Drucksache 16/1380 02. 07. 2012 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordnete Kathrin Anklam-Trapp, Friederike Ebli und Peter Wilhelm Dröscher (SPD) und A n t w o r t des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Prämienausschüttung an Versicherte Die Kleine Anfrage 911 vom 22. Juni 2012 hat folgenden Wortlaut: Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie beurteilt die Landesregierung das Vorhaben des AOK-Bundesverbandes, bei wachsen den Reserven der gesetzlichen Kran- kenversicherung die Überschüsse nicht in Form von Prämien an die Versicherten zurückzugeben? 2. Welche Krankenkassen in Rheinland-Pfalz sind vom Bundesversicherungsamt BVA schriftlich aufgefordert worden, die Mög- lichkeit von Prämienzahlungen zu prüfen? 3. Wie beurteilt die Landesregierung im Kontext wachsender Reserven die Diskussion zur Abschaffung der Praxisgebühr? Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 29. Juni 2012 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Angesichts der Tatsache, dass es keine verpflichtende Vorgabe für eine Ausschüttung von Überschüssen an die Versicherten gibt, unterliegt die Entscheidung darüber, ob an die Versicherten eine Prämie ausgezahlt wird oder nicht, dem pflichtgemäßen Ermessen der Selbstverwaltung. In § 242 Absatz 2 Satz 1 des Fünften Sozialgesetzbuches steht, dass eine Krankenkasse in ihrer Satzung bestimmen kann, dass Prämien an ihre Mitglieder ausgezahlt werden, soweit die Zuweisungen aus dem Fonds den Finanzbedarf einer Krankenkasse übersteigen. Der Bewertungsspielraum der Krankenkassen für die Feststellung der Voraussetzungen zur Auszahlung von Prämien ist sehr weit und entzieht sich dem Einfluss der jeweiligen Aufsichtsbehörde. Lediglich eine dauerhafte Erzielung von Überschüssen ohne Prämienauszahlung wäre problematisch, denn das Gesetz sieht deut - liche Grenzen für die Ansammlung von Betriebs- und Rücklagemitteln vor. Beispielsweise muss die Rücklage einer Kasse mindestens ein Viertel und darf höchstens das Einfache der monatlichen Ausgaben einer Krankenkasse betragen. Kassen mit Überschüssen haben demnach grundsätzlich die Möglichkeit, ihre Überschüsse auch dafür zu verwenden, ihre Rücklage zu erhöhen, um für schlechte Zeiten vorzusorgen. Das Finanzpolster der gesetzlichen Krankenversicherung erscheint in der Gesamtbetrachtung zwar komfortabel (derzeit verfügen die Kassen über rund 9,5 Milliarden Euro Reserven). Es gibt jedoch immer noch Krankenkassen, die nicht die oben genannte Mindest vorgabe bei den Rücklagen erreicht haben. Der AOK Bundesverband vertritt in seiner Presseinformation vom 12. Juni 2012 die Auffassung, dass die Bundespolitik gemeinsam mit den Krankenkassen für solide Finanzen und eine langfristig sicher finanzierte Gesundheitsversorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung einstehen sollte. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 23. Juli 2012 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/1380 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Dieser Auffassung schließt sich die Landesregierung an, da auch sie es für sinnvoll erachtet, in der GKV für schlechte Zeiten vorzusorgen . Die Überschüsse in der gesetzlichen Krankenversicherung sollten dazu genutzt werden, das System der GKV für die Zukunft so weit wie möglich abzusichern gegen die Auswirkungen konjunktureller Schwankungen und damit verbundener Folgen für den Arbeitsmarkt, gegen weiter steigende Gesundheitskosten – auch aufgrund des demografischen Wandels – sowie sonstige Unwägbarkeiten . Daneben ist aber auch ein dauerhafter Verzicht auf die Praxisgebühr möglich. Zu 2.: Mit Datum vom 15. Juni 2012 hat das Bundesversicherungsamt der Landesregierung bestätigt, dass die Techniker Krankenkasse, die Hanseatische Krankenkasse und die IKK Gesund plus Anfang Mai 2012 um Stellungnahme gebeten wurden, warum sie trotz guter Finanzlage keine Prämien zahlen. Alle drei Kassen seien – laut Medienberichten – aufgefordert worden, binnen vier Wochen das Ergebnis ihrer Prüfung vorzulegen. Es ist davon auszugehen, dass alle drei vom Bundesversicherungsamt angesprochenen Ersatzkassen derzeit Versicherte in Rheinland -Pfalz haben. Nach Schätzungen der Landesregierung dürfte die Techniker Krankenkasse über ca. 330 000, die Hanseatische Krankenkasse über rund 8 000 und die IKK Gesund über ca. 500 Versicherte mit Wohnsitz in Rheinland-Pfalz verfügen. Zu 3.: Die Landesregierung fordert die ersatzlose Streichung der Praxisgebühr. Bereits in der Sitzung des Landtags am 22. März 2012 hatte Frau Staatssekretärin Jacqueline Kraege in der „Aktuellen Stunde zur finan ziellen Situation der gesetzlichen Krankenversicherung – Abschaffung der Praxisgebühr und die Auswirkungen auf RheinlandPfalz “ die diesbezügliche Auffassung der Landesregierung dargelegt. Nach wie vor ist die Landesregierung der Auffassung, dass der Überschuss in der GKV die Möglichkeit eröffnet, die Praxisgebühr abzuschaffen. Die aktuelle finanzielle Situation in der gesetzlichen Krankenversicherung ermöglicht es der GKV, auf diese Einnahmeposition zu verzichten, die Patientinnen und Patienten von dieser finanziellen Belastung zu befreien und die mit der Praxisgebühr verbundene Bürokratie in den Arztpraxen abzuschaffen. Die Praxisgebühr hat die Erwartungen im Hinblick auf die Steuerungsfunktion nicht erfüllt. Sie belastet zudem einseitig die Patien - tinnen und Patienten und birgt die Gefahr, dass vor allem einkommensschwache Bevölkerungsgruppen auf medizinisch notwendige Arztbesuche verzichten. Zudem ist der bürokratische Aufwand beträchtlich. Vor allem die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte beklagen den mit dem Einzug der Praxisgebühr verbundenen Aufwand. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung spricht von einem Aufwand für die Praxen von ca. 120 Stunden jährlich und beziffert die Verwaltungskosten der Praxisgebühr auf 360 Mio. Euro. Der „Nationale Normenkontrollrat“ schätzt die administrativen Kosten der Praxisgebühr auf rund 300 Mio. Euro. Malu Dreyer Staatsministerin