476 Stalleinbrüche durch Aktivisten von Tierschutzverbänden Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Immer wieder kommt es vor, dass selbsternannte Aktivisten auf landwirtschaftlichen Betrieben in Ställe einbrechen und Fotos vermeintlicher Missstände machen. Hierbei handelt es sich nicht nur um einen Eingriff in den persönlichen Lebensbereich der Bauernfamilien, sondern auch um ein zwielichtiges Geschäftsmodell mit dem die Organisationen versuchen ihr Spendenaufkommen zu erhöhen. Dass diese Organisationen dabei unter dem Deckmantel der Gemeinnützigkeit agieren und die stillschweigende Duldung durch Teile der Politik genießen ist eines demokratischen Rechtsstaates unwürdig. Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 246 mit Schreiben vom 11. Oktober 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen, dem Minister des Innern und dem Minister der Justiz beantwortet. 1. Wie viele Fälle illegaler Stalleinbrüche sind der Landesregierung von 2012 bis dato bekannt? 2. In wie vielen dieser Fälle wurden Fotos der Ställe gemacht und auf Internetseiten oder sonstigen Publikationen von Tierschutzorganisationen veröffentlicht? Bitte nach Organisationen aufschlüsseln. Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/904 2 Die zur Beantwortung der Fragen erforderlichen Daten liegen der Landesregierung nicht vor, weil Zahlen über Fälle „illegaler Stalleinbrüche“ nicht erfasst werden. Es handelt sich nicht um ein eigenes Delikt, gleichwohl kommen Straftatbestände wie Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung (z.B. von Türen) und Diebstahl (z.B von Tieren) in Betracht. Die Polizei Nordrhein-Westfalen wertet auf Basis des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (KPMD-PMK) Delikte der Politisch motivierten Kriminalität aus. Der KPMD-PMK liefert als Verlaufsstatistik zeitnah eine detaillierte Übersicht über das polizeilich relevante Geschehen im Bereich der Politisch motivierten Kriminalität. Die Fallzahlen im Bereich der Politisch motivierten Kriminalität (PMK) sind eine Zusammenstellung aller der Polizei bekannt gewordenen politisch motivierten strafrechtlichen Sachverhalte unter Beschränkung auf ihre erfassbaren, wesentlichen Inhalte. Politisch motivierte Straftaten werden hinsichtlich des Begründungszusammenhangs (Motiv) einem oder mehreren Themenfeldern zugeordnet. Diese Themenfelder sind in einem bundeseinheitlichen Katalog festgelegt und bilden die Grundlage für die einheitliche Erfassung und Auswertung. Die Themenfelder sind teilweise durch Unterthemen strukturiert. Dem Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen sind zum Unterthema „Tierschutz/Tierrecht/Jagd“ seit dem Jahr 2012 insgesamt 182 Straftaten mit unterschiedlichsten Delikten bekannt geworden. Hierbei konnte lediglich ein besonders schwerer Fall des Diebstahls aus dem Stall einer Nerzfarm im Jahre 2013 festgestellt werden. Weitere Einbrüche in diesem Zusammenhang sind nicht bekannt geworden. Die im Zusammenhang mit der Frage 2 nachgefragten Daten werden im KPMD-PMK statistisch nicht erfasst. 3. In welchem Umfang werden diese Organisationen von der Landesregierung finanziell pro Jahr gefördert? Die Landesregierung unterstützt Tierschutzvereine in ihrer Arbeit zu Zwecken des allgemeinen Tierschutzes mit verschiedenen Förderprogrammen: Mit dem Programm zur Förderung baulicher Maßnahmen von Tierheimen wird nachhaltig eine verbesserte Unterbringung von Tierheimtieren ermöglicht. Viele Tierheime müssen dringend saniert werden. Grundlage des Förderprogramms ist die Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung baulicher Maßnahmen von Tierheimen. Gefördert werden Neu- , Erweiterungs-, Um- und Ausbauten sowie Maßnahmen der Verbesserung der hygienischen und wirtschaftlichen Einrichtungen. Im Jahr 2017 stehen 500.000 Euro Fördermittel zur Verfügung. Des Weiteren fördert das Land die Durchführung von Kastrationen von Katzen, die in Nordrhein-Westfalen von Tierschutzvereinen gehalten, versorgt oder sonst als Fundtier aufgenommen werden. Die Fördersumme ist auf einen Festbetrag von 5.000 Euro pro Tierschutzverein begrenzt. Im Jahr 2017 werden Haushaltsmittel in Höhe von ca. 300.000 Euro für die Förderung der Kastration von freilebenden verwilderten Hauskatzen zur Verfügung gestellt. Im Interesse der Verringerung einer sich stark vermehrenden Population von Stadttauben gewährt das Land Nordrhein-Westfalen auch Zuwendungen für das Betreiben bestehender LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/904 3 Taubenhäuser, Taubenschläge und ähnliche Einrichtungen, in denen Tauben angelockt werden, um sie am weiteren Brutgeschäft zu behindern (durch Austausch von befruchteten Eiern durch Gipseier). Insgesamt stehen 100.000 Euro einmalig in 2017 zur Verfügung. Daneben fördert die Landesregierung den Landestierschutzverband Nordrhein-Westfalen e.V. im Jahr 2017 mit einer Fördersumme in Höhe von 25.000 Euro. Darüber hinaus gewährt die Landesregierung im Rahmen einer Projektförderung eine Zuwendung in Höhe von insgesamt 109.647,86 Euro an das „Landesbüro Verbandsklagerecht anerkannter Tierschutzverbände in NRW“. Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes über das Verbandsklagerecht und Mitwirkungsrechte für Tierschutzvereine (TierschutzVMG NRW) im Jahre 2013 schlossen sich sieben der acht in Nordrhein-Westfalen anerkannten Vereine 2014 als Träger eines „Landesbüros Verbandsklagerecht anerkannter Tierschutzverbände in NRW“ zusammen. Mit der Förderung sollte das Büro unter anderem in die Lage versetzt werden, die anerkannten Vereine auch juristisch zu unterstützen. In der vergangenen Legislaturperiode wurde dies im Rahmen eines befristeten Projektes für den Durchführungszeitraum vom 6. September 2016 bis zum 15. Februar 2018 gefördert. 4. Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung, wenn Aktivisten für Tierschutzorganisationen Rechtsbrüche begehen? Sofern es sich um einen nach § 3 Absatz 1 TierschutzVMG NRW anerkannten Tierschutzverein handelt, kann die Anerkennung widerrufen werden, wenn eine der Voraussetzungen für ihre Erteilung nachträglich weggefallen ist. Eine dieser Anerkennungsvoraussetzungen ist die „Gewähr einer sachgerechten Aufgabenerfüllung“. Erreichen das Ministerium für Umwelt, Landwirtschafts, Natur- und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (MULNV) Hinweise, dass der Verein bzw. dessen Mitglieder im Zusammenhang mit Vereinstätigkeiten, wie z.B. der Gewinnung von Film- und Bildmaterial Rechtsbrüche begehen, so hat das MULNV zu überprüfen, ob der Verein immer noch die Gewähr einer sachgerechten Aufgabenerfüllung bietet. Inwieweit durch solche Aktivitäten die Gemeinnützigkeit der Vereine in Frage zu stellen ist, kann nicht pauschal, sondern nur für den jeweiligen Einzelfall beantwortet werden. Die Feststellung, ob ein Verein die Voraussetzungen für eine Anerkennung als gemeinnützig erfüllt, obliegt dem örtlich zuständigen Finanzamt. Nach § 88 der Abgabenordnung hat die Finanzverwaltung im Besteuerungsverfahren den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Die Finanzverwaltung ist danach insbesondere verpflichtet, allen Hinweisen nachzugehen, die sich auf die Besteuerung im Einzelfall auswirken könnten. Aufgrund der Verpflichtung zur Wahrung des Steuergeheimnisses nach § 30 der Abgabenordnung sind Auskünfte zum Besteuerungsverfahren in konkreten Einzelfällen nicht zulässig. 5. Plant die Landesregierung in diesem Zusammenhang Gesetzesänderungen, etwa eine Erweiterung von Schadensersatzansprüchen oder verschärfte Beweisverwertungsverbote? Nein. In diesem Zusammenhang sind zurzeit keine Gesetzesinitiativen oder Bundesratsinitiativen geplant. Das TierschutzVMG NRW gilt aufgrund seiner Befristung bis zum Ablauf des Jahres 2018. Im Laufe des Jahres 2018 wird im Rahmen einer Evaluation überprüft, ob es sich bewährt hat.