Drucksache 16/116 08. 07. 2011 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Hans-Josef Bracht (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Mittelrheinbrücke – Auffassungen zum Projekt Die Kleine Anfrage 61 vom 15. Juni 2011 hat folgenden Wortlaut: In den vergangenen Jahren und insbesondere in der Wahlkampfzeit vor der Landtagswahl gab es zahlreiche Äußerungen von Politikern aller Parteien zur Notwendigkeit des Baus einer Mittelrheinbrücke und der Planungen dazu. So äußerte sich bspw. der heutige Verkehrsminister Roger Lewentz am 14. Dezember 2010 in einem SPD-Interview auf die Frage „Warum wir die Brücke brauchen?“ folgendermaßen: „Auf 100 Kilometern zwischen Mainz und Koblenz gibt es keine Brücken. [...] Viele Menschen verlassen die Region und so blutet ein Teil des Rheintals aus. Die ortsansässigen Unternehmen auf beiden Seiten können wegen der Grenze nur einen halben Kundenkreis bedienen und sind so in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung eingeschränkt. Infrastruktur und gute Verkehrswege sind wichtig für die Entwicklung einer Region und genau diese Entwicklung soll die Brücke beleben.“ Gleichzeitig haben zahlreiche führende SPD-Politiker der alten und neuen Landesregierung eine Brücke einer Ausweitung des Fährbetriebs vorgezogen. Wirtschaftsministerin Eveline Lemke sprach sich im Landtagswahlkampf in der Frage des Baus der Mittelrheinbrücke für eine Befragung der Bürgerinnen und Bürger aus. Ich frage die Landesregierung: 1. Hat sich die Auffassung des zuständigen Verkehrsministers Roger Lewentz zur Notwendigkeit einer festen Rheinquerung am Mittelrhein geändert? Falls ja: Was sind die Gründe dafür? 2. Hat sich die Auffassung der heutigen Wirtschaftsministerin Eveline Lemke zur Befragung der Bürgerinnen und Bürger in der Frage des Baus der Mittelrheinbrücke geändert? Falls ja: Was sind die Gründe dafür? 3. Wie beurteilt die Landesregierung die Möglichkeit von direkter Demokratie (also der Befragung von Bürgerinnen und Bürgern) bspw. bei Infrastrukturprojekten? 4. Kommt für die Landesregierung eine Bürgerbefragung (direkte Demokratie) zur Mittelrheinbrücke in Betracht? Falls nein: Wa- rum nicht? 5. Falls Frage 1 und/oder 2 mit „Nein“ beantwortet wurden: Warum einigt sich die Landesregierung nicht auf den „kleinsten ge- meinsamen Nenner“ und lässt die Bürger in Form einer Bürgerbefragung über den Bau der Mittelrheinbrücke entscheiden? 6. Wie beurteilt die Landesregierung das Gutachten „Verkehrliche Bewertung einer Brücken-, Tunnel- oder Fährverbindung im Mittelrheintal bei St. Goar – Gutachten für das Land Rheinland-Pfalz“ vom Lehrstuhl und Institut für Stadtbauwesen und Stadtverkehr der RWTH Aachen University (Leitung: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dirk Vallée) und teilt die Landesregierung nicht (mehr) die Analyse und die Ergebnisse des genannten Gutachtens, wonach „eine Brücke [...] die wirtschaftlich günstigste Lösung dar[stellt]“ und eine Ausweitung des Fährbetriebs gegenüber einer Brückenlösung „einige spürbare Nachteile auf[weist]“? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 6. Juli 2011 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung zu den Antworten der Landesregierung auf die Kleinen Anfragen 59 bis 61 des Abgeordneten Hans-Josef Bracht (CDU): Die Bürgerinnen und Bürger haben am 27. März 2011 einen neuen Landtag gewählt und SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt. Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen wurde von den Koalitionspartnern die politische Entscheidung getroffen, den geplanten Bau der Mittelrheinbrücke nicht weiterzuverfolgen. Die von den Bürgerinnen und Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 28. Juli 2011 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/116 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Bürgern in der Landtagswahl mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragten Repräsentantinnen und Repräsentanten haben entschieden, den Auftrag der Wählerinnen und Wähler zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur im Mittelrheintal nicht durch den Bau einer festen Rheinquerung zu erfüllen, sondern dem vielmehr durch den Ausbau des Fährbetriebs nachzukommen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage für die Landesregierung wie folgt: Zu Frage 1: Nein. Mit der Landtagswahl am 27. März 2011 haben sich die Bürgerinnen und Bürger in Rheinland-Pfalz für eine neue, zukunftsweisende Politik entschieden. Deren Grundsätze sind im Koalitionsvertrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN festgeschrieben. Diese Vereinbarungen bilden die Grundlage der Politik aller Regierungsmitglieder in Rheinland-Pfalz und werden auch von der Hausspitze des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur umgesetzt. Zu Frage 2: Mit der Landtagswahl am 27. März 2011 haben sich die Bürgerinnen und Bürger in Rheinland-Pfalz für eine neue, zukunftsweisende Politik entschieden. Deren Grundsätze sind im Koalitionsvertrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN festgeschrieben. Diese Vereinbarungen bilden die Grundlage der Politik aller Regierungsmitglieder in Rheinland-Pfalz und werden auch von der Hausspitze des Ministeriums für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung umgesetzt. Zu Frage 3: Direktdemokratische Verfahren sollen die repräsentative Demokratie ergänzen, nicht ersetzen. Sie stellen zusätzliche Instrumente dar, um die Bürgerinnen und Bürger stärker in das politische System einzubinden und intensiver am politischen Prozess teilhaben zu lassen. Der genuine, Legitimität vermittelnde Akt der Wahl büßt dadurch nichts an Bedeutung ein. Direktdemokratische Entscheidungen können auch bei der Planung und Umsetzung von Infrastrukturprojekten zum Einsatz kommen . Entscheidend für den politischen Erfolg von Bürgerentscheiden ist jedoch, dass sie in einer möglichst frühen Phase des Planungsprozesses durchgeführt werden, in der noch keine rechtlich verbindlichen Entscheidungen getroffen sind. Bürger- und Volksentscheide können entsprechend der rechtlichen Regelungen in der Gemeinde- bzw. Landkreisordnung sowie der Landesverfassung durch die Bürgerinnen und Bürger erwirkt werden. Auf kommunaler Ebene kann ein Bürgerentscheid auch vom Gemeinderat initiiert werden. Zu den Fragen 4 und 5: Siehe hierzu die Antwort der Landesregierung auf die Fragen 1 bis 4 der Kleinen Anfrage 59 (Drucksache 16/114). Zu Frage 6: Eine Brücke kann wirtschaftliche und strukturelle Vorteile haben. Dessen ungeachtet soll zur Verbesserung der Verbindungsqualität im Laufe der Legislaturperiode zunächst ein ausgeweiteter Fährbetrieb erprobt werden. Roger Lewentz Staatsminister