Drucksache 16/1479 07. 08. 2012 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 27. August 2012 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Brigitte Hayn und Dr. Axel Wilke (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur Anerkennung und finanzielle Förderung der Jüdischen Gemeinde Speyer e. V. Die Kleine Anfrage 968 vom 16. Juli 2012 hat folgenden Wortlaut: Wir fragen die Landesregierung: 1. Gibt es bereits die Durchführungsrichtlinie zum Landesgesetz zum Vertrag des Landes mit dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Rheinland-Pfalz KdöR, wie sie Frau Staatssekretärin Reiß im Rechtsausschuss des Landtags vom 26. April 2012 angekündigt hat? Wenn ja, was ist ihr Inhalt? 2. Hat die von Frau Staatssekretärin Reiß in der gleichen Sitzung zugesagte erneute Überprüfung von Anträgen jüdischer Gemeinden auf Anerkennung und Förderung durch das Land bereits stattgefunden? 3. Welche konkreten und justiziablen Voraussetzungen müssen nunmehr erfüllt sein, damit eine Glaubensgemeinschaft aus Sicht der Landesregierung hinreichende Gewährung ihrer Dauer bietet und als Körperschaft anerkannt werden kann? 4. Warum wurde das Gesuch vom 24. Mai 2012 der Jüdischen Gemeinde Speyer e. V. auf Abschluss eines dem Vertrag mit dem Landesverband vergleichbaren Vertrages mit dem Land Rheinland-Pfalz abgelehnt? 5. Ist es eine ordnungsgemäße Verbescheidung eines nach geänderter Rechtslage gestellten Antrags, statt eine Begründung zu geben, nur auf den Vortrag in einem Gerichtsverfahren zu verweisen? Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 7. August 2012 wie folgt beantwortet: Zu den Fragen 1, 3 und 5: Das Landesgesetz zu dem Vertrag zwischen dem Land Rheinland-Pfalz und dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Rheinland-Pfalz vom 16. Mai 2012 (GVBl. S. 157) ist gemäß seinem § 4 Abs. 1 am 26. Mai 2012 in Kraft getreten. Der Vertrag vom 26. April 2012 ist am 30. Juni 2012 in Kraft getreten (GVBl. S. 224). Ein Entwurf einer Durchführungsrichtlinie zu § 2 des Landesgesetzes zu diesem Vertrag befindet sich derzeit in der Abstimmung innerhalb der Landesregierung. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wird im Kern zu prüfen sein, ob eine Gemeinschaft auf Dauer angelegt ist, über eine Satzung verfügt, die erforderliche Intensität des religiösen Lebens aufweist, eine Bedeutung im öffentlichen Leben hat, über eine hinreichende Organisationsstruktur und über eine ausreichende Finanzausstattung verfügt sowie die Gewähr der Rechtstreue bietet. Bei der Beurteilung der „Dauerhaftigkeit“ bedarf es auch einer positiven prognostischen Einschätzung, dass die Gemeinschaft in Zukunft dauerhaft bestehen wird. Die für die Feststellung der Dauerhaftigkeit in der Praxis herausgebildete Bestandsdauer für Jüdische Gemeinden von circa 30 Jahren soll deutlich unter schritten werden. Die Durchführung dieser Prüfung wird die Vorlage von Unterlagen erfordern. Die Rechtslage zur Anerkennung von Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts hat sich nicht geändert. Die nach wie vor geltende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Anerkennung von Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts sieht ausdrücklich vor, dass weder eine allgemeingültige Kriterienliste Anwendung findet Drucksache 16/1479 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode noch eine schematische Prüfung erfolgen soll. Vielmehr ist anhand der vom Bundesverfassungsgericht und vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte festgestellten Kriterien in jedem Einzelfall eine Gesamtbetrachtung aller relevanten Indizien erforderlich. Der Ablehnungsbescheid zum Antrag der Jüdischen Gemeinde Speyer e. V. wurde begründet (vgl. Antwort zu Frage 4). Zudem kennt die Jüdische Gemeinde Speyer e. V. aus verschiedenen Verfahren die Gründe, die einer Bewertung als Körperschaft des öffentlichen Rechts und als Jüdische Gemeinde entgegenstehen. In diesen Fällen bedarf es nach ausdrücklicher gesetzlicher Regelung – § 39 Abs. 2 Nr. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) – keiner weiteren schriftlichen Begründung. Zu Frage 2: Neben dem im Rechtsstreit befindlichen Verfahren einer Jüdischen Gemeinde auf Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts liegen keine abgelehnten Altanträge Jüdischer Gemeinden vor, die eine erneute Überprüfung erforderlich machen. Zu Frage 4: Der Antrag der Jüdischen Gemeinde Speyer e. V. wurde ausweislich des insoweit ergangenen Bescheides mit der Begründung abgelehnt, dass sie die für einen Vertragsschluss gemäß § 2 des Landesgesetzes zu dem Vertrag zwischen dem Land Rheinland-Pfalz und dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Rheinland-Pfalz – Körperschaft des öffentlichen Rechts vom 16. Mai 2012 erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, d. h., nicht durch eine Rabbinerkonferenz als Jüdische Gemeinde anerkannt ist und auch die Körperschaftsvoraussetzungen nicht erfüllt. In Vertretung: Vera Reiß Staatssekretärin