Drucksache 16/1597 17. 09. 2012 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 5. Oktober 2012 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Nils Wiechmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Zunkunft der Fanprojekte Die Kleine Anfrage 1047 vom 30. August 2012 hat folgenden Wortlaut: Die vergangene Saison der Fußballbundeliga war überschattet von gewalttätigen Ausschrei tungen in Stadien und auf den An- und Abreisewegen sowohl im Profifußball als auch im Amateurbereich. Bereits im Jahr 1991 wurde auf Beschluss der Innenministerkonferenz (IMK) das Nationale Konzept Sicherheit und Sport (NKSS) entwickelt und seither regelmäßig im Dialog zwischen den Sicherheitsbehörden und den Verantwortlichen im Fußball fortgeschrieben. Ein maßgeb licher Baustein im Sicherheitskonzept sind die Fanprojekte und ihre präventive Arbeit vor Ort. Am Beispiel des Fanprojektes Kaiserslautern zeigt sich, dass die Finanzierung der wichtigen Fanprojekte nicht gesichert ist. Die IMK hat sich in ihrer Frühjahrssitzung dafür ausgesprochen, dass Standards für Fanpro jekte festgelegt und diese verpflichtend in den ersten drei Ligen eingeführt werden. Es wurde weiter gefordert, dass der Fußball, vor dem Hintergrund der enormen Ein - nahme steigerung durch den Verkauf der Fußballrechte, sein finanzielles Engagement deutlich erhöht und dass die so freigesetzten Mittel z. B. für bedarfsorientierte Projekte im Amateur fuß ball und die Stärkung der Fanarbeit eingesetzt werden können. Daher frage ich die Landesregierung: 1. Wie schätzt die Landesregierung die Arbeit der Fanprojekte ein? 2. Wie sehen die derzeitigen Regelungen zur Finanzierung der Fanprojekte aus? 3. Welchen Stand haben die Verhandlungen der IMK mit DFB und DFL? 4. Welche weiteren, insbesondere präventiven Maßnahmen sieht die Landesregierung als not wen dig an, um dem Phänomen der ge- walttätigen Auseinandersetzungen im Fußball zu begegnen? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 17. September 2012 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Die Verhinderung von Gewaltausschreitungen bei Fußballspielen stellt die Landes regierung vor große Herausforderungen. Vor diesem Hintergrund werden die Konzep tionen regelmäßig hinsichtlich ihrer Wirkung überprüft und fortgeschrieben. Hierbei spielen die Fanprojekte eine wichtige Rolle. Fanprojekte leisten aufsuchende Jugendsozialarbeit bei Heim- und Auswärtsspielen sowie sonstigen Treffen der Fans. Sie gewähren soziale Beratung und sind Ansprech partner im Rahmen der offenen Jugendarbeit. Nach Auffassung der Landesregierung sind Fanprojekte ein wichtiger Baustein, um auf eine gewaltfreie Fan-Szene hinzuwirken. Auch wenn offensichtlich ist, dass nicht alle gefährdeten Personen erreicht werden können, ist die Arbeit der Fanprojekte eine wichtige Komponente im Gesamtkomplex der Gewaltprävention. Gleichwohl wird es zukünftig darauf ankommen, gemeinsam mit allen Aktivitäten zur Prävention der „Gewalt im Fußball“ entgegenzuwirken . Im Ergebnis ist Gewaltpräven tion eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Drucksache 16/1597 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu Frage 2: Über das durch die Innenministerkonferenz Anfang der 90er Jahre verabschiedete „Nationale Konzept Sport und Sicherheit“ (NKSS) wurde die grundsätzliche finanzielle Basis für die Fanprojekte geschaffen, die eine Drittelfinanzierung zwischen dem DFB, der jeweiligen Kommune und dem jeweiligen Land vorsieht. Hierauf gestützt, orientiert und beteiligt sich das Land mit einem Drittel an dem durch die Arbeitsgruppe NKSS seinerzeit festgestellten ligaabhängigen Bedarf, ist jedoch in der Finanzierung der Projekte auf die vom Haushaltsgesetzgeber zur Verfügung gestellten Mittel festgelegt. Im Jahr 2008 hat der DFB – ohne die anderen Finanzierungspartner zu beteiligen – eine ligaunabhängige Förderung der Fanprojekte bis zu 60 000 Euro beschlossen, die Höhe des Zuschusses jedoch weiterhin an die Höhe der Zuschüsse durch die beiden anderen Partner gebunden. Für die Finanzierung der Fanprojekte in Rheinland-Pfalz sind im Doppelhaushaushalt 2012/2013 jeweils 110 000 Euro eingestellt. 50 000 Euro stehen für das Fanprojekt in Mainz zur Verfügung; für die Fanprojekte in Kaiserslautern und Trier sind jeweils 30 000 Euro vorgesehen. Laut einer Pressemeldung vom 21. August 2012 der Arbeiter wohlfahrt Südwest gGmbH, die Träger des Fanprojekts in Kaiserslautern ist, wird die Stadt Kaiserslautern 2013 ihren Anteil in Höhe von 30 000 Euro nicht mehr in das Fanprojekt Kaiserslautern einbringen. Zu Frage 3: Im Rahmen der Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder am 31. Mai/1. Juni 2012 in GöhrenLebbin wurde der Beschluss gefasst, Standards für Fanprojekte festzulegen und diese verpflichtend in den ersten drei Ligen einzuführen . DFB, DFL und Vereine wurden aufgefordert, ihre Fanarbeit zu verstär ken. Dauerhaft angestrebt wird hierbei die Verwendung eines Teils der erzielten Mehr einnahmen von DFB und DFL aus der Vermarktung der Fußballübertragungsrechte (ca. 628 Millionen Euro jährlich) zur Finanzierung von Fanprojekten für alle Vereine der Bundesligen und der dritten Liga. Durch die bei den Ländern und den Kommunen freigesetzten Mittel sollen im Bereich unterhalb der dritten Liga bedarfsorientiert Projekte initiiert und paritätisch von Verbän den, Kommunen und Ländern finanziert werden. Soweit die jeweilige konkrete Situa tion vor Ort es erfordert, ist das finanzielle Engagement von DFB, DFL und Vereinen in diesem Bereich über die vorgesehene Drittelfinanzierung hinaus zu erweitern. Am 23. Juli 2012 fand in Berlin ein Spitzengespräch zwischen den Innenministern und -senatoren der Länder sowie dem Bundes - innenminister und dem DFB und der DFL statt. Dabei wurden insbesondere folgende Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit im Fußball vereinbart: – Verbesserung der Videotechnik, bessere Qualifizierung der Ordnungskräfte, Intensivierung von Einlasskontrollen, – konsequente Durchsetzung von Stadionverboten; Möglichkeit, künftig auch Stadionverbote von bis zu zehn Jahren auszuspre- chen, – Pyrotechnik in Stadien zeitnah und konsequent sanktionieren und straf- und bußgeldbewährtes Verhalten im Umgang mit Pyrotechnik konsequent verfolgen, – Standards für Fanprojekte verpflichtend festlegen, – Fankodexe, – Fanarbeit mit Mehreinnahmen aus der Vermarktung der Fußballübertragungsrechte verstärken. Die Beschlüsse des Sicherheitsgipfels sind ausdrücklich zu begrüßen. Sie richten sich ausschließlich an die Vereine und Verbände. Die Polizei hat zurückliegend bereits umfassende Maßnahmen zur Verhinderung von Gewalt im Fußball getroffen. Der jetzt beschlossenen stärkeren Verantwortungsübernahme durch die Vereine und Verbände kommt eine erfolgskritische Bedeutung zu. Insbesondere die Erhöhung des Anteils der Verbände an der Fanarbeit in den Profiligen in der Spielzeit 2012/2013 und die Übernahme der gesamten Finanzierung der Fanarbeit im Profibereich ab der Spielzeit 2013/2014 sind zu begrüßen. Das Protokoll ist innerhalb der Länder abgestimmt und wird dem DFB/DLF übersandt. Die Länder halten an der Forderung im eben dargestellten Beschluss fest. Einzelheiten werden mit dem Ziel weiterverhandelt, einen Beschluss der IMK herbei zuführen. Gleichwohl gibt es noch weitergehende Möglichkeiten der Verantwortungsübernahme durch die Vereine und Verbände. So hatte Rheinland-Pfalz eine Kostenbeteiligung an polizeilichen Einsatzkosten bei kommerziellen Großveranstaltungen durch Erhebung eines Event-Euros im Rahmen der 193. Sitzung der Innenministerkonferenz im Dezember 2011 in Wiesbaden angeregt. Dem Vorschlag schlossen sich die Vertreter der Länder jedoch nicht an. Zu Frage 4: Die polizeilichen Einsatzkonzepte beinhalten umfangreiche Präventionsmaßnahmen, die eine wesentliche Grundlage zur Gewährleistung der Sicherheit anlässlich von Fußballspielen darstellen. 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/1597 Auf Grundlage einer umfassenden Informationsbasis versucht die Polizei regelmäßig mit kommunikativen Mitteln auf Fußballfans einzuwirken. Ziel ist es, die Begehung von Straftaten und das Entstehen von Gefahrenlagen frühzeitig und nachhaltig zu verhin - dern. Die taktischen Einsatzkonzeptionen zur Verhinderung von Gewaltausschreitun gen bei Fußballspielen werden regelmäßig hinsichtlich ihrer Wirksamkeit überprüft und fortgeschrieben. Die zielgerichteten gefahrenabwehrenden Maßnahmen im Zusammenhang mit Fuß balleinsätzen erfolgen auf der Grundlage des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes Rheinland-Pfalz. Eine bewährte Maßnahme im Rahmen der Konfliktprävention ist die sogenannte Gefährderansprache. Darunter ist die gezielte Ansprache von Einzel personen oder Personengruppen zu verstehen. Sie dient der Gefahrenabwehr, der Ver hinderung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten und damit dem Schutz poten zieller Opfer. Inhaltlicher Kern der Gefährderansprache ist die Aufklärung über mög liche Konsequenzen des eigenen Handelns. Weitere präventivpolizeiliche Maßnah men wie die Aussprache von Bereichs- und Betretungsverboten, Meldeauflagen, Alkoholverbot bei „Risikospielen “ oder auch die Einrichtung von „glasfreien Zonen“ haben sich ebenfalls bewährt. Ein erfolgversprechendes Maßnahmenkonzept zur Verhinderung von Gewalt im Bereich von Fußballspielen kann jedoch nicht allein von der Polizei geleistet werden. Hier sind die Vereine, Kommunen, Verbände und Sicherheitsbehörden gleichermaßen gefordert, um in einem gemeinsamen Dialog die notwendigen Maßnahmen abzu stim men und umzusetzen. Hierzu zählen beispielsweise die – Auswahl und Qualifizierung von Ordnern, – konsequente Ahndung des Einsatzes von Pyrotechnik im Stadion, – Prüfung und Anpassung technischer Sicherheitsmaßnahmen und Verbesserung der Videotechnik in Stadien sowie die – gemeinsame öffentliche Distanzierung von Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. Roger Lewentz Staatsminister 3