Drucksache 16/1704 18. 10. 2012 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Gerd Schreiner (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums der Finanzen Folgerungen der Landesregierung aus der PricewaterhouseCoopers-Studie „Stand und Perspektiven der öffentlichen Finanzen in den Bundesländern“ Die Kleine Anfrage 1110 vom 27. September 2012 hat folgenden Wortlaut: PricewaterhouseCoopers, eines der größten Wirtschaftsberatungsunternehmen, hat vor wenigen Tagen eine ausführliche Studie zur Lage der Finanzen von Ländern und Gemeinden vor dem Hintergrund der ab 2020 geltenden Schuldenbremse vorgelegt. Hierzu frage ich die Landesregierung: 1. Welche Folgerungen zieht die Landesregierung aus der Feststellung der aktuellen PwC-Studie, dass sich Rheinland-Pfalz künftig nur noch unmittelbare Ausgaben (abzüglich Ausgaben aufgrund nichtsteuerlicher unmittelbarer Einnahmen) auf deutlich niedrigerem Niveau als derzeit erlauben darf, wenn es ab 2020 die Schuldenbremse einhalten will? 2. Welche Folgerungen zieht die Landesregierung aus der Feststellung der aktuellen PwC-Studie, dass bei einer durchschnittlichen Preissteigerungsrate von jährlich 1,5 % der Haus halt von Rheinland-Pfalz, ohne Zinsen und Versorgung, im Trend bis 2020 real schrumpfen muss, wenn die Schuldenbremse eingehalten werden soll? 3. Welche Folgerungen zieht die Landesregierung vor diesem Hintergrund aus den Fest stellungen der aktuellen PwC-Studie, dass die Leistungen des Landes an seine Kommu nen weit unterdurchschnittlich bei gleichzeitig weit überdurchschnittlichem Schulden - stand der Kommunen sind? 4. Wie beurteilt die Landesregierung angesichts der auch in der aktuellen PwC-Studie festgestellten überdurchschnittlichen Belastung des Landeshaushalts wie auch der Kommu nal haushalte mit Zinszahlungen das Risiko proportional wachsender Zinslasten, wenn sich die derzeit extrem niedrigen Zinssätze bis 2020 auf ein normaleres Niveau bewegen? Das Ministerium der Finanzen hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 17. Oktober 2012 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Die Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) bestätigt unsere bisherigen Erfahrungen, dass die Einhaltung der Schuldenbremse ab dem Jahr 2020 die Mehrzahl der Bundesländer vor große Herausforderungen stellt. Demnach verfügen zehn der sechzehn Länder im Jahr 2020 über eine erheblich geringere relative Finanzmasse, als sie 2011 in Anspruch genommen haben. Lediglich Baden-Württemberg und Bayern können sich 2020 eine Inanspruchnahme von weit über 100 Prozent der aktuell verfügbaren Finanzmasse erlauben. Die Studie weist zudem darauf hin, dass Rheinland-Pfalz mit einer Finanzmasse je Einwohner im Jahr 2011 von nur 94 Prozent des Niveaus der westdeutschen Flächenländer auf kommunaler und Landesebene zu den finanzschwachen Flächenländern zählt. Sich dieser schwierigen finanziellen Ausgangssituation bewusst, hat die Landesregierung umfangreiche Konsolidierungsmaßnahmen ergriffen , um die in der Finanz- und Wirtschaftskrise deutlich ausgeweiteten Defizite in den nächsten Jahren schrittweise zurückzuführen und bis 2020 einen strukturellen Haushaltsausgleich zu erzielen. Vor diesem Hintergrund hat die rheinland-pfälzische Landesregierung die konsequente Haushaltskonsolidierung verstärkt in den Fokus ihrer politischen Bemühungen gerückt und eine Konsolidierungsplanung erarbeitet, in der aufgezeigt wird, wie das strukturelle Defizit bis 2020 schrittweise ausgeglichen werden kann. Die Auswirkungen der demografischen Entwicklung wurden dabei berücksichtigt. Die Konsolidierungsplanung ist im Finanzplan des Landes Rheinland-Pfalz für die Jahre 2011 bis 2016 ausführlich dargestellt. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 30. Oktober 2012 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/1704 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Demzufolge beläuft sich der notwendige Konsolidierungsbetrag ausgehend vom Jahr 2011 bis 2020 auf insgesamt 1,9 Mrd. Euro. Davon konnten im aktuellen Landeshaushalt 2012/2013 bereits rd. 500 Mio. Euro mit konkreten Maßnahmen unterlegt werden. Auf der Ausgabenseite wurden diverse Kürzungen beschlossen, die den größten Anteil am Konsolidierungsbeitrag ausmachen. Zum einen wurde der jährliche Besoldungsanstieg bis 2016 auf 1 Prozent begrenzt. Daneben wurde ein starker Stellenabbau vereinbart, der aufgrund demografischer und technischer Entwicklungen ohne betriebsbedingte Kündigungen möglich ist. Darüber hinaus wurden die vermögenswirksamen Leistungen gestrichen und die Leistungen aus dem Familienzuschlag für Beamtinnen und Beamte mit weniger als zwei Kindern gekürzt. Die bereits beschlossenen Einsparungen bei den Personalausgaben belaufen sich bis 2020 auf 471 Mio. Euro. Weitere Einsparungen wurden im Rahmen der Haushaltsaufstellung über eine Vielzahl von Einzeltiteln bei den sächlichen Verwaltungsausgaben, den Zuweisungen und Zuschüssen und den Investitionsausgaben umgesetzt. Zudem werden die Landesbetriebe bis 2016 einen Konsolidierungsbeitrag von 130 Mio. Euro leisten. In der Studie wird davon ausgegangen, dass die Konsolidierung auf Länderebene vor allem über eine Reduzierung der Ausgaben erfolgt , da die Steuern und steuerähnlichen Einnahmen größtenteils als gegeben angesehen werden müssen. Das rheinland-pfälzische Konsolidierungspaket umfasst jedoch auch einnahmeseitige Maßnahmen wie die Anhebung der Grunderwerbsteuer um 1,5 Prozentpunkte auf 5 Prozent, wodurch sich die Einnahmensituation des Landes dauerhaft um 99 Mio. Euro verbessert. Ab 2013 wird zudem ein Wasserentnahmeentgelt eingeführt, das langfristig strukturelle Mehreinnahmen von 20 Mio. Euro erbringen soll. Die in der PwC-Studie genutzte Methode zur Ermittlung der Konsolidierungspfade ähnelt dem von uns entwickelten Standardprojektionsverfahren . Dabei ist das Ausgangsjahr um Einmaleffekte zu bereinigen, was in der Studie zumindest für Rheinland-Pfalz nicht getan wurde. Alternativ hätte man als Ausgangssituation einen Durchschnitt mehrerer Jahre wählen können, worauf ebenfalls verzichtet wurde. Insofern ergeben sich gewisse Einschränkungen daraus, dass sowohl bei der Berechnung des Konsolidierungspfades als auch bei der Ermittlung der Kosten der öffentlichen Aufgabenerfüllung lediglich ein Bezugsjahr berücksichtigt wurde. Zu Frage 2: Die Landesregierung ist sich durchaus bewusst, dass viele Bereiche im Landeshaushalt eine schwer zu beeinflussende Dynamik aufweisen , die deutlich höher als die Inflationsrate liegt. Zum Ausgleich dieser Ausgabenentwicklung ist in anderen Bereichen eine verstärkte Konsolidierung notwendig, die mitunter sogar zu realen Rückgängen führen kann. Beispielhaft seien die Besoldungs- und Versorgungsbezüge genannt, die in Rheinland-Pfalz in den Jahren 2012 bis 2016 lediglich um 1,0 Prozent p.a. ansteigen werden. Zu Frage 3: Die PwC-Studie verzichtet darauf, die Gesamtheit aller Leistungen der Länder an ihre Kommunen in einem einzigen Ländervergleich gegenüberzustellen. Vielmehr werden die zweckgebundenen Zuweisungen den jeweiligen Aufgabenbereichen zugeordnet und die allgemeinen Nettozuweisungen im Kapitel „Kommunaler Finanzausgleich“ dargestellt. Letztere beziehen sich damit nicht auf die nach den Finanzausgleichsgesetzen gezahlten Beträge der Länder an ihre Kommunen, sondern auf die Leistungen, die in den Länderhaushalten als allgemeine Finanzzuweisungen deklariert werden. Somit erlaubt die Studie aufgrund der zugrunde liegenden Systematik keine direkte Aussage darüber, wie hoch die gesamten Leistungen eines Landes an seine Kommunen sind. Ungeachtet dessen ist sich die Landesregierung ihrer Verantwortung gegenüber den Kommunen durchaus bewusst. Daher hat Rheinland -Pfalz bereits im Jahre 2004 im Einvernehmen mit den Kommunen einen bundesweit einmaligen Stabilisierungsfonds eingeführt, der nach einer Vorlaufphase als „Beistandspakt“ seit 2007 in Kraft getreten ist. Damit garantiert das Land seinen Kommunen einen jährlich steigenden kommunalen Finanzausgleich und gibt ihnen die notwendige Planungssicherheit. Konjunkturabschwünge und Steuereinbrüche werden mit Krediten vom Land ausgeglichen. Darüber hinaus hat die Landesregierung mit den kommunalen Spitzenverbänden den Kommunalen Entschuldungsfonds RheinlandPfalz geschaffen. Er soll den Kommunen helfen, ihre bis zum Stichtag 31. Dezember 2009 aufgelaufenen Liquiditätskredite (Kassenkredite ) deutlich zu reduzieren. Der Entschuldungsfonds ist zum 1. Januar 2012 in Kraft getreten und hat eine Laufzeit von 15 Jahren . Sein maximales Volumen kann 3,825 Mrd. Euro umfassen. Des Weiteren wird die Landesregierung bis zum 1. Januar 2014 eine Reform des kommunalen Finanzausgleichs durchführen. Anlass ist das Urteil des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz vom 14. Februar 2012, in dem gefordert wird, dass das Land einen spürbaren Beitrag zur Bewältigung der kommunalen Finanzkrise leistet. Der Verfassungsgerichtshof sieht die wesentliche Ursache für die defizitäre Finanzlage der Kommunen in der dynamischen Entwicklung der Sozialausgaben, wobei die Aufgaben der Kommunen im Sozialbereich überwiegend auf Bundesgesetzen beruhen. Im Ergebnis wird die Reform des kommunalen Finanzausgleichs in Rheinland -Pfalz zu einer zusätzlichen Ausweitung der Leistungen des Landes an die Kommunen führen. Zu Frage 4: Derzeit profitieren Bund und Länder von einem historisch niedrigen Zinsniveau. Die rheinland-pfälzische Landesregierung geht in ihren Planungen jedoch nicht davon aus, dass die Zinssätze auf diesem Niveau verharren. Zur Ermittlung der zukünftigen Zinsausgaben werden daher Annahmen zu den Geld- und den Kapitalmarktzinssätzen getroffen. In der aktuellen Finanzplanung wird für den Kapitalmarkt ausgehend von einem Zinsniveau von unter 3 Prozent in 2011 für zehnjährige Staatsanleihen ein zügiges Ansteigen bis auf 4,2 Prozent in 2016 angenommen, bis 2020 stagniert es auf diesem Niveau. Dabei wird unterstellt, dass die Realverzinsung in Deutschland 2015 wieder den langjährigen Durchschnittswert von 2,6 Prozent erreicht. Das Zinsniveau auf dem Geldmarkt wird mit der Hälfte des Kapitalmarktzinssatzes angenommen. Somit hat die Landesregierung einen möglichen Anstieg des Zinsniveaus in ihren Planungen eingepreist. Dr. Carsten Kühl Staatsminister