Drucksache 16/1675 05. 10. 2012 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 22. Oktober 2012 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Dr. Peter Enders (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur Lehrstuhl für Allgemeinmedizin in Mainz Die Kleine Anfrage 1103 vom 27. September 2012 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. Welche gesundheitspolitische Bedeutung hat ein Lehrstuhl für Allgemeinmedizin aus Sicht der Landesregierung vor dem Hin- tergrund, dass die Vertreterversammlung der Landesärztekammer jetzt erneut die Einrichtung eines solchen Lehrstuhls in Rheinland -Pfalz gefordert hat? 2. Welche Folgen hat die Forderung der Landesärztekammer an die Landesregierung, sich verstärkt für eine zeitnahe Etablierung eines allgemeinmedizinischen Lehrstuhls einzusetzen, für das Handeln der Landesregierung? 3. Warum ist es im Zuge der Umsetzung des Masterplans zur Stärkung der ambulanten ärztlichen Versorgung bisher nicht gelungen , einen solchen Lehrstuhl in Rheinland-Pfalz einzurichten? 4. Wie beurteilt die Landesregierung die Situation in Rheinland-Pfalz gegenüber der in den anderen Bundesländern? Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 4. Oktober 2012 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: In der aktuellen gesundheitspolitischen Diskussion über die Sicherung der hausärztlichen Versorgung gibt es einen weitgehenden Konsens, dass die Einrichtung von Lehrstühlen für Allgemeinmedizin ein Instrument zur Förderung des hausärztlichen Nachwuchses darstellt und daher vorangetrieben werden sollte. Die Resolution der Landesärztekammer, die ja nicht nur Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner vertritt, spiegelt das wider. Insoweit wird das Anliegen der Resolution der Vertreterversammlung der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz vom 29. August 2012 – zeitnah einen Lehrstuhl für Allgemeinmedizin an der Universitätsmedizin Mainz zu errichten – von der Landesregierung unterstützt. Zu Frage 2: Zunächst liegt die Entscheidung über die Einrichtung von Professuren bei den Hochschulen selbst, in diesem Fall bei der Universitätsmedizin . Die Landesregierung wurde vom Landtag per Beschluss am 26. März 2009 aufgefordert, mit der Johannes Gutenberg-Universität Gespräche zu führen, ob an der Universität ein Lehrstuhl für Allgemeinmedizin eingerichtet werden kann. Diese Gespräche haben stattgefunden. Es fand u. a. eine umfassende Behandlung dieser Thematik im Aufsichtsrat am 3. Dezember 2010 statt. Der Aufsichtsrat hat dazu folgenden Beschluss gefasst: „Der Aufsichtsrat nimmt zustimmend zur Kenntnis, dass die Ergänzung und Weiterentwicklung des momentanen ‚Mainzer Modells ‘, das als Zusammenschluss von hauptberuflich in eigener Praxis tätigen Allgemeinmedizinern als Lehrbeauftragte auf Augenhöhe konstruiert ist, um einen Lehrstuhl (W3-Professur) für Allgemeinmedizin an der Universitätsmedizin Mainz eine konkret angestrebte Option ist. Der Lehrstuhl soll durch eine qualifizierte Fachvertreterin bzw. durch einen qualifizierten Fachvertreter be- Drucksache 16/1675 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode setzt werden, die bzw. der in eigener Praxis (z. B. auch innerhalb der Universitätsmedizin) tätig ist. Der Vorstand nimmt sich mit besonderer Priorität dieser Thematik an. Die notwendigen Voraussetzungen sollen so geschaffen werden, dass in den kommenden drei bis vier Jahren ein Lehrstuhl für Allgemeinmedizin eingerichtet werden kann. Bis zu diesem Zeitpunkt berichtet der Vorstand regelmäßig über die veranlassten Schritte.“ Der Vorstand hat sich damit mit Zustimmung des Aufsichtsrates zum Ziel gesetzt, einen solchen Lehrstuhl bis Ende 2013 oder Ende 2014 einzurichten. Der Wissenschaftliche Vorstand hat regelmäßig berichtet, auch in der Arbeitsgruppe des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Demografie „Umsetzung und Weiterentwicklung des Masterplans zur Stärkung der ambulanten ärztlichen Versorgung“. Die Landesregierung sieht sich durch die Resolution der Landesärztekammer in ihrem Vorgehen bestätigt. Zu Frage 3: Die Stärkung der hausärztlichen Versorgung ist ein wichtiges Anliegen der Landesregierung. Im Oktober 2007 hat sich das damalige Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen deshalb gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung, der Landesärztekammer, dem Hausärzteverband und der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität darauf verständigt, Maßnahmen zu ergreifen, die helfen sollen, die flächendeckende Versorgung (besonders mit Hausärzten) auch in der Zukunft sicherzustellen . Ziel ist, mit einem Bündel von Maßnahmen (Masterplan) die hausärztliche Versorgung vor allem in ländlichen Gebieten zu stärken und damit die flächendeckende Versorgung auch künftig sicherzustellen. Im Frühjahr 2011 wurde der Masterplan zusammen mit den Partnern weiterentwickelt. Zu dem Maßnahmenpaket gehört u. a. auch die Errichtung eines Lehrstuhls für Allgemeinmedizin . Der oben genannte Zeitplan wurde in dieser Arbeitsgruppe kommuniziert und akzeptiert. In ihrer letzten Sitzung am 24. August 2012 hat sie den Bericht des Medizinischen Vorstands entgegengenommen. Er legte dar, dass ein Lehrstuhl Allgemeinmedizin nur dann zu dem erklärten Ziel der Stärkung der Allgemeinmedizin führen könne, wenn die Einrichtung als Lehrstuhl sowohl im Hinblick auf die Besetzung mit einer qualifizierten Fachvertreterin bzw. einem qualifizierten Fachvertreter als auch im Hinblick auf die Forschung in diesem Bereich entsprechend vorbereitet wurde. Der Leiter des Lehrbereichs Allgemeinmedizin habe nach Auskunft des Wissenschaftlichen Vorstands dazu ein Konzept entworfen. Parallel hierzu sei die Kassenärztliche Vereinigung um Prüfung gebeten worden, welche rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen geschaffen werden müssen, damit eine künftige Lehrstuhlinhaberin bzw. ein künftiger Lehrstuhlinhaber ihre bzw. seine Allgemeinmedizinische Praxis innerhalb der Universitätsmedizin einrichten könne. Diese Frage sei Gegenstand von Gesprächen zwischen der Universitätsmedizin Mainz und der Kassenärztlichen Vereinigung gewesen. Bisher habe man hierzu noch keine Einigung erzielen können. Es herrscht also in dieser Angelegenheit keineswegs Stillstand. Es werden Schritt für Schritt die notwendigen Aufgaben abgearbeitet , um sicherzustellen, dass die Einrichtung eines Lehrstuhls auch ein Erfolg wird. Zu Frage 4: Nach einer Umfrage der Universitätsmedizin vom November 2011 haben von 35 Medizinischen Fakultäten 19 einen Lehrstuhl für Allgemeinmedizin. In der Universitätsmedizin Mainz ist der Lehrbereich Allgemeinmedizin seit vielen Jahren erfolgreich als Zusammenschluss von Lehrbeauftragten auf Augenhöhe konstruiert, die als hauptberuflich in eigener Praxis tätige Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner den Studierenden das Fach wirklichkeitsgetreu und glaubhaft vermitteln können. Durch das bereits zitierte „Mainzer Modell“, das bundesweit nach Auskunft des Wissenschaftlichen Vorstands von mehreren Fakultäten übernommen wurde, wird die Herausforderung des größtmöglichen Praxisbezuges in der Allgemeinmedizin hervorragend abgebildet. Die Koordinierung des Lehrbereichs Allgemeinmedizin ist durch Herrn Prof. Dr. Jansky hervorragend besetzt, der die Tätigkeit des Leiters des Lehrbereichs Allgemeinmedizin im Rahmen einer Honorarprofessur ausübt. Er ist praktizierender Allgemeinmediziner . Die Struktur des Lehrbereichs Allgemeinmedizin entspricht in ihrem Aufgabenbereich seit längerem der eines Instituts (Leiter , Stellvertreter, Sekretariat, wissenschaftliche Mitarbeiter und Hilfskräfte), ist jedoch gerade aufgrund der bestehenden Konstruktion als Zusammenschluss von Lehrbeauftragten von bestimmten Vorgaben in der internen Mittelverteilung der Universitätsmedizin , welche u. a. auf Drittmitteleinwerbung und Impactfaktoren beruhen, befreit. Die Lehrbeauftragten des Lehrbereichs gewährleisten den Unterricht im Fach Allgemeinmedizin (Vorlesungen, Praktika, Blockpraktikum ) ebenso wie zahlreiche Famulaturen oder auch das Wahlfach „Allgemeinmedizin im Praktischen Jahr“ in Kooperation mit ca. 130 Lehrpraxen aus ganz Rheinland-Pfalz. Die Evaluationsergebnisse zeigen nach Auskunft des Wissenschaftlichen Vorstands, dass dies zudem mit beachtlichem Erfolg geschieht , denn die Veranstaltungen der Allgemeinmedizin sind bei der Evaluation regelmäßig unter den TOP 5 platziert. Es wird also darum gehen, die bewährte Struktur nicht zu gefährden und die bislang durch einen optimal organisierten Praxisbezug erforderliche Zuwendung des medizinischen Nachwuchses zur Allgemeinmedizin und zum Beruf des Hausarztes zu fördern. In Vertretung: Vera Reiß Staatssekretärin