LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/946 16.10.2017 Datum des Originals: 13.10.2017/Ausgegeben: 19.10.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 283 vom 7. September 2017 der Abgeordneten Svenja Schulze SPD Drucksache 17/574 Das Gebührensystem lohne sich nicht und sei psychologisch ein problematisches Signal: Teilt die Landesregierung die Auffassungen des CDU-Abgeordneten Stefan Nacke zur geplanten Einführung von Studiengebühren für Ausländer aus Nicht-EU- Ländern? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Unter der Überschrift „Nacke hält nichts von Studiengebühr“ hatten die Westfälische Nachrichten (WN) vom 17.08.2017 mehrere Äußerungen des CDU-Landtagsabgeordneten Stefan Nacke, selbst Teil der schwarz-gelben Regierungskoalition, zur Einführung von Studiengebühren für Ausländer aus Nicht-EU-Staaten abgedruckt. Auf Nachfrage der WN bestätigt Stefan Nacke, dass „die Ausländergebühren auf Betreiben der FDP in den Koalitionsvertrag gekommen“ seien. Weiter bezeichnete der CDU-Landtagsabgeordnete „das Projekt“ als „nicht vorrangig“ und berichtete, dass er bei Gesprächen mit dem Rektor der Universität Münster und der Präsidentin der Fachhochschule Münster verdeutlicht habe, dass das „Gebührensystem effizient sein müsse“. „So wie es aussieht, lohnt sich das nicht“, wird Stefan Nacke dazu bilanzierend zitiert. Gegenüber der WN betonte er auch, „er halte generell nichts von Studiengebühren“, da sie „unabhängig vom Betrag psychologisch ein problematisches Signal“ seien, und „Kinder aus Familien mit geringem Einkommen vom Studium“ abhielten. Diese Äußerungen des CDU-Abgeordneten Stefan Nacke stehen im Widerspruch zum Koalitionsvertrag der Regierungsfraktionen von CDU und FDP. Darin heißt es: „Stattdessen werden wir Studienbeiträge für Studierende aus Drittstaaten einführen und uns am „Baden- Würtemberg-Modell“ orientieren“. Künftig sollen bis zu 1.500 Euro pro Semester fällig werden. Der FDP-Landtagsabgeordnete und Fraktionsvorsitzende Christian Lindner rechnet in diesem Zusammenhang mit Einnahmen in Höhe von 100 Millionen Euro jährlich. Zahlreiche Ausnahmen für Studierende aus Entwicklungsländern, für anerkannte Flüchtlinge und für Studierende mit besonderen sozialen Härten sind vorgesehen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/946 2 Die Ministerin für Kultur und Wissenschaft hat die Kleine Anfrage 283 mit Schreiben vom 13. Oktober 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration, dem Minister der Finanzen und der Ministerin für Schule und Bildung beantwortet. 1. Teilt die Landesregierung die Auffassung des CDU Landtagsabgeordneten Stefan Nacke, die Einführung einer Studiengebühr sei nicht vorrangig? Bitte geben Sie einen Ausblick auf den Zeitplan der Gesetzesinitiative und den zu erwartenden Zeitpunkt der Einführung der Studiengebühr. Die Prioritätenplanung für die mögliche Einführung von Studienbeiträgen für Nicht-EU- Ausländerinnen und -Ausländer folgt dem Koalitionsvertrag. Im Übrigen wird auf die Antwort auf die Fragen 2 und 3 verwiesen. 2. Kann die geplante Studiengebühr für die rund 67.000 ausländischen Studierenden aus Nicht-EU-Staaten im Lichte der zahlreichen Ausnahmen und der daraus wohl zwingenden Einzelfallprüfung in Nordrhein-Westfalen überhaupt effizient umgesetzt werden? Bitte nehmen Sie in diesem Zusammenhang detailliert Bezug auf die vorgesehenen Ausnahmetatbestände und deren Prüfung, sowie auf die Auswirkungen, die sich aus der Prüfung für die Anzahl der zahlungspflichtigen Studierenden ergeben. 3. Die Aussage, die Studiengebühr lohne sich nicht, deckt sich nicht mit der Erwartung der Landesregierung, zukünftig 100 Mio. Euro Mehreinnahmen im Jahr zu erzielen, und lässt zudem auf einen neuen Erkenntnisstand im Beratungsprozess schließen: Liegen der Landesregierung zwischenzeitlich Berechnungen und Erkenntnisse über die zu erwartenden Mehreinnahmen aus der geplanten Studiengebühr vor? Wenn ja, welche? Die Fragen 2 und 3 werden gemeinsam beantwortet: Die mögliche Einführung von Studienbeiträgen für Nicht-EU-Ausländerinnen und -Ausländer in Nordrhein-Westfalen befindet sich derzeit im Beratungsprozess. Abschließende Aussagen über die zu erwartenden Wirkungen eines solchen Gesetzes können daher zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht getroffen werden. 4. Teilt die Landesregierung den Standpunkt, dass Studiengebühren unabhängig vom Betrag psychologisch ein problematisches Signal sind? Wenn nein, welche Belege führt die Landesregierung dagegen an bzw. welche Erkenntnisse hat die psychologische Forschung in diesem Feld? 5. Hat der Abgeordnete Nacke recht, wenn er davon ausgeht, dass Studiengebühren insbesondere Kinder aus Familien mit geringem Einkommen vom Studium abhalten (Abschreckungseffekt)? Falls nein, welche Belege sprechen gegen diese Ansicht? Die Fragen 4 und 5 werden gemeinsam beantwortet: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/946 3 Die Überlegungen der Landesregierung zielen nicht auf allgemeine Studiengebühren ab, sondern auf die Einführung von Studienbeiträgen für Nicht-EU-Ausländerinnen und - Ausländer. Diese besondere Gruppe der Studierenden ist aus ihren Heimatländern vielfach Studienbeiträge gewohnt und nimmt auch bewusst den besonderen Aufwand für ein Auslandsstudium in Kauf, um von hochwertigen Studienangeboten wie in Nordrhein-Westfalen zu profitieren.