Drucksache 16/1263 24. 05. 2012 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 6. Juni 2012 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Dr. Peter Enders und Matthias Lammert (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Sondersignalanlagen für Reserve-Notärzte Die Kleine Anfrage 820 vom 4. Mai 2012 hat folgenden Wortlaut: Ausweislich eines Artikels im Trierischen Volksfreund vom 13. April 2012 sieht der Landesbetrieb Mobilität (LBM) Probleme in der Genehmigung von Sondersignalanlagen für Reserve-Notärzte. Offensichtlich gibt es darüber hinaus im Bereich Katastrophenschutz , Rettungsdienst oder Feuerwehr Unklarheiten bzgl. der Berechtigung, Sondersignalanlagen zu führen. Die Vergabe solcher Genehmigungen sollte restriktiv gehandhabt werden unter der Berücksichtigung, herausgehobenen wichtigen Führungskräften die Genehmigung zu erteilen. Ich frage die Landesregierung: 1. Wer ist zurzeit aus dem Bereich KatS, RettD und Feuerwehr berechtigt, Sondersignal zu führen (Notarzt, Reserve-Notarzt, Ltd. Notarzt, OrgLeiter, ÄLRD, Feuerwehr-Führungskräfte etc.)? 2. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein? 3. Gibt es Planungen hinsichtlich der künftigen Genehmigungsvoraussetzungen? 4. Soll die Zahl der Genehmigungen insgesamt limitiert werden, um ein „Ausufern“ zu vermeiden? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 23. Mai 2012 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Gemäß § 52 Abs. 3 Satz 1 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) dürfen mit Kennleuchten für blaues Blinklicht (Rund - umlicht) u. a. Einsatz- und Kommando-Kraftfahrzeuge der Feuerwehren und der anderen Einheiten und Einrichtungen des Katas - trophenschutzes und des Rettungsdienstes sowie Kraftfahrzeuge des Rettungsdienstes, die für Krankentransport oder Notfall rettung besonders eingerichtet sind und nach dem Fahrzeugschein als Krankenkraftwagen anerkannt sind, ausgerüstet sein. Gemäß § 70 Abs. 1 Nr. 1 StVZO kann die höhere Verwaltungsbehörde in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte einzelne Antragsteller von den Bestimmungen des § 52 StVZO Ausnahmen genehmigen. In Rheinland-Pfalz sind derzeit den Kreisfeuerwehrinspekteurinnen und Kreisfeuerwehrinspekteuren sowie deren Stellver treterinnen und Stellvertretern und den Ärztlichen Leiterinnen/Ärztlichen Leitern Rettungsdienst für dienstlich genutzte Privatfahrzeuge Ausnahmegenehmigungen nach § 70 Abs. 1 Nr. 1 StVZO erteilt. Zu Frage 2: Rheinland-Pfalz hat von der Möglichkeit, Ausnahmegenehmigungen für Privatfahrzeuge zu erteilen, bisher sehr restriktiv Gebrauch gemacht. So wurden im Jahr 1967 den Kreisfeuerwehrinspekteurinnen und Kreisfeuerwehrinspekteuren unter dem Aspekt der schnellen Verfügbarkeit dieser Personen an der Einsatzstelle entsprechende Ausnahmegenehmigungen erteilt. Zum damaligen Zeitpunkt standen diesem Personenkreis nur ganz selten Dienstfahrzeuge zur Verfügung, auf Kreisebene gab es damals noch kaum Einsatzleitwagen oder Kommandofahrzeuge. Drucksache 16/1263 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Vor einigen Jahren wurde aus den gleichen Gründen der Kreis der berechtigten Personen auch auf stellvertretende Kreisfeuerwehrinspekteurinnen und Kreisfeuerwehrinspekteure ausgedehnt. Ärztlichen Leiterinnen/Leitern Rettungsdienst wurden solche Ausnahmegenehmigungen für dienstlich genutzte Privatfahrzeuge erteilt für die Fälle, in denen die Funktionsträger ihr Privatfahrzeug der Rettungsdienstbehörde für dienstliche Zwecke zur Verfügung stellen, also über keinen Dienstwagen verfügen. Zweck der Ausnahmeregelung des § 70 StVO ist es, besonderen Ausnahmesituationen Rechnung zu tragen, die bei strikter Anwendung der Bestimmungen, von denen dispensiert werden soll, nicht hinreichend berücksichtigt werden können. Für die Erteilung der Ausnahmegenehmigung zur Ausstattung eines Fahrzeugs mit Blaulicht muss die Behörde insbesondere die § 52 Abs. 3 Satz 1 StVZO zugrunde liegende Erwägung berücksichtigen, dass die Zahl der mit Blaulicht ausgerüsteten Fahrzeuge möglichst gering bleiben muss. Eine Ausnahmegenehmigung ist danach nur zu erteilen, wenn dies geboten ist, um ansonsten nicht beherrschbaren Gefahren begegnen zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2002, Az.: 3 C 33.01, NZV 2002, 426), oder wenn es sich um einen atypischen Einzel- und Sonderfall handelt, dem nur durch die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung Rechnung getragen werden kann (vgl. OVG NRW, Urteil vom 12. Mai 2000, Az.: 6 A 2698/99, NZV 2000, 514). Aus dem Vorgenannten ergibt sich, dass nur in den Ausnahmefällen eine Ausnahmegenehmigung für die Nutzung von Sondersignal - anlagen an Privatfahrzeugen erwogen werden kann, in denen durch organisatorische Maßnahmen keine zeitnahe Hilfeleistung sicher gestellt werden kann. Außerdem darf es nach den Vorgaben des Bundesgesetzgebers hierdurch zu keiner inflationären Verwendung von Sondersignalanlagen an Privatfahrzeugen kommen. Zu Frage 3: Derzeit wird die Frage der Notwendigkeit der Erteilung von weiteren Ausnahmegenehmigungen im Sinne des § 70 Abs. 1 Nr. 1 StVZO unter Berücksichtigung der derzeitigen Sach- und Rechtslage, insbesondere unter dem Aspekt der Verkehrssicherheit, geprüft . Dabei wird berücksichtigt, dass die Aufgabenträger grundsätzlich den Führungskräften der Feuerwehr und des Katastrophenschutzes Dienstfahrzeuge zur Verfügung zu stellen haben, die mit Sondersignalanlagen (§ 52 Abs. 3 Satz 1 StVZO) ausgestattet sind. Dies praktizieren bereits viele kommunale Aufgabenträger, die für Kreis- und Stadtfeuerinspekteure, Wehrleiter, Leitende Notärzte und Organisatorische Leiter Einsatzfahrzeuge vorhalten. Ist dies aus besonderen Gründen nicht möglich, haben die Aufgabenträger zu prüfen, inwieweit ein sogenanntes Rendezvous-System angewendet werden kann (z. B. Abholung von Führungskräften von zu Hause oder an vereinbarten Plätzen, wie z. B. Feuerwehr-Einsatzzentralen). So könnten Leitenden Notärzten und Organisatorischen Leitern in Einzelfällen Ausnahmegenehmigungen erteilt werden, wenn die Landkreise oder kreisfreien Städte aus finanziellen oder anderen Gründen für diese keine Einsatzfahrzeuge vorhalten können. Leitende Notärzte und Organisatorische Leiter sind Ehrenbeamte der Landkreise und kreisfreien Städte und nicht Angehörige von Hilfsorganisationen. Deshalb können sie auch nicht ohne Weiteres auf Einsatzfahrzeuge der Hilfsorganisationen zurückgreifen. Zur Vermeidung einer inflationären Vergabe von Ausnahmegenehmigungen an diesen Personenkreis könnte eine Quotenregelung erwogen werden. Einzelheiten hierzu müssen noch mit den Kommunalen Spitzenverbänden erörtert werden. Zu Frage 4: In Anbetracht der gesetzlichen Bestimmungen und der besonderen Risiken bei sogenannten Blaulichteinsätzen, die immer wieder zu schweren Verkehrsunfällen führen, ist die Landesregierung der Auffassung, dass die Anzahl der Ausnahmegenehmigungen auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken ist. Hierbei ist auch eine Untersuchung der Bundesanstalt für Straßenwesen zu diesem Themenkomplex zu berücksichtigen. Danach tragen die Besatzungen von Rettungsfahrzeugen im Einsatz – dies gilt uneingeschränkt für alle Einsatzfahrzeuge – bei Wahrnehmung von Sonderrechten ein größeres Risiko, in einen Unfall mit Personenschaden verwickelt zu werden, als alle übrigen Verkehrsteilnehmer . Bezogen auf Unfälle mit schwerem Sachschaden (mehr als 1 500 Euro) sind Rettungsfahrzeuge siebzehnmal häufiger beteiligt. Das Risiko, im Verlauf einer solchen Einsatzfahrt in einen tödlichen Verkehrsunfall verwickelt zu werden, ist viermal höher als bei Fahrten ohne Sonderrechte; im Hinblick auf einen Unfall mit Schwerverletzten ist das Risiko achtmal höher. Diese Untersuchungen bezogen sich auf Notarzt- und andere Einsatzfahrzeuge, die – über die Sondersignaleinrichtungen hinaus – für die Verkehrsteilnehmer zusätzlich durch eine auffällige Warnlackierung deutlicher zu erkennen sind als Zivilfahrzeuge, welche von den Verkehrsteilnehmern oftmals trotz vorhandener Sondersignaleinrichtung gar nicht als Einsatzfahrzeug wahrgenommen werden. Auch deshalb kann eine Ausnahmegenehmigung für Privatfahrzeuge aus Gründen der Verkehrssicherheit nur auf Ausnahmefälle beschränkt werden. Roger Lewentz Staatsminister