Drucksache 16/1484 09. 08. 2012 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 27. August 2012 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Nils Wiechmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Militärische Verwicklung Ruandas in den Konflikt im Ostkongo Die Kleine Anfrage 976 vom 18. Juli 2012 hat folgenden Wortlaut: In internationalen Medienberichten (u. a. BBC, Guardian, AFP, Reuters, Süddeutsche Zeitung) der vergangenen Wochen wird ein Bericht des UN-Sicherheitsrates zitiert, der Beweise für eine Unterstützung der Rebellenorganisation M23 im Ostkongo durch hochrangige Vertreter der ruandischen Regierung und des ruandischen Militärs enthalten soll. Vor allem Waffenlieferungen und Zwangsrekrutierungen werden in dem Zusammenhang genannt, Verteidigungsminister James Kabarebe soll persönlich darin involviert sein. Als Freundinnen und Freunde Ruandas erschüttern uns diese Nachrichten sehr. Im Zuge der Graswurzelpartnerschaft des Landes Rheinland-Pfalz mit Ruanda stehen für die Landesregierung die Kontakte mit der Zivilgesellschaft im Vordergrund. In diesem Rahmen finden regelmäßig auch Treffen zwischen Vertreterinnen und Vertretern der Regierungen statt, die die rot-grüne Koalition auch zum kritischen Dialog nutzen will. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Sind der Landesregierung die genannten Vorwürfe bekannt? Welche Informationen hat die Landesregierung über die Inhalte dieses UN-Berichts? 2. Gibt es eine Einschätzung des Auswärtigen Amtes zu den Vorwürfen gegen Ruanda? Wenn ja, wie sieht diese aus? 3. Liegen der Landesregierung weitere Einschätzungen anderer Institutionen bzw. Organisationen dazu vor? Wenn ja, wie sehen diese aus? 4. In welcher Form ist die Landesregierung in dieser Angelegenheit bereits aktiv geworden? 5. Falls sich eine militärische Verwicklung hochrangiger Vertreterinnen und Vertreter der ruandischen Regierung in dem Konflikt im Ostkongo bewahrheiten sollte, wie gedenkt die Landesregierung sich dazu zu verhalten? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 9. August 2012 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Die Landesregierung teilt die in der Anfrage zum Ausdruck kommende Besorgnis über die Entwicklungen im Ostkongo. Für die Landesregierung hat in der Zusammenarbeit mit dem Partnerland Ruanda hohe Bedeutung, den erforderlichen Rahmen zu sichern, in dem die engagierte Graswurzelpartnerschaft der Menschen in Rheinland-Pfalz mit den Menschen in Ruanda durchgeführt wird. Diese erstreckt sich vornehmlich auf die Bereiche Gesundheitswesen, Bildung, Soziales, erneuerbare Energien, Umweltschutz, Sport und Kultur u. a. m. in Projekten direkt vor Ort. Die Landesregierung unterstützt darüber hinaus nach Kräften die Weiterentwicklung der Zivilgesellschaft, Pressefreiheit, Gleichstellung von Frauen etc. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Die Landesregierung beobachtet die Berichterstattung über das rheinland-pfälzische Partnerland Ruanda genau; die genannten Vor- Drucksache 16/1484 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode würfe sind bekannt. Der Bericht des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 27. Juni 2012 liegt der Landesregierung vor. Eine Zusammenfassung in deutscher Sprache wurde erstellt. Zu Frage 2: Die Landesregierung fordert bei gegebenem Anlass Stellungnahmen sowie sogenannte Politische Halbjahresberichte an. Eine inhaltliche Einschätzung des Auswärtigen Amts zu den Vorwürfen gegen Ruanda, die im Rahmen einer Landtagsanfrage dargelegt werden könnte, liegt derzeit nicht vor. Die Landesregierung steht insoweit mit dem Auswärtigen Amt in Kontakt. Zu Frage 3: Der Landesregierung liegen gegenwärtig Einschätzungen a) des Koordinationsbüros der Partnerschaft Rheinland-Pfalz/Ruanda in Kigali und b) des Ökumenischen Netzwerks Zentralafrika (ÖNZ) vor. Eine Stellungnahme durch die Botschaft der Republik Ruanda in Berlin wurde erbeten. Zu a) Der Bericht des Koordinationsbüros stützt sich vornehmlich auf örtliche Medien, ergänzt durch Gespräche mit offiziellen Stellen und eigene Eindrücke. Demnach sind die Vorwürfe des UN-Berichtes dort wie auch in der deutschen Entwicklungszu - sammenarbeit und der deutschen Botschaft ein intensives Thema. So weist z. B. die ruandische Regierung die Aussage der Demokratischen Republik Kongo kategorisch zurück, dass Ruanda in den Nordkivu-Konflikt verwickelt sei. Weiterhin habe das ruandische Parlament der UN-Blauhelm-Mission „MONUSCO“ vorgeworfen, mit der FDLR (i. e. Forces Démocratiques de Libération du Rwanda, Rebellengruppe der Hutu) zu kooperieren. Ferner wird die Situation der Flüchtlinge thematisiert. Von konkreten eigenen Erfahrungen des Koordinationsbüros wird nicht berichtet; so erscheine bei Projektbesuchen die Lage ruhig, auch in der Grenzstadt Rubavu. Zu b) Das ÖNZ vermittelt einen kenntnisreichen Hintergrundbericht zur Lage im Ostkongo. Es werden deutliche Hinweise, jedoch keine justiziablen Beweise für eine Verwicklung Ruandas in den Konflikt im Ostkongo geschildert. Zu Frage 4: Die Landesregierung hat die ruandische Botschafterin um eine Stellungnahme gebeten, die derzeit noch nicht vorliegt. Offizielle Demarchen fallen in die Zuständigkeit des Bundes. Zu Frage 5: Sollte sich eine militärische Verwicklung hochrangiger Vertreterinnen oder Vertreter der ruandischen Regierung in den Konflikt im Ostkongo bewahrheiten, wird sich die Landesregierung wie in der Vergangenheit auch mit der Bundesregierung über das weitere Vorgehen beraten. Dies schließt ein, dass auch weiterhin auf politischer Ebene in persönlichen Gesprächen mit der ruandischen Seite kritische Aspekte thematisiert werden. Dies geschieht in dem Bewusstsein, dass die Politik Ruandas immer auch Auswirkungen auf die Arbeit der Partnerschaftsinitiativen in Rheinland-Pfalz hat. Roger Lewentz Staatsminister