Drucksache 16/1582 11. 09. 2012 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 27. September 2012 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Matthias Lammert (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Kommunal- und Verwaltungsreform in Bezug auf den Rhein-Lahn-Kreis Die Kleine Anfrage 1026 vom 21. August 2012 hat folgenden Wortlaut: Ende Juni 2012 endete die sogenannte Freiwilligkeitsphase der Gebietsreform im Rahmen der Kommunal- und Verwaltungsreform Rheinland-Pfalz. Im Rhein-Lahn-Kreis gab es im Zuge der Freiwilligkeitsphase eine Fusion zwischen der Verbandsgemeinde Braubach und der Verbandsgemeinde Loreley. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Sieht die Landesregierung im Rhein-Lahn-Kreis weitere Verbandsgemeinden mit einem Gebietsänderungsbedarf, wenn ja, welche? 2. Wird die Landesregierung bei Verbandsgemeinden im Rhein-Lahn-Kreis mit einem festgestellten Gebietsänderungsbedarf Zwangsfusionen durchführen? Wenn ja, zu welchem Zeitpunkt? 3. Gibt die Landesregierung mir recht, dass die festgelegten Ausnahmetatbestände im Landesgesetz über die Grundsätze der kom- munalen Verwaltungsreform für sämtliche aktuell bestehende Verbandsgemeinden zutreffen? Wenn nein, warum nicht bzw. welche Verbandsgemeinden erfüllen laut Landesregierung diese nicht? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 11. September 2012 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: § 2 Abs. 2 Satz 1 des Landesgesetzes über die Grundsätze der Kommunal- und Ver waltungsreform (KomVwRGrG; Artikel 1 des Ersten Landesgesetzes zur Kommunal- und Verwaltungsreform vom 28. September 2010 [GVBl. S. 272]) geht davon aus, dass in der Regel verbandsfreie Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnerinnen und Einwohnern und Verbandsgemeinden mit mindestens 12 000 Einwohnerinnen und Einwohnern eine ausreichende Leistungsfähigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Verwaltungskraft haben, die sie in die Lage versetzen, auch künftig die Selbstverwal tungsaufgaben und die staatlichen Aufgaben fachlich fundiert und wirtschaftlich wahr zunehmen. Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 KomVwRGrG ist die vom Statistischen Landesamt Rheinland-Pfalz am 30. Juni 2009 festgestellte amtliche Zahl der Personen, die mit alleiniger Wohnung oder, sofern eine Person mehrere Wohnungen hat, mit ihrer Hauptwohnung in der verbandsfreien Gemeinde oder Verbandsgemeinde gemeldet sind, maßgebend. Am 30. Juni 2009 hatten im Rhein-Lahn-Kreis laut Daten des Statistischen Landesamtes Rheinland-Pfalz folgende Verbandsgemeinden weniger als 12 000 Einwohnerinnen und Einwohner: – Verbandsgemeinde Braubach: 7 644 Einwohnerinnen und Einwohner, – Verbandsgemeinde Hahnstätten: 9 674 Einwohnerinnen und Einwohner, – Verbandsgemeinde Katzenelnbogen: 9 506 Einwohnerinnen und Einwohner, – Verbandsgemeinde Loreley: 9 781 Einwohnerinnen und Einwohner, – Verbandsgemeinde Nassau: 11 664 Einwohnerinnen und Einwohner. Durch Landesgesetz vom 20. Dezember 2011 (GVBl. S. 417) ist die freiwillige Bildung der neuen Verbandsgemeinde Braubach- Loreley aus den Verbandsgemeinden Braubach und Loreley zum 1. Juli 2012 geregelt worden. Drucksache 16/1582 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Das Landesgesetz über die Grundsätze der Kommunal- und Verwaltungsreform lässt in Ausnahmefällen einen unveränderten Fortbestand von verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden, deren Einwohnerzahlen unter den gesetzlichen Mindest - einwohnerzahlen liegen, zu. So sieht § 2 Abs. 3 Satz 1 KomVwRGrG vor, dass Unterschreitungen der Mindestein wohnerzahl von 12 000 Einwohnerinnen und Einwohnern bei Verbandsgemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnerinnen und Einwohnern, einer Fläche von mehr als 100 Quadratkilometern und mehr als 15 Ortsgemeinden in der Regel unbeachtlich sind. Wie § 2 Abs. 3 Satz 2 KomVwRGrG regelt, können aus besonderen Gründen Unterschreitungen der Mindesteinwohnerzahl von 10 000 Einwohnerinnen und Ein wohnern bei verbands - freien Gemeinden und der Mindesteinwohnerzahl von 12 000 Einwohnerinnen und Einwohnern bei Verbandsgemeinden unbeachtlich sein, wenn die kommunalen Gebietskörperschaften die Gewähr dafür bieten, langfristig die eigenen und übertragenen Aufgaben in fachlich hoher Qualität, wirtschaftlich sowie bürger-, sach- und ortsnah wahrzunehmen. § 2 Abs. 3 Satz 3 KomVwRGrG nennt als besondere Ausnahmegründe beispielhaft landschaftliche und topografische Gege benheiten, die geografische Lage einer kommunalen Gebietskörperschaft unmittelbar an der Grenze zu einem Nachbarstaat oder einem Nachbarland, die Wirtschafts- und Finanzkraft, die Erfordernisse der Raumordnung sowie die Zahl der nicht kasernierten Soldatinnen und Soldaten, Zivilangehörigen und Familienangehörigen der ausländi schen Stationierungsstreitkräfte. Ein von Herrn Professor Dr. Martin Junkernheinrich, Technische Universität Kaiserslautern, erarbeitetes Gutachten hat keine hinrei chenden Ausnahmegründe für einen unveränderten Fortbestand der Verbandsge meinden Hahnstätten, Katzenelnbogen und Nassau identifiziert. Zu Frage 2: In den nächsten Monaten wird das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur Vorschläge für die aus Gemeinwohlgründen als erforderlich erachteten, nicht auf frei williger Basis zu Stande gekommenen oder zu Stande kommenden Gebietsänderun gen von verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden sowie Vorschläge für gesetzliche Regelungen dazu ausarbeiten. Die Vorschläge werden die Vorgaben des Landesgesetzes über die Grundsätze der Kommunal- und Verwaltungsreform beachten und die Ergebnisse der Untersuchun gen des Herrn Professors Dr. Junkernheinrich, die Ergebnisse einer Bürgerbeteiligung und die Beschlüsse der kommunalen Vertretungen einbeziehen. Zu Frage 3: Die in § 2 Abs. 3 KomVwRGrG geregelten Ausnahmen gelten nicht für alle Verbands gemeinden mit weniger als 12 000 Ein - wohnerinnen und Einwohnern. Im Einzelfall muss geklärt werden, ob und gegebenenfalls welche Ausnahmegründe für einen unveränderten Fortbestand der Verbandsgemeinde vorliegen. Je mehr die Einwohnerzahl einer Verbandsgemeinde die gesetzliche Mindesteinwoh nerzahl unterschreitet, desto gewichtiger müssen die besonderen Ausnahmegründe für einen unveränderten Fortbestand der kommunalen Gebietskörperschaft sein. Herr Professor Dr. Junkernheinrich hat bei seinen Untersuchungen elf Verbandsge meinden (17 % aller Verbandsgemeinden mit zum Stichtag des 30. Juni 2009 weniger als 12 000 Einwohnerinnen und Einwohnern [66 Verbandsgemeinden]) ermittelt, für die nach seiner Auffassung kein gemeindeimmanenter Gebietsänderungsbedarf be steht. Dies sind die Verbandsgemeinden Ulmen, KirnLand , Lauterecken, Rockenhausen, Altenahr, Arzfeld, Neuerburg, Dierdorf, Wöllstein, Baumholder und Hagenbach. Demzufolge hat Herr Professor Dr. Junkernheinrich – für die acht verbandsfreien Gemeinden Altrip, Budenheim, Herdorf, Kirn, Lambsheim, Neuhofen, Osthofen und Römerberg sowie – für die 55 Verbandsgemeinden Alsenz-Obermoschel, Altenglan, Bad Hönningen, Bad Kreuznach, Bad Münster am Stein- Ebernburg, Braubach, Bruchmühlbach-Miesau, Daaden, Deidesheim, Dudenhofen, Flammersfeld, Gebhardshain, Glan- Münchweiler, Guntersblum, Hahnstätten, Hauenstein, Heidesheim am Rhein, Heßheim, Hettenleidelheim, Hillesheim, Hochspeyer , Irrel, Kaiserslautern-Süd, Katzenelnbogen, Kelberg, Kell am See, Kröv-Bausendorf, Kyllburg, Loreley, Maikammer, Manderscheid, Meisenheim, Monsheim, Nassau, Neumagen-Dhron, Obere Kyll, Otterbach, Otterberg, Rhaunen, Rheinböllen, Rhens, St. Goar-Oberwesel, Speicher, Stromberg, Thaleischweiler-Fröschen, Thalfang am Erbeskopf, Traben-Trarbach, TreisKarden , Wachenheim an der Weinstraße, Waldbreitbach, Waldmohr, Waldsee, Wallhalben, Westhofen und Wolfstein einen gemeindeimmanenten Gebietsänderungsbedarf in der Zukunft konstatiert. Für einen Teil dieser Kommunen sind bereits freiwillige Gebietsänderungen gesetzlich geregelt oder zumindest vor Ort beschlossen und vereinbart worden. Roger Lewentz Staatsminister