Drucksache 16/1293 05. 06. 2012 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Martin Brandl (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums der Finanzen Tarifliche Eingruppierung von Lehrerinnen und Lehrern Die Kleine Anfrage 851 vom 22. Mai 2012 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. Inwiefern finden Arbeitszeiten im Referendariat Berücksichtigung bei der tariflichen Eingruppierung von Lehrerinnen und Leh- rern? 2. Inwiefern hat eine vorübergehende Arbeitslosigkeit Einfluss auf die tarifliche Eingruppierung? 3. Inwiefern finden Zeiten der Beschäftigung als Vertretungslehrer/-in Berücksichtigung bei der tariflichen Eingruppierung? 4. Inwiefern finden weitere Zeiten der Beschäftigung Eingang in die tarifliche Eingruppierung? 5. Inwiefern besteht bezüglich der in den Fragen 1 bis 4 erfragten Faktoren Ermessensspielraum bei der tariflichen Eingruppierung? 6. Inwiefern gab es in den letzten zehn Jahren Änderungen von Gesetzen, Durchführungsbestimmungen oder gängiger Praxis bei der tariflichen Eingruppierung? Das Ministerium der Finanzen hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 4. Juni 2012 wie folgt beantwortet : Zur Kleinen Anfrage 851 ist vorab festzustellen, dass hinsichtlich der Zuordnung in eine bestimmte Entgeltgruppe (Eingruppierung) seit dem Inkrafttreten der Entgeltordnung ab 1. Januar 2012 die Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der im Arbeitnehmerverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Lehrer-Richtlinien der TdL) in der von der Mitgliederversammlung der TdL am 19./20. Dezember 2011 beschlossenen Fassung anzuwenden sind. Zur Festlegung der jeweiligen Stufen (innerhalb der jeweiligen Entgeltgruppe) sind die tariflichen Bestimmungen des § 16 (Stufen der Entgelttabelle) und des § 44 (Sonderregelungen für Beschäftigte als Lehrkräfte) des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) vom 12. Oktober 2006 (in der jeweils geltenden Fassung) sowie die jeweiligen Hinweise zur Durchführung der Tarifverträge des Ministeriums der Finanzen maßgeblich. Betreffend die Eingruppierung ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass bis zum 31. Oktober 2006 der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) galt, der durch den am 1. November 2006 in Kraft getretenen TV-L ersetzt wurde. Die seit dem 1. Januar 2012 für die Eingruppierung maßgebliche Entgeltordnung – Anlage A zum TV-L – gilt nach der Vorbemerkung Nr. 4 nicht für beschäftigte Lehrkräfte – auch wenn sie nicht unter § 44 TV-L (Sonderregelungen für Beschäftigte als Lehrkräfte ) fallen –, soweit nicht ein besonderes Tätigkeitsmerkmal vereinbart ist. Bereits zuvor galt die Allgemeine Vergütungsordnung – Anlage 1 a zum BAT – nach der Vorbemerkung Nr. 5 zu allen Vergütungsgruppen nicht für Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis. Für die Eingruppierung dieser Lehrkräfte hat die TdL – dem entsprechend – bereits 1971 Richtlinien beschlossen, die nach der TdLSatzung für die Mitgliedsländer (auch Rheinland-Pfalz) in der jeweiligen Fassung verbindlich sind. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 18. Juni 2012 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/1293 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage 851 wie folgt: Zu Frage 1: Mit dem Änderungstarifvertrag Nr. 2 zum TV-L vom 1. März 2009 wurde in § 44 Nr. 2 a TV-L zur Anwendung des § 16 Absatz 3 Satz 1 für ab 1. März 2009 neu zu begründende Arbeitsverhältnisse von Lehrkräften vereinbart, dass die zur Vorbereitung auf den Lehrerberuf abgeleistete Zeit des Referendariats oder des Vorbereitungsdienstes im Umfang von sechs Monaten auf die Stufenlaufzeit der Stufe 1 angerechnet wird. Mit dem Änderungstarifvertrag Nr. 3 zum TV-L vom 10. März 2011 wurde in § 44 Nr. 2 a TV-L für ab 1. April 2011 neu zu begründende Arbeitsverhältnisse von Lehrkräften ermöglicht, dass im Rahmen des § 16 Absatz 2 Satz 2 TV-L Zeiten einschlägiger Berufserfahrung aus mehreren Arbeitsverhältnissen zum selben Arbeitgeber, zuzüglich einer einmaligen Berücksichtigung der angerechneten Zeit des Referendariats oder Vorbereitungsdienstes, zusammengerechnet werden können. Da die Nr. 3 der Protokollerklärungen zu § 16 Absatz 2 unberührt bleibt, besteht bei der Festlegung der Stufe ein berücksichtigungsfähiges vorheriges Arbeitsverhältnis nur, wenn zwischen dem vorherigen Arbeitsverhältnis und dem Beginn des neuen Arbeitsverhältnisses ein Zeitraum von längstens sechs Monaten liegt. Demnach können bei der Einstellung Zeiten einschlägiger Berufserfahrung aus mehreren Arbeitsverhältnissen zum selben Arbeitgeber grundsätzlich zusammengerechnet werden. Zusätzlich erfolgt eine einmalige Berücksichtigung der angerechneten Zeit des Referendariats oder Vorbereitungsdienstes. Entsprechende Hinweise zur Durchführung des Änderungstarifvertrages und Beispiele zur Erläuterung der Regelungen in § 44 Nr. 2 a TV-L, auf die sich die Tarifvertragsparteien niederschriftlich (Abschnitt I Nr. 22 a der Niederschriftser klärungen zum TV-L) geeinigt haben, wurden mit Rundschreiben des Ministeriums der Finanzen vom 26. Juli 2011 – P 2100 A – 417 – MinBl. S. 162 – veröffentlicht. Zu Frage 2: Eine vorübergehende Arbeitslosigkeit hat hinsichtlich der Eingruppierung in eine Entgeltgruppe keinen Einfluss. Bei der Festlegung der Stufe einer Entgeltgruppe besteht nach der Protokollerklärung Nr. 3 zu § 16 Abs. 2 TV-L ein berücksichtigungsfähiges vorheriges Arbeitsverhältnis nur, wenn zwischen dem vorherigen Arbeitsverhältnis und dem Beginn des neuen Arbeits - verhältnisses ein Zeitraum von längstens sechs Monaten liegt. Zu den Fragen 3, 4 und 5: Wegen der sachlichen Berührungspunkte erfolgt die Beantwortung zusammenfassend. Bei Neueinstellung von beschäftigten Lehrkräften ist betreffend der Stufenzuordnung generell § 16 TV-L sowie § 44 TV-L als Sonderregelung für Beschäftigte als Lehrkräfte beachtlich. Beschäftigte, die erstmals ein Arbeitsver hältnis beim jetzigen Ar beitgeber begründen und über keine einschlägige Berufserfahrung verfügen, werden bei der Ein stellung grundsätzlich der Stufe 1 ihrer Entgeltgruppe zugeordnet (§ 16 Absatz 2 Satz 1 TV-L). Bei Beschäftigten, die vor ihrer Einstellung bereits in einem Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber standen, können die früheren Zeiten unter bestimmten Vor aus setzungen bei der Stufenzuordnung be rücksichtigt werden. Die Berücksichti gung dieser Zeiten kann – bei Vorliegen aller Voraussetzungen und entsprechend langen Vorbeschäftigungszeiten – sogar dazu führen, dass eine Einstellung sofort in die Endstufe der Entgeltgruppe erfolgt. Voraussetzung für die Anrechnung der früheren Zeiten ist jedoch, dass zwischen der „vor herigen“ Beschäftigung und der Neueinstellung allenfalls ein unschädlicher Unterbre chungszeitraum liegt (vgl. Antwort zu Frage 2). Bei Beschäftigten mit einschlägiger Berufserfahrung, die bei einem anderen Ar beit geber erworben wurde, kann ab 31. Januar 2010 eine Stufenzuordnung sofort zur Stufe 3 erfolgen. Im Rahmen der Tarifeinigung zum 1. März 2009 wurde der Absatz 2 a zu § 16 TV-L eingefügt: Der Arbeitgeber kann bei Einstellung von Beschäftigten im unmittelbaren Anschluss an ein Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst (§ 34 Absatz 3 Satz 3 und 4) die beim vorherigen Arbeitgeber nach den Regelungen des TV-L, des TVÜ-L oder eines vergleichbaren Tarifvertrages erworbene Stufe bei der Stufen zuordnung ganz oder teilweise berücksichtigen. Eine noch höhere Einstufung schon bei Einstellung ist unter Heranziehung der „Kann-Regelung“ des § 16 Absatz 2 Satz 4 TV-L bei Vorliegen „för der licher Zeiten“ möglich. Zur Deckung des Personalbedarfs kann der Arbeitgeber bei neuein ge stellten Be schäftigten Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teil weise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vor gesehene Tä tigkeit förderlich ist. Im Er gebnis können neueingestellte Beschäf tigte auf diesem Wege auch der Stufe 3 oder einer höheren Stufe zugeordnet werden. Daneben besteht nach § 16 Absatz 5 TV-L die Möglichkeit, sowohl den vorhande nen als auch den neueingestell ten Beschäftigten abweichend von der tarifvertrag lichen Einstufung ein höheres Entgelt zu zahlen, wenn dies aus Gründen der regionalen Differenzierung , zur Deckung des Personalbedarfs, zur Bindung von qualifizierten Fachkräften oder zum Ausgleich höherer Lebenshaltungskosten erforderlich ist. 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/1293 Die Zulage kann auch bereits bei der Einstellung gewährt werden und ist unab hängig von der Anerkennung von beruflichen Vorzeiten bei der Stufenzuordnung. Die Gewährung kann in Einzel fällen erfolgen, sie kann aber auch auf bestimmte Tätigkeitsgruppen erstreckt werden. Die Bindung qualifizierter Fach kräfte kann in der Qualifikation (Mangelbe reich), aber auch in der einzelnen Person (Leis tungs trä ger) beruhen. Die Höhe der Zulage ist begrenzt auf den Unterschiedsbe trag zur übernächsten Stufe bezie - hungsweise – für Beschäftigte in der vorletzten Stufe – auf den Unterschiedsbetrag zur letzten Stufe (Höchstbetrag). Für Beschäftigte in der Endstufe können bis zu 20 v. H. der Stufe 2 der jeweiligen Entgelt gruppe als Zulage gezahlt werden. Da vom Ministerium der Finanzen in den Hinweisen zur Durchführung des TV-L keine Zustimmungsvor behalte bei der Anerkennung von Zeiten einschlägiger Berufserfahrung bzw. för derlicher Zeiten im Rah men des § 16 TV-L eingebracht sind, kann unter Beachtung der vorstehenden tariflichen Bestimmungen von den Dienststellen in ei gener Zuständigkeit jeweils entsprechend entschie den werden. Zu Frage 6: Die Lehrer-Richtlinien der TdL werden seit 1971 im Land Rheinland-Pfalz angewendet. Diese Richtlinien wurden (seit 2002) durch die Sechste Änderung vom 1. April 2003 mit Wirkung zum 1. April 2003 geändert: Hierbei wurde festgelegt, dass für die Eingruppierung die mindestens zur Hälfte und nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit maßgebend ist. Im Zusammenhang mit der Einführung der Entgeltordnung hat die Mitgliederversammlung der TdL am 19./20. Dezember 2011 eine Neufassung der Lehrer-Richtlinien beschlossen, die seit dem 1. Januar 2012 in Kraft ist. In der Neufassung wurden – entsprechend einer Zusage der TdL im Rahmen der Potsdamer Tarifeinigung vom 10. März 2011 – die bis zu sechsjährigen Bewährungsaufstiege in den Entgeltgruppen 2 bis 8, die mit Inkrafttreten des neuen Tarifrechts (TVÜ-Länder und TV-L) entfallen waren, wieder abgebildet. Dr. Carsten Kühl Staatsminister 3