Drucksache 16/1409 11. 07. 2012 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Christian Baldauf und Dr. Axel Wilke (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz Haltung der Landesregierung zum Entstehen und der Ausbreitung von Justiz-Parallelstrukturen in RheinlandPfalz Die Kleine Anfrage 907 vom 21. Juni 2012 hat folgenden Wortlaut: Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie beurteilt die Landesregierung den Beschluss der 83. Justizministerkonferenz, in dem sich diese gegen eine Paralleljustiz in Deutschland ausgesprochen hat? 2. Wie beurteilt die Landesregierung vor dem Hintergrund des Beschlusses der Justiz minister konferenz die Einführung bzw. staat- liche Anerkennung von Scharia-Schieds gerichten? 3. Mit welchen konkreten Maßnahmen begegnet die Landesregierung dem Entstehen und der Ausbreitung einer Paralleljustiz in Rheinland-Pfalz? Das Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 10. Juli 2012 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Dem einstimmig gefassten Beschluss der 83. Justizministerkonferenz, dass eine Paralleljustiz, die außerhalb unserer Rechtsordnung stattfindet und dem Wertesystem des Grundgesetzes widerspricht, nicht geduldet wird oder würde, stimmt die Landesregierung zu. Zu Frage 2: Nach deutschem Zivilprozessrecht hat das Schiedsgericht die Streitigkeit in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften zu entscheiden , die von den Parteien als auf den Inhalt des Rechtsstreits anwendbar bezeichnet sind. Mangels Parteivereinbarung hat das Schiedsgericht das sachliche Recht des Staates anzuwenden, mit dem der Gegenstand des Verfahrens die engsten Verbindungen aufweist (§ 1051 Abs. 1 und 2 ZPO). „Scharia-Schiedsgerichte“ kennt die deutsche Rechtsordnung nicht. Die Landesregierung hält eine Änderung der bestehenden Rechtsvorschriften nicht für erforderlich. Zu Frage 3: Die Landesregierung hat keine Erkenntnisse über Justizparallelstrukturen in unserem Land. Nach Mitteilung der staatsanwaltschaftlichen Praxis bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sogenannte muslimische „Friedensrichter“ die Strafverfolgung durch Einflussnahme auf die betreffenden Konfliktparteien oder die Beeinflussung der Beweislage behindern oder behindert haben sollen. Wenn außergerichtliche Versuche einer Streitschlichtung unternommen werden – was grundsätzlich zu begrüßen ist – muss dies im Rahmen der rechtsstaatlichen Regeln erfolgen. Soweit Verstöße gegen geltendes Recht – etwa Strafgesetze oder das Rechtsdienstleistungsgesetz – bekannt werden, werden diese selbstverständlich verfolgt. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 30. Juli 2012 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/1409 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Entsprechend dem Beschluss der 83. Justizministerkonferenz soll eine Sensibilisierung der Justizpraxis über Hintergründe und Erscheinungsformen einer Paralleljustiz erfolgen. Dies wird bei sich bietender Gelegenheit – vor allem bei Fortbildungsveranstaltungen – Berücksichtigung finden. Jochen Hartloff Staatsminister