Drucksache 16/1839 30. 11. 2012 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Kathrin Anklam-Trapp und Dr. Tanja Machalet (SPD) und A n t w o r t des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Rentenbeitrag Die Kleine Anfrage 1196 vom 8. November 2012 hat folgenden Wortlaut: Der Deutsche Bundestag hat am 25. Oktober 2012 mit den Stimmen der Abgeordneten von CDU, FDP und CSU den Gesetzentwurf zur Festsetzung der Beitragssätze in der gesetz lichen Rentenversicherung für das Jahr 2013 (Beitragssatzgesetz 2013) beschlossen , mit dem der Rentenbeitragssatz von aktuell 19,6 auf 18,9 Prozent abgesenkt werden wird. In derselben Sitzung haben die Abgeordneten der Berliner Regierungskoalition die von der SPD beantragte Schaffung eines Demografie-Fonds in der gesetzlichen Rentenversicherung abgelehnt. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Welche finanziellen Auswirkungen sind mit der Beitragssatzsenkung für die Arbeitgeber und für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Rheinland-Pfalz im Jahre 2013 verbunden? 2. Wie wird sich die Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung nach der Beitragssatz senkung inklusive ihrer Nachhaltig- keitsrücklage entwickeln? 3. Ist in absehbarer Zeit mit Beitragssatzerhöhungen zu rechnen und wenn ja, in welcher Größenordnung und zu welchen Zeit- punkten? 4. Wie beurteilt die Landesregierung die jetzige Beitragssatzsenkung vor dem Hintergrund der Notwendigkeit, die gesetzliche Ren- tenversicherung zukunftsfest zu gestalten und auch auf diese Weise drohender Altersarmut, auch in Rheinland-Pfalz, entgegenzuwirken ? Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 29. November 2012 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die Absenkung des Beitragssatzes von derzeit 19,6 Prozent in der allgemeinen Rentenversicherung auf 18,9 Prozent zum 1. Januar 2013 führt zu einer Entlastung, die sich in Bezug auf versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse jeweils hälftig auf Arbeitgeber einerseits und auf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer andererseits aufteilt. Nach dem Entwurf der Bundesregierung für eine Verordnung über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung für 2013 beläuft sich das vorläufige Durchschnittsentgelt im Jahr 2013 auf 34 071 Euro. Eine Beitragssatzsenkung führt im Falle eines versicherungspflichtig beschäftigten Durchschnittsverdieners in der allgemeinen Rentenversicherung demnach zu einer Brutto-Entlastung von 238,50 Euro jährlich oder 19,87 Euro monatlich. Hierauf entfallen jeweils auf die Arbeitgeber und auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer 119,25 Euro im Jahr oder 9,94 Euro im Monat. Dem allgemeinen Teil Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (Bundesratsdrucksache 509/12 vom 31. August 2012) ist zu entnehmen, dass Arbeitgeber einerseits und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer andererseits im Jahr 2013 jeweils um 2,7 Mrd. Euro entlastet werden. Dieser Betrag geht noch von einer Absenkung des Beitragssatzes in der allgemeinen Rentenversicherung auf 19,0 Prozent aus und berücksichtigt noch nicht die aktuelle Finanzschätzung vom Oktober 2012. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 9. Januar 2013 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/1839 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Auf welchen Gesamtbetrag sich die Entlastung aller Arbeitgeber und aller versicherungspflichtig Beschäftigter in Rheinland-Pfalz kumuliert, ist der Landesregierung nicht bekannt. Zu 2. und 3.: Die Bundesregierung hatte den Entwurf für das Beitragssatzgesetz 2013 noch vor der Finanzschätzung im Oktober 2012 eingebracht. Der Entwurf sah auf der Basis früherer Schätzungen eine Absenkung des Beitragssatzes in der allgemeinen Rentenversicherung von 19,6 Prozent auf 19,0 Prozent vor. Eine Darstellung der künftigen Finanzentwicklung der Rentenversicherung ist in der Gesetzesbegründung nicht enthalten. Die Finanzschätzung vom Oktober 2012 führte zu einer Aktualisierung der Datenbasis, die durch einen angenommenen Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP zum Entwurf eines Beitragssatzgesetzes 2013 vom 23. Oktober 2012 im Ausschuss für Arbeit und Soziales des Bundestags (Ausschussdrucksache 17 [11] 990 vom 23. Oktober 2012) aufgegriffen wurde. Das vom Bundestag beschlossene Beitragssatzgesetz 2013 sieht demnach für die allgemeine Rentenversicherung eine Absenkung des Beitragssatzes zum 1. Januar 2013 auf 18,9 Prozent vor. Der Änderungsantrag verweist lediglich darauf, dass sich die Finanzlage der Rentenversicherung im Vergleich zur Einschätzung vom Juni 2012 nochmals verbessert habe. Eine Darstellung der künftigen finanziellen Entwicklung der Rentenversicherung enthält die Begründung des Änderungsantrags ebenfalls nicht. Die erwartete Finanzentwicklung der Rentenversicherung hat die Bundesregierung jährlich im Rentenversicherungsbericht darzustellen . Der Bericht ist den gesetzgebenden Körperschaften bis zum 30. November eines jeden Jahres zuzuleiten. Der Bericht des Jahres 2012 lag der Landesregierung zum Zeitpunkt der Beantwortung der vorliegenden Anfrage noch nicht vor. Insofern ist die Aktualität des Zahlenmaterials, auf das die Landesregierung zurückgreifen kann, eingeschränkt. In seiner schriftlichen Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung von Sachverständigen in Berlin am 22. Oktober 2012 zum Beitragssatzgesetz 2013 verweist der Deutsche Gewerkschaftsbund auf Berechnungen der Deutschen Rentenversicherung Bund vom April 2012, die noch von einer Senkung des Beitragssatzes in der allgemeinen Rentenversicherung zum 1. Januar 2013 von 19,6 auf 19,1 Prozent ausgingen (Deutscher Bundestag, Ausschuss für Arbeit und Soziales, Ausschussdrucksache 17 [11] 965 vom 16. Oktober 2012). Danach ergibt sich die in Tabelle 1 dargestellte Entwicklung (siehe Anlage). Zu 4.: Die Darstellung in der als Anlage beigefügten Tabelle 1 zur finanziellen Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung zeigt, dass sich das Niveau der Nachhaltigkeitsrücklage in etwa ab dem Jahr 2020 entlang der gesetzlichen Untergrenze von 0,2 Monatsausgaben bewegen wird. Im Hinblick auf konjunkturelle Risiken hält die Landesregierung eine solche Entwicklung für riskant. Einerseits ist es möglich, dass sich die wirtschaftliche Entwicklung auch unterjährig eintrübt, sodass die Einnahmen der Rentenversicherung einschließlich der Reserve nicht mehr ausreichen, um die Rentenzahlungen zu leisten. Die Rentenversicherung müsste dann Liquiditätshilfen des Bundes in Anspruch nehmen, was zu zusätzlichem Druck auf den Bundeshaushalt und zu einer großen wirtschaftlichen und politischen Verunsicherung führen würde. Andererseits zeigt die Tabelle, dass es zum Ende des Jahrzehnts zu einem sprunghaften Anstieg des Beitragssatzes kommen wird. Fällt ein solcher Beitragssatzanstieg mit einer konjunkturellen Schwächephase zusammen, wird der wirtschaftliche Abschwung verstärkt. Es ist absehbar, dass notwendige Reformen im Leistungsrecht der Rentenversicherung zur Bekämpfung von Altersarmut den Finanzbedarf der Rentenversicherung erhöhen. Die oben beschriebenen Effekte treten deshalb möglicherweise mit einer zeitlichen Verschiebung und in verstärkter Form auf. Die derzeit geltenden gesetzlichen Regeln zur Festsetzung des Beitragssatzes und zur Bildung der Nachhaltigkeitsrücklage bewirken zum 1. Januar 2013 eine außergewöhnlich starke Senkung des Beitragssatzes gegen den langfristig erwarteten Trend. Zu den Aufgaben der Nachhaltigkeitsrücklage gehört es, unterjährige Schwankungen der Einnahmen auszugleichen und die wirtschaftliche Situation über den Konjunkturzyklus hinweg zu stabilisieren. Ein Festhalten an diesen Regeln führt dazu, dass die Nachhaltigkeitsrücklage diese Aufgaben nicht mehr zuverlässig erfüllen kann. Insofern beurteilt die Landesregierung die vorgesehene Absenkung des Beitragssatzes kritisch. Sie tritt dafür ein, in einem ersten Schritt auf die Beitragssatzsenkung zu verzichten und sodann die gesetzlichen Regelungen zur Steuerung des Beitragssatzes und zur Nachhaltigkeitsrücklage so zu überarbeiten, dass eine ausreichende Reserve vorhanden und eine stetigere Entwicklung des Beitragssatzes gewährleistet ist. Der Finanzbedarf für die notwendige Leistungsreform sollte hierbei berücksichtigt werden. Malu Dreyer Staatsministerin 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/1839 Anlage Tabelle: Finanzielle Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung Jahr Beitragssatz in % Nachhaltigkeitsrücklage Mrd. Euro Monatsausgaben 2012 19,6 27,4 1,57 2013 19,1 27,1 1,52 2014 19,0 27,1 1,50 2015 19,0 25,9 1,39 2016 19,0 23,3 1,21 2017 19,0 19,1 0,97 2018 19,0 12,4 0,60 2019 19,2 04,7 0,22 2020 20,0 05,8 0,27 2021 20,0 05,7 0,25 2022 20,1 05,0 0,21 2023 20,4 05,2 0,21 2024 20,6 05,2 0,21 2025 20,8 05,4 0,21 2026 21,0 05,7 0,21 2027 21,2 05,8 0,21 2028 21,4 05,7 0,20 2029 21,7 07,1 0,24 2030 21,8 06,7 0,22 3