Drucksache 16/1691 15. 10. 2012 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 29. Oktober 2012 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Nils Wiechmann und Stephanie Nabinger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Stationierung und Modernisierung von US-Atomwaffen in Büchel Die Kleine Anfrage 1104 vom 27. September 2012 hat folgenden Wortlaut: Laut Medienberichten der letzten Wochen hat die Bundesregierung ihr Versprechen, sich für den Abzug aller US-Atomwaffen aus Deutschland einzusetzen, aufgegeben und stattdessen eingewilligt, dass die hier gelagerten amerikanischen Waffen sogar mit hohem finanziellen Aufwand modernisiert werden. Der vermutlich einzige Standort in Deutschland, an dem sich noch Atomwaffen befinden , ist der Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz. Nach Experten angaben lagern in den Bunkern des Standortes Büchel noch 20 US-Atomwaffen des Typs B 61. Dieser Bombentyp hat eine maximale Sprengkraft von 340 Kilotonnen TNT, das entspricht etwa dem 26-fachen der Hiroshima-Bombe. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Welche Informationen liegen der Landesregierung dazu vor, dass die in Büchel gelagerten Atomwaffen nicht abgezogen werden sollen, sondern stattdessen modernisiert und damit auf nicht absehbare Zeit in Rheinland-Pfalz verbleiben werden? 2. Wurde die Landesregierung über den Kurswechsel der Bundesregierung unterrichtet? 3. Wie verträgt sich dies mit der Haltung der Landesregierung gegenüber Atomwaffen? 4. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, sich weiterhin für den Abzug der Nuklearwaffen aus Rheinland-Pfalz einzu- setzen? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage unter anderem auf der Grundlage von Informationen des Bundesministeriums der Verteidigung namens der Landesregierung mit Schreiben vom 11. Oktober 2012 wie folgt beantwortet : Zu Frage 1: Die Bundesrepublik Deutschland, die verbindlich bereits vor mehreren Jahrzehnten auf eigene Nuklearwaffen und sonstige Nuklearsprengkörper verzichtet hat, nimmt als Mitglied der NATO an der kollektiven Verteidigungsplanung des Bündnisses auch im Bezug auf Nuklearwaffen teil. Alle damit zusammenhängenden Maßnahmen sind nicht national, sondern im Bündnis zu behandeln und zu entscheiden. In allen Fragen, die die Nuklearpolitik der NATO betreffen, befindet sich die Bundesregierung in einem sehr engen Abstimmungsprozess mit den USA und den anderen Bündnispartnern. Wie die Bundesregierung, so messen alle Partner in der NATO der Sicherheit und dem Schutz von Nuklearwaffen höchste Bedeutung zu und unterstützen sich gegenseitig umfassend, um jederzeit höchste Sicherheitsstandards zu gewährleisten. Der Gewährleistung eines Höchstmaßes an Schutz und Sicherheit dieser Waffen dient neben infrastrukturellen, technischen und verfahrensmäßigen Maßnahmen insbesondere das Mittel der Geheimhaltung. Diesen Geheimhaltungsregelungen des Bündnisses, im Bezug auf die Nuklearstreitkräfte der NATO, ist die Informationspolitik der Bundesregierung unverändert verpflichtet. Demzufolge dürfen keine Auskünfte über mögliche Lagerorte sowie die Anzahl oder Details der Waffen gegeben werden. Aussagen und Mutmaßungen hierzu können damit weder bestätigt noch dementiert werden. Dies entspricht der Praxis der bisherigen Bundesregierungen bei der Beantwortung parlamentarischer Anfragen. Die USA haben in ihrer „Nuclear posture review 2010“ (NPR) ein Programm zur Lebensdauerverlängerung „Life extension programme “ (LEP) beschlossen, das den gesamten US-amerikanischen Nuklearkomplex umfasst. Das LEP dient dazu, die Sicherheit Drucksache 16/1691 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode aller von diesem Programm erfassten Waffen auch weiterhin auf höchstem Niveau sicherzustellen und damit die Glaubwürdigkeit der nuklearen Abschreckung zu gewährleisten. Das Programm folgt den Vorgaben der US NPR, keine neuen Waffen oder neuen Einsatzzwecke oder -fähigkeiten zu schaffen, das bestehende Dispositiv aber glaubwürdig und in höchstem Maße sicher zu halten, solange es seiner bedarf. Das LEP ist ein nationales Programm der USA und unabhängig von der Frage der Ausgestaltung der nuklearen Teilhabe innerhalb der Allianz, der damit auch nicht vorgegriffen wird. An dem im Koalitionsvertrag formulierten Ziel, sich im Bündnis und gegenüber den amerikanischen Verbündeten für den Abzug der in Deutschland verbliebenen Atomwaffen einzusetzen, hält die Bundesregierung fest. Zu Frage 2: Die Landesregierung wurde vom Bundesministerium der Verteidigung im Zusammenhang mit der Beantwortung dieser Kleinen Anfrage am 27. September 2012 entsprechend der Antwort zu Frage 1 informiert. Zu den Fragen 3 und 4: Die Landesregierung ist der Überzeugung, dass die heutige sicherheitspolitische Lage eine Lagerung von Nuklearwaffen auf deutschem Boden nicht rechtfertigt. Sie geht daher davon aus, dass die Bundesregierung angesichts der geänderten sicherheitspolitischen Lage mit den anderen NATO-Partnern in die notwenigen Abstimmungsgespräche treten wird, um auch die verbliebenen fünf Prozent der ehemals vorhandenen Nuklearwaffen in Europa, wenn möglich, abzuschaffen. Dies entspricht dem mit großer Mehrheit des Landtags von Rheinland-Pfalz bereits am 15. September 2005 gefassten Beschluss. In Vertretung: Heike Raab Staatssekretärin