Drucksache 16/1207 zu Drucksache 16/1047 30. 04. 2012 A n t w o r t des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU – Drucksache 16/1047 – Umstellung des Staatsweinguts Bad Kreuznach auf ökologischen Weinbau Die Große Anfrage vom 14. März 2012 hat folgenden Wortlaut: Die Landesregierung hat angekündigt, das Staatsweingut am Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum in Bad Kreuznach auf ökologische Bewirtschaftungsweise umzustellen. Zu Gründen, Intentionen, Gestaltung und Folgen dieser Umstellung bestehen noch zahlreiche Unklarheiten. Zur Beurteilung des Vorhabens der Landesregierung sind deshalb nähere Informationen erforderlich . Wir fragen die Landesregierung: Ausgangslage 1. In welchem Umfang werden Weinbauflächen in Rheinland-Pfalz von wie vielen Betrieben mit ökologischem Weinbau bewirtschaftet? 2. a) Wie groß ist der Flächenanteil des ökologischen Weinbaus gegenüber der gesamten Weinbaufläche in Rheinland-Pfalz? 2. b) Wie groß ist der Anteil der ökologischen Weinbaubetriebe gegenüber der Gesamtzahl der Weinbaubetriebe? 3. In welchem Umfang werden die Weinbauflächen im Eigentum des Landes von den Staatsweingütern in Rheinland-Pfalz mit ökologischem Weinbau bewirtschaftet? 4. Wie groß ist der Flächenanteil des ökologischen Weinbaus gegenüber der gesamten Weinbaufläche im Eigentum des Landes? Entwicklung 5. In welchem Umfang sollen die Weinbauflächen der Staatsweingüter künftig durch diese mit ökologischem Weinbau bewirtschaftet werden? 6. Welchen Anteil wird der ökologische Weinbau damit an und gegenüber der gesamten Weinbaufläche in Bewirtschaftung der Staatsweingüter einnehmen? 7. Inwiefern hält die Landesregierung diesen Anteil für verhältnismäßig gegenüber den allgemeinen Flächen- und Betriebsan teilen des ökologischen Weinbaus in Rheinland-Pfalz? 8. Welchen Grund gibt es für die geplante Umstellung des Staatsweinguts Bad Kreuznach angesichts der Tatsache, dass laut Aussage von Staatssekretär Griese „das Staatsweingut … bisher schon sehr zurückhaltend bei Düngung und Pflanzenschutz gewirtschaftet“ hat (Öffentlicher Anzeiger 7. Dezember 2011)? 9. Welche Ziele verfolgt die Landesregierung mit der Umstellung? 9. a) Inwieweit soll eine bestimmte Quote ökologischer Weinbaubetriebe erreicht werden? 9. b) Inwieweit soll der Nachhaltigkeitsgedanke im Weinbau gefördert werden? 10. Inwieweit und warum ist die Umstellung des Staatsweinguts Bad Kreuznach das geeig - ne te Mittel zur Erreichung des verfolgten Ziels? 10. a) Inwieweit ist für das Erreichen einer bestimmten Quote ökologischer Weinbaubetriebe die Umwandlung des Staatsweinguts erforderlich? 10. b) Inwieweit ist ausgerechnet die Umwandlung eines Staatsweinguts in einen ökologischen Betrieb zur Förderung des Nachhaltigkeitsgedankens im Weinbau prädestiniert? Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 11. Mai 2012 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/1207 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 11. Aus welchen Gründen ist die Entscheidung für das Staatsweingut Bad Kreuznach und nicht für ein anderes Staatsweingut gefallen? 12. Inwieweit, zu welchen Zeitpunkten und mit welchen Ergebnissen wurden vorbereitende Gespräche a) mit den Staatsweingütern selbst und den dortigen Mitarbeitern sowie b) mit Weinbauverbänden und weinbaulichen Körperschaften geführt? Auswirkungen 13. Inwieweit, zu welchen Zeitpunkten und mit welchen Ergebnissen hat sich die Landesregierung zur Beurteilung der Auswirkungen ihres Vorhabens über die Situation, das Potenzial und die Standortperspektiven der Staatsweingüter und insbesondere des Staatsweinguts Bad Kreuznach vergewissert? 14. Inwieweit werden Zusatzausgaben oder Mindereinnahmen durch die Umstellung auf ökologischen Weinbau erwartet? Können sie ausgeschlossen werden? 15. Inwieweit wird insbesondere Personalmehrbedarf erwartet? Kann er ausgeschlossen werden ? 16. Inwieweit werden insbesondere Auswirkungen auf Umfang und Wirtschaftlichkeit der Produktion erwartet? Können Nachteile ausgeschlossen werden? 17. Inwieweit werden Auswirkungen auf den Ausbildungsbetrieb und die Ausbildungsnach - frage erwartet? Können Nachteile ausgeschlossen werden? 18. Inwieweit werden Auswirkungen auf Arbeitsaufwand und Arbeitsweise der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erwartet? Können Nachteile ausgeschlossen werden? 19 a) Inwieweit werden Auswirkungen auf die Marktstellung des Staatsweinguts erwartet? Können Nachteile ausgeschlossen werden? 19. b) Wie steht die Landesregierung zu der Befürchtung, dass sich das Staatsweingut gegenüber den anderen am Markt teilnehmenden ökologisch wirtschaftenden Betrieben auf dem sehr kleinen Ökoweinmarkt zu stark positionieren wird? 20. Inwieweit werden Auswirkungen auf Beratungskompetenz, Beratungstätigkeit und Beratungsnachfrage erwartet? Können Nachteile ausgeschlossen werden? 21. Inwieweit werden Auswirkungen auf Bestand, Aufgaben und Dimension des Staatswein - guts Bad Kreuznach erwartet? Können Nachteile ausgeschlossen werden? 22. Wie beurteilt die Landesregierung vor diesem Hintergrund Chancen und Risiken der Um stellung? Vorgehen 23. Welches weitere Vorgehen ist geplant, welche Schritte sollen zu welchem Zeitpunkt erfolgen ? 24. Wer erarbeitet das Konzept zur Umstellung? 25. Welche Rolle wird die Einschätzung des Staatsweinguts Bad Kreuznach selbst zu Möglichkeiten , zu Problematiken und Lösungen spielen? 26. Nach welchen Kriterien und Standards des ökologischen Weinbaus soll das Staatsweingut nach der Umstellung arbeiten? 27. Welchem Verband soll das Staatsweingut Bad Kreuznach nach der Umstellung angehören ? 28. Inwieweit sind Evaluierung und Monitoring Bestandteil der Umstellung? 29. Gehört eine Revisionsoption zum Umstellungskonzept? 2 Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten hat die Antwort auf die Große Anfrage namens der Landesregierung – Zuleitungsschreiben des Chefs der Staatskanzlei vom 27. April 2012 – wie folgt ergänzt: Vorbemerkung: Es ist Ziel der Landesregierung, in den kommenden Jahren auf die Entwicklungen der Verbrauchernachfrage zu reagieren, um eine ökologisch, sozial und wirtschaftlich nachhaltige Entwicklung des Agrarsektors zu fördern. Die agrar- und lebensmittelbezogene Aus- und Weiterbildung soll im Hinblick auf die Stärkung des Angebotes stärker und systematisch im Bereich ökologischer Wirtschafts - und Produktionsweisen positioniert werden. Die Agrarforschung im Allgemeinen und die Weinbauforschung sowie das Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/1207 Versuchswesen im Speziellen sollen vor diesem Hintergrund gestärkt werden. Im Weinbau liegt weiterhin der Fokus auf der Heraus - stellung der regionalen Herkunft und der Qualitätsorientierung in der Erzeugung. Auf dem DBV-Perspektivforum zur Biofach 2012 wurde das Ziel der rheinland-pfälzischen Landesregierung, den Agrarsektor für die Zukunft auszurichten, vom Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes (DBV) mit seiner Äußerung bestätigt: „Wir wollen einen möglichst großen Anteil am Ökowachstum für die deutschen Landwirte haben.“ (Presseerklärung des DBV vom 15. Februar 2012) Der Weinmarkt in Deutschland ist geprägt von einem starken Wettbewerb nationaler und internationaler Anbieter. Mehr als die Hälfte des Weinkonsums entfällt auf Importweine, vor allem aus Frankreich, Italien und Spanien. Auch die Weinländer der „neuen Welt“ und aus Südosteuropa haben zwischenzeitlich bedeutende Marktanteile gewonnen. Das gilt auch für das Marktsegment der Ökoweine. Gegenwärtig dominieren in diesem Teilmarkt Schätzungen zufolge ebenfalls mit rund zwei Dritteln die Importweine. Das stetige Wachstum des Bioweinsegments stellt für die heimischen Erzeuger und Vermarkter ein zurzeit noch nicht ausreichend genutztes Wertschöpfungspotenzial dar. Die Qualitätsorientierung der rheinland-pfälzischen Weinwirtschaft ist eine hervorragende Grundlage, um an der positiven Entwicklung des Bioweinmarkts mit regionalen Weinangeboten zu partizipieren. Bioweine werden in allen Bevölkerungsschichten nachgefragt, verstärkt jedoch bei jüngeren Konsumenten, und werden damit in den kommenden Jahren einen zunehmenden Einfluss auf die Weinmarktentwicklung nehmen. Rheinland-Pfalz ist Deutschlands Weinland Nummer 1. Rund zwei Drittel der deutschen Rebfläche verteilen sich auf die sechs Anbaugebiete des Landes. Es ist das Ziel der Landesregierung, auch auf dem Feld des ökologischen Weinbaus und der Unterstützung der besonderen Qualitätsausrichtung diese Führungsrolle durch ein konkretes Angebot in Ausbildung, Beratung und Versuchswesen zu übernehmen. Die zu erwartenden Vorteile dieses Angebots stärken auch den dafür vorgesehenen Schul- und Beratungsstandort Bad Kreuznach. Gerade junge Menschen, die sich für Weinbau begeistern, zeigen ein Interesse für den Öko-Weinbau und dessen Methoden. Bisher haben Forschung und Versuchswesen für den ökologischen Weinbau wertvolle Impulse geliefert, die zwischenzeitlich auch im konventionellen Weinbau zur guten fachlichen Praxis zählen. Die Anzahl der ökologisch arbeitenden Betriebe nimmt stetig zu. Insbesondere junge Betriebsleiter mit einer sehr guten Ausbildung stellen ihre Betriebe aus Verantwortung für die Umwelt und die Verbraucher um. In vielen Bereichen muss Neuland beschritten werden. Unter Berücksichtigung des ganzheitlichen ökologischen Ansatzes sind Methoden und Verfahren zu entwickeln und anzuwenden, die derzeit so im konventionellen Anbau nicht vorhanden und üblich sind. Denn der ökologische Weinbau unter - scheidet sich vom konventionellen Weinbau durch die Leitidee der Kreislaufwirtschaft. Dazu gehören der besonders schonende Umgang mit Boden und Wasser, der Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutz- und Düngemittel, routinemäßige Kontrollen und eine mehrjährige Umstellungsphase. Die Mindestanforderungen des ökologischen Weinbaus sind in EU-rechtlichen Bestimmungen definiert. Der ökologische Weinbau ist bis heute auf vorbeugende Strategien beim Pflanzenschutz angewiesen, da keine kurativen Mittel zur Verfügung stehen. Dementsprechend ist eine intensive Begleitung der Betriebe notwendig, um durch Forschung, Schulung, Versuchswesen und sonstige Maßnahmen die besonderen betrieblichen Produktionsrisiken, z. B. aufgrund von Ernteausfällen, zu begrenzen . Eine aktuelle Herausforderung sind die von der EU-Kommission erlassenen Vorschriften für die Ökoweinbereitung und -kennzeichnung , die deutlich strenger sind als die Vorgaben bei der konventionellen Weinerzeugung. Ab dem Jahr 2012 dürfen Weine aus ökologischem Anbau bezeichnungsrechtlich als Bioweine vermarktet werden, was die Attraktivität dieser Wirtschaftsweise weiter stärkt. Aus diesen Gründen sind die für Ausbildung und Beratung erforderlichen Erkenntnisse in einem eigenständigen Versuchswesen zu entwickeln. Vor diesem Hintergrund beantworte ich die Große Anfrage 16/1047 der Fraktion der CDU namens der Landesregierung wie folgt: Ausgangslage 1. In welchem Umfang werden Weinbauflächen in Rheinland-Pfalz von wie vielen Betrieben mit ökologischem Weinbau bewirtschaftet ? Im Jahre 2011 bewirtschafteten in Rheinland-Pfalz 367 Betriebe eine Rebfläche von 3 985 ha nach anerkannten und kontrollierten ökologischen Grundsätzen. 3 Jahr 1980 1990 2000 2006 2007 2008 2009 2010 2011 *) Ökorebfläche in ha 38 418 1 175 1 751 2 381 3 143 3 596 3 706 3 985 Anzahl der Betriebe 5 72 127 184 251 313 329 346 367 *) Vorläufig, fünf Betriebe werden derzeit noch geprüft. Drucksache 16/1207 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 2. a) Wie groß ist der Flächenanteil des ökologischen Weinbaus gegenüber der gesamten Weinbaufläche in Rheinland-Pfalz? Im Zeitraum 2000 (1 175 Hektar) bis 2011 (3 985 Hektar) hat sich die ökologisch bewirtschaftete Rebfläche mehr als verdreifacht. Gemessen an der Gesamtrebfläche des Landes (2011: 63 810 Hektar) ist der Anteil der Ökoweinbaufläche zwischenzeitlich auf 6,2 Prozent angewachsen. 2. b) Wie groß ist der Anteil der ökologischen Weinbaubetriebe gegenüber der Gesamtzahl der Weinbaubetriebe? Im Jahr 2010 gab es in Rheinland-Pfalz 9 382 landwirtschaftliche Betriebe mit Weinbau, darunter 346 (3,7 Prozent) ökologisch wirtschaftende Weingüter. 3. In welchem Umfang werden die Weinbauflächen im Eigentum des Landes von den Staatsweingütern in Rheinland-Pfalz mit ökologischem Weinbau bewirtschaftet? 4. Wie groß ist der Flächenanteil des ökologischen Weinbaus gegenüber der gesamten Weinbaufläche im Eigentum des Landes? Das Land bewirtschaftet derzeit keine Weinbauflächen gemäß den EU-Bestimmungen für den ökologischen Weinbau. Allerdings wurden an den Dienstleistungszentren Ländlicher Raum (DLR) des Landes Rheinland-Pfalz mit weinbaulichen Schwerpunkten im Jahr 2011 auf etwa 5,6 Hektar Rebfläche Versuche mit ökologischen Fragestellungen durchgeführt. Davon lagen Teilflächen von rund 3,3 Hektar im Bereich des Staatsweinguts Neustadt a. d. W. (Haardter Herrenletten) und etwa 2,3 Hektar an der Domäne Oppenheim (Niersteiner Glöck). Das Versuchswesen beschränkte sich auf wenige Versuchsanstellungen im phytosanitären Bereich und der Bodenbewirtschaftung bzw. Nährstoffversorgung. Entwicklung 5. In welchem Umfang sollen die Weinbauflächen der Staatsweingüter künftig durch diese mit ökologischem Weinbau bewirtschaftet werden? Insgesamt verfügt das Land Rheinland-Pfalz über fünf staatliche Weingüter mit rund 106 Hektar Rebfläche. An den Standorten Neustadt a. d. W., Bad Kreuznach, Oppenheim und Bernkastel sind die Staatsweingüter Bestandteil des Lehr- und Versuchsbetriebes. Die Domäne Avelsbach wird seit dem 1. Januar 2011 als Wirtschaftsbetrieb geführt. Derzeit liegt ein Konzeptentwurf des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum Rheinhessen-Nahe-Hunsrück (DLR RNH) vor, der beinhaltet, wie das Staatsweingut Bad Kreuznach (ca. 20 Hektar) als Gesamtbetrieb auf ökologische Bewirtschaftung umgestellt werden kann. 6. Welchen Anteil wird der ökologische Weinbau damit an und gegenüber der gesamten Weinbaufläche in Bewirtschaftung der Staatsweingüter einnehmen? Zukünftig würde etwa ein Fünftel der Fläche der Staatsweingüter für das Versuchswesen im ökologischen Weinbau zur Verfügung stehen. Unabhängig davon wird auch geprüft, ob die Staatliche Weinbaudomäne Trier-Avelsbach (27 Hektar) mit ökologischer Wirtschaftsweise auf einen Zukunftsmarkt in diesem Segment ausgerichtet wird. Die Staatliche Weinbaudomäne wird als Wirtschaftsbetrieb (ohne Versuchsauftrag) geführt und könnte von den Chancen des Bioweinmarkts profitieren. 7. Inwiefern hält die Landesregierung diesen Anteil für verhältnismäßig gegenüber den allgemeinen Flächen- und Betriebsan teilen des ökologischen Weinbaus in Rheinland-Pfalz? Zum gegenwärtigen Zeitpunkt geht es darum, das Staatsweingut Bad Kreuznach mit rund 20 Hektar Rebfläche noch vor der Ernte 2012 umzustellen. Dies entspricht einem Anteil von knapp 20 Prozent der Rebfläche, die durch staatliche Weingüter bewirtschaftet werden. Nach Abstimmung mit den verantwortlichen Bediensteten in Weinbau, Kellerwirtschaft und Vermarktung ist eine vollständige Umstellung des Staatsweinguts Bad Kreuznach zweckmäßig, um auch den Fragestellungen in der Weinerzeugung und Ökoweinvermarktung nachkommen zu können. Die Frage nach Flächenanteilen in Relation zu dem Anteil des Ökoweinbaus im Lande hat vor diesem Hintergrund keine Relevanz. 8. Welchen Grund gibt es für die geplante Umstellung des Staatsweinguts Bad Kreuznach angesichts der Tatsache, dass laut Aussage von Staatssekretär Griese „das Staatsweingut … bisher schon sehr zurückhaltend bei Düngung und Pflanzenschutz gewirtschaftet“ hat (Öffentlicher Anzeiger 7. Dezember 2011)? Ziel ist es, mit dem Versuchs-, Beratungs- und Ausbildungsangebot des DLR RNH das gesamte erforderliche konventionelle und ökologische Spektrum der Trauben- und Weinerzeugung abzudecken. Die Bewirtschaftungssysteme des ökologischen und konventionellen Weinbaus haben sich in den letzten Jahrzehnten aufgrund umfangreicher Forschungsbestrebungen in vielen Bereichen des Pflanzenbaus und der Pflanzengesundheit angenähert. Erhebliche Unterschiede bestehen jedoch weiterhin in den Bereichen Pflanzenschutz, Düngung, Unterstockbodenbearbeitung sowie der rechtlichen Anforderungen. 4 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/1207 Das Staatsweingut Bad Kreuznach bietet aufgrund seiner klimatischen und geologischen Gegebenheiten günstige Voraussetzungen für die Umstellung auf ökologischen Weinbau. Die Lagen sind keinem großen Traubenwicklerdruck ausgesetzt. Der Einsatz von Pheromonen findet flächendeckend statt. Die Pflanzenbehandlungsmaßnahmen gegen pilzliche Erkrankungen werden bislang mit den handelsüblichen Mitteln durchgeführt. Der Rebbau als geschlossenes System führt zu einem eher verhaltenen Nährstoffaustrag durch die Trauben. Natürliche Stoffkreisläufe sollen so weit als möglich genutzt werden. Die Nährstoffversorgung der Böden, die gute Humusbilanz sowie die Bodenbegrünung erfordern nur in geringem Maße Nährstoffgaben bei Kalium und Magnesium, die auch mit dem ökologischen Weinbau konform sind. Die Stickstoffzufuhr ist über die Humusdüngung und Bodenbegrünung gewährleistet. Zwischenzeitlich greift in der Traubenerzeugung hinsichtlich der Qualität und Anfälligkeit der Trauben für Fäulnis die Erkenntnis, dass eine gewisse Mangelsituation bei der Stickstoffversorgung eher förderlich ist für die sensorische Qualität und zur Reduktion des Pilzbefalls der Trauben. Am DLR RNH werden am Standort Oppenheim auch weiterhin schwerpunktmäßig konventionelle weinbauliche Versuche durchgeführt und am Standort Bad Kreuznach wird das Versuchswesen auf ökologische Fragestellungen umgestellt. Im Versuchskeller des Staatsweinguts Bad Kreuznach können auch weiterhin konventionelle Versuche, beispielsweise in der Technikerausbildung, durchgeführt werden. 9. Welche Ziele verfolgt die Landesregierung mit der Umstellung? Mit der Umstellung auf eine ökologische Wirtschaftsweise in Weinberg und Keller wird das Ziel verfolgt, sowohl im Versuchswesen als auch in der Ausbildung und der Beratung, der zunehmenden Nachfrage der weinbaulichen Praxis nach Unterstützung im ökologischen Weinbau und der Umstellungsberatung vollumfänglich nachzukommen. So kann die Landesregierung einen Beitrag leisten, dass die rheinland-pfälzische Weinwirtschaft am Wachstum der Ökobranche partizipiert. Dies deckt sich mit der Forderung des Präsidenten des DBV Gerd Sonnleitner auf dem DBV-Perspektivforum zur Biofach 2012: „Wir wollen einen großen Anteil am Ökowachstum für die deutschen Landwirte haben.“ Verbunden mit diesem Systemwechsel ist auch der Aufbau eigener Kompetenzen von der Traubenproduktion bis zur Vermarktung in einem ökologisch ausgerichteten rheinland-pfälzischen Lehr- und Versuchsbetrieb, um den Anforderungen des wachsenden Ökoweinmarkts gerecht zu werden. Die Ergebnisse des ökologischen Versuchswesens bieten auch Erkenntnisse für die umweltschonende konventionelle Trauben- und Weinerzeugung. 9. a) Inwieweit soll eine bestimmte Quote ökologischer Weinbaubetriebe erreicht werden? Mit den in Frage 9 verfolgten Zielen, soll der wachsenden Nachfrage nach ökologischen Fragestellungen aus der weinbaulichen Praxis mit einem entsprechenden Dienstleistungsangebot entsprochen werden. Eine bestimmte Quote wird nicht angestrebt. 9. b) Inwieweit soll der Nachhaltigkeitsgedanke im Weinbau gefördert werden? Das Thema Nachhaltigkeit im Weinbau soll durch die ökologische Ausrichtung im Staatsweingut Bad Kreuznach gefördert und unterstützt werden. Die Verbraucher erwarten im Lebensmittelsektor allgemein und speziell in der Weinerzeugung eine nachhaltige Wirtschaftsweise. Ausgelöst von den Erwartungen des Marktes werden auch kleinere und mittlere Weinbaubetriebe nicht umhinkommen , sich mit einer nachhaltigen Wirtschaftsweise auseinanderzusetzen. Ein Arbeitsschwerpunkt, zu dem auch das Staatsweingut über die bestehenden Rechtsnormen hinaus einen Beitrag leisten kann, ist die Verbesserung von Ressourceneffizienzen, beispielsweise beim Energie-, Wasser und Rohstoffverbrauch. Hiervon profitiert in der Umsetzung jeder einzelne Weinbaubetrieb. Es kann insgesamt ein wesentlicher Beitrag zur Sicherung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Weinbaubetriebe im Lande geleistet werden. 10. Inwieweit und warum ist die Umstellung des Staatsweinguts Bad Kreuznach das geeignete Mittel zur Erreichung des verfolgten Ziels? 10. a) Inwieweit ist für das Erreichen einer bestimmten Quote ökologischer Weinbaubetriebe die Umwandlung des Staatsweinguts erfor- derlich? 10. b) Inwieweit ist ausgerechnet die Umwandlung eines Staatsweinguts in einen ökologischen Betrieb zur Förderung des Nachhaltig- keitsgedankens im Weinbau prädestiniert? 11. Aus welchen Gründen ist die Entscheidung für das Staatsweingut Bad Kreuznach und nicht für ein anderes Staatsweingut gefallen? Die Weinbauregionen in Rheinland-Pfalz sind von den natürlichen Gegebenheiten und den Bewirtschaftungsformen und -strukturen der Weinbaubetriebe sehr unterschiedlich. Dies wurde bei der Suche nach einem landesweit geeigneten Standort für die ökologische Bewirtschaftung berücksichtigt. Neben Steillagenregionen an der oberen Nahe (vergleichbar mit den Anbaugebieten Mittelrhein und Mosel) finden sich an der mittleren und unteren Nahe Bewirtschaftungsverhältnisse, vergleichbar mit denen in Rheinhessen und der Pfalz. Hinzu kommen die geologische und klimatische Vielfältigkeit des Anbaugebietes sowie das breite Rebsortenspektrum, das das Staatsweingut Bad Kreuznach als geeigneten Betrieb für die Bandbreite an ökologischen Versuchsstellungen charakterisieren. Auch finden alle Bewirtschaftungsbedingungen und Restriktionen Berücksichtigung. 5 Drucksache 16/1207 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Die Umstellung des Staatsweinguts Bad Kreuznach erfolgt vor dem Hintergrund der unter Frage 9 genannten Zielsetzung. Die Stand - ortwahl für das DLR RNH ist weiterhin in dem Umstand begründet, dass an den Standorten in Oppenheim und Bad Kreuznach jeweils ein Weingut angesiedelt ist. Das konventionelle weinbautechnische und kellerwirtschaftliche Versuchswesen ist in Oppen - heim stärker ausgeprägt, in Bad Kreuznach orientieren sich die Versuchsanstellungen stärker an der Ausbildung. Am Standort Bad Kreuznach ist zudem die Technikerschule und das Kompetenzzentrum Ökologischer Landbau (KÖL) angesiedelt. Die ökologische Wirtschaftsweise ist besonders nachhaltig, nicht nur in Hinblick auf die Ökologie, sondern auch in Bezug auf die Ökonomie. Den Anforderungen des wachsenden Marktes für Ökoerzeugnisse sowie den Verbrauchererwartungen ist auch bei der Ausrichtung des Staatsweinguts Rechnung zu tragen. Das Erreichen einer bestimmten Quote ökologisch wirtschaftender Betriebe ist nicht Gegenstand der Neuausrichtung des Lehrund Versuchsbetriebs. Vielmehr sollen der Weinwirtschaft und umstellungswilligen Betrieben Möglichkeiten der ökologischen Wirtschaftsweise demonstriert werden, um der rheinland-pfälzischen Führungsrolle im Ökoweinbau gerecht zu werden. 12. Inwieweit, zu welchen Zeitpunkten und mit welchen Ergebnissen wurden vorbereitende Gespräche geführt: Erste Gespräche über die Möglichkeiten der ökologischen Ausrichtung eines Staatsweinguts wurden am Rande eines Besuchs der Ministerin am DLR RNH in Bad Kreuznach Mitte September 2011 geführt. a) mit den Staatsweingütern selbst und den dortigen Mitarbeitern? In den Monaten Oktober und November 2011 fanden konkrete Gespräche auf Staatssekretärsebene und auf Fachebene zu den Möglichkeiten einer Umstellung gemeinsam mit den Verantwortlichen am DLR RNH und dem Kompetenzzentrum ökologischer Landbau in Bad Kreuznach statt. Ergebnis dieser Abstimmungsgespräche war die Beauftragung des DLR RNH mit der Erstellung eines Umstellungskonzeptes auf weinbaulicher, kellerwirtschaftlicher und vermarktungstechnischer Ebene im Dezember 2011. b) mit Weinbauverbänden und weinbaulichen Körperschaften? Nach der zwischenzeitlichen Erarbeitung des Umstellungskonzepts ist es beabsichtigt, dies auf Ministeriumsebene und dem Ausschuss für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten sowie den Verbänden und Vereinigungen vorzustellen und zu erörtern. Auswirkungen 13. Inwieweit, zu welchen Zeitpunkten und mit welchen Ergebnissen hat sich die Landesregierung zur Beurteilung der Auswirkungen ihres Vorhabens über die Situation, das Potenzial und die Standortperspektiven der Staatsweingüter und insbesondere des Staatsweinguts Bad Kreuznach vergewissert? Bad Kreuznach ist der zentrale Schul- und Ausbildungsstandort für die Fach- und Technikerschule im Lande, mit einer hohen Repu - tation in Schule, Versuchswesen und Beratung. Im Dezember 2011 wurde das DLR RNH mit der Prüfung der Möglichkeit, den Lehr- und Versuchsbetrieb Bad Kreuznach auf ökologische Wirtschaftsweise umzustellen, beauftragt. In einem ersten Perspektivpapier wurden die unterschiedlichen Bewirtschaftungsmöglichkeiten einer Betriebsumstellung gegenübergestellt. Dem daraus resultierenden Umstellungskonzept liegt die Empfehlung zugrunde, den Lehr- und Versuchsbetrieb komplett umzustellen. 14. Inwieweit werden Zusatzausgaben oder Mindereinnahmen durch die Umstellung auf ökologischen Weinbau erwartet? Können sie ausgeschlossen werden? Zu beachten ist, dass es sich beim Staatsweingut Bad Kreuznach um einen Lehr- und Versuchsbetrieb und nicht um einen Wirtschaftsbetrieb handelt. Er nimmt wichtige Aufgaben der Ausbildung und Entwicklung von Verfahren und Methoden für die Weinwirtschaft wahr. Zudem zeigen die betriebswirtschaftlichen Vergleichsuntersuchungen des Weinsektors der vergangenen Jahre, dass ökologisch wirtschaftende Betriebe ähnlich gute Ergebnisse erzielen wie Weinbaubetriebe im konventionellen Weinbau. Einem um zehn bis 20 Prozent niedrigeren Ertrag aufgrund von Ertragsrisiken und Extensivierung der Traubenproduktion steht eine in gleichem Umfang bessere preisliche Positionierung der Ökoweine im Direktvertrieb gegenüber. Insgesamt wird bei der Umstellung des Staatsweinguts ein ähnlicher Anpassungseffekt erwartet, der sich nicht negativ auf das bisherige Gesamtergebnis auswirkt. Bei den Betriebsmittelkosten wird mit keinem nennenswerten Anstieg gerechnet. Umsatzseitig könnten bereits in der Umstellungsphase moderate Preisanpassungen insbesondere im Endverbrauchersegment umgesetzt werden. 15. Inwieweit wird insbesondere Personalmehrbedarf erwartet? Kann er ausgeschlossen werden? Nach Auffassung der Weinbauexperten ist mit keinem Personalmehrbedarf zu rechnen, wenngleich die ökologische Traubenerzeu - gung mit einem zehn bis 20 Prozent höheren Arbeitsaufwand im Außenbetrieb verbunden ist. Die Umstellung der Traubenproduktion geht mit einer Anpassung der Arbeitsorganisation und -abläufe insbesondere beim Pflanzenschutz und den Laubarbeiten 6 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/1207 einher. Die beiden Lehr- und Versuchsbetriebe am Dienstleistungszentrum haben eine an die Anforderungen angepasste personelle Ausstattung und werden von ein und demselben Betriebsleiter geführt. Bei Arbeitsspitzen, die deutlich ausgeprägter sein werden, ist während der Vegetationsperiode ein flexibler Einsatz der Arbeitskräfte an beiden Standorten erforderlich. 16. Inwieweit werden insbesondere Auswirkungen auf Umfang und Wirtschaftlichkeit der Produktion erwartet? Können Nachteile ausgeschlossen werden? Bereits die gegenwärtige Traubenproduktion ist durch eine ressourcenschonende und qualitätsorientierte Wirtschaftsweise geprägt. Das derzeitige Ertragspotenzial liegt mit 65 bis 70 Hektoliter/Hektar rund 15 bis 20 Prozent unter dem Anbaugebietsmittelwert. Ziel ist es, auch weiterhin gesunde Trauben und hochwertige Weinqualitäten bei geringfügig geringerem Ertrag zu erzeugen und ab dem Jahr 2015 als Biowein zu vermarkten. Auch wenn an das Staatsweingut, als Bestandteil des Lehr- und Versuchswesens am DLR RNH, nicht der Maßstab eines Wirtschaftsbetriebs gelegt werden kann und soll, werden nach derzeitiger Auffassung keine nachteiligen Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit erwartet. Versuchswesen und Lehre im Land werden darüber hinaus um die Variante ökologischer Weinbau ergänzt. Die gewonnenen Erkenntnisse fließen auch in die Beratung konventionell wirtschaftender Betriebe mit ein. Insgesamt ist mit den Erkenntnissen des ökologischen Versuchswesens ein erheblicher Mehrwert für unsere Weinwirtschaft verbunden . Mögliche Nachteile bei den Produktionskosten werden dadurch mehr als ausgeglichen. 17. Inwieweit werden Auswirkungen auf den Ausbildungsbetrieb und die Ausbildungsnachfrage erwartet? Können Nachteile ausgeschlossen werden? In Rheinland-Pfalz konzentrieren sich rund zwei Drittel der deutschen Rebfläche. Auch der überwiegende Anteil der ökologisch bewirtschafteten Rebfläche entfällt auf die sechs Anbaugebiete des Landes. Vor diesem Hintergrund ist es zielführend, nicht nur in der Weinbauausbildung allgemein, sondern auch in ökologischen Fragestellungen in Schule und Beratung eine deutschlandweit führende Rolle zu übernehmen. Das Staatsweingut Bad Kreuznach zählt zu den größten Ausbildungsbetrieben im Weinbau in Rheinland-Pfalz. Es wird seiner Vorbildfunktion in Ausbildung und Schule auch zukünftig in vollem Umfang gerecht. Im Bereich Fach- und Technikerschule wird der Lehrplan um ein Wahlpflichtmodul ökologischer Weinbau erweitert. In der Regel werden sieben bis acht Auszubildende im Staatsweingut beschäftigt. Hinzu kommen noch zahlreiche Praktikanten. Die Auszubildenden verbringen nur einen Teil ihrer Lehrzeit im Staatsweingut und haben somit die Möglichkeit, die gesamte Bandbreite der ökologischen und konventionellen Trauben- und Weinerzeugung in weiteren Lehrbetrieben, wie beispielsweise dem Standort Oppenheim, kennenzulernen. Erwartet wird eine größere Akzeptanz bei den Auszubildenden, die sich für den ökologischen Weinbau entschieden haben. Seitens der Lehre und der Beratung wird eine Erweiterung um die Fragestellungen und Erkenntnisse der ökologischen Trauben- und Weinerzeugung positiv eingeschätzt. Nachteile lassen sich nicht erkennen. Bezogen auf die Ausbildung werden nur Vorteile erwartet. 18. Inwieweit werden Auswirkungen auf Arbeitsaufwand und Arbeitsweise der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erwartet? Können Nachteile ausgeschlossen werden? Für alle Beschäftigten der rheinland-pfälzischen Lehr- und Versuchsbetriebe werden bei sich ändernden Rahmenbedingungen in Weinberg und Keller Schulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen durchgeführt. Dieser Weiterbildungsprozess wird auch zukünftig fortgeschrieben. Dies gilt gleichermaßen für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Staatsweingut Bad Kreuznach. Mit der Umstellung auf die ökologische Wirtschaftsweise werden die Beschäftigten entsprechend eingewiesen und weitergebildet. Damit wird die Qualität der Arbeitserledigung gewährleistet und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterqualifiziert. Mit Veränderungen bei der Erledigung von Arbeiten kann als Folge der Umstellung gerechnet werden. Nachteile für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können grundsätzlich ausgeschlossen werden. 19 a) Inwieweit werden Auswirkungen auf die Marktstellung des Staatsweinguts erwartet? Können Nachteile ausgeschlossen werden? Aufgrund der Ausrichtung des Staatsweinguts als Lehr- und Versuchsbetrieb und des ohnehin niedrigeren Ertragsniveaus werden nur geringe Auswirkungen auf die gesamte Weinmenge erwartet. Die Weine des Staatsweinguts werden überwiegend als Flaschenweine (ca. 120 000 Flaschen) vermarktet. Fassweinverkäufe finden nur in sehr geringem Umfang statt. Mehr als drei Viertel der Flaschenweine werden direkt an Endverbraucher abgesetzt, die restliche Menge wird über den zentralen Weinvertrieb an Wiederverkäufer , den Weinfachhandel und die Gastronomie verkauft. Die Marktposition des Staatsweinguts Bad Kreuznach wird aufgrund der starken Stellung im Endverbraucherbereich als stabil eingeschätzt. Die Nachfrage nach Ökoweinen wächst seit vielen Jahren und es wird zukünftig mit einem weiteren Wachstum des Ökoweinsegments gerechnet. Eine Vermarktung der Weine des Staatsweinguts als Biowein ab der Ernte 2015 wird positiv beurteilt, da die Kennzeichnung „Wein aus Trauben aus ökologischen Anbau“ im Weinmarkt bislang eine große Wertschätzung genießt und neue Kundengruppen erschlossen werden können. Es wird davon ausgegangen, dass moderate Preiserhöhungen die Marktstellung nicht nachteilig beeinflussen werden. Bei mittel- bis langfristiger Marktbetrachtung überwiegen die Chancen die Risiken. 7 Drucksache 16/1207 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 19. b) Wie steht die Landesregierung zu der Befürchtung, dass sich das Staatsweingut gegenüber den anderen am Markt teilnehmenden ökologisch wirtschaftenden Betrieben auf dem sehr kleinen Ökoweinmarkt zu stark positionieren wird? Nach Einschätzung von Marktexperten ist der Ökowein nicht als Nischenprodukt anzusehen. Er gilt im Wettbewerberumfeld des Weinmarkts als Produkt mit Zusatznutzen und konkurriert mit einem internationalen Weinangebot. Da die Nachfrage nach Ökoweinen zu einem großen Teil durch Weinimporte gedeckt wird, bietet dieses Marktsegment noch erhebliches Potenzial für heimische Weine. Umstellungsorientierte Betriebe können sich mit regionalen Bioweinen Teile des weiterhin wachsenden Bioweinmarkts sichern und somit ihre Wettbewerbsposition ausbauen. Das begrenzte Angebot des Staatsweinguts Bad Kreuznach wird ebenso wenig Einfluss auf den Ökoweinmarkt und die Ökoweinanbieter nehmen, wie das Weinangebot der übrigen Staatsweingüter auf den Weinmarkt insgesamt. Es ist derzeit davon auszugehen , dass Stammkunden des Staatsweinguts nach der Umstellung weiter dort einkaufen. Damit bleiben die Marktauswirkungen eher gering. Eine zu starke Positionierung ist nicht zu erwarten. 20. Inwieweit werden Auswirkungen auf Beratungskompetenz, Beratungstätigkeit und Beratungsnachfrage erwartet? Können Nachteile ausgeschlossen werden? Durch die Umstellung des Lehr- und Versuchsbetriebs in Bad Kreuznach werden am DLR RNH sowohl ein konventionell wirtschaftendes Weingut als auch ein ökologisch wirtschaftender Betrieb vertreten sein. Dies erweitert sowohl das Spektrum der Versuchsanstellungen als auch die Beratungskompetenz. Die auch für konventionell wirtschaftende Betriebe aktuelle Diskussion zur nachhaltigen Trauben- und Weinerzeugung und die Erarbeitung von Lösungen kann durch die hinzukommende ökologische Beratungskompetenz begleitet werden. Die Auswirkungen auf die Beratungskompetenz, Beratungstätigkeit und die Beratungsnachfrage in den Bereichen Traubenproduktion, Weinerzeugung und Weinmarketing werden durch die Erweiterung der Kompetenzen in ökologischen Themenfeldern insgesamt positiv eingeschätzt. 21. Inwieweit werden Auswirkungen auf Bestand, Aufgaben und Dimension des Staatsweinguts Bad Kreuznach erwartet? Können Nachteile ausgeschlossen werden? Die Ausrichtung des Staatsweinguts auf ökologische Erzeugung wird weinbaulich und am Markt als ein Alleinstellungsmerkmal in Lehre, Versuchswesen und Beratung gewertet. Somit wird eine Stärkung des Standorts Bad Kreuznach erreicht. 22. Wie beurteilt die Landesregierung vor diesem Hintergrund Chancen und Risiken der Umstellung? Im Rahmen der Weinbauforschung und des Versuchswesens wird seit Jahrzehnten daran gearbeitet, neue und umweltschonende Lösungen für die Herausforderungen im Pflanzenschutz, der Düngung und der Bodenbearbeitung zu finden. Viele Erkenntnisse aus dem ökologischen Versuchswesen der letzten Jahre haben zwischenzeitlich auch Einzug in den konventionellen Weinbau gefunden und sind damit allgemeingültige Praxis. Die zunehmende Zahl an Betrieben, die auf ökologische Produktion umstellen, zeigt, dass die besonderen Anforderungen der ökologischen Traubenproduktion zwischenzeitlich keinen Hinderungsgrund bei Umstellungsüberlegungen darstellen. Vorgehen 23. Welches weitere Vorgehen ist geplant, welche Schritte sollen zu welchem Zeitpunkt erfolgen? Nach Vorstellung des Umstellungskonzepts im April 2012 wird derzeit der Zeitplan für die Umstellung des Staatsweinguts Bad Kreuznach vorbereitet. Die Anmeldung bei einer Kontrollstelle kann noch vor der Ernte 2012 erfolgen. Im Fokus des ökologischen Versuchswesens stehen die Untersuchungsbereiche Arbeitswirtschaft, technische Umsetzung in Weinberg und Keller, Rebsorten und Bewirtschaftungssysteme sowie Betriebswirtschaft und Weinmarkt. Nach einem Umstellungszeitraum von drei Jahren könnte die Ernte 2015 erstmals als Biowein vermarktet werden. 24. Wer erarbeitet das Konzept zur Umstellung? An der Anfertigung des Umstellungskonzepts haben die Experten des DLR RNH federführend gearbeitet. Das Kompetenzzentrum ökologischer Landbau (KÖL) war in die Konzepterstellung eingebunden. Das Umstellungskonzept wurde auf Arbeitsebene Anfang April 2012 vorgelegt. 25. Welche Rolle wird die Einschätzung des Staatsweinguts Bad Kreuznach selbst zu Möglichkeiten, zu Problematiken und Lösungen spielen? Die weinbaulichen und kellerwirtschaftlichen Experten des DLR RNH haben das Umstellungskonzept erstellt und eine entsprechende Vorgehensweise für die ökologische Ausrichtung des Staatsweinguts herausgearbeitet. 8 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/1207 26. Nach welchen Kriterien und Standards des ökologischen Weinbaus soll das Staatsweingut nach der Umstellung arbeiten? Das Staatsweingut wird nach den Reglements der EU Öko-Verordnung Nr. 834/2007 und der einschlägigen Durchführungsverordnung Nr. 889/2008 umgestellt. 27. Welchem Verband soll das Staatsweingut Bad Kreuznach nach der Umstellung angehören? Eine Zugehörigkeit zu einem bestimmten Ökoverband ist derzeit nicht vorgesehen. 28. Inwieweit sind Evaluierung und Monitoring Bestandteil der Umstellung? Vorgesehen sind die kontinuierliche Dokumentation, Beschreibung, Analyse und Bewertung von Prozessen und Arbeitsabläufen sowie die Gegenüberstellung mit den bisherigen Erkenntnissen des konventionellen Weinbaus. Aus den Ergebnissen der Evaluierung sollen Beratungsempfehlungen abgeleitet werden. 29. Gehört eine Revisionsoption zum Umstellungskonzept? Lehre und Forschung im Bereich ökologischer Erzeugung werden nach Einschätzung von Weinbau- und Marktexperten an Bedeutung gewinnen. Im Gegensatz z. B. zu den Forschungsaktivitäten in der Agro-Gentechnik besteht ein großes Interesse bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie in der Weinwirtschaft an der ökologischen Bewirtschaftung und ihren Methoden. Selbstverständlich werden die Inhalte von Forschung und Lehre kontinuierlich weiterentwickelt und den zukünftigen Anforderungen angepasst. Ulrike Höfken Staatsministerin 9