Drucksache 16/1413 12. 07. 2012 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Martin Brandl und Christian Baldauf (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung Kosten des Netzausbaus und Wirkung auf die Energiepreise bei der Energiewende in Rheinland-Pfalz Die Kleine Anfrage 910 vom 21. Juni 2012 hat folgenden Wortlaut: Wir fragen die Landesregierung: 1. Welcher Bedarf zum Ausbau der Stromnetze, der Fernleitungen wie der regionalen Vertei ler netze entsteht nach Einschätzung der Landesregierung durch die angestrebte Energie wende in Rheinland-Pfalz? 2. Welche Kosten wird nach Einschätzung der Landesregierung dieser Ausbau der Strom netze in Rheinland-Pfalz verursachen? 3. In welchem Umfang werden sich dadurch nach Einschätzung der Landesregierung die Strompreise in Rheinland-Pfalz erhöhen? 4. Durch welche Maßnahmen lassen sich nach Einschätzung der Landesregierung die Kosten des Netzausbaus und die daraus fol- genden Strompreiserhöhungen so gering wie möglich halten? Das Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 10. Juli 2012 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Der bundesweite Ausbaubedarf der Übertragungsnetze hat verschiedene Gründe, wobei die Energiewende in Rheinland-Pfalz mit dem Ziel der Deckung des Stromverbrauchs zu bilanziell 100 % aus heimischen erneuerbaren Energien lediglich eine untergeordnete Rolle spielt. Dies gilt auch für die auf rheinland-pfälzischem Gebiet vorgesehenen Ausbaumaßnahmen. Wichtige Einflussgrößen sind das Auslaufen der Atomkraft in den Bundesländern im Süden Deutschlands, die Entwicklung der Windenergie offshore und in den Küstenländern, die Altersstruktur der Netze und regionale Verschiebungen beim Verbrauch. Der Entwurf des Netzentwicklungsplanes Strom 2012, den die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) am 30. Mai 2012 veröffentlicht haben, enthält auch eine Abschätzung für den Ausbaubedarf des Übertragungsnetzes auf dem Gebiet von Rheinland-Pfalz. Dabei beschreibt der Entwurf keine konkreten Trassenverläufe von Übertragungsleitungen, sondern er dokumentiert den notwendigen Übertragungsbedarf zwischen Netzknoten, d. h. es werden Anfangs- und Endpunkte von zukünftigen Leitungsverbindungen definiert sowie konkrete Empfehlungen für den Aus- und Neubau der Übertragungsnetze in Deutschland gemäß den Anforderungen nach § 12 EnWG gegeben. Bezogen auf die Verteilnetze ist eine Auflistung der in Rheinland-Pfalz erforderlichen Maßnahmen derzeit noch nicht möglich. Eine vom Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung initiierte Verteilnetzstudie soll den Ausbaubedarf ermitteln. Zu Frage 2: Aktuelle Kostenschätzungen für Rheinland-Pfalz liegen nicht vor. Zur Abschätzung der durch den Ausbau erneuerbarer Energien bedingten jährlichen Netzkosten auf Bundesebene wurden im Bericht der Bundesnetzagentur an die Wirtschaftsministerkonferenz Ende 2011 vier Investitionsszenarien untersucht. Diese Investitionsszenarien spiegeln die Bandbreite möglicher Investitionen auf Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 30. Juli 2012 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/1413 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Übertragungsnetzebene im Zusammenhang mit dem EnLAG sowie dem Netzausbau Onshore bzw. Offshore, dem Overlay-Netz und den Heißleiterseilen wider. Die Investitionsszenarien erreichen dabei ein Gesamtinvestitionsvolumen von 29,5 Mrd. Euro bis hin zu 47,5 Mrd. Euro. Gemäß einer vereinfachten Berechnungsmethode lassen sich hieraus Jahreskosten in Höhe von 3,31 bis 5,11 Mrd. Euro ableiten. Ein großer Teil der Kosten, die durch den Ausbau erneuerbarer Energien im Bereich der Netze entstehen, befindet sich bereits in einer bundesweiten Wälzung, sodass daraus im Ergebnis keine regionalen Wettbewerbsvor- oder -nachteile zu erwarten sind. In den Verteilnetzen der Bundesrepublik gibt es nach einer Studie des Verbandes der kommunalen Unternehmen (VKU) einen Investitionsbedarf von 25 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030, dessen Kostenwirksamkeit noch genauer zu untersuchen ist. Zu Frage 3: Daten zu den Auswirkungen auf das Strompreisniveau in Rheinland-Pfalz liegen nicht vor. Mögliche Preiseffekte für die Bundesrepublik hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) für die Wirtschaftsministerkonferenz im Juni 2011 abgeschätzt und geht von einer Steigerung im Bereich von 3 % bis 6 % für einen durchschnittlichen Haushalt aus. Bezogen auf einen mengengewichteten Gesamtstrompreis in der Grundversorgung in Höhe von 23,87 ct/kWh im Jahr 2010 ergäbe sich somit eine Strompreissteigerung inkl. MwSt. zwischen rund 0,7 und rund 1,4 ct/kWh für Haushaltskunden. Ob die ermittelten Preiseffekte in voller Höhe tatsächlich bei den Letztverbrauchern wirksam würden, konnte im Rahmen dieser Untersuchung nicht hinreichend geklärt werden. Denn die Investitionen in eine an die erneuerbaren Energien angepasste Infrastruktur erschließen auch nicht bezifferbare Effizienzpotenziale. Zudem kann der Verbraucher gegebenenfalls durch Wechsel des Stromlieferanten und durch Anpassungsmaßnahmen seine Stromkosten senken. Zu Frage 4: Für die Begrenzung des Netzausbaus und der damit verbundenen Kosten sind insbesondere folgende Elemente geeignet, deren Anwendung die Landesregierung unterstützt: 1. Die dezentrale Struktur der im Lande betriebenen Windkraft- und Solarstromanlagen entlastet die Übertragungsnetze. Dadurch können Kosten, die mit dem Ausbau des Übertragungsnetzes verbunden sind, vermieden werden. 2. Smart Grids helfen, die bisher kaum erschlossenen Potenziale zur Steuerung der Stromnachfrage zu erschließen. Sie tragen auf diese Weise zur Entlastung der Übertragungsnetze bei. 3. Last- und Einspeisemanagementsysteme können zur Unterstützung bei der Integration von fluktuierenden Erzeugungsanlagen in das Gesamtsystem der elektrischen Energieversorgung genutzt werden. 4. Verbleibender Ausbaubedarf ist nach den Grundsätzen der Netzplanung unter Anwendung der Prioritätenregel NOVA („Netz Optimieren vor Verstärken vor Ausbauen“) zu ermitteln und umzusetzen. Eveline Lemke Staatsministerin