Drucksache 16/1695 16. 10. 2012 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Wolfgang Reichel (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Impfungen für nichtversicherte Kinder Die Kleine Anfrage 1095 vom 20. September 2012 hat folgenden Wortlaut: Anfang Februar 2012 gab die Gesundheitsministerin in einer Presseerklärung bekannt, dass das Land die Impfkosten für Kinder ohne Krankenversicherungsschutz in Höhe von 30 000 Euro übernehmen werde. Dazu sollte eine entsprechende Vereinbarung seitens des Landes mit den Kinderärzten getroffen werden. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie viele Kinder aus welchen Herkunftsländern gibt es in Rheinland-Pfalz, die keinen Krankenversicherungsschutz haben (wenn möglich, Einzelaufstellung nach Städten und Landkreisen getrennt)? 2. Wie werden die Betroffenen von der Möglichkeit der U-Untersuchungen (Vorsorgeuntersuchungen) informiert? 3. Wie viele Personen nehmen das Angebot tatsächlich wahr? 4. Wann wurde die Vereinbarung „Impfung für nichtversicherte Kinder“ mit den Kinderärzten unterzeichnet und ab wann kön- nen Kinder die kostenlose Impfung erhalten? 5. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, auch Erwachsenen und Jugendlichen ohne Krankenversicherungsschutz, ins- besondere aus den Gebieten der EU-Osterweiterung, eine kostenlose medizinische Versorgung zuteil werden zu lassen? 6. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass eine umfassende medizinische Versorgung der Menschen ohne Krankenversiche- rung aus den osteuropäischen Ländern besonders aus humanitären Gründen dringend geboten ist? 7. Welche Ziele verfolgt in diesem Zusammenhang der Runde Tisch zum Thema Armut und Gesundheit im Gesundheitsministe- rium? Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 15. Oktober 2012 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Der Landesregierung ist nicht bekannt, wie viele Kinder in Rheinland-Pfalz keinen Krankenversicherungsschutz haben. Zu 2.: Die Eltern aller in Rheinland-Pfalz geborenen und hier gemeldeten Kinder erhalten unabhängig von einem Krankenversicherungsschutz wenige Wochen nach der Geburt ein Informationsschreiben des Ministeriums für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen zum Elterngeld. Dem Schreiben liegt unter anderem der gemeinsame Flyer „Alles Gute für Ihr Kind“ des Ministeriums für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen und des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie bei. Darin werden die Eltern über Sinn und Inhalt von Früherkennungsuntersuchungen informiert und über das im rheinland-pfälzischen Landesgesetz zum Schutz von Kindeswohl und Kindergesundheit geregelte Einladungswesen zu diesen Untersuchungen. Dieser Flyer ist in acht Sprachen verfügbar. Wenn die Zeit für eine U-Untersuchung gekommen ist, werden von der U 4 bis zur U 9 alle Sorgeberechtigten von in RheinlandPfalz gemeldeten Kindern auf die anstehende Untersuchung hingewiesen und zur Untersuchung eingeladen. Die Einladungsschreiben enthalten Hinweise zum Landesgesetz zum Schutz von Kindeswohl und Kindergesundheit und präzise Hinweise zum Verfahrensablauf. Beigefügt ist ein Übersetzungsblatt in sechs Sprachen. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 30. Oktober 2012 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/1695 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Sofern nicht innerhalb eines definierten Zeitraumes eine Bestätigung über die durchgeführte Untersuchung erfolgt, erhalten die Sorgeberechtigten ein Erinnerungsschreiben. Die Einladungen und Erinnerungen erfolgen ebenfalls unabhängig von einem Krankenversicherungsschutz . Wenn die U-Untersuchung trotz Erinnerung nicht wahrgenommen wird, erfolgt eine Information an das für den Wohnort zuständige Gesundheitsamt. Sollte sich im Rahmen der Kontaktaufnahme ergeben, dass die Eltern die Untersuchung wegen eines fehlenden Versicherungsschutzes nicht wahrgenommen haben, weisen die Gesundheitsämter auf die Möglichkeit der Kostenübernahme der U-Untersuchung und eventuell anstehender Impfungen durch das Land hin. Gleichzeitig informieren die Gesundheitsämter die Sorgeberechtigten über die Möglichkeiten und die Notwendigkeit, einen Krankenversicherungsschutz abzuschließen . Zu 3.: Die „Zentrale Stelle Landeskinderschutzgesetz“ beim Amt für Soziale Angelegenheiten in Trier berichtet, dass im Jahr 2009 in insgesamt 16 Fällen, im Jahr 2010 in insgesamt 33 Fällen, im Jahr 2011 in insgesamt 46 Fällen und im Jahr 2012 in bisher 22 Fällen die Kosten für die U-Untersuchung vom Land getragen wurden. In bisher drei Fällen umfasste dies auch die Kosten für anstehende Impfungen . Zu 4.: Die Kosten für die Impfungen werden seit Juni 2012 übernommen. Über diese erweiterte Möglichkeit der Kostenübernahme bei fehlendem Versicherungsschutz wurde die rheinland-pfälzische Ärzteschaft, die U-Untersuchungen durchführt, in einem gemeinsamen Schreiben des Landesverbandes der Kinder- und Jugendärzte in Rheinland-Pfalz und der Zentralen Stelle Landeskinderschutzgesetz am 14. März 2012 informiert. Auf eine spezielle Vereinbarung zur Kostenübernahme konnte verzichtet werden, da die Höhe der Kostenübernahme sich an den seit April 2012 zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung und den gesetzlichen Krankenkassen vereinbarten Vergütungen für Impfleistungen orientiert. Zu 5.: Es gibt unterschiedliche Gründe dafür, warum Menschen nicht oder nicht mehr krankenversichert sind. Bereits im Jahr 2007 hat der Gesetzgeber im Rahmen des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) Maßnahmen ergriffen mit dem Ziel, dass in Deutschland jede Bürgerin und jeder Bürger gegen das Risiko der Krankheit abgesichert sein soll. Aufgrund dieser Gesetzeslage dürfte es in Deutschland seit dem 1. April 2007 (gesetzliche Krankenversicherung) beziehungsweise seit dem 1. Juli 2007 (private Krankenversicherung) grundsätzlich keine Personen mehr ohne Krankenversicherungsschutz geben. Da jedoch die neuen Regelungen davon abhängig sind, dass die betroffenen Personen mitwirken, das heißt, anzeigen, dass sie zum Personenkreis der „Nichtversicherten“ gehören, gibt es eine Dunkelziffer derjenigen, die noch nicht krankenversichert sind. Darüber hinaus gibt es eine Dunkelziffer derjenigen Personen, die sich als EU-Bürger in Rheinland-Pfalz aufhalten. Dazu zählen beispielsweise nicht erwerbstätige Unionsbürger, die den in § 4 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern geforderten „ausreichenden Krankenversicherungsschutz“ nicht nachweisen können. Des Weiteren leben in Rheinland-Pfalz Personen ohne gültigen Aufenthaltsstatus, die nicht EU-Bürger sind und ebenfalls über keinen Krankenversicherungsschutz verfügen. Da von diesen Personen keine Beiträge entrichtet werden, scheidet eine Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung aus. Eine für die Betroffenen kostenlose medizinische Versorgung ist womöglich im Rahmen der Sozialhilfe gegeben, sofern im Einzelfall die Bestimmungen des § 23 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe für Ausländerinnen und Ausländer) erfüllt sind. Darüber hinaus ist es vorstellbar, dass die Betroffenen durch Fallkonferenzen oder Hilfefonds Unterstützung erhalten könnten, wenn dies durch die zuständigen Kommunen befürwortet wird. Zu 6.: Die Landesregierung befürwortet eine möglichst optimale medizinische Versorgung aller Menschen in Rheinland-Pfalz im Rahmen der bestehenden bundesgesetzlichen Regelungen. Zu 7.: Der Runde Tisch Armut und Gesundheit befasst sich mit der Frage, inwieweit für alle krankenversicherten und nichtkrankenversicherten Personen in Rheinland-Pfalz ein möglichst optimaler Zugang zur gesundheitlichen Versorgung gewährleistet werden kann. Ziel ist es dabei, auf der Maßnahmenebene pragmatische Vorschläge zu erarbeiten. Malu Dreyer Staatsministerin