Drucksache 16/1830 29. 11. 2012 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Ulrich Steinbach (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t der Vertretung des Landes Rheinland-Pfalz beim Bund und bei der Europäischen Union und des Ministeriums für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung Auswirkungen der Reform der Bankenaufsicht Die Kleine Anfrage 1190 vom 8. November 2012 hat folgenden Wortlaut: Zur Bekämpfung der europäischen Banken-, Schulden- und Wirtschaftskrise wurde die Euro päische Kommission beauftragt, eine Reform der Bankenaufsicht zu erarbeiten und vorzulegen. Allgemein unstrittig ist, dass es erforderlich ist, einen einheitlichen Aufsichtsrahmen für alle Banken in Europa zu schaffen. Laut Medienberichterstattung ist geplant, die Aufsicht über alle Bankinstitute bei der Euro päischen Zentralbank (EZB) anzusiedeln. Danach soll geregelt werden, dass die EZB alle Banken überwacht. Demgegenüber haben sich vor allem Vertreterinnen und Vertreter der Kreissparkassen, der Volks- und Raiffeisenbanken und auch der deutschen Kontrollbehörde BaFin dafür ausgesprochen, lediglich die sogenannten systemrelevanten Banken durch die EZB überwachen zu lassen. Auch Vertreterinnen und Vertreter der Länder haben sich kritisch zur Initiative der Kommission geäußert. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Teilt die Landesregierung die Vorschläge der Europäischen Kommission? 2. Bedeuten diese, dass auch kleine Institute mit regionalem Geschäft wie Sparkassen und Genossenschaftsbanken unmittelbar von der EZB überwacht werden müssen? 3. Könnte ein einheitlicher Aufsichtsrahmen nach Auffassung der Landesregierung auch dann effektiv arbeiten, wenn nur große, grenzüberschreitend tätige Institute unmittelbar von der europäischen Aufsichtsbehörde, kleine Institute dagegen weiter von der nationalen Aufsicht überwacht würden? 4. Welche Argumente sprechen nach Auffassung der Landesregierung für einen Verbleib kleiner Institute wie insbesondere Sparkassen und Genossenschaftsbanken unter der nationalen Aufsicht? Die Vertretung des Landes Rheinland-Pfalz beim Bund und bei der Europäischen Union und das Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung haben die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 27. November 2012 wie folgt beantwortet: Die Landesregierung unterstützt die Entwicklung einer europäischen Bankenunion, deren Kernelement eine europäische Bankenaufsicht ist. Sie ist ein notwendiger und im vierten Jahr nach der Finanzmarktkrise überfälliger Baustein zur Regulierung der Finanzmärkte, die nach wie vor in erheblichem Maße zu der krisenhaften Situation in der Eurozone beitragen. Vor diesem Hintergrund beantworten wir die Kleine Anfrage des Abgeordneten Ulrich Steinbach (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) namens der Landesregierung wie folgt: Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 21. Dezember 2012 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/1830 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu Frage 1: Die Landesregierung begrüßt die Einführung eines einheitlichen Aufsichtsmechanismus in der Eurozone für systemische und grenzüberschreitend tätige Geldinstitute zur Verbesserung der Stabilität des Finanzsystems. Die Risiken im Bankenbereich machen nicht vor nationalen Grenzen halt. Eine europäische Aufsicht muss dazu beitragen, Gefahren aus der Schieflage einzelner Kreditinstitute besser frühzeitig zu erkennen und damit künftige Bankenkrisen zu vermeiden. Allerdings lehnt die Landesregierung eine europäische Aufsicht über alle 6 000 Banken im Euroraum, unabhängig von Geschäftsmodell, von Größe und Systemrelevanz und damit unabhängig vom Risiko ab. Eine solche europäische Kontrolle ist unseres Erachtens weder möglich noch notwendig und schon gar nicht zeitnah umsetzbar. Kritisch sehen wir auch die nach dem Verordnungsentwurf nach wie vor nicht ausreichend gesicherte Trennung der Aufgaben der Geldpolitik und der Finanzmarktaufsicht bei der EZB, die die Aufsicht ausüben soll. Hier gibt es Nachbesserungsbedarf, um die Unabhängigkeit der Geldpolitik zu gewährleisten. Ebenso fehlt die notwendige demokratische Kontrolle . Bisher ist lediglich eine Berichtspflicht gegenüber dem europäischen Parlament vorgesehen. Zu Frage 2: Ja. Der Vorschlag der Kommission sieht vor, dass alle maßgeblichen Bankaufsichtsfunktionen auf die europäische Ebene übertragen werden sollen. Dazu gehören die Zulassung von Kreditinstituten, die Entscheidung über Erwerb und Veräußerungen von Beteiligungen , die Festlegung von Kapitalpuffern, die zusätzlich zu Eigenmittelanforderungen vorgehalten werden müssen, und nicht zuletzt der Durchgriff auf die einzelnen handelnden Personen in den Kreditinstituten. Bei der nationalen Aufsicht verbleiben Aufgaben der Kontrolle der Zahlungsvorgänge, der Geldwäscheprävention und des Verbraucherschutzes . Zu Frage 3: Ja. Dringender Handlungsbedarf besteht ohne Zweifel für die grenzüberschreitend tätigen großen Finanzinstitute mit ihren komplexen Finanzbeziehungen, Produkten und als Risiko definierten Geschäftsmodellen. Würde man diesen Kreis um Banken und Finanzinstitute erweitern, die z. B. europäische Hilfen erhalten, dann wäre das ein Umfang , der eine wirksame und effektive Aufsicht durch die EZB auch bei komplexen Geschäftsmodellen gewährleisten könnte. Die demgemäß weiterhin den nationalen Behörden obliegende Aufsicht über kleine Institute sollte nach einheitlichen Kriterien der Europäischen Banken Aufsicht (EBA), die dafür bereits 2011 eingerichtet worden ist, erfolgen und dabei Spielräume für die Aufsicht über eine z. B. in Deutschland diversifizierte Bankenstruktur lassen. Deren Umsetzung könnte im Rahmen von Berichtspflichten gegenüber der EZB-Bankenaufsicht kontrolliert werden. Zu Frage 4: Institute mit regionalem Geschäft wie Genossenschaftsbanken oder Sparkassen und auch Förderbanken können national beaufsichtigt werden, weil von ihnen in der Regel keine systemischen Risiken ausgehen. Hinzu kommt, dass Sparkassen und Genossenschaftsbanken über eigene Institutssicherungssysteme verfügen, die nicht nur Spareinlagen sichern, sondern den Bestand einer Mitgliedsbank gewährleisten. Eine nationale Bankenaufsicht für diese vielen kleinen Institute ist nicht zuletzt deshalb effektiver, weil sie über Kenntnisse der Geschäftsmodelle und über Marktnähe verfügt und nicht zuletzt der unterschiedlichen Unternehmenskultur in diesem Bankensektor gerecht wird. Daher hat sich gerade das dreigliedrige Bankensystem in Deutschland bewährt. Die Bedeutung der Sparkassen und Genossenschaftsbanken und der Förderbanken für die regionale Wirtschaft, kleine und mittelständische Unternehmen sowie die öffentlichen Investitionen ist unbestritten. Sie haben sich in der Krise als Stabilitätsanker erwiesen. Eine kluge und effiziente Aufgabenteilung zwischen notwendiger zentraler europäischer und dezentraler nationaler Aufsicht würde dem Ziel einer wirksamen Aufsicht zur Vermeidung von Krisen besser gerecht werden, aber auch der Bedeutung eines regionalen, kleinteiligen Bankensystems für Stabilität und wirtschaftliche Entwicklung sowie der Versorgung der ländlichen Räume besser Rechnung tragen. Eveline Lemke Margit Conrad Staatsministerin Staatsministerin