Drucksache 16/1261 23. 05. 2012 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Ingeborg Sahler-Fesel und Bettina Brück (SPD) und A n t w o r t des Ministeriums für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen Babyklappen Die Kleine Anfrage 819 vom 4. Mai 2012 hat folgenden Wortlaut: Aktuellen Berichten zufolge sollen die Möglichkeiten, ein Baby anonym zur Welt zu bringen oder in eine Babyklappe zu geben, nach Plänen des Bundesfamilienministeriums eingeschränkt werden. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wie beurteilt die Landesregierung die Pläne der Bundesfamilienministerin? 2. Wie beurteilt die Landesregierung in diesem Kontext den Vorschlag, statt Babyklappen vermehrt vertrauliche Geburten zu er- möglichen? 3. Welche Erfahrungen wurden in den vergangenen Jahren mit den Babyklappen in Rheinland-Pfalz gemacht? Das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 23. Mai 2012 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Die Landesregierung kann die Pläne der Bundesfamilienministerin derzeit nicht beurteilen, da der von Bundesfamilienministerin Schröder angekündigte Gesetzentwurf „vertrauliche Geburt“ noch nicht vorliegt. Derzeit wird er in Abstimmung mit den Koalitionsfraktionen erarbeitet. Der Gesetzentwurf soll aber noch dieses Jahr im Parlament eingebracht werden. Gerne bin ich bereit, erneut zu berichten, sobald mir der Gesetzentwurf vorliegt. Zu Frage 2: Grundsätzlich vertritt die Landesregierung die Auffassung, dass die Babyklappen oder Babyfenster nur als „Ultima Ratio“ gelten können. Wir erkennen das Bemühen der Einrichtungen an, schwangeren Frauen in allen Phasen der Schwangerschaft umfassende Unterstützung und Hilfe anzubieten und so das Leben von Mutter und Kind zu schützen. Gleichwohl sind uns die kritischen Einschätzungen hinsichtlich der Babyfenster bewusst. Eine gesetzliche Regelung zur vertraulichen oder anonymen Geburt könnte eine gute Lösung sein, um adäquate Hilfsmöglich keiten für schwangere Frauen in extremen Notsituationen auf eine zuverlässige und verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage zu stellen. Eine entsprechende gesetzliche Regelung muss allerdings gewährleisten, dass sie extrem hilfebedürftige Frauen nicht sich selbst überlässt. Mithilfe zugesagter Anonymität müssen Zugangsmöglichkeiten für soziale und sozialpsychologische Hilfen geschaffen werden. Ebenso müssen die Rechte des Kindes angemessen gesichert sein (Recht auf Kenntnis seiner Abstammung) und auch die Rechte des Vaters in angemessener Weise berücksichtigt werden. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 6. Juni 2012 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/1261 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu Frage 3: Die Landesregierung hat gemäß eines Landesbeschlusses vom 11. Dezember 2003 im Jahr 2004, 2006, 2009 und 2011 umfassend über die Einrichtung, die Konzeption und die Praxis von Babyfenstern und deren Inanspruchnahme berichtet und zu Fragen von Aufklärung , Hilfeangeboten und Herstellung von Rechtssicherheit Stellung genommen. In Rheinland-Pfalz gibt es zurzeit sieben Babyfenster. Die Einrichtungen befinden sich in den Städten Worms, Trier, Ludwigs hafen, Bad Kreuznach, Koblenz, Mainz und Kaiserslautern. Alle Einrichtungen wurden aus der Initiative freier Träger entwickelt, die auch diese Einrichtungen betreiben. Sie bedürfen keiner besonderen Konzession und unterliegen somit auch keiner besonderen staat - lichen Aufsicht. Das erste Babyfenster wurde im Jahr 2000 in Trier eröffnet. Im Zeitraum 2000 bis 2010 wurden insgesamt 21 Kinder in Babyklappen abgegeben. Im Zeitraum 2009/2010 wurden in Rheinland-Pfalz drei Kinder in Babyklappen abgegeben, davon wurde ein Kind von der Mutter zurückgenommen. Wie viele Kinder im Zeitraum 2000 bis 2010 insgesamt von der Mutter zurückge - nommen wurden, ist uns nicht bekannt. Die freien Träger sehen in dem Angebot überwiegend ein sinnvolles und notwendiges Angebot, um Frauen in extremen Notsituationen zu helfen. Die Einrichtungen werden auch als Maßnahme zum Schutz des Lebens von Neugeborenen gesehen. Kritisch diesen Angeboten stehen die Jugendämter und das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung gegenüber. Die wesentlichen Kritikpunkte beziehen sich vor allem auf rechtliche Unklarheiten, Schwierigkeiten für ein solches Kind eine tragfähige Adoption anzubahnen und das Fehlen jeglicher Information zur Herkunftsgeschichte des Kindes. Die Landesregierung nimmt die vorgetragenen Bedenken ernst, erkennt aber auch das Bemühen an, diesen Frauen in extremen Notsituationen zu helfen und das Leben der Neugeborenen zu schützen. Irene Alt Staatsministerin