Drucksache 16/1381 03. 07. 2012 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 23. Juli 2012 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Gunther Heinisch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Mandatszuteilung bei Kommunalwahlen Die Kleine Anfrage 881 vom 8. Juni 2012 hat folgenden Wortlaut: Seit der Bundestagswahl und der Wahl des Europäischen Parlaments 2009 werden die Mandate bei bundesweiten Wahlen nach dem Divisorverfahren mit Standardrundung (Sainte-Laguë) zugeteilt. Seit der Landtagswahl 2011 kommt dieses Verfahren auch für die Mandatszuteilung bei Wahlen zum rheinland-pfälzischen Landesparlament zur Anwendung. Dagegen ist im rheinland-pfälzischen Kommunalwahlgesetz weiterhin eine Berechnung der Mandatsverteilung durch Anwendung des Quotenverfahrens mit Ausgleich nach größten Resten (Hare/Niemeyer) vorgesehen (§ 41 Abs. 1 Satz 2 bis 4 KWG). Die Unterschiede der Mandatszuteilung nach beiden Verfahren fallen größer aus, wenn – wie bei rheinland-pfälzischen Kommunalwahlen – keine gesetzliche Sperrklausel zur Anwendung kommt und wenn eine große Zahl von Wahlvorschlägen bei der Mandatszuteilung zu berücksichtigen ist. Geringere Unterschiede ergeben sich dagegen, wenn eine gesetzliche Sperrklausel gilt und wenige Listen bei der Mandatszuteilung zu berücksichtigen sind. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Welche Vor- und Nachteile ergeben sich nach Auffassung der Landesregierung bei rheinland-pfälzischen Kommunalwahlen aus einer Mandatszuteilung nach dem Divisorverfahren mit Standardrundung (Sainte-Laguë) oder alternativ nach dem Quotenverfahren mit Ausgleich nach größten Resten (Hare/Niemeyer)? 2. Wie beurteilt die Landesregierung insbesondere die unterschiedlichen Eigenschaften beider Verfahren hinsichtlich des Stimmenanteils , der für die Zuteilung des ersten und einzigen Mandats erforderlich ist (sog. „natürliche Sperrklausel“)? 3. Würden sich nach Auffassung der Landesregierung Vorteile ergeben, wenn bei Kommunalwahlen, Landtagswahlen, Bundestagswahlen und Wahlen der Abgeordneten der BRD einheitlich das gleiche Zuteilungsverfahren zur Anwendung käme? 4. Gibt es seitens der Landesregierung Überlegungen, Prüfungen oder Pläne hinsichtlich möglicher Gesetzgebungsinitiativen, um das im rheinland-pfälzischen Kommunalwahlgesetz vorgesehene Zuteilungsverfahren zu ändern? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 3. Juli 2012 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass sich bei einer Anwendung des Berechnungsverfahrens nach Hare/ Niemeyer oder des Berechnungsverfahrens nach Sainte-Laguë/Schepers bei rheinland-pfälzischen Kommunalwahlen jeweils besondere Vor- oder Nachteile ergeben, die über die bekannten systemspezifischen Vor- und Nachteile hinausgehen. Berechnungen der Landeswahlleitung haben nicht bestätigt, dass die Unterschiede der Mandatszuteilung nach beiden Verfahren größer ausfallen, wenn – wie bei rheinland-pfälzischen Kommunalwahlen – keine gesetzliche Sperrklausel zur Anwendung kommt und eine große Zahl von Wahlvorschlägen bei der Mandatsverteilung zu berücksichtigen ist. Nach den von der Landeswahlleitung durchgeführten stichprobenartigen Berechnungen aufgrund der Ergebnisse der Kommunalwahlen 2009 und 2004 führen die unterschiedlichen Berechnungsmethoden in wenigen Einzelfällen zu einer veränderten Zuteilung eines Mandats, jedoch sind substanzielle Verschiebungen nicht zu beobachten. Drucksache 16/1381 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu Frage 2: Unter einer „natürlichen Sperrklausel“ wird allgemein der Stimmenanteil verstanden, den eine Partei für das erste Mandat erreichen muss. Diverse Berechnungen der Landeswahlleitung haben ergeben, dass die „natürliche Sperrklausel“ unabhängig vom Berechnungsverfahren der Sitzverteilung ist. Auf die Mandatszuteilung nimmt eine Vielzahl von Faktoren (zum Beispiel die Wahlbeteiligung , die Anzahl der teilnehmenden Wahlvorschlagsträger oder die Anzahl der abgegebenen Gesamtstimmen) Einfluss. Zu den Fragen 3 und 4: Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung liegt es in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, sich bei mehreren gleichermaßen verfassungskonformen Berechnungssystemen für ein System zu entscheiden. Innerhalb der Landesregierung wird derzeit eine Umstellung des Berechnungsverfahrens für die Sitzverteilung bei der Wahl der kommunalen Vertretungsorgane, die nach dem Prinzip der Verhältniswahl gewählt wurden, geprüft. Die Prüfungen sind noch nicht abgeschlossen. In die Prüfungen sollen auch die kommunalen Spitzenverbände sowie der Kommunale Rat eingebunden werden. Deshalb ist vorgesehen, die kommunalen Spitzenverbände und den Kommunalen Rat anlässlich der Anhörung zum Entwurf des Landesgesetzes zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes auch um eine Stellungnahme zur Frage der Änderung des Berechnungsverfahrens für die Sitzverteilung zu bitten. In Vertretung: Heike Raab Staatssekretärin