LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 14. November 2012 A n t w o r t des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU – Drucksache 16/1586 – Auswirkungen der demografischen Entwicklung auf die Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz Die Große Anfrage vom 11. September 2012 hat folgenden Wortlaut: Die demografische Entwicklung hat weitreichende Folgen für unser Land. Nach vorliegenden Modellrechnungen wird sich derAltersaufbau der Bevölkerung grundlegend verändern. Das hat Folgen für das Zusammenleben der Menschen und praktisch alle Politikbereiche. Nicht die sinkende Einwohnerzahl allein, sondern die Veränderung der Altersstruktur in Rheinland-Pfalz macht mit ihren Folgen die Herausforderung des demografischen Wandels aus. Nur durch eine rechtzeitige politische Weichenstellung ist es möglich, den damit verbundenen Aufgaben gerecht zu werden. In Rheinland-Pfalz besteht großer Handlungsbedarf, um die Zukunft unseres Landes vor dem Hintergrund des demografischen Wandels zu sichern. Die Bedeutung des Themas verlangt nach einer systematischen Vorbereitung und Konzepten, die von der Landesregierung bisher nicht geleistet worden sind. Nach aktuellen Darstellungen des Deutschen Bauernverbandes wächst das Durchschnittsalter der deutschen Landwirte stetig und viele sorgen sich um die Berufsnachfolge. Das betreffe vor allem Bundesländer wie Hessen, Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz. Vom Umgang mit dem Strukturwandel hänge es ab, inwieweit es zum volkswirtschaftlichen Problem werden könne , dass in Deutschland die Anzahl an Bauern im arbeitsfähigen Alter drastisch abnehmen wird. Landesweit legten vor kurzem 671 junge Menschen ihre Prüfung in einem der 14 grünen Berufe ab. Gegenüber 720 im Vorjahr bedeutet dies einen Rückgang von 6,8 Prozent, womit deutlich werde, dass die demografische Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt angekommen ist. Das war der landwirtschaftlichen Fachpresse (Landwirtschaftliches Wochenblatt 32/2012) kürzlich zu entnehmen. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: Auswirkungen 1. Welche Entwicklung wird in Rheinland-Pfalz für die nächsten Jahre und Jahrzehnte im Zuge des demografischen Wandels hinsichtlich der Zahl der Ausbildungen und Abschlüsse für landwirtschaftliche Berufe und das Berufswahlverhalten gegenüber dem Fachkräftebedarf erwartet? 2. Welche Entwicklung wird in Rheinland-Pfalz für die nächsten Jahre und Jahrzehnte im Zuge des demografischen Wandels hinsichtlich der Zahl der Landwirte erwartet (absolut und im Verhältnis zur Bevölkerung)? 3. Welche Entwicklung wird in Rheinland-Pfalz für die nächsten Jahre und Jahrzehnte im Zuge des demografischen Wandels hinsichtlich der Zahl der landwirtschaftlich Berufstätigen erwartet (absolut und im Verhältnis zur Bevölkerung)? Wie ist dabei die zukünftige Situation der Familienarbeitskräfte, der ständigen und festangestellten Fremdarbeitskräfte und der Saisonarbeitskräfte einzuschätzen? Drucksache 16/1738 zu Drucksache 16/1586 25. 10. 2012 Drucksache 16/1738 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 4. Welche Entwicklung wird in Rheinland-Pfalz für die nächsten Jahre und Jahrzehnte im Zuge des demografischen Wandels hinsichtlich der Altersstruktur der Landwirte und landwirtschaftlich Berufstätigen erwartet? 5. Welche Entwicklung wird in Rheinland-Pfalz für die nächsten Jahre und Jahrzehnte im Zuge des demografischen Wandels hinsichtlich der Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe und deren regionaler Verteilung erwartet? Inwieweit gibt es Unterschiede in den Betrieben mit Tierhaltung, in den Betrieben mit Sonderkulturen und den Weinbaubetrieben? 6. Welche Entwicklung wird in Rheinland-Pfalz für die nächsten Jahre und Jahrzehnte im Zuge des demografischen Wandels hinsichtlich der Größe der landwirtschaftlichen Betriebe erwartet? Welche regionalen Unterschiede gibt es? 7. Welche Entwicklung wird in Rheinland-Pfalz für die nächsten Jahre und Jahrzehnte im Zuge des demografischen Wandels hinsichtlich der Ausrichtung landwirtschaftlicher Betriebe erwartet? 8. Welche Entwicklung wird in Rheinland-Pfalz für die nächsten Jahre und Jahrzehnte im Zuge des demografischen Wandels hinsichtlich der Struktur und Arbeitsweisen landwirtschaftlicher Betriebe erwartet? 9. Welche Entwicklung wird in Rheinland-Pfalz für die nächsten Jahre und Jahrzehnte im Zuge des demografischen Wandels hinsichtlich der landwirtschaftlichen Einkommenspotenziale erwartet? 10. Welche Entwicklung wird in Rheinland-Pfalz für die nächsten Jahre und Jahrzehnte im Zuge des demografischen Wandels hinsichtlich der Nachfrage nach landwirtschaftlicher Produktion und Dienstleistung und der landwirtschaftlichen Tätigkeitsprofile erwartet? 11. Welche Entwicklung wird in Rheinland-Pfalz für die nächsten Jahre und Jahrzehnte im Zuge des demografischen Wandels hinsichtlich des Umfangs, der Art und Schwerpunkte landwirtschaftlicher Produktion erwartet? 12. Worin sieht die Landesregierung die hauptsächlichen Auswirkungen des demografischen Wandels im Bereich der Landwirtschaft für das Land und seine Regionen? Aufgaben 13. Welche Herausforderungen bestehen für die Landwirtschaftspolitik in Rheinland-Pfalz vor dem Hintergrund des demografischen Wandels? 14. Wie wird die Landwirtschaft im demografischen Wandel ihre Rolle als Wirtschafts-, Erwerbs- und Beschäftigungsfaktor ausfüllen? Welche Aufgaben sind damit verbunden? 15. Wie wird die Landwirtschaft im demografischen Wandel ihren Aufgaben der Versorgung mit besten Nahrungsmitteln, nachwachsenden Rohstoffen und erneuerbaren Energien und der landespflegerischen und touristischen Dienstleistungen gerecht werden? 16. In welcher Rolle sieht die Landesregierung das Land, die Kommunen, die Landwirtschaft und die Verbraucher selbst im Prozess der Vorbereitung auf den demografischen Wandel in Rheinland-Pfalz? 17. Inwiefern hält es die Landesregierung vor diesem Hintergrund für gerechtfertigt, nicht die Infrastruktur der konventionellen Landwirtschaft zur Bewältigung des Strukturwandels hinreichend zu stärken, sondern entsprechende Schwerpunkte durch einseitige Sparmaßnahmen zu Gunsten von Ökologisierung und Regionalisierung zu schwächen (Haushaltsplan 2012/2013)? 18. Welche Herausforderungen bestehen politisch konkret a) für die Stärkung der Marktposition der Landwirtschaft, b) für die Förderung der überbetrieblichen Zusammenarbeit, c) für die Förderung der Junglandwirte, d) für die Förderung landwirtschaftlicher Infrastrukturmaßnahmen, e) für die Förderung von Maßnahmen der Dorferneuerung, f) für die Förderung der Flurbereinigung, g) für die einzelbetriebliche Investitionsförderung, h) für die Gestaltung von Bildung und Ausbildung, i) für die landwirtschaftliche Beratung, j) für die Förderung landwirtschaftlicher Verbände und Körperschaften, k) für die landwirtschaftliche Forschung und j) für die landwirtschaftliche Alterssicherung? 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/1738 Ansätze 19. Welches politische Handlungskonzept verfolgt die Landesregierung zur Bewältigung der demografischen Herausforderungen und zur Zukunftssicherung der Landwirtschaft? Welche Ziele liegen dem zugrunde? 20. Welche konkreten Maßnahmen werden bereits ergriffen? 21. Welche sind für welche Zeitpunkte oder Zeiträume geplant? 22. Wie ist der Stand der Vorbereitung oder Umsetzung? 23. Was leisten die betroffenen Maßnahmen und vorliegenden Planungen? 24. Welche offenen Fragen und Probleme bestehen noch? 25. Welche Maßnahmen müssen hierfür noch vorbereitet bzw. ergriffen werden? 3 Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten hat die Große Anfrage namens der Landesregierung – Zuleitungsschreiben des Chefs der Staatskanzlei vom 25. Oktober 2012 – wie folgt beantwortet: Die rheinland-pfälzische Landesregierung ist sich den Herausforderungen, die im demografischen Wandel für ein Flächenland wie Rheinland-Pfalz mit vielen ländlich strukturierten Regionen liegen, seit langem bewusst. Alle Ministerien beschäftigen sich seit Jahren intensiv mit der Gestaltung des demografischen Wandels. In der Familien- und Jugendpolitik, in der Bildungs- und Wissenschaftspolitik , in der Arbeitsmarkt-, Gesundheits- und Sozialpolitik, in der Wirtschafts- und Finanzpolitik, in der Landwirtschaftspolitik , in der Verkehrs-, Umwelt- und Raumordnungspolitik, in der Politik für Migration und Integration und anderen politischen Fachbereichen werden seit vielen Jahren entsprechende Weichen gestellt. Bereits 2004 hat die Landesregierung das Handlungsprogramm „Zukunft gestalten – Zukunft sichern. Die Chancen des demografischen Wandels für Rheinland-Pfalz nutzen“ auf den Weg gebracht. Ziel des Handlungsprogramms war, Familien zu stärken, in Bildung und Qualifikation zu investieren, das Miteinander der Generationen zu fördern und die Kommunen bei den notwendigen Anpassungen zu unterstützen. Die Zukunftsinitiative Rheinland-Pfalz (ZIRP) erarbeitet seit 2003 in ihrem Leitprojekt „Zukunftsradar 2030“ Ideen und Optionen für wirtschaftliche , technische und soziale Zukunftsentwicklungen, die für Rheinland-Pfalz prägend sein werden. Der demografische Wandel war auch Leitgedanke bei der Erstellung des neuen Landesentwicklungsprogramms IV. Gerade in seiner Erstellungsphase 2008 wurde besonders deutlich, dass der demografische Wandel auf allen Ebenen der Gesellschaft Anpassungsmaßnahmen notwendig macht. Und: Mit dem Zehn-Punkte-Papier „Landleben – Gutes Leben; 10 Punkte zur Sicherung der Mobilität im ländlichen Raum“ hat die Landesregierung Ende 2010 weitere Impulse zur Gestaltung des demografischen Wandels in den ländlichen Regionen gesetzt. Mit Beginn der neuen Legislaturperiode hat die rheinland-pfälzische Landesregierung ihren Willen unterstrichen, den demografischen Wandel gemeinsam mit ihren Partnerinnen und Partnern erfolgreich zu gestalten. Sie hat als erstes und bisher einziges Bundesland das Thema Demografie im Namen eines Fachressorts verankert. Im Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Demografie wird die Querschnittsaufgabe, den demografischen Wandel in Rheinland-Pfalz zu gestalten, gebündelt. Eine interministerielle Arbeitsgruppe gibt neue Impulse für eine ressortübergreifende Demografiepolitik, damit die Menschen in allen Regionen des Landes auch in Zukunft gut leben können. Der demografische Wandel zeichnet sich auch in Rheinland-Pfalz dadurch aus, dass die Bevölkerungszahl in den kommenden Jahrzehnten deutlich sinken und der Anteil älterer Menschen deutlich steigen wird. Das Statistische Landesamt hat in seiner 3. Bevölkerungsvorausberechnung aktuelle Zahlen für Rheinland-Pfalz vorgelegt. Danach steigt der Anteil der über 65-Jährigen an der Bevölkerung bis 2030 von heute knapp 21 % auf voraussichtlich etwa 29 %, bis 2060 auf ein gutes Drittel der Bevölkerung. Besonders stark wird dabei voraussichtlich der Anteil der über 80-Jährigen zunehmen (von heute 5,6 % auf 8,2 % im Jahr 2030 und 14,5 % im Jahr 2060). Gleichzeitig sinkt der Anteil von Kindern und Jugendlichen sowie von Frauen und Männern im erwerbsfähigen Alter an der Bevölkerung: Der Anteil der unter 20-Jährigen wird laut Vorausberechnung bis 2030 von heute etwa 19 % auf knapp 17 % zurückgehen , bis 2060 auf etwa 15 %. Die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter wird sich bis zum Jahr 2030 um rund 356 000 Menschen verringern, bis zum Jahr 2060 weiter deutlich abnehmen – um 797 086. Der Anteil der Menschen im erwerbsfähigen Alter sinkt voraussichtlich von derzeit 60 % bis 2030 auf 55 % und auf 51 % bis 2060. Dabei steigt auch der Altersdurchschnitt der Arbeitskräfte deutlich an. Die Bevölkerungszahl wird von heute ca. 4,04 Millionen auf 3,77 Millionen im Jahr 2030 sinken, bis 2060 auf 3,19 Millionen; ein Rückgang von 5,8 % bis 2030 und von 20,4 % bis 2060. Dabei verläuft die Bevölkerungsentwicklung regional sehr unterschiedlich. In einigen Regionen von Rheinland-Pfalz wird die Bevölkerung bis 2030 voraussichtlich noch zunehmen (Trier, Trier-Saarburg, Landau, Mainz, Mainz-Bingen), in anderen geht sie deutlich zurück. Auch die erwarteten Altersstrukturveränderungen zeigen regional unterschiedliche Ausprägungen. Die Landkreise werden von der demografischen Entwicklung voraussichtlich stärker betroffen sein als die kreisfreien Städte. Die Abwanderungen sind stärker als in früheren Vorausberechnungen des Statistischen Landesamtes vorhergesagt. Drucksache 16/1738 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 4 Für den Agrarbereich gelten weitere Herausforderungen. Die demografische Entwicklung und neue – teils unvorhergesehene – Anforderungen an die Landwirtschaft sind zwei Seiten einer Medaille. Beide Seiten sind Anlass, strategische Entscheidungen zu treffen, die auch langfristig eine nachhaltige Landwirtschaft sichern. Die Zukunft der Landwirtschaft hängt in hohem Maße von den Entscheidungen der Bundes- und EU-Politik ab. Die derzeitige Bundesregierung setzt auf Deregulierung, die Rolle der Landwirtschaft als Rohstofflieferant und Massenproduzent und kalkuliert nach Aussagen ihrer Regierungsmitglieder damit, dass nur noch ein Fünftel der derzeitigen Betriebe in Zukunft existieren wird. Die Landesregierung in Rheinland-Pfalz verfolgt das Ziel, die bäuerliche Landwirtschaft, Wein- und Obstbau sowie den Mittelstand in Produktion und Verarbeitung zu stärken und geeignete Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. Die rückläufige Bevölkerungsentwicklung und ihre altersbedingte Veränderung werden deutliche Folgen für die Nachfrage nach Lebensmitteln haben. Die mengenmäßige Nachfrage wird zurückgehen. Mit wachsendem Durchschnittsalter der Bevölkerung, kleineren Haushalten und wachsendem Migrantenanteil werden sich auch Qualität und Struktur der Lebensmittelnachfrage deutlich verschieben. Wachsende Nachfrage ist bei der Gemeinschaftsverpflegung und qualitativ hochwertigen Lebensmitteln absehbar . Gleichzeitig kann wegen der sich verändernden Altersstruktur von einem Rückgang der Nachfrage nach Fleischwaren, Wein und anderen alkoholischen Getränken ausgegangen werden. Eine Herausforderung für unsere Landwirtschaft besteht darin, sich rechtzeitig auf die sich ändernde Nachfrage einzustellen. Insgesamt ist unsere Versorgung mit heimischen Lebensmitteln durch den demografischen Wandel nicht gefährdet. Aufgrund der weltweiten Gefährdung der Ernährungssicherheit durch abnehmende Agrarkulturflächen und wachsende Weltbevölkerung müssen sich Europa und Deutschland darauf ausrichten, den hohen Importanteil von Agrargütern – insbesondere Futtermittel – und Lebensmitteln zu reduzieren und sich stärker auf die Erzeugung von Eiweißpflanzen und Lebensmitteln für den Bedarf der 500 Mio. Einwohner Europas auszurichten. Aus Ernährungssicht kommt es in Europa und Deutschland darauf an, Fehlernährung und Übergewichtigkeit auch vor dem Hintergrund der enormen ernährungsbedingten Gesundheitskosten zu vermeiden und die Rahmenbedingungen für eine gute und gesunde Ernährung zu gestalten. Vor dem Hintergrund knapper werdender Ressourcen wie im Bereich der Düngemittel und der Energievorräte, Bedrohung der Biodiversität, des Klimawandels, des verfügbaren Bodens und der nutzbaren Wasservorräte gilt es, die enorme Verschwendung im Bereich von Agrarrohstoffen und Lebensmitteln drastisch zu verringern und große Sorgfalt auf den Schutz unserer natürlichenLebensgrundlagen zu richten. Daher ist nicht Massenerzeugung, sondern bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung und nachhaltige Produktion vorrangiges Ziel der Landwirtschaft von morgen. Zudem gibt es sicher für die rheinland-pfälzischen Qualitätsprodukte auch weiterhin gute Absatzmöglichkeiten im Export. Zusätzlich gilt es, die Rolle der Landwirtschaft für die künftige nachhaltige Energieproduktion und Energiedienstleistung zu entwickeln und das Arbeitskräftepotenzial zu erschließen. Weniger Einwohner bedeuten weniger Verbraucher und auch weniger Steuerzahler. Es wird darauf ankommen, möglichst viel Wertschöpfung für die landwirtschaftlichen Betriebe zu erreichen, um ein angemessenes Einkommen zu ermöglichen und Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen einen vernünftigen Lohn bieten zu können. Die Folge ist, dass für Umstrukturierungsprozesse in unserer Landwirtschaft, aber auch in allen anderen Lebensbereichen weniger öffentliche Mittel zur Verfügung stehen. Das Umsteuern erfordert damit gemeinsame Anstrengung aller Betroffenen, wobei dem Ehrenamt eine besondere Bedeutung zufällt. Vor diesem Hintergrund steht die Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz vor einem weitreichenden Paradigmenwechsel. Viele der vor uns liegenden Herausforderungen wie die Sicherung qualitativ hochwertiger Ernährung, die Bewältigung des Klimawandels, die Umsetzung der Energiewende, der Erhalt der Artenvielfalt, der Schutz der Wasserressourcen sowie der Schutz der weiteren natürlichen Lebensgrundlagen, die nachhaltige Ressourcennutzung bis hin zur Entwicklung und Erhaltung attraktiver ländlicher Räume mit guten Arbeitsplätzen, gerade auch in grünen Berufen, weisen einen engen Bezug zu einer multifunktionalen Landwirtschaft und zu einer nachhaltigeren sowie gerechteren Agrarpolitik auf. Die Rolle der Landwirtschaft darf es dabei nicht sein, billiger Rohstofflieferant zu sein. Durch die Initiativen der Landesregierung zur Sicherung der Demografiefestigkeit, auch der ländlichen Räume, werden die notwendigen infrastrukturellen Voraussetzungen für eine nachhaltige Landwirtschaft geschaffen und erhalten. Der demografische Wandel bietet für die Landwirtschaft auch gute Chancen, denn die Menschen der zahlenmäßig wachsenden und finanziell vergleichsweise gut ausgestatteten Generation „50 plus“ werden eine umwelt- und tierschutzgerechte Landwirtschaft , die qualitativ hochwertige Produkte vor ihrer Haustür erzeugt und durch die Erhaltung der Kulturlandschaft den Tourismus fördert, schätzen. Vor allem werden sie eher bereit sein, angemessene Preise für hochwertige Lebensmittel zu zahlen und den Einsatz öffentlicher Mittel für die gesellschaftlich erwünschten Leistungen der Landwirtschaft zu akzeptieren. Vor diesem Hintergrund beantworte ich die vorgenannte Große Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: 1. Welche Entwicklung wird in Rheinland-Pfalz für die nächsten Jahre und Jahrzehnte im Zuge des demografischen Wandels hinsichtlich der Zahl der Ausbildungen und Abschlüsse für landwirtschaftliche Berufe und das Berufswahlverhalten gegenüber dem Fachkräftebedarf erwartet? Die Zahl der Ausbildungen in den landwirtschaftlichen Berufen hat sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten nur leicht verändert . Im Vergleich der letzten 20 Jahre ist die Zahl der Berufsschüler in den grünen Berufen leicht gestiegen von 1 386 im Schuljahr 1991/1992 auf 1 528 im Schuljahr 2011/2012. Seit drei Jahren ist ein leichter Rückgang zu verzeichnen. Die Zahl der Fachschüler im Agrarbereich ist allerdings deutlich zurückgegangen, von 518 im Schuljahr 1991/1992 auf 361 im Schuljahr 2011/2012. Diese Zahlen spiegeln den Strukturwandel in der Landwirtschaft wider. Die Zahl der Betriebe ist in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gesunken und damit auch die Zahl der Betriebsleiter. Die relativ stabile Zahl an Ausbildungen ist ein Zeichen dafür, dass landwirtschaftliche Berufe in einem so von der Landwirtschaft und dem Weinbau geprägten Bundesland wie Rheinland-Pfalz nach wie vor eine attraktive Alternative sind. Besonders in den Sonderkulturen wird jedoch deutlich, dass die grünen Berufe mehr Attraktivität erhalten müssen, um einem Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel entgegentreten zu können. Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/1738 5 In der langfristigen Entwicklung wird es Unterschiede in den Regionen geben: In den Regionen mit stärkerem Bevölkerungsrückgang werden landwirtschaftliche Berufe diejenigen sein, die vor Ort Zukunftschancen für die Jugendlichen bieten. In der Nähe der Ballungszentren werden die landwirtschaftlichen Berufe mit anderen Branchen um die knapper werdenden guten Auszubildenden konkurrieren müssen. Hier muss die Landwirtschaft größere Anstrengungen unternehmen, um den Auszubildenden und zukünftigen Fachkräften attraktive Ausbildungs- und Arbeitsplätze zu bieten. Andererseits bietet die Weiterentwicklung der Landwirtschaft mit modernen Betrieben und Betriebsgemeinschaften die Chance, dass Arbeitsplätze in der Landwirtschaft attraktiver werden, auch bezüglich der Arbeitszeiten. Gleichzeitig interessieren sich immer mehr junge Menschen für die ökologische und tiergerechte Erzeugung und es bieten sich neue Berufsfelder in der Diversifizierung. 2. Welche Entwicklung wird in Rheinland-Pfalz für die nächsten Jahre und Jahrzehnte im Zuge des demografischen Wandels hinsichtlich der Zahl der Landwirte erwartet (absolut und im Verhältnis zur Bevölkerung)? Der Rückgang der landwirtschaftlichen Betriebe und damit der Zahl der Landwirte ist agrarpolitisch bedingt und nur nachrangig auf die demografische Entwicklung zurückzuführen. Seit Jahren ist die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe rückläufig, sie sinkt jährlich um etwa 4 bis 5 %. Seit 1999 ist die Zahl der in der Landwirtschaft beschäftigten Personen um 19 % zurückgegangen. Den größten Rückgang verzeichnet die Statistik bei den Teilzeitbeschäftigten, i. d. R. Nebenerwerbslandwirte. Für die Gesamtbevölkerung in Rheinland-Pfalz wird mittelfristig (bis 2030) ein Rückgang um 5,8 % und langfristig (bis 2060) ein Rückgang um 20,4 % erwartet. Die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter wird mittelfristig um rund 8 %, langfristig jedoch um über 15 % sinken. Noch deutlicher wird die Bevölkerung im ländlichen Raum – und hier insbesondere im Südwesten des Landes – zurückgehen. Es wird von den künftigen politischen Rahmenbedingungen und den Weltagrar- und Energiemärkten abhängen, inwieweit Familienarbeitskräfte und Arbeitnehmer im gesamten Agrarbereich wieder eine größere Bedeutung erlangen können. 3. Welche Entwicklung wird in Rheinland-Pfalz für die nächsten Jahre und Jahrzehnte im Zuge des demografischen Wandels hinsichtlich der Zahl der landwirtschaftlich Berufstätigen erwartet (absolut und im Verhältnis zur Bevölkerung)? Wie ist dabei die zukünftige Situation der Familienarbeitskräfte, der ständigen und festangestellten Fremdarbeitskräfte und der Saisonarbeitskräfte einzuschätzen ? Es wird entschieden darauf ankommen, ob es gelingt ein angemessenes Einkommen für Familienarbeitskräfte sowie Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen durch entsprechende Wertschöpfung zu erzielen. Heute liegen – wie im Milchbereich deutlich zu sehen ist – die Stundenlöhne weit hinter dem gewerblichen Vergleichslohn. 100 700 Menschen haben 2010 in der rheinland-pfälzischen Landwirtschaft gearbeitet. Von den landwirtschaftlichen Betrieben in Rheinland-Pfalz waren 2010 knapp 90 % Einzelunternehmen und 9,1 % Personengesellschaften. Von den Familienbetrieben sind immer noch über die Hälfte (2010: 53 %) Nebenerwerbsbetriebe. Deren Zahl ist seit 1999 allerdings um über 50 % gesunken, die Zahl der Haupterwerbsbetriebe ist in der gleichen Zeit nur um rund ein Drittel gesunken. Im Vergleich zu 1999 nahm die Zahl der in der Landwirtschaft beschäftigten Personen um 19 % ab. Die Zahl der Familienarbeitskräfte nahm von 1999 bis 2010 um 39 % ab. Dies entspricht fast dem Rückgang der Zahl der Betriebe im gleichen Zeitraum. Statistisch nahm im gleichen Zeitraum die Zahl der ständig beschäftigten familienfremden Arbeitskräfte um 1 100 Personen (10 %) zu. Die Beschäftigung von Saisonarbeitskräften hat in der rheinland-pfälzischen Landwirtschaft mit der hohen Zahl von Betrieben mit Sonderkulturen (Wein-, Obst und Gemüsebau ) eine relativ große Bedeutung. Dies wird auch in den kommenden Jahren so bleiben. Ebenso wird es weitere Mechanisierungen geben, die die menschliche Arbeitskraft ersetzen. Gleichzeitig gewinnen aber auch der arbeitskraftintensivere Ökolandbau, tiergerechtere Haltungsverfahren, regionale Erzeugung und Vermarktung, Energieproduktion und Energiedienstleistungen sowie weitere Diversifizierung an Bedeutung, sodass im Mix der Vielfalt der Unternehmen durchaus Arbeitsplätze gesichert werden und auch neu entstehen können. 2010 wurde 55 % der Arbeitsleistung in den Betrieben von Familienarbeitskräften erbracht, knapp 33 % von vollzeitbeschäftigten und 22 % von teilzeitbeschäftigten Familienarbeitskräften. Knapp 22 % der Arbeitsleistung erbrachten festangestellte familienfremde Arbeitskräfte und gut 23 % Saisonbeschäftigte. Diese Zusammensetzung der Arbeitskräfte spiegelt ebenfalls die große Bedeutung der Sonder- und Dauerkulturen als arbeitsintensive Produktionsschwerpunkte der rheinland -pfälzischen Landwirtschaft wider. 4. Welche Entwicklung wird in Rheinland-Pfalz für die nächsten Jahre und Jahrzehnte im Zuge des demografischen Wandels hinsichtlich der Altersstruktur der Landwirte und landwirtschaftlich Berufstätigen erwartet? Im Zuge des demografischen Wandels wird sich die sogenannte demografische Alterung bemerkbar machen. Die Kennzahl hierfür ist das Medianalter. Sie stellt die Zahl dar, die die Bevölkerung statistisch in zwei Hälften teilt: Diejenigen, die jünger sind und diejenigen , die älter sind, als es der Median anzeigt. 2006 lag diese Grenze bei 42 Jahren, d. h. 50 % der Menschen waren älter als 42. In 2020 wird die Hälfte der Bevölkerung in RLP älter als 47 Jahre sein und 2050 wird das Medianalter schon bei 51 Jahren liegen. Diese Entwicklung wird in der Landwirtschaft grundsätzlich ähnlich verlaufen, allerdings wird in den auslaufenden Betrieben das Alter der Betriebsleiter deutlich höher liegen als im Durchschnitt. Diese Entwicklung sowie zunehmende Herausforderungen im Zusammenhang mit der Hofnachfolge werden dazu führen, dass die Altersstruktur im Agrarsektor in den künftigen Jahrzehnten merklich ungünstiger sein wird als in den übrigen Sektoren. Dabei wird diese Entwicklung umso ungünstiger verlaufen, je kleinstrukturierter die Betriebe sind. Es wird darauf ankommen, die modernisierte und vielfältigere nachhaltige Agrarwirtschaft für Quereinsteiger und Frauen attraktiv zu machen. Drucksache 16/1738 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 6 5. Welche Entwicklung wird in Rheinland-Pfalz für die nächsten Jahre und Jahrzehnte im Zuge des demografischen Wandels hinsichtlich der Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe und deren regionaler Verteilung erwartet? Inwieweit gibt es Unterschiede in den Betrieben mit Tierhaltung, in den Betrieben mit Sonderkulturen und den Weinbaubetrieben? Aufgrund der herrschenden agrarpolitischen Rahmenbedingungen auf Bundes- und EU-Ebene wird leider die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe auch in den nächsten Jahren zurückgehen. Ziel der Landesregierung ist es, möglichst vielen Betrieben unabhängig von ihrer Größe eine Perspektive zu geben und die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen flächendeckend weiter zu bewirtschaften . Auch in Zukunft sollen überwiegend bäuerliche Betriebe die rheinland-pfälzische Landwirtschaft und den Weinbau prägen. Großbetriebe mit einem Standardoutput von mehr als 1 Mio. € werden überwiegend in Form von Personengesellschaften und juristischen Personen betrieben. In Rheinland-Pfalz wird sich deren Bedeutung auch künftig in Grenzen halten. Rheinland-Pfalz weist abwechslungsreiche Naturräume auf, denen sich die Landwirtschaft im Laufe der Zeit mit den Produktionsverfahren angepasst hat. Diese Anpassung an die Standortbedingungen wird sich weiter ausprägen, d. h. Milchwirtschaft und Mutterkuhhaltung in den Mittelgebirgslagen, Ackerbau in Rheinhessen, in der Vorderpfalz, dem Koblenzer Becken und auf den Ackerbaustandorten der Mittelgebirgslagen, Weinbau in den Flusstälern an den Steillagen von Mosel, Ahr, Mittelrhein und Nahe und in den Direktzuglagen der Pfalz und Rheinhessens sowie Gemüsebau in der Vorderpfalz. Aktuell drohen Deregulierungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und der Weinmarktpolitik (Aufgabe der Pflanzrechte, Zuckermarktordnung, Aufgabe der Milchregulierung und des Branntweinmonopols) dazu zu führen, dass an allen Standorten gleichwohl Betriebsaufgaben stattfinden, allerdings sind einige Teilregionen wie die Steilstlagen im Weinbau und Grenzertragsstandorte in Mittelgebirgslagen stärker betroffen. Weinbaubetriebe dominieren die rheinland-pfälzische Agrarwirtschaft. 42 % der Betriebe betreiben überwiegend Weinbau, zusammen mit den Obstbaubetrieben gehören sie zu den Dauerkulturbetrieben; sie machen knapp 45 % aller Betriebe aus. Futterbaubetriebe sind mit gut 24 % die zweitgrößte Betriebsform, Ackerbaubetriebe folgen mit knapp 18 %. Für die Weinbaubetriebe wird erwartet, dass sie, wie bisher, sowohl im Haupt- als auch im Nebenerwerb geführt werden, wobei Nebenerwerbsbetriebe vorwiegend als Trauben- bzw. Fassweinlieferanten tätig sein werden und die Haupterwerbsbetriebe ihren Wein entweder selbst vermarkten oder bei ausreichender Betriebsgröße (in Rheinhessen und der Pfalz) ausschließlich Trauben produzieren. Lediglich in schwer mechanisierbaren Steil- und Steilstlagen, ertragsschwachen oder Frostlagen ist ein Rückgang von Rebflächen nicht auszuschließen . Im Obst- und Gemüsebau wird mit einer weiteren Ausweitung der Flächen gerechnet, bei gleichzeitiger Flächenausdehnung der Betriebe, die dann mit einer Verringerung der Zahl der Unternehmen einhergeht. Im Obstbau sind die Anbauflächen insgesamt rückläufig, obwohl es Umsteiger aus den Bereichen Landwirtschaft und Weinbau gibt und in Zukunft auch – ähnlich wie im Weinbau – Neueinsteiger geben wird. Die Landesregierung hat ihre Programme im Bereich Schul- und Kindergartenobst und der Ernährungsbildung deutlich ausgeweitet, um die Attraktivität von rheinland-pfälzischem Obst und Gemüse weiter zu steigern. Die Milchviehhaltung konzentriert sich vor dem Hintergrund der EU-Milchpolitik und einer enormen Konzentration von Verarbeitung und Handel weiter, wie auf die Standorte Hocheifel, Westerwald und Westpfalz. Die Zahl der Betriebe wird weiter sinken , die Zahl der Kühe in den verbleibenden Herden wachsen. Durch eine Veränderung der EU-Milchpolitik und Stärkung der Erzeuger mit Projekten wie der „Käsestraße“ und Unterstützung regionaler Verarbeitung und Vermarktung soll diesem Trend entgegengewirkt werden. Ein besonderes Augenmerk muss der heimischen Produktion von Schweinefleisch und Rindfleisch gelten, damit dem seit Jahren anhaltenden Abwärtstrend entgegengewirkt werden kann. 6. Welche Entwicklung wird in Rheinland-Pfalz für die nächsten Jahre und Jahrzehnte im Zuge des demografischen Wandels hinsichtlich der Größe der landwirtschaftlichen Betriebe erwartet? Welche regionalen Unterschiede gibt es? Der wirtschaftliche Erfolg eines Betriebes in der Landwirtschaft, im Weinbau und der Obst- und Gemüseerzeugung hängt nicht von der Größe, sondern von vielen Faktoren wie Marktorientierung, Zielgruppe, Spezialisierung, Betriebsleiter- und Arbeitnehmerqualifikation und Diversifizierungsgrad etc. ab. Deswegen ist die Größe eines Betriebes nicht das ausschlaggebende Kriterium für dessen Bewertung. Aufgrund des politisch auf EU-Ebene herbeigeführten „Strukturwandels“ in der Landwirtschaft werden bäuerliche Betriebe sowohl in der Fläche als auch über die Viehbestände weiter wachsen. Dies betrifft gleichermaßen die Regionen, die vom demografischen Wandel stark betroffen sind, und die, die nicht so stark betroffen sind. Von 1991 bis 2010 hat sich die durchschnittliche Fläche der landwirtschaftlichen Betriebe in Rheinland-Pfalz auf derzeit 35 ha in etwa verdoppelt. Diese im Bundesvergleich (56 ha landwirtschaftlich genutzte Fläche [LF] ) relativ niedrige Größe erklärt sich daraus, dass in Rheinland-Pfalz viele Betriebe Sonderkulturen anbauen, die auf relativ geringer Fläche hohe Wertschöpfung erzielen. Ein Blick auf die Betriebsgrößenstruktur zeigt den Strukturwandel noch deutlicher. Während die Zahl der Betriebe seit 1949 insgesamt von gut 200 000 auf mittlerweile 20 000 gesunken ist, ist die Zahl der Betriebe mit Flächengrößen von über 100 ha LF in der gleichen Zeit sehr deutlich gestiegen (von 65 auf 1 980 Betriebe). Diese Entwicklung wird sich fortsetzen, da die Flächen von Betrieben, die aufgegeben werden, nicht aus der Produktion genommen, sondern von den weiterwirtschaftenden Betrieben übernommen werden. Diese Entwicklung wird sich auch künftig landesweit ohne regionale Unterschiede fortsetzen. Dafür sprechen die agrarpolitischen Rahmenbedingungen, die mit dem Instrument der Direktzahlungen hierzu wesentlich beitragen. Allerdings lässt sich die Entwicklung in Bezug auf die industrielle Agrarproduktion, wie auch auf die stärkere regionale Erzeugung und Verarbeitung heute noch nicht langfristig abschätzen. Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/1738 7 7. Welche Entwicklung wird in Rheinland-Pfalz für die nächsten Jahre und Jahrzehnte im Zuge des demografischen Wandels hinsichtlich der Ausrichtung landwirtschaftlicher Betriebe erwartet? In der rheinland-pfälzischen Landwirtschaft haben sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten sehr effektive Betriebe entwickelt. Hinsichtlich der Ausrichtung haben sich die Betriebe den regionalen Möglichkeiten und Gegebenheiten und den Erfordernissen der Märkte weitgehend angepasst. Im Zuge der mit dem demografischen Wandel verbundenen Zunahme der Anzahl von Menschen der Generation „50 plus“, die hohe Ansprüche an die Lebensmittelqualität, an Transparenz in der Lebensmittelproduktion , an Tierschutz und an eine intakte Umwelt stellen und die bereit sind, dafür auch einen höheren Preis zu bezahlen, ist die Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz gefordert, diese Ansprüche zu erfüllen. In diesem Zusammenhang wird die Zahl der ökologisch wirtschaftenden Betriebe weiter zunehmen, auch die Direktvermarktung von Spezialitäten, insbesondere in den touristisch interessanten Weinbauregionen, wird weiter eine wichtige Rolle spielen. Auch Erwerbskombinationen gewinnen in landwirtschaftlichen Betrieben an Bedeutung. Die Schwerpunkte liegen hier derzeit auf der Erzeugung erneuerbarer Energien (ein Drittel der Betriebe) und der Gästebeherbergung/Fremdenverkehr (16 %). Jeweils gut 10 % der Betriebe erwirtschaften zusätzliches Einkommen aus Arbeiten für andere landwirtschaftliche Betriebe und aus der Direktvermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Es ist zu erwarten, dass landwirtschaftliche Betriebe aufgrund ihrer Maschinen- und Personalausstattung verstärkt Dienstleistungen für die Kommunen erbringen, wie die Landschaftspflege oder das Schneeräumen im Winter. 8. Welche Entwicklung wird in Rheinland-Pfalz für die nächsten Jahre und Jahrzehnte im Zuge des demografischen Wandels hinsichtlich der Struktur und Arbeitsweisen landwirtschaftlicher Betriebe erwartet? Aufgrund des Strukturwandels in der Landwirtschaft werden einerseits größere Betriebe entstehen, die dauerhaft Fremdarbeitskräfte beschäftigen, bzw. Betriebszusammenschlüsse. Durch diese Strukturen wird es möglich, dass sich die Arbeitsbedingungen für die Einzelnen verbessern, da Vertretungsregelungen möglich sind. Darüber hinaus werden sich die bäuerlichen Betriebe im Zuge des demografischen Wandels verstärkt an nachhaltigen Wirtschaftsweisen orientieren – unabhängig davon, ob sie ökologisch oder konventionell wirtschaften, ob sie groß (flächenstark) oder klein (flächenarm) sind. Das Ziel Ressourcenschonung wird die Arbeitsweisen über alle Betriebsformen hinweg prägen, da es sowohl ökologisch wie ökonomisch sinnvoll und ethisch am ehesten gerechtfertigt ist. Nicht zuletzt muss die Landwirtschaft als größter Flächennutzer bei der Bewirtschaftung des knappen Gutes „Boden“ auch in Zukunft mit gutem Beispiel vorangehen, diese nicht vermehrbare natürliche Lebensgrundlage zu schonen und im Einklang mit den weiteren natürlichen Ressourcen zu bewahren. 9. Welche Entwicklung wird in Rheinland-Pfalz für die nächsten Jahre und Jahrzehnte im Zuge des demografischen Wandels hinsichtlich der landwirtschaftlichen Einkommenspotenziale erwartet? Im Inland wie auch in den Ländern der Europäischen Union wird die Nachfrage nach landwirtschaftlichen Produkten wegen einer zurückgehenden Bevölkerungszahl sinken; sie wird allerdings bedingt durch die Zunahme der Weltbevölkerung sowie zunehmenden Wohlstand in den Schwellenländern in anderen Teilen der Welt steigen. Jüngste Prognosen gehen davon aus, dass im Jahr 2050 weltweit 10 Milliarden Menschen zu ernähren sind (heute 7 Milliarden). Die Preise für Agrarprodukte werden auf einem zunehmend liberalisierten Weltmarkt stärker schwanken als bisher, aber tendenziell steigen. Gleichzeitig werden sich die Kosten für Boden, Technik und Energie erhöhen. Insgesamt wird es unabhängig von Betriebsform und -größe auf die Wertschöpfung ankommen . Insgesamt werden die gut organisierten Betriebe in Rheinland-Pfalz kostendeckende Preise erzielen und auskömmliche Einkommen erwirtschaften können, wenn sie – ihre Produktion der Nachfrage nach nachhaltig erzeugten Produkten mit hoher Qualität, auch in der Gemeinschaftsverpflegung , anpassen, – die Möglichkeiten zu Qualifizierung, Zusammenarbeit und qualitativem Wachstum nutzen, – den technischen Fortschritt, die Steigerung der Effizienz und der eingesetzten ökologischen Ressourcen sowie – die gegebenen Potenziale am jeweiligen Standort zu Leistungs- und Qualitätssteigerungen bzw. zur Diversifizierung nutzen, – sich aktiv in die nachhaltige Produktion von Energie und damit verbundene Dienstleistungen einbringen. Dabei wird es entscheidend darauf ankommen, dass die Betriebsleiter und Betriebsleiterinnen und die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen mit einer erstklassigen Ausbildung in die Landwirtschaft einsteigen und das Gebot des lebenslangen Lernens beherzigen . Zudem gilt es, politisch auf der europäischen Ebene eine ausreichende Ausstattung des Agrarhaushaltes zu erreichen und insbesondere die gesellschaftlichen Leistungen der Landwirtschaft mit guten Programmen zu unterstützen. Allerdings ist für die nächste Förderperiode absehbar, dass aufgrund der Erhöhung der Zahl der EU-Mitglieder die staatlichen Transferleistungen einschließlich der Direktzahlungen angesichts der enger werdenden finanziellen Spielräume sinken werden. Zudem hat die Bundesregierung mit der Kürzung der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz bewirkt, dass in RheinlandPfalz alleine in diesem Bereich 10 Mio. Euro plus zusätzliche Kofinanzierung fehlen. Drucksache 16/1738 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 8 10. Welche Entwicklung wird in Rheinland-Pfalz für die nächsten Jahre und Jahrzehnte im Zuge des demografischen Wandels hinsichtlich der Nachfrage nach landwirtschaftlicher Produktion und Dienstleistung und der landwirtschaftlichen Tätigkeitsprofile erwartet ? Die mengenmäßige Nachfrage wird aufgrund einer zurückgehenden Bevölkerungszahl sinken. Die Verbraucher in Rheinland-Pfalz werden in den kommenden Jahren und Jahrzehnten verstärkt hochwertige Lebensmittel aus artgerechter Tierhaltung und nachhaltiger Produktion nachfragen. Sie erwarten von der Landwirtschaft Transparenz, Schutz der Biodiversität und der weiteren natürlichen Lebensgrundlagen (Boden, Wasser, Luft) sowie die Erhaltung einer attraktiven Kulturlandschaft, aber auch deutliche Beiträge zur Bewältigung des Klimawandels, der Energiewende und der ressourcenschonenden Wirtschaftsweisen. Landwirte und Winzer werden also nach unternehmerischen Gesichtspunkten entscheiden müssen, ob sie auf Basis der EU-weit geltenden Umwelt- und Tierschutzstandards für den Weltmarkt produzieren oder sich auf Diversifizierung, Regionalvermarktung, erneuerbare Energien oder besondere Qualitäten spezialisieren. Die Landesregierung unterstützt besonders die Entwicklungsbereiche , in denen bessere Wertschöpfungen und Nachhaltigkeit zu erwarten sind. 11. Welche Entwicklung wird in Rheinland-Pfalz für die nächsten Jahre und Jahrzehnte im Zuge des demografischen Wandels hinsichtlich des Umfangs, der Art und Schwerpunkte landwirtschaftlicher Produktion erwartet? Bezüglich der erwarteten Entwicklungen von Umfang, Art und Schwerpunkten landwirtschaftlicher Produktion wird auf die Antworten zu den Fragen 5 und 7 verwiesen. 12. Worin sieht die Landesregierung die hauptsächlichen Auswirkungen des demografischen Wandels im Bereich der Landwirtschaft für das Land und seine Regionen? Die rheinland-pfälzische Landwirtschaft hat die Kulturlandschaft und damit die Basis für den Tourismus im Land geprägt und wird dies auch in den kommenden Jahren und Jahrzehnten tun. Durch sich verknappende Ressourcen, zunehmende Probleme der Ernährungssicherheit, stärkere Gesundheitsorientierung, sich verändernde Konsumgewohnheiten und zunehmende Sensibilisierung der Verbraucher für die öffentlichen Leistungen von Landwirtschaft und Weinbau wird auch ihre Wertschätzung für Landwirtschaft und Weinbau zunehmen und der Agrarsektor auch in Zukunft ein hohes Ansehen bei der Bevölkerung genießen. Dies sollte sich ebenso auf die Einkommen und Arbeitsplätze im ländlichen Raum auswirken. Da sich die Landwirtschaft verändert, wird die Branche neue Formen des Dialogs und der Kommunikation entwickeln müssen, um das weitgehend gute Image auch in Zukunft pflegen zu können. 13. Welche Herausforderungen bestehen für die Landwirtschaftspolitik in Rheinland-Pfalz vor dem Hintergrund des demografischen Wandels? Die Landwirtschaftspolitik ist der Politikbereich, der wie kein anderer durch EU-Vorgaben, aber auch durch bundespolitische Rahmenbedingungen bestimmt ist. Die derzeit diskutierte Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) für die Zeit nach 2013 trägt auch den Belangen des demografischen Wandels Rechnung, indem die Qualitäts-, Nachhaltigkeits- und Transparenzziele in den Vorschlägen besonders betont und mit entsprechenden Maßnahmenvorschlägen, z. B. dem Greening, hinterlegt werden. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten von den landwirtschaftlichen Betrieben im Land eine hohe Produktqualität, umweltfreundliche Wirtschaftsweisen, den Schutz von Biodiversität, klima- und artgerechte Tierhaltung sowie den Erhalt von Arbeitsplätzen . Die Landwirtschaftspolitik muss darauf abzielen, dass die Betriebe diese Erwartungen erfüllen können. Eine wichtige Rolle spielt hier ein gutes System von Ausbildung, Beratung und Versuchswesen. Hier wird es darauf ankommen, die Beratung weiter zu verbessern und die Beratungsangebote auf die neuen Anforderungen auszurichten. Vorteilhaft aus Sicht der Landesregierung ist zudem, dass die Berufsschulen Agrarwirtschaft an den DLR angesiedelt sind. 14. Wie wird die Landwirtschaft im demografischen Wandel ihre Rolle als Wirtschafts-, Erwerbs- und Beschäftigungsfaktor ausfüllen? Welche Aufgaben sind damit verbunden? Moderne landwirtschaftliche Betriebe sind wichtige Teile im Netzwerk für die ländlichen Räume und die nachhaltige Tragfähigkeit dieser Räume. Als besonders kapitalintensive Unternehmen spielen sie eine wichtige, weit über ihren originären Anteil an der Bruttowertschöpfung des Landes hinausgehende Rolle. So schaffen Landwirte Nachfrage nach Betriebsmitteln, Agrartechnik, Bauleistungen , Kapital- und anderen Dienstleistungen, die häufig in der jeweiligen Region bedient wird. Gleichzeitig sorgt der Absatz der Produkte für Wertschöpfung, wobei diese umso höher ist, je mehr Verarbeitungs- und Vermarktungsschritte in dieser Region verbleiben. Neben einer stärkeren Rolle im Zusammenhang mit der Verbesserung der Ernährung, auch im Rahmen der Gemeinschaftsverpflegung , bietet die Energiewende viele Chancen für die Landwirtschaft, wenn es gelingt, diese dezentral und mit hohem Nutzen für die ländlichen Räume auszurichten. Hinzu kommen die mittelbaren Effekte einer funktionierenden Landwirtschaft für den regionalen Tourismus (Kulturlandschaft) und den Erhalt ländlicher Traditionen. 15. Wie wird die Landwirtschaft im demografischen Wandel ihren Aufgaben der Versorgung mit besten Nahrungsmitteln, nachwachsenden Rohstoffen und erneuerbaren Energien und der landespflegerischen und touristischen Dienstleistungen gerecht werden? Gut ausgebildete Landwirte in modern aufgestellten Betrieben, die Umwelt- und Tierschutz in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellen, die die angebotenen Aus-, Fort- und Weiterbildungsangebote und die Beratungsangebote nutzen, werden den Herausforderungen , die sich ihnen stellen, gut gewachsen sein. Wichtig ist, dass sich die Landwirtschaft auch auf die durch den demografi- Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/1738 9 schen Wandel verursachte Änderung der Nachfrage einstellt. So kann die Produktion und Vermarktung höherwertiger Produkte, aber auch die Diversifizierung der Produktion, die den sich ändernden Ansprüchen der Verbraucher gerecht wird, die sinkende Nachfrage nach Massenprodukten mehr als ersetzen (Vgl. hierzu auch die Antwort auf Frage 10). 16. In welcher Rolle sieht die Landesregierung das Land, die Kommunen, die Landwirtschaft und die Verbraucher selbst im Prozess der Vorbereitung auf den demografischen Wandel in Rheinland-Pfalz? Das Land unterstützt die Landwirtschaft dabei, die Herausforderungen des demografischen Wandels zu bestehen. Zu den Handlungsfeldern zählen – die Schaffung eigener Rahmenbedingungen bzw. die Mitwirkung bei der Ausgestaltung der Rahmenbedingungen auf Bundesund EU-Ebene, – die Sicherung einer guten Aus- und Weiterbildung, Versuchswesen und Forschung, – das Angebot an maßgeschneiderten Fördermaßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur (z. B. Bodenordnung), der einzel- betrieblichen Situation (z. B. Investitionsförderung), der Qualitätserzeugung und -vermarktung (z. B. Agrarmarketing), der Regionalität und des ländlichen Raums (z. B. Integrierte Ländliche Entwicklung, ILE, im Rahmen des ländlichen EntwicklungsProgramms Agrarwirtschaft, Umweltmaßnahmen, Landentwicklung – PAUL), – die Einbeziehung der Landwirtschaft in die Energiewende und kommunale Dienstleistungen. In Bezug auf die kommunale Seite hält die Landesregierung insbesondere partizipatorische Ansätze nach dem „Bottom-up-Prinzip“ für erfolgversprechend. Das heißt, dass die Dorfinnenentwicklung nur unter aktiver Beteiligung der Bewohner erfolgreich gefördert werden kann. Darüber hinaus sind die Kommunen gefordert, im Bereich der Dorfentwicklung dafür zu sorgen, dass der Flächenfraß nicht weiter zunimmt und Nutzungskonflikte zwischen Landbewirtschaftung und den anderen Funktionen pragmatisch gelöst werden. Bei den Anstrengungen zum Erhalt der Grundversorgung im ländlichen Raum kann die Landwirtschaft einen erheblichen Beitrag leisten, das gilt insbesondere für die Bereiche Direktvermarktung, Regionalinitiativen und regionale Wertschöpfungsketten . Die Landwirtschaft ist gefordert, sich aktiv an der Erhaltung der dörflichen Infrastruktur (Erhaltung der Dorfkerne, ehrenamtliches Engagement im politischen und kulturellen Leben) zu beteiligen und den Dialog mit den Verbrauchern vor Ort zu suchen. Viele Verbraucherinnen und Verbraucher sind auch heute schon bereit, für hochwertige, umwelt- und tiergerecht erzeugte Lebensmittel und Dienstleistungen angemessene Preise zu bezahlen. Diese Bereitschaft wird weiter steigen, wenn Erzeugungs- und Vermarktungswege transparent gemacht werden. Eine bessere Ernährungsbildung wird die Wertschätzung von landwirtschaftlichen Produkten und Lebensmitteln steigern und ein besseres Verständnis zur Folge haben. Rücksicht aufeinander und gegenseitiges Verständnis für die Bedürfnisse der Verbraucher einerseits und für die Anforderungen an eine moderne Landwirtschaft andererseits können am besten auf lokaler, kommunaler Ebene entwickelt und geübt werden. 17. Inwiefern hält es die Landesregierung vor diesem Hintergrund für gerechtfertigt, nicht die Infrastruktur der konventionellen Landwirtschaft zur Bewältigung des Strukturwandels hinreichend zu stärken, sondern entsprechende Schwerpunkte durch einseitige Sparmaßnahmen zu Gunsten von Ökologisierung und Regionalisierung zu schwächen (Haushaltsplan 2012/2013)? Die Landesregierung nimmt die Herausforderungen des demografischen Wandels, insbesondere auch in den ländlichen Regionen, an. So unterstützt und begleitet sie die Betriebe im Strukturwandel und beteiligt sich intensiv an der Stärkung des Vertrauens der Verbraucherinnen und Verbraucher in die bäuerliche Landwirtschaft. Chancen für die Landwirtschaft und den Weinbau als strategischer und multifunktionaler Sektor der Zukunft liegen in der Ökologisierung , tiergerechten Erzeugung und Regionalisierung. Das belegen zahlreiche Studien, vor allem aber das sichtbar veränderte Nachfrageverhalten der Verbraucher, welches sich nicht zuletzt in der Anpassung des Angebotes im Lebensmitteleinzelhandel widerspiegelt. Diese Chance zu ergreifen, schwächt nicht unsere Landwirtschaft, sondern dient der Anpassung an sich ändernde Märkte. Unabhängig davon unterstützt die Landesregierung, wie im Koalitionsvertrag für die 16. Legislaturperiode vereinbart, gleichermaßen die hochwertige konventionelle Land- und Weinwirtschaft, den ökologischen Land- und Weinbau, umweltbezogene Leistungen im Agrarbereich und die Entwicklung der ländlichen Räume. Vor diesem Hintergrund ist die Anpassung und Weiterentwicklung der agrarpolitischen Ausrichtung notwendig, zumal die Fördermaßnahmen (vgl. Antwort zu Frage 16) bis auf wenige Ausnahmen völlig unabhängig von der Produktionsweise angeboten und ausgereicht werden. 18. Welche Herausforderungen bestehen politisch konkret a) für die Stärkung der Marktposition der Landwirtschaft? Die Marktposition der Landwirtschaft hängt in hohem Maße von der EU-Agrarpolitik und den Ergebnissen der GAP-Reform ab. Eine politische Ausrichtung unserer Landwirtschaft auf eine Rolle als billiger Rohstofflieferant für die Weltmärkte schwächt in hohem Maße die Marktposition der Bauern und Bäuerinnen. Landwirte müssen unternehmerisch denken, ihre Produktion als Marktteilnehmer nachfrageorientiert ausrichten und dabei nachhaltig wirtschaften. Dabei ist insbesondere auch die Ent- Drucksache 16/1738 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 10 wicklung von Überproduktionen wie im Milchbereich und entsprechender Preisdruck kontraproduktiv für die betriebliche Entwicklung. Die Landesregierung setzt sich bei der GAP-Reform für Rahmenbedingungen ein, die eine moderne mittelständische bäuerliche Landwirtschaft und den Erhalt von Arbeitsplätzen in Rheinland-Pfalz stärken und Arbeitskraftfaktoren berücksichtigen. Die Nachfrage der Verbraucher nach hochwertigen Lebensmitteln und umwelt- und tierschutzgerechter Produktion bietet angesichts der strukturellen Verhältnisse Chancen. Dazu sollten sie auch die Synergieeffekte durch Bildung von Betriebsgemeinschaften nutzen. Zur Stärkung der Marktposition der Landwirtschaft sind die Fördermöglichkeiten angesichts der neuen Rahmenbedingung auf EU- und Bundesebene so weiterzuentwickeln, dass Investitionsvorhaben und Vermarktungskonzepte auf einzelbetrieblicher und auf Branchenebene zielführend unterstützt werden können. Dies gilt insbesondere für die Stärkung der Qualitätserzeugung , der regionalen Vermarktung sowie für den ökologischen Landbau. b) für die Förderung der überbetrieblichen Zusammenarbeit? Aufgrund des demografischen Wandels erhält die überbetriebliche Zusammenarbeit (z.B. Erzeugergemeinschaften, Maschinenringe , Betriebsgemeinschaften, Ausbildungsverbünde) eine zunehmende Bedeutung. Neben den klassischen Förderinstrumenten ist insbesondere ein Erhalt der rechtlichen Rahmenbedingungen (z.B. Marktstrukturgesetz) erforderlich, um die Position der Landwirte zu sichern und zu stärken. c) für die Förderung der Junglandwirte? Die Förderung der Junglandwirte darf nicht auf eine reine Investitionsförderung reduziert werden. Im Rahmen des demografischen Wandels ist beispielsweise mit einer Verschärfung der Konkurrenz um Fachkräfte zu rechnen. Eine zukunftsorientierte Förderung der Junglandwirtinnen und -landwirte und junger Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beginnt bei attraktiven Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten und schließt bedarfsgerechte Angebote zur Entwicklung landwirtschaftlicher Betriebe ein. Die Forderung der deutschen Landjugend nach Wiedereinrichtung des früheren Qualifikationsfonds ist zu unterstützen . d) für die Förderung landwirtschaftlicher Infrastrukturmaßnahmen? Der durch den demografischen Wandel bedingte Rückgang der Bevölkerung im ländlichen Raum wie auch der durch den Strukturwandel begründete Rückgang der Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe hat Konsequenzen für die zur Flächenbewirtschaftung erforderlichen landwirtschaftlichen Infrastrukturen, insbesondere das landwirtschaftliche Wegenetz. Die Flächenausstattung der verbleibenden Betriebe wird zunehmen. Damit wird auch die Entfernung zu den zu bewirtschaftenden Flächen deutlich zunehmen. Die Erschließung dieser Flächen ist neu zu ordnen. Es werden in Zukunft einerseits weniger Wege benötigt werden, die aber andererseits gemarkungsübergreifende Erschließungsfunktionen übernehmen und die entsprechend geeignet sein müssen. Die Landesregierung hat hierfür eine Konzeption eines gemarkungsübergreifenden Wegenetzes erarbeitet, die die Förderung priorisieren soll. Durch ein solches Wegenetz wird eine flächendeckende Landbewirtschaftung gesichert, die zur Erhaltung der Kulturlandschaft beiträgt. Damit wird nicht nur ein Beitrag zur Unterstützung der Landwirtschaft geleistet. Von einem solchen Wegenetz profitiert der gesamte ländliche Raum, insbesondere auch der ländliche Tourismus. e) für die Förderung von Maßnahmen der Dorferneuerung? Mit der Förderung von Maßnahmen der Dorferneuerung gilt es, aufbauend auf den Erfahrungen in den Gemeinden im ländlichen Raum, demografiegerechte Entwicklungen zu unterstützen. Dorfentwicklungskonzepte müssen insofern alle demografierelevanten Aspekte (z. B. Grundversorgungseinrichtungen, Beschäftigungsmöglichkeiten, altersgerechte Infrastrukturen, soziale und kulturelle Einrichtungen) erfassen. So wird im Zuge des demografischen Wandels die Zahl ländlicher Kommunen anwachsen, in denen kein Geschäft zur Nahversorgung mit Lebensmitteln mehr existiert. Um die dörflichen Strukturen zu sichern oder weiterzuentwickeln, sind gezielt Maßnahmen vorzusehen, die der Verbesserung kommunaler Infrastrukturen und der Siedlungsentwicklung im Dorfinnenbereich dienen. Dazu gilt es, die interkommunale Zusammenarbeit weiter zu verstärken, um eine Vernetzung kommunaler Aktivitäten zu erreichen . Gleichzeitig gilt es, die lokalen Akteure und Menschen vor Ort für diese Entwicklungsprozesse zu gewinnen. f) für die Förderung der Flurbereinigung? Die ländliche Bodenordnung bleibt ein wichtiges Instrument zur nachhaltigen Entwicklung landwirtschaftlicher Betriebe, zur Verbesserung kommunaler Infrastrukturen und im Dorfinnenbereich zur Siedlungsentwicklung. Darüber hinaus unterstützt sie durch ein effizientes Flächenmanagement Maßnahmen zum Erhalt der Kulturlandschaft, zur Verbesserung der ökologischen Situation bis zu Aktivitäten, die der Einführung und Nutzung alternativer Energien dienen oder zum Flächenmanagement für den ländlichen Tourismus. Die Zahl der neu anzuordnenden Verfahren wird allerdings begrenzt werden müssen. Dabei sind neben den finanziellen auch die personellen Ressourcen zu berücksichtigen. Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/1738 11 g) für die einzelbetriebliche Investitionsförderung? Die Entwicklungen setzen kontinuierliche Anpassungen in den Betrieben voraus. Die Nutzung von Innovationen und neuen Technologien werden wichtiger werden. Das Agrarinvestitionsförderungsprogramm gilt es umzugestalten und qualitativ weiterzuentwickeln , gerade um ressourcenschonende Maßnahmen sowie Maßnahmen, die verstärkt Aspekte des Tierschutzes und tierartgerechte Haltungsverfahren berücksichtigen, zu unterstützen. Eine Förderung industrieller Massentierhaltung soll ausgeschlossen sein, um eine umweltgerechtere Landbewirtschaftung sicherzustellen. Die Mittel werden zukünftig gezielter in dem oben genannten Sinne eingesetzt werden. Die Möglichkeiten zur Einkommensdiversifizierung und Qualitätserzeugung in den landwirtschaftlichen Betrieben werden insbesondere in den kleineren Betrieben eine zunehmende Rolle spielen. Hier können auch spezielle demografische Angebote zur Schaffung zusätzlicher Einkommensmöglichkeiten beitragen (z. B. Kinder- und Altenbetreuung, zusätzliche hauswirtschaftliche Dienstleistungen, Gemeinschaftsverpflegung usw.). Die so weiterentwickelte einzelbetriebliche Investitionsförderung bleibt daher ein wichtiges Förderinstrument des Landes. h) für die Gestaltung von Bildung und Ausbildung? Bildung und Ausbildung sind wichtige Grundlagen für die Bewältigung des Strukturwandels in der Agrarwirtschaft wie auch des demografischen Wandels. Die Ausbildung muss die künftigen Betriebsleiter und Betriebsleiterinnen auf ihre Aufgaben als Unternehmer und Unternehmerinnen vorbereiten und sie gleichzeitig für eine umwelt- und tiergerechte Wirtschaftsweise sensibilisieren . Sie muss außerdem die Fähigkeiten und die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen vermitteln. Zudem kommt der Ausbildung von landwirtschaftlichen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, insbesondere auch von Frauen und jungen Menschen mit nicht-landwirtschaftlichem Hintergrund, eine besondere Bedeutung zu. i) für die landwirtschaftliche Beratung? Die landwirtschaftliche Beratung ist von großer Bedeutung und muss die beschriebenen neuen Herausforderungen für den Agrarbereich aufgreifen und Bauern und Bäuerinnen bei der heutigen raschen Entwicklung der Technik, des Klimawandels, Kooperationsformen, Logistik, Marktentwicklungen, Informationen, neuen Bewertungen und Auswirkungen z. B. von Pflanzenschutzmitteln, Erkenntnisse auf dem Gebiet der nachhaltigen Erzeugung zeitnah entwickeln und vermitteln. Zudem muss weiterhin gewährleistet sein, dass Basisbausteine von staatlichen Strukturen bereitgestellt werden (z. B. Wetterdaten und Pflanzenschutzempfehlungen). Informationen zur betriebsindividuellen Optimierung können dagegen auch von privaten Anbietern, die das Land im Einzelfall fördern kann, bereitgestellt werden. j) für die Förderung landwirtschaftlicher Verbände und Körperschaften? Die landwirtschaftlichen Verbände sind wichtige Organisationen zur Unterstützung des Berufsstands und werden es auch in Zukunft bleiben. Allerdings stehen auch sie vor der Herausforderung, sich den geänderten Rahmenbedingungen in Form sinkender Mitgliederzahlen, dadurch zurückgehender Aufgaben und sinkender Steuereinnahmen anzupassen. Die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz wird im Rahmen dieser Entwicklungen für ihre satzungsgemäßen Aufgaben und delegierte hoheitliche Aufgaben unterstützt und ist ein bewährter Partner des Landes. Auch die Arbeit der Landfrauen, der Gewerkschaften und anderer Verbände im Agrar- und Ernährungsbereich hat eine große Bedeutung für die Landesregierung. k) für die landwirtschaftliche Forschung? Die landwirtschaftliche und weinbauliche Forschung des Landes arbeitet im Kontext der Anstrengungen auf Bundesebene und der Maßnahmen in anderen Ländern, um Synergieeffekte zu nutzen und Kosten zu optimieren. l) für die landwirtschaftliche Alterssicherung? Die landwirtschaftliche Alterssicherung ist Teil des auf vier Säulen beruhenden agrarsozialen Sicherungssystems, das aus der Landwirtschaftlichen Krankenversicherung, der Alterskasse, der Pflegeversicherung und der Unfallversicherung besteht. Die Gesetzgebungs- und Finanzierungskompetenz ist eine bundespolitische Aufgabe; zwei Drittel des Haushaltes des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) entfallen auf die agrarsoziale Sicherung (von den Bundeshaushaltsmitteln für die Agrarsozialpolitik werden mit 2,9 Mrd. € jährlich rd. 80 v. H. für die Alterssicherung verwendet ). Die Landesregierung setzt sich dafür ein, dass die in Rheinland-Pfalz vorhandenen Dienstsitze, Arbeitsstellen und örtliche Betreuung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer erhalten bleiben. 19. Welches politische Handlungskonzept verfolgt die Landesregierung zur Bewältigung der demografischen Herausforderungen und zur Zukunftssicherung der Landwirtschaft? Welche Ziele liegen dem zugrunde? 20. Welche konkreten Maßnahmen werden bereits ergriffen? 21. Welche sind für welche Zeitpunkte oder Zeiträume geplant? 22. Wie ist der Stand der Vorbereitung oder Umsetzung? 23. Was leisten die betroffenen Maßnahmen und vorliegenden Planungen? 24. Welche offenen Fragen und Probleme bestehen noch? 25. Welche Maßnahmen müssen hierfür noch vorbereitet bzw. ergriffen werden? (Die Fragen 19 bis 25 werden als thematische Einheit begriffen und entsprechend beantwortet.) Drucksache 16/1738 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 12 Der demografische Wandel führt auf regionaler und europäischer Ebene einerseits und globaler Ebene andererseits zu unterschiedlichen Entwicklungen und damit Anforderungen an die Landwirtschaft. Weltweit wachsen die Bevölkerung und die Nachfrage nach Nahrungsmitteln. Insofern bleibt die Ernährungssicherung in diesem Kontext eine wichtige Aufgabe der Landwirtschaftspolitik . In Rheinland-Pfalz, wie auch insgesamt auf dem europäischen Kontinent, müssen wir dagegen von einem Bevölkerungsrückgang und gleichzeitig von einer Änderung der Bevölkerungsstruktur ausgehen. Dies bedeutet für die Landwirtschaftspolitik in Rheinland -Pfalz, dass sie sich auf unterschiedliche Nachfrageentwicklungen und geteilte Märkte einstellen muss. So wird die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Erzeugnissen in Schwellenländern zunehmen. In Rheinland-Pfalz werden hingegen die Verbraucher verstärkt Nahrungsmittel nachfragen, die besondere Qualitätsmerkmale (z. B. Herkunft, Produktionsverfahren, für kleine Haushalte geeignete Portionsgrößen und Aufbereitungen) aufweisen. Hierfür werden die Verbraucher auch bereit sein, höhere Preise zu zahlen. Die landwirtschaftlichen Betriebe sowie die Verarbeitungs- und Vermarktungsunternehmen werden diese Trends aufgreifen. Es werden sich insofern verschiedene Wertschöpfungsketten herausbilden. Landwirtschaftspolitik muss diesen parallel verlaufenden Entwicklungen gerecht werden. Die Landesregierung verfolgt in der Demografiepolitik einen zweigeteilten strategischen Ansatz: zum einen den demografischen Wandel so weit wie noch möglich zu beeinflussen, zum anderen die Auswirkungen des demografischen Wandels aktiv zu gestalten . Wir wollen einerseits – gemeinsam mit allen anderen Akteurinnen und Akteuren – auch in Zukunft darauf hinwirken, dass sich mehr Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer ihren Wunsch nach Kindern erfüllen und dass Familien gerne zu uns kommen und hier auf Dauer leben wollen. Und wir werden andererseits die Rahmenbedingungen in allen Politikfeldern so weiterentwickeln , dass die Menschen auch in Zukunft überall in Rheinland-Pfalz gut leben können. Weil der demografische Wandel Auswirkungen auf alle Lebensbereiche hat, werden alle neuen Landesgesetze und -verordnungen in Rheinland-Pfalz einem sogenannten „Demografiecheck“ unterzogen. Dabei wird überprüft, inwieweit sie die Bevölkerungs- und Altersentwicklung berücksichtigen und ob sie auf den demografischen Wandel in angemessener Art und Weise reagieren. Bei ihrer Demografiepolitik konzentriert sich die Landesregierung auf vier Themenblöcke: 1. Unter der Überschrift „Generationen, Miteinander, Vielfalt“ geht es uns um die unterschiedlichen Generationen und ihre Bedürfnisse, um ein neues Miteinander auch zwischen den Generationen, um die Besonderheiten und Vorteile einer vielfältigen Gesellschaft. 2. Unter den Stichworten „Landesplanung, ländliche Räume, Daseinsvorsorge“ wollen wir eine leistungsfähige, aber bezahlbare Infrastruktur auch in ländlichen Räumen erreichen, bedarfsgerechte Wohnangebote und eine wohnortnahe, gute Gesundheitsund Pflegeversorgung. 3. Wir werden außerdem in einem Block „Bildung, Arbeit und Wirtschaft“ zum Beispiel dafür sorgen, dass alle Menschen in allen Regionen des Landes die Chance auf ein gute Bildung und Arbeit haben und dass die Unternehmen im Land die Fachkräfte bekommen, die sie für ihren Erfolg brauchen. 4. Außerdem wollen wir mit einem weiteren Schwerpunkt „Staat, Verwaltung, Soziale Sicherung“ klar machen: Wir brauchen auch in Zukunft – unter den Bedingungen des demografischen Wandels – einen Staat, der seinen Bürgerinnen und Bürgern gute und sichere Lebensbedingungen bieten kann. Wir brauchen angesichts einer zurückgehenden und alternden Bevölkerung neue Ansätze für eine bürgernahe Verwaltung und wir brauchen demografiefeste soziale Sicherungssysteme. Das Thema Landwirtschaft kommt vorrangig in den Themenblöcken 2 und 3 zum Tragen. Einen Überblick über die Demografiepolitik der Landesregierung und wesentliche Maßnahmen zu den genannten Themenblöcken gibt die Internetseite www.demografie.rlp.de. Die Weichen für die Entwicklung der Landwirtschaft und des ländlichen Raumes in Rheinland-Pfalz werden im Ländlichen Entwicklungsprogramm PAUL gestellt, das ab 2014 auf der Grundlage des ELER-Fonds in einen gesamtstrategischen Rahmen (GSR) mit den EU-Strukturfonds des EFRE und des ESF eingebunden wird. Zur Vorbereitung der nächsten Förderperiode hat das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten (MULEWF) Ende September eine „Gemeinsame sozioökonomische Analyse einschließlich SWOT-Analyse zur Vorbereitung der Ex-ante Evaluierung zur Programmierung der Operationellen Programme des EFRE und ELER in Rheinland-Pfalz in der Förderperiode 2014 – 2020 und eine regionale Innovationsstrategie zur Intelligenten Spezialisierung“ in Auftrag gegeben. Auf deren Basis sollen die weiteren Diskussionen gerade auch mit den Wirtschafts- und Sozialpartnern zur Ausgestaltung der operationellen Programme der neuen EU-Förderperiode geführt werden. Für das neue ELER-Entwicklungsprogramm sind hierzu drei Projektgruppen geplant, zu denen Anmeldungen bereits eingingen. Derzeit laufen auf EU- und Bundesebene verschiedene Abstimmungen. Diese reichen von der Diskussion zur mittelfristigen Finanzplanung der EU, zu den Kommissionsvorschlägen, zu den strukturpolitischen Verordnungen über die nationale Partnerschaftsvereinbarung zur Umsetzung dieser strukturpolitischen Programme bis hin zur Weiterentwicklung der Fördergrundsätze der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK)“. Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/1738 13 Das MULEWF geht davon aus, dass sich bis Ende des Jahres die Rahmenbedingungen konkretisiert haben, sodass in den Projektgruppen die Diskussionen zur Ausgestaltung des neuen ELER-Entwicklungsprogramms vorangetrieben werden können. Das Programm soll parallel und damit schrittweise hierzu erarbeitet werden. Die Landesregierung strebt hierbei eine enge Abstimmung auch mit anderen EU-Programmen und nationalen Initiativen an. Insgesamt ist eine Stärkung der lokalen und regionalen Ebene und des Partnerschaftsprinzips durch Einbindung lokaler und regionaler Akteure, Sozial- und Umweltpartner sowie der Zivilgesellschaft geplant. Die aktuellen Maßnahmen des Entwicklungsprogramms PAUL wurden einer Halbzeitbewertung unterzogen, die die positiven Wirkungen der verschiedenen Maßnahmen belegt. Die Wirkung der evaluierten Maßnahmen reichen von der Schaffung sicherer Arbeitsplätze bis hin zur Verbesserung der Biodiversität. Die komplette Halbzeitwertung kann auf der Webseite www.eler-paul.rlp.de eingesehen werden. Auch das neue ELER-Entwicklungsprogramm soll einer Bewertung unterzogen werden. Hierzu soll die Exante-Bewertung extern vergeben werden, um eine ziel- und bedarfsorientierte Unterstützung in der Landwirtschaft und des ländlichen Raums zu sichern. In diesem Zusammenhang ist auch eine strategische Umweltplanprüfung unter Beteiligung der Öffentlichkeit vorgesehen. Aktuell sind insbesondere auf europäischer Ebene viele Fragen offen, die für die Ausgestaltung der rheinland-pfälzischen Programme für die Förderprogramme 2014 bis 2020 maßgeblich sind. So sollen erst Ende 2012 die Verhandlungen zur mittelfristigen Finanzplanung der EU abgeschlossen werden. Erst danach besteht Klarheit über die verfügbaren Mittel in Rheinland-Pfalz. Auch die laufenden Verhandlungen zwischen Bund und Ländern im Bereich der GAK beeinflussen das künftige ELER-Entwicklungsprogramm nicht unerheblich. Die GAK wird auch künftig für die ELER-Entwicklungsprogramme Deutschland eine wesentliche nationale Kofinanzierungsquelle sein. Für die Programmerstellung selbst sind sowohl auf europäischer wie auf nationaler Ebene in den nächsten Monaten noch zahlreiche Entscheidungen erforderlich. Zum einen muss nach der Verabschiedung der entsprechenden Verordnungstexte die nationale Partnerschaftsvereinbarung zwischen Bund und Ländern auf der einen Seite und der Europäischen Kommission auf der anderen Seite getroffen werden. Unter der Voraussetzung, dass die wesentlichen Entscheidungen (z. B. Finanzvolumen) auf europäischer wie nationaler Ebene bis Ende des Jahres getroffen sind, soll das ELER-Entwicklungsprogramm vom MULEWF bis Mitte 2013 erarbeitet und dann schnellstmöglich im Ministerrat beraten und mit der europäischen Kommission besprochen werden. Bei der Programmerstellung werden – wie bereits ausgeführt – zahlreiche Anhörungen bzw. Beteiligungen der Wirtschafts- und Sozialpartner erfolgen. Ulrike Höfken Staatsministerin