Drucksache 16/1705 18. 10. 2012 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 31. Oktober 2012 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Dr. Susanne Ganster (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur Inanspruchnahme des Bildungsfreistellungsanspruches durch Auszubildende Die Kleine Anfrage 1122 vom 27. September 2012 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Auszubildende haben in den Jahren 2006 bis 2011 von ihrem Bildungsfreistellungsanspruch gemäß § 2 Abs. 3 BFG Ge- brauch gemacht (wenn möglich nach Geschlecht getrennt)? 2. Welchen Ausbildungsgängen (nach Branchen gegliedert) sind die Bildungsfreistellungen gemäß § 2 Abs. 3 BFG jeweils zuzu- ordnen? 3. Konnten in den Jahren 2006 bis 2011 Anträge nicht berücksichtigt werden, wenn ja, wie viele und warum? 4. Wie hoch waren in den Jahren 2006 bis 2011 die Ausgaben für den pauschalierten Anteil des fortzuzahlenden Arbeitsentgeltes gemäß § 8 Abs. 1 BFG für den Zeitraum der Bildungsfreistellung? 5. Wie begründet die Landesregierung die geplante Erhöhung des Bildungsfreistellungsanspruches für Auszubildenden von drei auf fünf Tage? 6. Welche gesellschaftspolitischen Weiterbildungsmaßnahmen wurden durch eine Freistellung gemäß § 2 Abs. 3 BFG von den Aus- zubildenden besucht? Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 17. Oktober 2012 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Auf der Grundlage des § 9 Bildungsfreistellungsgesetz (BFG) legt die Landesregierung dem Landtag alle zwei Jahre einen Bericht über Inhalte, Formen, Dauer und Teilnahmestruktur der Bildungsfreistellung vor. Die Daten werden von den Trägern von Bildungsfreistellungsveranstaltungen erhoben, an das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur gemeldet und jeweils für den gesamten Zweijahreszeitraum erfasst und ausgewertet. Somit liegen Daten für die Jahre 2005/2006, 2007/2008 und 2009/2010 vor. Die Daten für 2011 werden dem Landtag zusammen mit den Angaben für 2012 im Frühjahr 2013 zugeleitet: 2005/2006: 275 (davon 162 männlich, 113 weiblich) 2007/2008: 336 (davon 205 männlich, 131 weiblich) 2009/2010: 388 (davon 239 männlich, 149 weiblich). Zu Frage 2: Hinsichtlich der Teilnehmenden an Bildungsfreistellungsveranstaltungen werden folgende Daten erhoben und ausgewertet: Zahl der Teilnehmenden, Art der Freistellung, Alter, Geschlecht, Status im Betrieb, Betriebsgröße, Beschäftigungsbereich (Privatwirtschaft oder öffentlicher Dienst) und Staatsangehörigkeit. Die Verteilung der teilnehmenden Auszubildenden auf die aktuell anerkannten 344 Ausbildungsberufe und die entsprechenden Branchen werden nicht erhoben. Drucksache 16/1705 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu Frage 3: Nach § 7 Absatz 1 BFG in Verbindung mit § 5 Landesverordnung zur Durchführung des Bildungsfreistellungsgesetzes (BFG-DVO) prüft das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur auf Antrag der Veranstalter, ob Weiterbildungsveranstaltungen anerkennungsfähig sind. Falls diese Prüfung positiv ausfällt, wird ein Anerkennungsbescheid erteilt. Die Entscheidung, ob Beschäftigte oder Auszubildende für eine anerkannte Weiterbildungsveranstaltung freigestellt werden oder ob die Freistellung nach § 5 Absatz 3 BFG aus zwingenden betrieblichen oder dienstlichen Gründen abgelehnt wird, obliegt dem Arbeitgeber. Eine Mitteilung dieser Entscheidung an das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur sieht das Gesetz nicht vor. Zu Frage 4: Für Klein- und Mittelbetriebe wurden gemäß § 8 BFG folgende Erstattungen gezahlt: 2006: 76 559 Euro 2007: 126 849 Euro 2008: 122 568 Euro 2009: 144 484 Euro 2010: 123 710 Euro 2011: 150 020 Euro. Zu Frage 5: Die Ausweitung des Freistellungsanspruchs von Auszubildenden für Veranstaltungen der gesellschaftspolitischen Weiterbildung von aktuell drei Tagen während der gesamten Ausbildung auf fünf Tage pro Ausbildungsjahr wird wie folgt begründet: Die Demokratie lebt vom aktiven Engagement der Bürgerinnen und Bürger. Wichtige Voraussetzungen für aktives Engagement sind ausreichende Kenntnisse über aktuelle politische Fragen und die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Vorstellungen zur Lösung dieser Fragen. Die außerschulische politische Jugendbildung leistet hierzu wertvolle Beiträge. Sie kann darüber hinaus aktive Teilhabe an den politischen Prozessen auf unterschiedlichen Ebenen des Gemeinwesens unterstützen. Bereits früh den Umgang mit Beteiligung und Verantwortung zu erlernen und wachsen zu lassen, wurde vom Landtag Rheinland-Pfalz im Zusammenhang mit der Einsetzung der Enquete-Kommission „Aktive Bürgerbeteiligung für eine starke Demokratie“ betont. Gerade für junge Menschen ist es wichtig, im Rahmen von Bildungsveranstaltungen politische Fragen und Vorgänge unter qualifizierter pädagogischer Anleitung intensiv aufarbeiten zu können. Dadurch kann demokratisches Bewusstsein gestärkt und zum Engagement in unserem Gemeinwesen motiviert werden. Vielfältige pädagogische Erfahrungen untermauern, dass gerade mehrtägige Veranstaltungen mit ganzheitlichen Konzepten der gesellschaftspolitischen Bildung gute Erfolgsaussichten für die Förderung des Engagements für unsere Demokratie bieten. Zu Frage 6: Im Berichtszeitraum 2009/2010 haben Auszubildende an folgenden, zum Teil mehrfach durchgeführten Veranstaltungen der gesellschaftspolitischen Weiterbildung teilgenommen: – „Junge Arbeitnehmer/-innen in Betrieb, Wirtschaft und Gesellschaft“, – „Berlin – Politik, Medien, Kultur – Geschichte hautnah erleben“, – „Von der Alster bis zur Elbe – Leben und Arbeiten in Hamburg – Bildungsreise für junge Arbeitnehmer/-innen“, – „Aufbruch oder Abbruch? – Gesundheitswesen und Gesundheitspolitik“, – „Demokratie (er)leben“, – „Jugend-Macht-Zukunft“, – „Fight Club I – Unsere Gesellschaft aus dem Blickwinkel von Auszubildenden, Schüler/-innen, jungen Arbeitnehmer/-innen und Erwerbslosen“, – „Fight Club II – Ein eigenes Zukunftsmodell“, – „Wirtschaft verstehen – Ökonomie für Arbeitnehmer/-innen“, – „Zwischen Kommerz und politischem Missbrauch: Sport, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft“, – „Situation und Interessen junger Arbeitnehmer/-innen im Betrieb“, – „Gerechtigkeit in der modernen Arbeitsgesellschaft – Christlich-soziale und gewerkschaftliche Orientierungen“, – „Kommunalpolitisches Wochenseminar für Bürgermeister/-innen, Beigeordnete, Ortsvorsteher/-innen, Rats-, Ortsbeirats- und Ausschussmitglieder sowie kommunalpolitisch interessierte Bürgerinnen und Bürger“, – „Die Berliner Mauer – der 13. August 1961 und seine Auswirkungen bis heute“, – „32. Deutscher Evangelischer Kirchentag – Themenbereich 3: Chancen für die Welt“, – „Vereinbarkeit von Beruf und Familie im rheinland-pfälzischen Strafvollzug – Realität oder Fiktion“. Doris Ahnen Staatsministerin