LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/966 18.10.2017 Datum des Originals: 17.10.2017/Ausgegeben: 23.10.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 305 vom 12. September 2017 der Abgeordneten Sven Wolf und Hartmut Ganzke SPD Drucksache 17/641 Sicherheitsauflagen gefährden Schützen- und Brauchtumsfeste – was tut die Landesregierung ? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Schützen- und Brauchtumsvereine des Landes Nordrhein-Westfalen tragen mit der Aufrechterhaltung und Pflege von Traditionen, deren Ursprung bis ins Mittelalter zurückreicht, und mit einer lebendigen Vereinskultur und Jugendarbeit zu einem breiten gesellschaftlichen Zusammenhalt in den Städten und Gemeinden bei. Alle, die sich in Vereinsaktivitäten aktiv einbringen und viel Zeit und persönliches Engagement investieren, verdienen hierfür unseren Respekt und Dank. Die vorige rot-grüne Landesregierung hat das historische Schützenwesen im Jahr 2014 förmlich in die Landesliste des immateriellen Kulturerbes gemäß der UNESCO- Konvention aufgenommen und damit das gesellschaftliche Engagement der Schützenvereine und Schützenbruderschaften gewürdigt. Nach den neuen terroristischen Anschlägen in Europa ist auch in Nordrhein-Westfalen die Sicherheitslage verstärkt im Fokus. Besonders die Gefahr, dass Anschläge inzwischen mit geringen technischen Mitteln verübt werden können, hat die Sicherheitsbehörden alarmiert. Gerade auch Brauchtumsfeste in unserem Land könnten somit ins Visier von Terroristen kommen . Die Auflagen für die Gewährleistung der Sicherheit umfassen bereits eine Vielzahl von Genehmigungen und Beantragungen (Sondernutzungserlaubnisse, Bühnenabnahmen, Festzeltüberprüfungen , Bestuhlungspläne, Sanitätsdienste, Sicherheitsdienste, Brandsicherheitswachen , Aufstellen von LKW-Barrieren) und die damit verbundenen Gebühren. Die Landesregierung hat angekündigt, die Sicherheitsauflagen für Feste zu erhöhen. Diese zusätzlichen Maßnahmen können vor Ort weder organisatorisch noch finanziell von Kommunen oder den veranstaltenden Vereinen geschultert werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/966 2 Schützen- und Brauchtumsvereine in Nordrhein-Westfalen äußern nunmehr verstärkt die Sorge, aufgrund steigender Sicherheitsanforderungen ihre traditionellen Festumzüge und Zeltfeste nicht mehr in bewährter Weise durchführen zu können. Der Innenminister hat die Kleine Anfrage 305 mit Schreiben vom 17. Oktober 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen dem Finanzminister, der Ministerin für Heimat, Kommunales , Bau und Gleichstellung, der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz und der Ministerin für Kultur und Wissenschaft beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung ist sich bewusst und erkennt an, dass Schützen- und Brauchtumsvereine mit der Bewahrung von kulturellem Erbe für die Pflege von Heimat in Nordrhein-Westfalen einen unverzichtbaren Dienst leisten. Schützen- und Brauchtumsvereine sind Heimat-Stifter im besten Sinne, denn mit ihrer jahrhundertealten Geschichte sind sie Träger und Vermittler von Tradition. Darüber hinaus sind sie in allen Landesteilen Nordrhein-Westfalens verankert und ein integraler Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens vor Ort. Wo das Schützenwesen und Brauchtum florieren, ist fast immer auch das Heimatgefühl stark und die Verbundenheit zur Region gefestigt. Eine nachhaltige Politik für die Heimat sorgt deshalb für Rahmenbedingungen , unter denen sich das Brauchtum als ein lebendiger Teil des gesellschaftlichen Lebens vor Ort entwickeln kann. Die Bewahrung von Tradition und Brauchtum ist der Landesregierung ein wichtiges Anliegen. 1. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass Schützen- und Brauchtumsvereine als Träger schützenswerten Kulturerbes einer Unterstützung seitens des Landes Nordrhein-Westfalen bedürfen? Die Landesregierung ist der festen Überzeugung, dass Schützen- und Brauchtumsvereine Träger eines schützenswerten Kulturgutes sind. Im vergangenen Jahr wurde eine beabsichtigte Überarbeitung der Regelungen zum Freizeitlärm im sogenannten Freizeitlärmerlass nach umfangreichen Diskussionen mit Schützen- und Brauchtumsvereinen sowie Kommunen auf eine Liberalisierung beschränkt. Unter anderem wurde die Zahl der sogenannten „seltenen Ereignisse" erhöht, so dass mehr Veranstaltungen stattfinden können. Die bisherige Praxis für volkstümliche Veranstaltungen und insbesondere Schützen- und Brauchtumsfeste wurde damit in ihrer Handhabung erweitert. Die neue Landesregierung beabsichtigt, die weitere Entwicklung genau zu beobachten, damit das Schützen- und Brauchtumswesen in Nordrhein- Westfalen weiterhin angemessen gepflegt und gelebt werden kann. 2. Welche Sicherheitsauflagen will die Landesregierung zusätzlich für Feste auferlegen ? 3. Beabsichtigt die Landesregierung, die durch zusätzliche Sicherheitsauflagen anfallenden Kosten zu übernehmen, um Kommunen oder Vereine nicht zusätzlich zu belasten? Die Fragen 2 und 3 werden zusammen beantwortet: Die Landesregierung plant keine zusätzlichen Sicherheitsauflagen für Feste. Die Sicherheit bei Großveranstaltungen soll durch Expertise, Rahmenvorgaben und Leitlinien des Landes LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/966 3 unterstützt werden. So wurden die Polizeibehörden im Land nach den Anschlägen in Spanien mit Erlass vom 18.08.2017 aufgerufen, mit den Kommunen Kontakt aufzunehmen, um Sicherungsmaßnahmen an hochfrequentierten Örtlichkeiten zu erörtern. Vielfach ergreifen Kommunen bereits die Initiative und suchen Wege zur Absicherung von Veranstaltungsflächen. Hierzu sind die speziellen örtlichen Besonderheiten zu berücksichtigen und ein lösungsorientiertes Zusammenwirken aller Beteiligten vor Ort ist erforderlich. 4. Beabsichtigt die Landesregierung, zur Unterstützung des Brauchtums spezielle Regelungen oder Ausnahmemöglichkeiten für Brauchtumsvereine hinsichtlich der gesetzlichen Regelungen und Auflagen für Sicherheitsvorkehrungen zu schaffen ? Gesetzliche Regelungen, die im Zusammenhang mit der Planung und Durchführung von Veranstaltungen relevant sind, unterscheiden schon aufgrund ihres Schutzzwecks nicht zwischen Brauchtumsvereinen und anderen Veranstaltern. Eine Änderung ist diesbezüglich nicht geplant . 5. Wie wird die Landesregierung sicherstellen, dass durch zusätzliche Polizeikräfte die Sicherheit der Brauchtumsfeste gewährleistet bleibt? Die Polizei wird im Rahmen von Ordnungs- und Sicherheitspartnerschaften Veranstalter im Vorfeld beraten und gemäß einer veranstaltungsbezogenen Beurteilung der Lage, sofern erforderlich , Polizeikräfte in angemessener Stärke einsetzen.