Drucksache 16/1834 29. 11. 2012 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Dr. Fred Konrad (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung Umgang mit Altmedikamenten Die Kleine Anfrage 1199 vom 8. November 2012 hat folgenden Wortlaut: Nach der Berichterstattung der Rheinpfalz, Zweibrücker Rundschau gibt es keinen einheitlichen Umgang mit Altmedikamenten in Zweibrücken. Der Umwelt- und Servicebetrieb Zweibrücken favorisiert die Entsorgung über die Restmülltonne, die Apotheker setzen auf Spezialfirmen und, folgt man der Berichterstattung entsorgt ein Zweibrücker Krankenhaus Medikamentenreste über den Abfluss. Bei Gewässerbelastungen mit hormonal aktiven Subtanzen wie beispielsweise aus oralen Verhütungsmitteln sind negative Folgen auf das Reproduktionsverhalten von Tieren beschrieben worden. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Welcher Umgang mit Resten von Medikamenten und Altmedikamenten ist abfallrechtlich vorgeschrieben? 2. Ist der Landesregierung bekannt, in welcher Größenordnung Altmedikamente entsorgt werden? 3. Gibt es eine Nachweispflicht über die Entsorgung der Altmedikamente für Ärzte, Apotheken und Krankenhäuser? 4. Gibt es eine Überwachung von Abwässern hinsichtlich der Belastung mit Medikamentenrückständen? 5. Wie beurteilt die Landesregierung die Gefährdung von Bevölkerung, Umwelt und Tierwelt durch Reststoffe aus Medikamen- ten? 6. Welche Maßnahmen sind aus Sicht der Landregierung geeignet, einen den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Umgang mit Altmedikamenten und Medikamentenabfällen sicherzustellen? Das Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 28. November 2012 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Altmedikamente aus Haushaltungen sind Abfälle, die der Entsorgungspflicht der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger unterliegen und diesen überlassen werden müssen. Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bestimmen daher in ihren Satzungen, wie Altmedikamente, die in ihrem Zuständigkeitsbereich anfallen, zu entsorgen sind. Nehmen Apotheken Altmedikamente aus Haushaltungen zur Entsorgung an, erfolgt dies im Rahmen der Produktverantwortung. Die gemeinsame Erfassung der Altmedikamente mit dem Restmüll und die anschließende Verbrennung ist umweltgerecht und bereits Standard. Dabei spielt es aus Umweltgesichtspunkten keine Rolle, ob die Altmedikamente durch die Bürgerinnen und Bürger oder durch Apotheken dem Restmüll zugegeben werden. Bei der freiwilligen Annahme durch einige Apotheken hat sich die fachliche Beratung im Kundenkontakt als sehr vorteilhaft erwiesen. Eine Ausnahme bilden Zytostatika, für die als gefährlicher Abfall sowohl im Umgang als auch in der Entsorgung, einschließlich gesetzlich vorgeschriebener Nachweise, besondere Regelungen zu beachten sind. Zytostatika fallen jedoch weniger in Haushalten als vielmehr in Kliniken, Apotheken, Behandlungszentren und anderen spezialisierten Einrichtungen des Gesundheitswesens an. Bei der Sammlung und Bereitstellung von Altmedikamenten zur Entsorgung ist zu beachten, dass Unbefugte (z. B. Kinder) keinen Zugriff darauf haben, weshalb sie vor der Zugabe in die Restmülltonne verpackt werden sollten. Vor diesem Hintergrund ist das Angebot einiger Gebietskörperschaften, die Altmedikamente am Schadstoffmobil anzunehmen, eine praktikable Lösung, einen sicheren Weg in die Verbrennung zu gewährleisten. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 21. Dezember 2012 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/1834 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Altmedikamente dürfen nicht wieder verwendet oder stofflich verwertet werden. Allerdings kann schon bei der Verordnung (z. B. Packungsgröße) und der Einnahme (Stichwort Compliance) Einfluss darauf genommen werden, dass später möglichst wenige Medi - ka mente entsorgt werden müssen. Zu Frage 2: Angaben zum Umfang der insgesamt entsorgten Altmedikamente liegen der Landesregierung nicht vor. Die Entsorgung von Altmedikamenten erfolgt in der Regel zusammen mit dem Restmüll. Zu Frage 3: Eine Nachweispflicht über die Entsorgung von Altmedikamenten besteht lediglich für Zytostatika, die als gefährlicher Abfall eingestuft sind (s. Antwort zu Frage 1). Zu Frage 4: An ausgewählten Kläranlagen findet eine Überwachung auf Arzneimittelwirkstoffe statt. Zusätzlich werden an ausgewählten Gewässern Untersuchungen auf Arzneimittelwirkstoffe durchgeführt. Das Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht hat kürzlich einen Bericht veröffentlicht, in dem auch die Arzneimittelwirkstoffe behandelt werden. Der Bericht „Pflanzen schutzmittel- und Arzneimittelwirkstoffe in rheinland-pfälzischen Fließgewässern 2010“ ist im Internet unter http://www.luwg. rlp.de/ Service/Downloads/Wasserwirtschaft/Ueberwachung-der-Fliessgewaesser/ eingestellt. Zu Frage 5: Nach derzeit vorherrschender wissenschaftlicher Meinung werden Gefährdungen der Bevölkerung durch Arzneimittelwirkstoffe in Gewässern nicht erwartet. Zu eventuellen Beeinträchtigungen der Gewässer findet zurzeit ein großes Forschungsvorhaben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung mit dem Namen „Risikomanagement von neuen Schadstoffen und Krankheitserregern im Wasserkreislauf (RiSK Wa)“ statt. Für die Fördermaßnahme wurden 30 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten (MULEWF) vertritt im Lenkungskreis des Forschungsprojektes die Bund-/Länder arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA). Darüber hinaus wurde anlässlich des Fachsymposiums „Mikroschadstoffe in Rheinland-Pfalz“ am 23. Oktober 2012 vom MULEWF herausgestellt, dass eine akute Gefährdung der Bevölkerung, der Tierwelt und der Umweltmedien nicht gegeben ist, dass aber Mikroschadstoffe – dazu zählen auch Arzneimittelreste – weiterhin beobachtet werden müssen. Zu Frage 6: Wesentlich für einen den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Umgang mit Altmedikamenten ist die Aufklärung der Bürgerinnen und Bürger. In 2007 hat die Landesregierung zusammen mit der Landesärztekammer, der Landes zahnärztekammer und der Landesapothekerkammer das Faltblatt „Altmedikamente entsorgen – Verbraucherinformation“ entwickelt und an die Apotheken, die entsorgungspflichtigen Gebietskörperschaften usw. versandt. Das Faltblatt ist im März 2012 überarbeitet worden und steht auf der Homepage des Ministeriums für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung unter „Publikationen“ zur Verfügung. Darüber hinaus informieren die Apothekerkammern und -verbände immer wieder ihre Mitglieder und Kunden über den Umgang und die Entsorgung von Altmedikamenten, so auch in Online-Pharmazeitschriften. Das Arzneimittelgesetz enthält den Hinweis, dass Hinweise zur umweltgerechten Entsorgung auf den Arzneimitteln aufgebracht werden sollen. Auch auf Beipackzetteln finden sich immer häufiger Hinweise zur Entsorgung. Neben den gesetzlichen Vorgaben zum Umgang und der Entsorgung von Altmedikamenten ist es zum Schutz von Mensch, Tier und Umwelt unumgänglich, dass die Pharmahersteller langfristig umweltverträglichere Human- und Tierarzneimittel herstellen (Stichwort „GREEN-Chemistry“). Ein Großteil des Eintrags von Arzneimitteln in die Umwelt erfolgt nämlich nicht durch unsachgemäße Entsorgung, sondern durch den sogenannten „bestimmungsgemäßen Gebrauch“, d. h. durch die Einnahme an sich und die Ausscheidungen über den Abwasserpfad (Humanarzneimittel) sowie das Ausbringen von Wirtschaftsdünger auf landwirtschaftliche Flächen (Tierarzneimittel). Eveline Lemke Staatsministerin