Drucksache 16/1880 11. 12. 2012 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Andreas Hartenfels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten Bewirtschaftung des Rheinauewaldes Die Kleine Anfrage 1216 vom 16. November 2012 hat folgenden Wortlaut: Auenlandschaften spielen vor allem für den Erhalt der biologischen Vielfalt, den länderübergreifenden Biotopverbund sowie für den Wasser- und Stoffhaushalt der Landschaft eine wesentliche Rolle. Jedoch hat bei der Mehrzahl der großen Flüsse die intensive Nutzung der Auen zu beträchtlichen Verlusten an natürlichen Überschwemmungsflächen und zu erheblichen Veränderungen des Auenzustandes geführt. Nach Untersuchung des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) beträgt alleine der Verlust an Überschwemmungsflächen am Rhein zwischen 65 und 90 %. Folgerichtig haben die Auen durch die Aufnahme in das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG 2010) eine besondere Bedeutung als gesetzlich geschützte Biotope erfahren, bei der Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung dieses Biotops führen können, verboten sind. In Rheinland-Pfalz liegen die rezenten Rheinauen alle in Natura-2000-Gebieten und besitzen daher einen hohen Schutzstatus sowie besondere naturschutzfachliche Ansprüche hinsichtlich ihrer Entwicklung. Vor dem Hintergrund der besonderen naturschutzfachlichen Ansprüche der Rheinauen frage ich die Landesregierung: 1. Welche Baumarten mit welchem prozentualen Anteil finden sich im Bereich der Rheinauewälder in Rheinland-Pfalz? 2. Wie verteilen sich die Baumarten prozentual aufgeschlüsselt auf die einzelnen Natura-2000-Gebiete im Bereich der rezenten und der subrezenten Rheinauewälder in Rheinland-Pfalz? 3. Wie hoch ist der prozentuale Anteil der eingebrachten Neophyten (Hybridpappel, Amerikanische Schwarznuss) in den einzel- nen Natura-2000-Gebieten (getrennt nach Weichholzaue und Hartholzaue)? 4. Wie hoch ist der Anteil der Neophyten (Hybridpappel, Amerikanische Schwarznuss) im Naturschutzgebiet Hördter Rheinaue getrennt nach Weichholzaue und Hartholzaue? 5. Wie hoch ist der Anteil der Neophyten (Hybridpappel, Amerikanische Schwarznuss) im Naturschutzgebiet Hördter Rheinaue in den Flächen, die keinem Lebensraumtyp zugeordnet werden können? 6. Welche Maßnahmen sieht der Managementplan für den Bereich des Naturschutzgebietes Hördter Rheinaue vor, die keinem Le- bensraumtyp zugeordnet werden können? 7. Werden die vorgeschlagenen Maßnahmen des Managementplans für diesen Bereich in das bestehende Forsteinrichtungswerk übernommen? Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 10. Dezember 2012 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Im Bereich der rheinland-pfälzischen Rheinauenwälder liegen für rund 4 100 ha Waldfläche Informationen über die Struktur der Wälder aus der mittelfristigen Betriebsplanung (Forsteinrichtung) vor. Die Wälder sind jeweils hälftig im Eigentum des Landes Rheinland-Pfalz bzw. der Städte und Gemeinden; in minimalem Umfang (9 ha) ist Wald sonstiger Körperschaften betroffen. Über Privatwälder liegen für diesen Naturraum keine flächenscharfen Waldstrukturinformationen vor. Die nachfolgenden Aussagen gelten daher lediglich für die erstgenannten Waldflächen. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 24. Januar 2013 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/1880 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Natura-2000-Gebiet Hartholzaue Übergangsaue Weichholzaue Summe Hördter Rheinaue 38,5 % 68,4 % 59,0 % 52,3 % Rheinniederung Germersheim-Speyer 35,4 % 72,2 % 45,8 % 41,9 % Rheinniederung Ludwigshafen-Worms 94,9 % 94,9 % Rheinniederung Neuburg-Wörth 13,8 % 30,7 % 73,5 % 54,6 % Rheinniederung Speyer-Ludwigshafen 26,2 % 81,5 % 0,0 % 19,3 % Berghausener und Lingenfelder Altrhein mit Insel Flotzgrün 35,7 % 72,2 % 39,4 % 40,3 % Bienwald und Viehstrichwiesen 18,2 % 18,2 % Goldgrund und Daxlander Au 13,7 % 30,7 % 74,4 % 55,0 % 2 Die Baumartenzusammensetzung im Staats- und Körperschaftswald stellt sich im Rheinauenwald nach dem aktuellen Datenstand von Landesforsten für die wichtigsten Baumarten wie folgt dar: Pappel (alle Populus-Arten) 23,1 % Esche (Fraxinus excelsior) 19,3 % Bergahorn (Acer pseudoplatanus) 12,0 % Buche (Fagus sylvatica) 11,3 % Stieleiche (Quercus robur) 10,9 % Roterle (Alnus incana) 4,9 % Weiden (Salix-Arten) 4,8 % Hainbuche (Carpinus betulus) 2,7 % Weitere Baumarten sind mit einem Anteil von jeweils weniger als 1 % an der Fläche beteiligt. Bei der Interpretation der vorgenannten Zahlen sowie zu den Antworten auf die Fragen 2 bis 7 ist zu berücksichtigen, dass die Pappel-Arten und Varietäten (Hybride, Sorten) im Rahmen der forstlichen Betriebsplanung bislang aufgrund ihrer – landesweit betrachtet – absolut begrenzten Bedeutung nicht unterschieden werden. Vielmehr beinhaltet die o. g. Angabe sowohl die noch vorhandenen autochthonen Schwarzpappelindividuen, die autochthone Pappeln wie die Weiß- und die Graupappel, die traditionellen Altstammsorten (Neupotz u. a.) sowie schließlich die Schwarzpappel-Hybriden, auf die die Fragen zielen. Die Angabe der Anteilfläche der Hybridpappel ist aktuell ebenso wenig möglich wie die präzise Angabe der Anteilsfläche der Schwarznuss ( Juglans regia), da auch bei der Gattung Juglans (Nuss) in den Inventuren keine Unterscheidung zwischen der (vermutlich ebenfalls synanthropen) Walnuss ( Juglans regia) und der als Neophyt qualifizierten Schwarznuss ( Juglans nigra) getroffen wird. Zurzeit befinden sich die mittelfristigen Betriebspläne (Forsteinrichtungswerke) für die im Eigentum des Landes stehenden Anteilsflächen in Überarbeitung. Dies bedeutet, dass in Kürze aktuellere Inventurdaten zur Verfügung stehen werden. Zu Frage 2: Die prozentualen Anteilflächen der wichtigsten Baumarten in den Natura-2000-Gebieten innerhalb der rezenten und subrezenten Rheinauewälder sind in der als Anlage beigefügten Tabelle 1 dargestellt. Die Anteile sind bezogen auf die Waldfläche des jeweiligen Gebiets. Der Beantwortung der Fragen 3 und 4 ist Folgendes voranzustellen: Die Antworten sind hinsichtlich der Baumartenzusammensetzung gemäß des aktuellen Überschwemmungsregimes nach Hart- und Weichholzaue differenziert. Nur für Waldstandorte im öffentlichen Wald vor dem Rheinhauptdeich liegt eine flächendeckende Differenzierung der Standorte nach Hart- und Weichlaubauwälder vor, sodass auch lediglich für diese Standorte den Fragen entsprechend differenzierte Antworten gegeben werden können . Der Standortsklassifikation liegt ein hochauflösendes Höhenmodell zugrunde, dessen Klassifizierungsraster zwischen Landesforsten und der Naturschutzverwaltung abgestimmt ist. Landseits des Rheinhauptdeiches gelegene Waldstandorte sind von der rezenten Hochwasserdynamik des Rheins abgeschnitten, sodass eine solche Unterscheidung zurzeit wenig sinnvoll ist. Zu Frage 3: Baumarten mit geringer Flächenbedeutung wurden bislang zum Teil auf Gattungsebene zusammengefasst. Im Zusammenhang mit der Frage ist daher die Unterscheidung der Nuss- ( Juglans-) und Pappel-(Populus-)Arten auf Ebene der Art ( Juglans-Arten) bzw. der Arten, Hybriden und Varietäten (Populus-Arten) streng genommen nicht möglich. Ausgehend von der (nicht zutreffend) pessimistischsten Interpretation der Daten beträgt der Flächenanteil der beiden Neophyten-Gattungen Populus und Juglans im öffentlichen Wald der einzelnen Natura-2000-Gebiete: Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/1880 Natura-2000-Gebiet Hartholzaue Übergangsaue Weichholzaue Summe Hördter Rheinaue inklusive Kahnbusch und Oberscherpfer Wald 40,5 % 68,4 % 61,1 % 53,1 % Karlskopf und Leimersheimer Altrhein 69,2 % 76,5 % 56,3 % 63,7 % Neuhofener Altrhein mit Prinz-Karl-Wörth 61,0 % 61,0 % Neupotzer Altrhein 41,3 % 87,1 % 55,1 % Otterstadter Altrhein und Angelhofer Altrhein inklusive Binsfeld 22,8 % 81,5 % 0,0 % 16,6 % Rußheimer Altrhein 2,1 % 81,6 % 57,2 % Wörther Altrhein und Wörther Rheinhafen 57,7 % 57,7 % 3 Tabelle 2: Prozentuale Anteile der von Nuss- bzw. Pappel-Arten bestockten Waldfläche in den einzelnen Natura-2000-Gebieten der rezenten und subrenzenten Rheinauenwälder getrennt nach standörtlich-vegetationskundlicher Zonierung. Die Aussagen beziehen sich auf den Wald im Besiter öffentlichen Hände (Staatswald, Stadt- und Gemeindewald; Wald im Besitz übriger Körperschaften). Zu Frage 4: Der prozentuale Anteil der Nuss- bzw. Pappel-Arten an der Waldfläche des Naturschutzgebietes „Hördter Rheinauen“ stellt sich wie folgt dar: Hartholzaue Übergangsaue Weichholzaue Summe Nuss-Arten 0,0 % 0,6 % 0,2 % Pappel-Arten 30,9 % 77,5 % 49,0 % 47,0 % Summe 30,9 % 77,5 % 49,5 % 47,2 % Tabelle 3: Prozentuale Anteile der von Nuss- bzw. Pappel-Arten bestockten Waldfläche im Naturschutzgebiet „Hördter Rheinauen“ getrennt nach standörtlich-vegetationskundlicher Zonierung. Die Aussagen beziehen sich auf den Wald im Besitz der öffentlichen Hände (Staatswald, Stadt- und Gemeindewald; Wald im Besitz übriger Körperschaften). Zu Frage 5: Der prozentuale Anteil der Nuss- bzw. Pappel-Arten an der Waldfläche des Naturschutzgebietes „Hördter Rheinauen“ in den Flächen, die keinem Lebensraumtyp zugeordnet werden können, stellt sich wie folgt dar: Hartholzaue Übergangsaue Weichholzaue Gesamtergebnis Nuss-Arten 0,0 % 0,6 % 0,2 % Pappel-Arten 32,2 % 77,5 % 48,3 % 47,9 % Summe 32,3 % 77,5 % 48,9 % 48,1 % Tabelle 4: Prozentuale Anteile der von Nuss- bzw. Pappel-Arten bestockten Waldfläche im Naturschutzgebiet „Hördter Rheinauen“ außerhalb der kartierten Lebensraumtypen getrennt nach standörtlich-vegetationskundlicher Zonierung. Die Aussagen beziehen sich auf den Wald im Besitz der öffentlichen Hände (Staatswald, Stadt- und Gemeindewald; Wald im Besitz übriger Körperschaften). Zu Frage 6: Die Maßnahmenplanung für das FFH-Gebiet „Hördter Rheinaue“ bezieht sich auf größere Räume. Damit soll den ökologischen Erfordernissen der Lebensraumtypen (LRT) und Arten auf Gebietsebene bzw. auf übergeordneter Raumebene ausreichend Rechnung getragen werden. Bei den nachfolgend aufgeführten Maßnahmen für das Naturschutzgebiet Hördter Rheinauen innerhalb des Natura-2000-Gebiets „Hördter Rheinauen“ ist deshalb zu beachten, dass sich die Planungen abgesehen von wenigen Ausnahmen auf Landschaftsräume beziehen, die zwar in großen Bereichen keinem LRT zugeordnet sind, aber immer auch LRT- Flächen enthalten. Drucksache 16/1880 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Der Schwerpunkt der Maßnahmen im NSG Hördter Rheinaue liegt wie oben aufgeführt im Bereich des Waldes. Es werden Erhaltungs-, Wiederherstellungs- und Verbesserungsmaßnahmen für die Lebensraumtypen „Auewälder mit Erle, Esche und Weide“ (91 E0*), „Hartholzauwälder“ (91 F0) sowie die „Sternmieren Eichen-Hainbuchenwälder“ (9160) und „Waldmeister-Buchenwälder (9 130) und deren Entwicklungszielräume sowie die dort lebenden, nach FFH- und VS-Richtlinie geschützten Arten formuliert. Es werden – hier nach ihrer Häufigkeit gegliedert – folgende Maßnahmenziele genannt: – Naturnahe Waldwirtschaft – Altholzanteile erhöhen – Lebensraumtypische Waldgesellschaft – Ruhezonen Vogelschutz – Zulassen natürlicher Entwicklung – Schutz ausgewählter Habitatbäume – Initialmaßnahmen – Altholzanteile belassen – Totholzanteile belassen – Totholzanteile erhöhen. Abschließend werden in dem Planwerk alle einzelfallbezogenen Maßnahmen mit dringendem Handlungsbedarf aufgeführt. Zu Frage 7: Zurzeit befinden sich alle mittelfristigen Betriebspläne (Forsteinrichtungswerke) im Bereich der rheinland-pfälzischen Rheinauen in Überarbeitung. Entsprechend den zwischen Landesforsten und der Naturschutzverwaltung getroffenen Absprachen sollen die Forsteinrichtungswerke der Umsetzung der auf Gebietsebene formulierten Ziele der FFH-Managementplanung dienen. Die in den mittelfristigen Betriebsplänen (Forsteinrichtungswerke) geplanten Maßnahmen dienen daher auch der Operationalisierung der FFHManagementpläne am konkreten Einzelobjekt (Betrieb, Waldort, Baumart innerhalb des Waldorts). Ulrike Höfken Staatsministerin 4 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/1880