Drucksache 16/1483 09. 08. 2012 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 30. August 2012 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Ulrich Steinbach (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Entwicklung der offenen Forderungen kommunaler Gebietskörperschaften und Einführung eines kommunalen Forderungsmanagements Die Kleine Anfrage 974 vom 13. Juli 2012 hat folgenden Wortlaut: Wie in den Medien berichtet wurde, bestehen in vielen Kommunen in Rheinland-Pfalz offene Forderungen an Bürgerinnen und Bürger, an das Land Rheinland-Pfalz sowie an andere kommunale Partner. Um den Verlust an Einnahmen für die Kommunen möglichst gering zu halten, ist es zunächst erforderlich, die Forderungen differenziert zu analysieren. In der Folge muss geprüft werden, inwieweit Außenstände eingefordert werden können und in welchem Ausmaß sie wertberichtigt oder gar abgeschrieben werden müssen. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. In welcher Höhe haben die kreisfreien Städte und Landkreise Forderungen zum 31. Dezember 2007, 2008, 2009, 2010 und 2011 bilanziert? Bitte trennen nach a) öffentlich-rechtlichen Forderungen, Forderungen aus Transferleistungen; b) privatrechtlichen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen; c) Forderungen gegen verbundene Unternehmen; d) Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht; e) Forderungen gegen Sondervermögen, Zweckverbände, Anstalten des öffentlichen Rechts, rechtsfähige kommunale Stiftungen; f) Forderungen gegen den sonstigen öffentlichen Bereich; g) gegebenenfalls sonstige Forderungen. 2. In welcher Höhe mussten die Kommunen Forderungen in den Jahren 2007 bis 2011 wertberichtigen (bitte tabellarisch darstellen)? 3. In welcher Höhe mussten die Kommunen Forderungen in den Jahren 2007 bis 2011 abschreiben (bitte tabellarisch darstellen)? 4. Bei welchen kreisfreien Städten und Landkreisen besteht nach Kenntnis der Landesregierung ein geeignetes Forderungsmanage- ment und wie bewertet die Landesregierung die Erforderlichkeit nach genereller Einführung eines kommunalen Forderungsmanagements ? 5. Sind der Landesregierung Maßnahmen bekannt, mit denen die kommunalen Spitzenverbände ihre Mitglieder bei einem kom - mu nalen Forderungsmanagement unterstützen und wie bewertet sie diese? 6. Welchen Beitrag könnte das Land bei Einführung, Aufbau bzw. Fortentwicklung eines Forderungsmanagements leisten? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 8. August 2012 wie folgt beantwortet: Zu den Fragen 1 bis 3: Die für eine Beantwortung der Fragen 1 bis 3 erforderlichen Angaben müssen durch die ADD erhoben werden. Bei Frage 1 sind für 36 Körperschaften die Bilanzen der entsprechenden Jahre von Hand auszuwerten. Bei den Fragen 2 und 3 sind Angaben der Kommunen erforderlich, die gesondert angefordert werden müssen. Die Beschaffung der Angaben ist in der für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu leisten. Die Fragen 2 und 3 müssen deshalb gänzlich unbeantwortet bleiben. Drucksache 16/1483 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu Frage 1 konnte für die Jahre 2009 bis 2011 hilfsweise (und soweit dort verfügbar) auf die Daten aus der Finanzvermögens statistik des Statistischen Landesamtes zurückgegriffen werden (s. Anlage). Diese Daten beziehen sich auf die Fragen 1 a und 1 b, „Aus - leihungen (vergebene Kredite)“ bleiben dabei unberücksichtigt. Für die Daten der Jahre 2009 bis 2011 haben die vorliegenden Daten teilweise mangels endgültiger doppischer Jahresabschlüsse nur vorläufigen Charakter. Zu Frage 4: Detaillierte Informationen über die Einrichtung eines geeigneten Forderungsmanagements in den zwölf kreisfreien Städten und 24 Landkreisen liegen der Landesregierung im Einzelnen nicht vor. Gem. § 29 Abs. 1 GemHVO regelt die Oberbürgermeisterin oder der Oberbürgermeister bzw. die Landrätin oder der Landrat den Umgang mit Forderungen in einer Dienstanweisung. Die Landesregierung geht davon aus, dass in allen kreisfreien Städten und Landkreisen ein Forderungsmanagement besteht, nicht zuletzt, um die gemeindehaushaltsrechtliche Bestimmung in § 19 Abs. 4 GemHVO einzuhalten, nach der unter anderem sicherzustellen ist, dass Forderungen rechtzeitig eingezogen werden. In einer bundesweiten Untersuchung für das Jahr 2007 wurde beispielsweise ermittelt, dass 90,5 Mrd. Euro (95,5 v. H.) der kommunalen Soll-Einnahmen ohne Verzug realisiert werden konnten, 4,3 Mrd. Euro (4,5 v. H.) angemahnt, 1,9 Mrd. Euro (2,1 v. H.) vollstreckt und 0,9 Mrd. Euro (1,1 v. H.) niedergeschlagen wurden. Von den Vollstreckungsaufträgen in Höhe von 1,9 Mrd. Euro wurden 1,1 Mrd. Euro (58 v. H.) eingezogen, 0,5 Mrd. Euro (25 v. H.) anders als durch Zahlung erledigt und 0,3 Mrd. Euro (17 v. H.) nicht erledigt. Im Übrigen weist auch der Rechnungshof Rheinland-Pfalz in seinem Kommunalbericht 2011 unter Nr. 5 „Vollstreckung von Geldforderungen – Kommunales Forderungsmanagement häufig noch verbesserungsbedürftig“ (Drucksache 16/30 vom 20. Juni 2011, S. 113 bis 134) auf die Bedeutung eines kommunalen Forderungsmanagements hin. Die Erforderlichkeit einer generellen Einführung eines kommunalen Forderungsmanagements wird seitens der Landesregierung wie folgt bewertet: – Ein kommunales Forderungsmanagement ist unerlässlich. – Die Verantwortung für ein wirkungsvolles Forderungsmanagement liegt zweckmäßigerweise bei den Kommunen. Zu Frage 5: Zu zahlreichen finanzwirtschaftlichen Fragestellungen finden regelmäßig umfassende Informations- und Erfahrungsaustausche in den verschiedensten Gremien der kommunalen Spitzenverbände statt. Auch die von den kommunalen Spitzenverbänden getragene Kommunalakademie bietet in ihren Fortbildungsprogrammen eine Fülle von Angeboten, die das bei allen Kommunen gebotene Forderungsmanagement unterstützen; die Beispiele reichen hier vom Kommunalabgabenrecht über das Vollstreckungs- und Haftungswesen bis hin zum Sozial- und Jugendhilferecht. Diese Angebote lassen insgesamt keine relevanten Aufgabenfelder unberücksichtigt. Wichtige Hilfestellungen bietet auch die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt), zum Beispiel mit ihrem Bericht B 8/2009 „Forderungsmanagement – eine Arbeitshilfe“. Schließlich wird die Thematik regelmäßig auch im Fachverband der Kommunalkassenverwalter erörtert. Die Landesregierung bewertet die Maßnahmen der kommunalen Spitzenverbände zu einer Unterstützung bei einem kommunalen Forderungsmanagement positiv. Ein wirksames Forderungsmanagement ist nicht nur Angelegenheit einer Organisationseinheit, sondern ergibt sich aus der Zusammenarbeit mehrerer Organisationseinheiten innerhalb einer Kommunalverwaltung. Es setzt mit seinen Maßnahmen bei den einzelnen Prozessschritten von der Forderungsentstehung bis zum Zahlungseingang bzw. der Niederschlagung der Forderung an. Deshalb ist einerseits ein umfassender Informations- und Erfahrungsaustausch in den verschiedensten Gremien der kommunalen Spitzenverbände zu begrüßen, der sich andererseits aufgrund der vielfältigen Organisationsstrukturen in den zwölf kreisfreien Städten und 24 Landkreisen aber vermutlich nicht streng standardisieren lässt. Ein informeller Informations - und Erfahrungsaustausch erscheint deshalb angemessen. Zu Frage 6: Das Land könnte, sofern es von den Kommunen bzw. ihren Spitzenverbänden gewünscht wird, bei der Fortentwicklung eines Forderungsmanagements Anregungen geben, etwa im Hinblick auf ein Forderungscontrolling mit der Erarbeitung eines Kennzahlensystems durch die Kommunen (zum Beispiel zu der Einzugsquote insgesamt, zu der Lastschriftquote, zu der Mahnquote oder auch zum Kostendeckungsgrad der Vollstreckung) oder der Definition eines an den Steuerungszwecken orientierten Berichtswesens. Die Landesregierung hält es für sinnvoll, ein entsprechend entwickeltes Forderungsmanagement den Kommunen nicht als Standard verpflichtend vorzugeben, sondern es dem örtlichen Bedarf zu überlassen, die begrenzten Ressourcen der kommunalen Verwaltung in entsprechende Verwendungen zu lenken. Roger Lewentz Staatsminister 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/1483 3