Drucksache 16/1468 01. 08. 2012 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 27. August 2012 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Andreas Biebricher (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Entwicklung der Kriminalität und der polizeilichen Planstellen in Koblenz Die Kleine Anfrage 964 vom 12. Juli 2012 hat folgenden Wortlaut: Im August 2011 kam eine Studie des Bundeskriminalamtes zu dem Ergebnis, dass die kreisfreie Stadt Koblenz mit 12 225 anfallenden Delikten auf 100 000 Einwohner gerechnet die höchste Kriminalitätsrate an rheinland-pfälzischen Großstädten aufweist. Da in der Koblenzer Bevölkerung in den vergangenen Jahren vermehrt die Sorge um die eigene Sicherheit um sich greift, frage ich die Landes - regierung: 1. Wie hat sich die Anzahl der Straftaten im Jahr 2011 im Vergleich zu den Vorjahren 2008 bis 2010 in der kreisfreien Stadt Ko- blenz entwickelt (bitte nach Straftatart und Jahr aufgeschlüsselt)? 2. Wie hat sich die Anzahl der Straftaten in den einzelnen Stadtteilen der kreisfreien Stadt Koblenz 2011 im Vergleich zu den Vor- jahren 2008 bis 2010 entwickelt (bitte nach Stadtteil, Straftat und Jahr aufgeschlüsselt)? 3. Wie ist die Aufklärungsquote 2008 bis 2011 der Straftaten in der kreisfreien Stadt Koblenz im Vergleich zur Aufklärungsquote des Landes Rheinland-Pfalz? 4. Wie stellt sich die Entwicklung der Planstellen bei der Polizei in den Jahren 2008 bis 2011 in der kreisfreien Stadt Koblenz dar (bitte nach Anzahl der Beamten und Jahr aufgeschlüsselt)? 5. Falls die Anzahl der Planstellen rückläufig ist: Kann die Landesregierung ausschließen, dass die Anzahl der Straftaten und die Aufklärungsquote mit der zurückgehenden Personalausstattung des Polizeipräsidiums Koblenz korrespondieren? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 31. Juli 2012 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Das Bundeskriminalamt (BKA) erstellt und veröffentlicht jährlich das Jahrbuch zur Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) des Vorjahres . In diesen Jahrbüchern weist das BKA stets in einer Tabelle die „Registrierte Kriminalität in den Städten ab 100 000 Einwohner “ aus, wobei als Messgröße die sogenannte Häufigkeitszahl verwandt wird. Diese Häufigkeitszahl ist die Zahl der bekannt gewordenen Fälle insgesamt, errechnet auf 100 000 Einwohner. Das BKA stellt bei Veröffentlichung dieser Tabelle generell folgende „Anmerkung zur Vergleichbarkeit der Städtedaten“ voran: „Beim Vergleich ist zu beachten, dass sich das Anzeigeverhalten (zum Beispiel bei Leistungserschleichungen und Ladendiebstahl) und die Deliktsstruktur, auch durch polizeiliche Schwerpunktsetzung, in diesen Städten unterscheiden kann, dass Bevölkerungsund Gelegenheitsstrukturen sowie Tätermobilität unterschiedlich sind und dass bei der Berechnung der Häufigkeitszahlen nur die amtlich gemeldete Wohnbevölkerung – nicht jedoch Pendler, Touristen, Durchreisende, Stationierungsstreitkräfte und andere nicht gemeldete Personen bei der Einwohnerzahl berücksichtigt sind, deren Zahlen ebenfalls von Stadt zu Stadt erheblich differieren können . Hinzu kommt, dass urbane Lebensformen und Lebensstile, die partiell abweichendes Verhalten begünstigen, beim Vergleich zwischen den Städten und insbesondere zwischen Stadt- und Flächenstaaten berücksichtigt werden müssen.“ Die in der Kleinen Anfrage ausgewiesene Häufigkeitszahl der Stadt Koblenz für das Jahr 2010 sagt etwas aus zur Quantität der polizeilich registrierten Straftaten der Stadt Koblenz, jedoch nichts über die Qualität dieser Delikte. So zählt bei der Berechnung der Häufigkeitszahl die angezeigte Sachbeschädigung genauso viel, wie ein Tötungs- oder Raubdelikt. Drucksache 16/1468 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Ein Erklärungsansatz für die hohe Häufigkeitszahl der Stadt Koblenz findet sich in den Fallzahlen der Sachbeschädigung, worunter beispielsweise auch Farbschmierereien im öffentlichen Raum, das sogenannte Graffiti, gehören. Hier nimmt Koblenz im Vergleich zu allen anderen Städten und Landkreisen im gesamten Bundesgebiet eine Spitzenposition ein. In Koblenz werden solche Farbschmierereien stringent verfolgt. Auf Grundlage der von der Stadt Koblenz und der Polizei gemeinsam getragenen Initiative „Sicherheit in unserer Stadt“ wird jedes erkannte Graffiti unverzüglich beseitigt und konsequent zur Anzeige gebracht. Dieses konse - quente Vorgehen dürfte ein wesentlicher Grund sein für die vergleichsweise hohe Häufigkeitszahlenbelastung der Stadt Koblenz. In Koblenz ist jede sechste Straftat eine Sachbeschädigung. Die Vorbemerkung der Kleinen Anfrage, wonach in der Koblenzer Bevölkerung in den vergangenen Jahren vermehrt die Sorge um die eigene Sicherheit um sich greift, bewertet die Landesregierung als subjektive Auffassung, die mit den objektiven Gegebenheiten nicht in Einklang steht. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Die zahlenmäßige Entwicklung der Straftaten für die kreisfreie Stadt Koblenz ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Diese beruht auf den Zahlen der PKS 2011. 1) 2 1) Die PKS wird bundesweit als „Ausgangsstatistik“ geführt, das heißt, die bekannt gewordenen Straftaten werden erst nach Abschluss der polizei - lichen Ermittlungen vor Aktenabgabe an die Staatsanwaltschaft oder das Gericht erfasst. 2) Der Summenschlüssel „Gewaltkriminalität“ umfasst die Straftaten Mord, Totschlag und Tötung auf Verlangen, Vergewaltigung und sexuelle Nötigung, Raub, räuberische Erpressung und räuberischer Angriff auf Kraftfahrer, Körperverletzung mit Todesfolge, gefährliche und schwere Körperverletzung, Erpresserischer Menschenraub, Geiselnahme, Angriff auf den Luft- und Seeverkehr. 3) Im Summenschlüssel „Straßenkriminalität“ sind Straftaten zusammengefasst, die im öffentlichen Raum begangen werden. Hierzu gehören u. a. Sachbeschädigungen, Diebstahlsdelikte, gefährliche und schwere Körperverletzungsdelikte, Raubdelikte. Zu Frage 2: In der PKS wird die Stadt Koblenz im Gesamten erfasst. Einzelne Stadtteile sind hierbei nicht auswertbar. Zwar führt die Stadt Koblenz in Zusammenarbeit mit dem Polizeipräsidium Koblenz seit dem Jahr 2011 eine sogenannte Kleinräumige Kriminalstatistik, jedoch sind die hierin zugrunde liegenden Daten mit den Zahlen der PKS nicht kompatibel und lassen auch keine Vergleiche zu den Jahren 2008 bis 2010 zu. Das Polizeipräsidium Koblenz hat jedoch festgestellt, dass die polizeilich erkannten Brennpunkte in der kleinräumigen Kriminalstatistik für die Stadt Koblenz ihre Bestätigung finden, namentlich – der Innen- und Altstadt mit über 200 Lokalitäten und mehreren Großdiskotheken, – der Großsiedlung Neuendorf sowie – der Verbindungswege zu einzelnen Gaststätten/Lokalitäten und in der Nähe von Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel bzw. Taxen, wie zum Beispiel im Bereich Zentralplatz. Zu Frage 3: Die Aufklärungsquoten bei Straftaten in der kreisfreien Stadt Koblenz betrugen 2008: 50,1 %, 2009: 53,0 %, 2010 und 2011 jeweils 53,6 %. Fallzahlen Stadt Koblenz 2011 2010 2009 2008 Straftaten insgesamt 12 660 13 045 13 027 14 285 Straftaten gegen das Leben 0 4 2 5 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung 92 104 89 135 Rohheitsdelikte (Straftat gegen die persönliche Freiheit) 1 814 1 782 1 836 1 308 Diebstahl ohne erschwerende Umstände 3 123 3 062 2 975 3 432 Diebstahl unter erschwerenden Umständen 1 132 1 374 1 511 1 769 Vermögens- und Fälschungsdelikte 1 940 2 195 2 030 1 928 Sonstige Straftatbestände nach dem StGB 3 360 3 358 3 512 4 109 Strafrechtliche Nebengesetze 1 199 1 166 1 072 1 104 Gewaltkriminalität 2) 524 476 470 472 Straßenkriminalität 3) 3 329 3 489 3 768 4 258 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/1468 Die Aufklärungsquoten für das Land Rheinland-Pfalz beliefen sich 2008 und 2009 auf jeweils 62,3 %, 2010 auf 62,5 % und 2011 auf 60,6 %. Wie aus der Beantwortung der Frage 1 ersichtlich ist, hat die Anzahl der Straftaten in der Stadt Koblenz von 2008 auf 2011 nicht zugenommen . Sie nahm in diesem Zeitraum sogar um 1 625 (– 11,4 %) ab. Im gleichen Zeitraum hat die Polizei die Aufklärungsquote bei diesen Straftaten von 50,1 % um 3,5 % auf 53,6 % gesteigert. Zu Frage 4: Für die polizeiliche Aufgabenwahrnehmung in der kreisfreien Stadt Koblenz sind grundsätzlich die Polizeiinspektionen Koblenz 1, Koblenz 2 und Lahnstein sowie die Kriminalinspektion Koblenz zuständig. Die Personal-Ist-Stärke dieser Polizeidienststellen für die Jahre 2008 bis 2011 ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. 3 Personal-Ist (zum 1. Januar) 2008 2009 2010 2011 PI Koblenz 1 S 111,25 110,15 113,85 112,62 K 0 0 0 0 PI Koblenz 2 *) S 66,6 66,85 62,975 62,75 K 0 0 0 0 PI Lahnstein S 41,6 43 43,35 44 K 1 1 1 1 KI Koblenz S 6 7 8 6 K 80,35 84,9 82,95 87,4 *) Ohne PW Brodenbach. Zu Frage 5: Die Anzahl der Ist-Stärke bei den für die Stadt Koblenz zuständigen Polizeidienststellen stieg von 2008 auf 2011 um circa sieben Stellen an (siehe Beantwortung der Frage 4). Zu Frage 6: Der Bestand der nicht abgegoltenen Mehrarbeit beim Polizeipräsidium Koblenz betrug mit Stand 31. Dezember 2011 270 753 Stunden . Zu Frage 7: Die Landesregierung bewertet die rückläufige Entwicklung der Gesamtfallzahlen im Bereich der Stadt Koblenz positiv. Nach dem Höchstwert von 14 285 Fällen in 2008 ist für 2011 mit 12 660 Fällen der niedrigste Stand in diesem Vierjahreszeitraum erreicht. Ebenso ist auch die Häufigkeitszahl rückläufig. Diese nahm von 13 465 im Jahr 2008 auf 11 897 im Jahr 2011 ab. Auch die Aufklärungsquote hat sich positiv entwickelt. Sie liegt 2011 auf dem höchsten Wert der letzten vier Jahre. Zwei Besonderheiten im Stadtgebiet Koblenz lassen die Fallzahlen im Vergleich mit anderen Städten übermäßig hoch erscheinen. Dies sind zum einen die in Koblenz stringent zur Anzeige gebrachten Sachbeschädigungen, insbesondere in Form von Farbschmie re - reien, wobei auf die Vorbemerkungen verwiesen wird. Zum anderen weist die PKS für die Stadt Koblenz überdurchschnittlich hohe Fallzahlen bei den Rauschgiftdelikten nach dem Betäubungsmittelgesetz aus. Hierbei ist anzumerken, dass Rauschgiftdelikte der sogenannten „Kontrollkriminalität“ zuzurechnen sind. Dies bedeutet, dass hohe Fallzahlen in diesem Deliktsbereich in erster Linie das Ergebnis einer hohen Kontrolldichte sind und das „Dunkelfeld“ hier eher eine Aufhellung erfährt, als dies in anderen vergleichbaren Städten der Fall sein dürfte. Wie in anderen Städten auch kommt es in Koblenz temporär zu einzelnen deliktischen und örtlichen Brennpunkten, denen die Polizei mit Schwerpunktprogrammen konsequent begegnet. Bezüglich der Brennpunkte sind für die Stadt Koblenz im Vergleich mit anderen Oberzentren keine signifikanten Auffälligkeiten festzustellen. Die Landesregierung unterstützt die konsequente und erfolgreiche Arbeit der Polizei in Koblenz. Roger Lewentz Staatsminister