Drucksache 16/1689 11. 10. 2012 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Marcus Klein (CDU) und A n t w o r t des Chefs der Staatskanzlei Suchmaschinengesetzgebung Die Kleine Anfrage 1094 vom 21. September 2012 hat folgenden Wortlaut: Im Rahmen eines Fernsehauftritts in der ZDF-Sendung „Pelzig hält sich“ am 18. September hat Herr Ministerpräsident Beck sich dahingehend geäußert, gesetzgeberisch auf die Suchmaschinen-Suche im Internet Einfluss nehmen zu wollen. Ich frage die Landesregierung: 1. Welchen Regelungsbedarf sieht die Landesregierung im Zusammenhang mit Suchmaschinen-Anfragen im Internet, die der Mi- nisterpräsident „in den Griff“ bekommen möchte? 2. Welche technischen Ansatzpunkte und gesetzgeberischen Möglichkeiten sieht die Landesregierung in diesem Zusammenhang? 3. Welche Vorprüfungen und Abstimmungen sind im Zusammenhang mit den Überlegungen des Ministerpräsidenten, der laut sei- ner Aussage in der Sendung „die Medienpolitik in Deutschland koordiniert“, seitens der Landesregierung bereits erfolgt? 4. Wie bewertet die Landesregierung allgemein die Möglichkeit und Reichweite von gesetzlichen Regelungen der Suchmaschinen- Suche im Internet, national hinsichtlich verfassungsrechtlicher Rahmenbedingungen und international im Kontext der grenz - überschreitenden Verfügbarkeit des Internets? Der Chef der Staatskanzlei hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 11. Oktober 2012 wie folgt beantwortet : Zu Frage 1: Angesichts der Fülle von Internetseiten ist die Informationssuche im Internet heute effektiv nur noch durch Verwendung von Suchmaschinen zu bewältigen. Suchmaschinen sind zunächst Informationsintermediäre, die als Gatekeeper des Internets wirken. Es ist nicht zuletzt die Abhängigkeit des Internetnutzers von Suchmaschinen, die ihre Meinungsbildungsrelevanz begründet. Aufgrund der Filterfunktion und der damit einhergehenden Kontrollmöglichkeit bei der Ergebnispräsentation kann die öffentliche Meinungsbildung wie auch die Meinungsvielfalt beeinflusst werden, indem zu einem Suchbegriff als Suchergebnis etwa nur Internetseiten von Vertretern einer bestimmten Meinung als Topergebnisse präsentiert und/oder bestimmte Ergebnisse vollständig ausgeschlossen werden. Suchmaschinen stellen darüber hinaus eine weitere Zugriffsmöglichkeit auf Rundfunk und Telemedien dar. Die in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen betreffen nicht die Problematik des Zugangs zu Suchmaschinen, sondern die Thematik des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung. Die sich hieraus ergebende Verantwortung tragen die Suchmaschinenbetreiber derzeit ohne staatliche Eingriffsmöglichkeit. Lediglich im Kartell- und Wettbewerbsrecht finden sich bereits Regulierungsinstrumente gegen deren etwaige Stellung als Unternehmen mit beherrschender Marktmacht. Diese Instrumente bezwecken jedoch ausschließlich den Schutz des ökonomischen, nicht den Schutz des publizistischen Wettbewerbs. Auf die Problematik der Funktion von Suchmaschinen können sie keine abschließende Antwort geben, weil sie den Bereich der positiven Vielfaltssicherung nicht im Blick haben. Die öffentliche Meinungsbildung und Meinungsvielfalt im Internet wird hier allenfalls indirekt und nur dann geschützt, wenn durch die Suchergebnisliste die wirtschaftlichen Interessen eines in der Meinungsbildung tätigen Unternehmens beeinträchtigt werden. Daher sind Suchmaschinen aus Sicht der Landesregierung in die Regeln zur Sicherung der Meinungsvielfalt grundsätzlich mit einzubeziehen und bei der Betrachtung der vor- und nachgelagerten Märkte im Hinblick auf eine verstärkende Wirkung für bestehende Meinungsmacht zu berücksichtigen . Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 22. Oktober 2012 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/1689 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Hingegen bezweifelt die Landesregierung, dass im Hinblick auf die Bevorzugung eigener Angebote des Suchmaschinenbetreibers sowie der Offenlegung der Suchalgorithmen Regelungsbedarf besteht. Die Meinungsbildung ist jedoch hier, wie auch in den übrigen Punkten, noch nicht abgeschlossen. Zu Frage 2: Die Länder haben die Evaluierung des V. Abschnitts des Rundfunkstaatsvertrages zu Plattformen und Übertragungskapazitäten, die mit 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag Eingang in den Rundfunkstaatsvertrag gefunden haben, aufgenommen. Hierbei sind jedoch mögliche Schnittstellen zu einer Bundesregelung zu beachten. Am Ende dieses Prozesses könnte eine Anpassung des Rundfunkstaatsvertrages stehen, die den oben genannten Besonderheiten Rechnung trägt und die öffentliche Meinungsbildung und Meinungsvielfalt sichert. Der Auftrag zur Missbrauchskontrolle durch die Länder sollte vor diesem Hintergrund Rundfunk und alle journalistisch-redaktionell gestalteten Medien umfassen. So könnte sich die Landesregierung einen Missbrauchstatbestand vorstellen, der den Ausschluss von bestimmten Inhalten von der Ergebnisanzeige einer Suche ohne gerechtfertigten Grund, wie ihn z. B. gesetzliche Verbote oder der Jugendschutz darstellen, betrifft. Aufgrund der bestehenden Meinungsbildungsrelevanz sollte auch im Zusammenhang mit Suchmaschinen der Grundsatz der Trennung von Werbung und Inhalten berücksichtigt werden. So ist nach Ansicht der Landesregierung bezahlte Werbung vom Suchergebnis zu trennen und als solche zu kennzeichnen. Gleiches gilt für bezahlte Platzierungen von Suchergebnissen, die von den übrigen Suchergebnissen zu trennen und zu kennzeichnen sind. Zu Frage 3: Wie bereits unter 2. dargestellt, haben die Länder die Evaluierung des V. Abschnitts des Rundfunkstaatsvertrages zu Plattformen und Übertragungskapazitäten aufgenommen. Aufgrund der möglichen Schnittstellen zu einer Regelung im Bundesrecht haben die Länder parallel Gespräche mit dem Bund aufgenommen. Zu Frage 4: Die im Zusammenhang mit Suchmaschinen-Anfragen im Internet betroffenen Grundrechte beschränken zum einen in ihrer Funktion als Abwehrrechte die Handlungsmöglichkeiten des Staates. Gleichzeitig verpflichten sie den Staat, im Sinne einer Ausgestaltungsgewährleistung das Erforderliche im Rahmen des Möglichen zu tun, damit Einzelne nicht durch das Handeln anderer in der eigenen Grundrechtsausübung übergebührlich behindert werden. Die Landesregierung sieht aufgrund der Ausrichtung der Suchmaschinen auf nationale Märkte (vgl. beispielsweise google.de, google.fr) durchaus einen Anknüpfungspunkt für nationale gesetzliche Regelungen. Die grenzüberschreitende Verfügbarkeit des Internets sollte nach Ansicht der Landesregierung nichts daran ändern , dass vergleichbar zu anderen Rechtsgebieten im Geltungsbereich deutschen Rechts hohe Standards verankert werden. Martin Stadelmaier Staatssekretär