Drucksache 16/1267 24. 05. 2012 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Kathrin Anklam-Trapp, Dr. Tanja Machalet und Bettina Brück (SPD) und A n t w o r t des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Bildungs- und Teilhabepaket Die Kleine Anfrage 812 vom 3. Mai 2012 hat folgenden Wortlaut: Das Gesetz zum Bildungs- und Teilhabepaket ist am 29. März 2011 im Bundesgesetzblatt verkündet worden. Damit kann beispielsweise im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Teilnahme von Kindern und Jugendlichen an Angeboten wie Nachhilfe, Musikschule, Sport, Mittagessen in Hort und Schule oder Klassenausflügen beantragt werden – auch rückwirkend für die Zeit ab Januar 2011. Am 30. März 2012 zog die Bundessozial ministerin im Rahmen einer Pressekonferenz Bilanz. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Welche Bilanz zieht die Landesregierung seit Einführung des Bildungs- und Teilhabe pakets vor einem Jahr? 2. Wie ist die Inanspruchnahme in Rheinland-Pfalz? 3. Welche Entwicklung ist diesbezüglich erkennbar? 4. Sieht die Landesregierung Änderungsbedarf hinsichtlich der Ausgestaltung des Bildungs- und Teilhabepakets? Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 24. Mai 2012 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Das Bildungs- und Teilhabepaket soll die Ausgrenzung von Kindern aus sozial schwachen Familien verhindern und zur Verbesserung der Chancengleichheit beitragen. Allerdings ist die Umsetzung durch die bundesrechtlichen Vorgaben sehr verwaltungsaufwendig und damit zu bürokratisch. Erste Evaluationsergebnisse (zum Beispiel aus Hamburg) zeigen, dass fast alle Leistungsanbieter für ihre jeweiligen Leistungsangebote seit Einführung des Bildungs- und Teilhabepakets eine verstärkte Nutzung durch Transferleistungsbezieher verzeichnen konnten. Es ist aber nach wie vor schwierig, Familien zu erreichen, die sich grundsätzlich Gemeinschaftsaktivitäten verschließen. Es muss daher weiterhin offensiv und konkret vor Ort beworben werden. Die Leistungsanbieter müssen auf Kinder und Jugend - liche zugehen und sie über ihre Rechte informieren. Wichtig für eine bessere Einbindung der Familien ist eine enge Kooperation zwischen Kommunalverwaltungen, Schulen und Kindertagesstätten. Zu 2.: In Rheinland-Pfalz arbeiten die zuständigen Stellen (Kommunen und Jobcenter) intensiv an der Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaketes . Rückmeldungen zeigen, dass es immer besser gelingt, das Bildungs- und Teilhabepaket zügig und erfolgreich umzusetzen . Die Inanspruchnahme ist nach Auskunft der Kommunen und Jobcenter im letzten Jahr kontinuierlich gestiegen. Mangels gesicherter Daten über die tatsächlichen, konkreten Bedarfe lässt sich jedoch ein Grad der Zielerreichung nicht valide berechnen . Vor allem ist eine verlässliche Prognose zur Frage, von welcher Anzahl Kinder und Jugendlicher für die einzelnen Leis - tungsarten jeweils maximal auszugehen ist, kaum möglich. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass nicht für alle grundsätzlich Leistungsberechtigten der gleiche persönliche Bedarf gegeben ist. Die Inanspruchnahme hängt bei alle Leistungen – außer dem Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 6. Juni 2012 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/1267 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode persönlichen Schulbedarf – von weiteren bedarfsauslösenden Umständen ab. Werden beispielsweise Gruppenaktivitäten in Form von Ausflügen und Mehrtagesfahrten in Kindertageseinrichtungen und Schulen nicht angeboten, können auch keine Leistungen hierfür geltend gemacht werden. Bei einer gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung werden ausschließlich Angebote für ein warmes Mittagessen in den Einrichtungen finanziert. Die Mittel können nicht für den Kauf von Brötchen oder Ähnlichem beim Bäcker oder am Kiosk verwendet werden. Damit ist die Inanspruchnahme der Mittagsverpflegung davon abhängig, ob die Einrichtung ein solches Angebot auch tatsächlich vorhält. Leistungen für Lernförderung werden nur gewährt, wenn individuell für ein Kind oder einen Jugend lichen festgestellt wird, dass wesentliche Lernziele nicht erreicht werden. Bei der Inanspruchnahme von Leistungen für die außerschulische Bildung und soziale Teilhabe ist die Angebotsstruktur vor Ort und deren Erreichbarkeit relevant, aber auch das Vorhandensein kostenfreier Angebote. Beispielhaft ist hier die rheinland-pfälzische Regelung zur Schülerbeförderung zu nennen, die für den überwiegenden Teil der Schülerinnen und Schüler vorrangige Leistungen vorsieht. Zu 3.: Derzeit sind noch keine statistischen Daten zur individuellen Inanspruchnahme der Leistungen verfügbar. Für den Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch kann die Datenverarbeitung der Bundesagentur für Arbeit diese Daten aus gemeinsamen Einrichtungen frühestens im Herbst 2012 bereitstellen und für den Bereich des § 6 b des Bundes - kindergeldgesetzes fehlt es noch an einer gesetzlichen Regelung über die Erstellung einer Statistik. Insgesamt ist eine kontinuierlich steigende Zahl an Anträgen zu registrieren. Die Ergebnisse einer aktuelle Abfrage bei zehn Trägern der Grundsicherung zur Inanspruchnahme der Leistungen für Bildung und Teilhabe nach § 28 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch bestätigen dies. In einigen Kommunen wurden bereits im ersten Quartal 2012 mehr Bewilligungen ausgesprochen, als im gesamten Jahr 2011. Bei allen anderen Trägern liegt die Bewilligungszahl im ersten Quartal 2012 bei über 50 Prozent des Vorjahres - ergebnisses; auch hier ist daher eine Steigerung gegenüber 2011 nahezu sicher. Zu 4.: Die Umsetzung ist zu bürokratisch. Auf die leistungsberechtigten Personen wirkt die Bürokratie abschreckend und die ausführenden Behörden sind durch den hohen Verwaltungsaufwand belastet. Die Leistungen für Bildung und Teilhabe sind – bis auf das Schulbedarfspaket – als neue Bedarfe in das Gesetz aufgenommen worden. Die Bearbeitung ist sehr arbeitsaufwendig, da in hohem Maße Sachverhaltsaufklärung betrieben werden muss. Einzelne Verwaltungen melden, dass nur rund 20 Prozent der Anträge ohne weitere Nachfragen bearbeitet werden können. Auch die Information und Beratung (zum Beispiel persönliche Anschreiben an die anspruchsberechtigten Personen, Beratungsgespräche) der Leistungsberechtigten musste und muss zusätzlich geleistet werden. Dies führt dazu, dass bei einzelnen Leistungen, beispielhaft kann hier der Zuschuss für die Teilnahme an der gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung genannt werden, der Aufwand in keinem Verhältnis zu den erbrachten Leistungen steht. Zunächst aber muss sichergestellt werden, dass jeder Leistungsberechtigte auch tatsächlich in den Genuss der ihm zustehenden Leis - tungen kommt und Familien und Kinder nicht stigmatisiert werden. Hier ist das zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales in der Pflicht, für eine reibungslose Abwicklung der Leistungen zu sorgen und die bestehenden bürokratischen Hürden (zum Beispiel bei der Antragsstellung) zu beseitigen. Es muss eine kontinuierliche Prüfung stattfinden, wo Optimierungs- und Vereinfachungsmöglichkeiten bestehen. Malu Dreyer Staatsministerin Stadt/Landkreis 2011 Januar bis April 2012 Empfängerinnen und Empfänger Kreis Altenkirchen 1 400 1 350 Kreis Bad Kreuznach 1 155 1 355 Kreis Mayen-Koblenz 2 212 2 097 Stadt Trier 1 408 1 184 Stadt Ludwigshafen 9 080 5 478 Stadt Landau 648 330 Stadt Pirmasens 1 448 1 388 Kreis Südliche Weinstraße 742 479 Kreis Germersheim 352 224 Kreis Südwestpfalz 742 479