Drucksache 16/1607 18. 09. 2012 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Elisabeth Bröskamp (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen Verlängertes Vormittagsangebot in Kindertagesstätten Die Kleine Anfrage 1037 vom 24. August 2012 hat folgenden Wortlaut: Zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat die rot-grüne Koalition es sich zum Ziel gesetzt, dass der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz entsprechend den Wünschen der Eltern auch in Form eines verlängerten Vormittagsangebots in Anspruch genommen werden kann. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie groß ist nach jetzigem Stand (August 2012) der Anteil der Kindertagesstätten in Rheinland-Pfalz, die ein verlängertes Vor- mittagsangebot anbieten (bitte möglichst nach Kreisen, kreisfreien Städten und großen kreisangehörigen Städten aufschlüsseln)? 2. Welche Maßnahmen sollen ggf. ergriffen werden, das verlängerte Vormittagsangebot vermehrt anzubieten? 3. Wie stellt sich der Personalschlüssel für das verlängerte Vormittagsangebot (sieben Stunden) im Vergleich zum Vor- und Nach- mittagsangebot (sieben Stunden) dar? Das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 14. September 2012 wie folgt beantwortet: Das sogenannte „verlängerte Vormittagsangebot“ (nachfolgend VVA genannt) ist ein Angebot der Teilzeitbetreuung auf Grund lage des Kindertagesstättengesetzes (KitaG) und der Landesverordnung zur Ausführung des Kindertagesstättengesetzes (LVO). Es sieht eine Betreuungszeit von i. d. R. sieben Stunden (bis. ca. 14.00 Uhr) vor. Die LVO weist gemäß § 2 Abs. 1 aus, dass im Bedarfsplan des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe ( Jugendamt) wahlweise neben Teilzeitplätzen mit Vor- und Nachmittagsangebot (diese sind nach § 5 Abs. 2 Satz 1 KitaG Rechtsanspruch erfüllend) auch Plätze mit VVA und einer Betreuung über Mittag mit Mittagessen vorgesehen werden sollen. Zudem ist eine ausreichende Zahl von Plätzen zur ganztägigen Betreuung mit Mittagessen (Ganztagsplätze) vorzusehen. Welche Angebotsformen in einer Kindertagesstätte vorgehalten werden, obliegt der Abstimmung zwischen dem Träger der Einrichtung und dem für die Bedarfsplanung und Anspruchserfüllung gegenüber den Eltern verantwortlichen örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe ( Jugendamt). So handelt es sich beim VVA um ein Teilzeitangebot, welches von seiner Genese her als Substitut für ein klassisches Vor- und Nachmittagsangebot gesehen wird, und zwar insbesondere in den Einrichtungen, die eine geringe Auslastung am Nachmittag haben. In größeren Einrichtungen zeigt sich, dass neben den klassischen Vor- und Nachmittagsangeboten zugleich das VVA vorgehalten wird. Für kleinere Einrichtungen gilt, dass, sobald Eltern das Rechtsanspruch erfüllende Angebot (Vor- und Nachmittagsbetreuung mit einer Mittagspause) wünschen, diesem zu entsprechen ist. Mit dem VVA sollte insbesondere den Eltern entgegengekommen werden, für die eine solche Angebotsform passgenauer ist als ein klassisches Teilzeitangebot oder ein Ganztagsplatz. Für den Träger der Kindertagesstätte wie den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe ( Jugendamt) sollte sich diese Lösung weitestgehend kostenneutral darstellen. Entsprechend gelten für das VVA dieselben Personalstandards wie für die klassischen Kindergartengruppen mit Vor- und Nachmittagsbetreuung, d. h. 1,75 Kräfte bei 25 Kindern Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 28. September 2012 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/1607 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode und ca. siebenstündiger Öffnungszeit. Die Gestaltung des Mittagessens in diesen Gruppen erfolgt daher traditionell eher als Verpflegung mittels Lunchpaket denn als organisiertes Mittagessen. Eine statistische Erfassung des VVA erfolgt seitens des Landes nicht. Daher wurden die Jugendämter der einzelnen Landkreise, kreisfreien Städte und großen kreisangehörigen Städte mit eigenem Jugendamt hierzu befragt, da die Bedarfsplanung in deren Verantwortung liegt. Es haben in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit 31 Jugendämter geantwortet, wobei die Stadt Neustadt an der Weinstraße eine Beantwortung mit Hinweis auf die Arbeitsbelastung im kommunalen Bereich abgelehnt hat. Dies vorausgesetzt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu Frage 1: In den einzelnen Jugendamtsbezirken bieten von allen Einrichtungen das verlängerte Vormittagsangebot an: 2 Kreis Ahrweiler: 35 von 65 Einrichtungen Kreis Alzey-Worms: 34 von 80 Einrichtungen Kreis Bad Dürkheim: zwei von 87 Einrichtungen Kreis Bad Kreuznach: 18 von 70 Einrichtungen Kreis Bernkastel-Wittlich: zehn von 76 Einrichtungen Eifelkreis Bitburg-Prüm: sechs von 56 Einrichtungen Kreis Cochem-Zell: sieben von 45 Einrichtungen Kreis Kaiserslautern: 26 von 64 Einrichtungen Kreis Mainz-Bingen: 45 von 131 Einrichtungen Kreis Neuwied: 30 von 54 Einrichtungen Rhein-Hunsrück-Kreis: 23 von 55 Einrichtungen Rhein-Lahn-Kreis: zwölf von 75 Einrichtungen Kreis Südliche Weinstraße: drei von 69 Einrichtungen Kreis Trier-Saarburg: zwischen fünf und zehn von 75 Einrichtungen Kreis Vulkaneifel: drei von 29 Einrichtungen Stadt Bad Kreuznach: 16 von 23 Einrichtungen Stadt Idar-Oberstein: vier von 15 Einrichtungen Stadt Kaiserslautern: 39 von 56 Einrichtungen Stadt Koblenz: zwölf von 63 Einrichtungen Stadt Landau: drei von 30 Einrichtungen Stadt Ludwigshafen: 70 von 78 Einrichtungen Stadt Mayen: sieben von elf Einrichtungen Stadt Neuwied: 17 von 33 Einrichtungen Stadt Speyer: sechs von 23 Einrichtungen In der Stadt Pirmasens gibt es kein verlängertes Vormittagsangebot. Den Landkreisen Altenkirchen, Germersheim, Mayen-Koblenz und Südwestpfalz sowie der Stadt Trier liegen keine statistischen Erhebungen hierüber vor, sodass ihnen konkrete Angaben nicht möglich waren. Zu Frage 2: Kreis Ahrweiler: Im Kreis führen die Kindertagesstätten bzw. deren Träger in der Regel Bedarfsabfragen durch, um die diesbezüglichen Bedarfe bzw. Wünsche der Eltern zu ermitteln. Die Initiative für die Einführung des verlängerten Vormittagsangebots in einer Kindertages stätte geht vom Träger aus. Im Rahmen von Ortsterminen etc. informiert der Kreis die Einrichtungen über die Möglichkeiten dieses Öffnungszeitenmodells. Seitens des Kreises werden Kosten für Wirtschaftskräfte bei Ausgabe von warmem Mittagessen nicht nur im Rahmen von Ganztagsplätzen, sondern auch im Rahmen eines verlängerten Vormittagsangebots bei der Personalkostenabrechnung berücksichtigt, was u. U. nach Ansicht des Jugendamts einen gewissen Anreiz darstellt. Kreis Alzey-Worms: Der Kreis hält die Maßnahmen in seinem Zuständigkeitsbereich für ausreichend. Notwendig sei eine bedarfsgerechte Angebotsstruktur vor Ort und eine entsprechende individuelle Beratung der Einrichtung, z. B. zur Dienstplangestaltung und pädagogischen Umsetzung. Zusätzliches Personal im Rahmen der Ermessensentscheidung des Jugendamtes kann ein Anreiz, in Einzelfällen auch die Voraussetzung für die Einrichtung von Plätzen im verlängerten Vormittagsangebot sein. Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/1607 Kreis Bad Kreuznach: Aufgrund der gemachten Erfahrungen bei Einrichtungen, die sowohl ein verlängertes Vormittagsangebot als auch ein Ganztags - angebot vorhalten, hält sich das Jugendamt mit der Ausweitung dieses Angebotes zurück. Man würde eher eine Ausweitung des Ganztagsangebots vertreten. Kreis Bernkastel-Wittlich: In jeder Einrichtung erfolgt mindestens einmal jährlich eine Umfrage bei den Eltern, um das Angebot entsprechend einzurichten. Eifelkreis Bitburg-Prüm: Maßnahmen, das verlängerte Vormittagsangebot vermehrt anzubieten, sind nicht geplant. Die vorhandenen klassischen Teilzeitplätze sowie die genehmigten Ganztagsplätze seien i. d. R. bedarfsgerecht. Kreis Cochem-Zell: Das verlängerte Vormittagsangebot wird seitens des Kreises als ein Auslaufmodell gesehen. Es sei beabsichtigt, in allen Kinder gärten Ganztagsplätze einzurichten. Kreis Kaiserslautern: Die Gestaltung der bedarfsgerechten Öffnungszeiten ist nach Auffassung des Kreises grundsätzlich Trägerangelegenheit. Seitens des Kreises sind keine Maßnahmen zur Ausweitung des verlängerten Vormittagsangebots geplant, der bedarfsgerechte Ausbau der Ganztagsplätze wegen der starken Nachfrage jedoch befürwortet und unterstützt. Kreis Mainz-Bingen: Die Entscheidung, das verlängerte Vormittagsangebot weiter auszudehnen, obliegt nach Mitteilung des Jugendamts den Trägern der Einrichtungen. Kreis Mayen-Koblenz: Die Kindertagesstättenträger seien ständig bemüht, den individuellen Bedarfen zu entsprechen und würden im Bedarfsfall vom Kreisjugendamt unterstützt. Kreis Neuwied: Aus Sicht des Jugendamtes stößt das Vorhalten dreier Angebote in der Praxis oft an seine Grenzen, sodass eine Ausweitung dieses Angebots nur mit veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen (Räumlichkeiten, Ausstattung, Personal) zu gewährleisten wäre. Rhein-Lahn-Kreis: Die Betreuungszeit von 7.00 bis 14.00 Uhr reicht nach Erfahrung des Jugendamts selten aus. Einige der zwölf Einrichtungen möchten ihr Betreuungsangebot ausdehnen und zukünftig auch Ganztagsplätze vorhalten, um der Nachfrage der Eltern gerecht zu werden. Gerade im U3-Bereich seien Ganztagsplätze stark nachgefragt. Eltern, die ihr Kind zuvor in einer Krippe hatten, beanspruchten danach auch einen Ganztagsplatz in einer Kindergartengruppe. Kreis Südliche Weinstraße: Mit der Elternbeitragsfreiheit sei die Nachfrage hierfür stark eingebrochen, da Eltern verstärkt Ganztagsangebote in Anspruch nehmen würden. Träger und Einrichtungen sähen laut Jugendamt keinen Bedarf für ein vermehrtes Anbieten des verlängerten Vormittagsangebots . Kreis Trier-Saarburg: Die Einrichtung dieses Angebots ist nach Mitteilung des Jugendamts Sache des Trägers. Die Tendenz gehe eher dahin, neben den beiden bereits in allen Einrichtungen vorgehaltenen Angeboten der klassischen Teilzeitbetreuung und der Ganztagsbetreuung nicht auch noch ein verlängertes Vormittagsangebot vorzuhalten. Kreis Vulkaneifel: Der Kreis sieht dieses Angebot als ein Auslaufmodell, da die Menschen aufgrund von finanziellen Engpässen vermehrt gezwungen werden, ganztags zu arbeiten. Der Trend gehe daher im Kreis zu Ganztagsplätzen. Stadt Koblenz: Das Jugendamt ist nach seiner Information mit dem Stadtelternausschuss und den freien Trägern im Gespräch über Veränderungen des Angebots. Stadt Ludwigshafen: Der Trend geht laut Auskunft der Stadt in Richtung einer Umwandlung zu Ganztagsplätzen. 3 Drucksache 16/1607 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Stadt Mayen: Die Planungen der Stadt richten sich derzeit auf den Ausbau der Ganztagsplätze und U 3-Plätze. Stadt Speyer: Die steigenden Bedarfe an Ganztagsbetreuung in den vergangenen Jahren haben nach Mitteilung des Jugendamts dazu geführt, dass ein verlängertes Vormittagsangebot nicht weiter ausgebaut wurde. Der Versorgungsgrad an Ganztagsplätzen beträgt 54,1 % und die Kapazitäten in den Einrichtungen für eine Mittagsversorgung sind annähernd erschöpft. Stadt Trier: Nach Mitteilung des Jugendamts habe eine Bedarfsumfrage ausgewiesen, dass nur noch 3 % der Familien ein Angebot mit Unterbrechung wünschen. Deshalb führt die Stadt mit den Trägern der Kindertageseinrichtung Gespräche, das Teilzeitangebot ausschließlich in Form des verlängerten Vormittagsangebots anzubieten. Kreise Bad Dürkheim und Rhein-Hunsrück, Städte Bad Kreuznach, Idar-Oberstein, Landau und Neuwied: Es werden keine Maßnahmen unternommen bzw. es wird keine Notwendigkeit hierfür gesehen. Zu Frage 3: Für das verlängerte Vormittagsangebot wird in den Kreisen Ahrweiler, Alzey-Worms, Bad Dürkheim, Bad Kreuznach, BitburgPrüm , Kaiserslautern, Mainz-Bingen, Neuwied, Rhein-Hunsrück, Rhein-Lahn, Südliche Weinstraße und Vulkaneifel, den Städten Bad Kreuznach, Idar-Oberstein, Kaiserslautern, Koblenz, Landau, Ludwigshafen, Mayen, Neuwied, Speyer und Trier der gleiche Personalschlüssel wie bei der Vor- und Nachmittagsbetreuung angerechnet. Im Einzelfall könnten bei hoher Betreuungsanzahl Mehrpersonal beantragt oder Wirtschaftskräfte im Falle eines warmen Mittagessens genehmigt werden. Der Kreis Bernkastel-Wittlich richtet seine Personalbemessung nach dem Controlling-Papier. Im Kreis Trier-Saarburg wird keine Einrichtung mit verlängertem Vormittagsangebot geführt, ohne dass das Jugendamt hierfür Mehrpersonal bewilligt. Irene Alt Staatsministerin 4