Drucksache 16/1955 07. 01. 2013 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 31. Januar 2013 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Wolfgang Reichel (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur Zeit- und Kettenverträge für Lehrerinnen und Lehrer in Mainz Die Kleine Anfrage 1269 vom 11. Dezember 2012 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. Welche verschiedenen Formen zeitlich befristeter Arbeitsverträge für Lehrerinnen und Lehrer gibt es? 2. An welchen staatlichen Schulen in Mainz sind wie viele Lehrerinnen und Lehrer mit befristeten Arbeitsverträgen eingesetzt? 3. Wie bewertet die Landesregierung grundsätzlich die Zeit- und Kettenverträge für Lehrerinnen und Lehrer? 4. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, eine dem Stellenwert von Lehrkräften angemessene Beschäftigung zu garantieren? 5. Wie viele Lehrerinnen und Lehrer wandern jährlich in benachbarte Bundesländer ab? 6. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass eine auf Befristung ausgerichtete Personalpolitik für Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler und Eltern mit erheblichen Nachteilen verbunden ist? Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 3. Januar 2013 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Bei den befristeten Arbeitsverhältnissen von Lehrerinnen und Lehrern handelt es sich im Regelfall um Vertretungsverträge. Diese dienen der Sicherung der Unterrichtsversorgung während der vorübergehenden Abwesenheit einer verbeamteten oder unbefristet beschäftigten Lehrkraft (z. B. wegen Elternzeit oder Erkrankung). Vertretungsverträge sind notwendigerweise befristete Verträge, weil der zugrunde liegende Bedarf ein vorübergehender ist. Das Abschließen von mehreren befristeten Arbeitsverträgen hintereinander ist rechtlich möglich und durch höchstrichterliche Rechtsprechung bestätigt: Das Bundesarbeitsgericht (BAG) geht auf der Basis der Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs in seinen richtungsweisenden Entscheidungen vom 18. Juli 2012 (7 AZR 443/09 und 7 AZR 783/10) davon aus, dass die Verlängerung oder Wiederholung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverhältnisse zur Deckung eines zeitweiligen Bedarfs zulässig ist. Zu beachten ist jedoch ein Missbrauchsverbot, nach dem alle Umstände einschließlich der Zahl und der Gesamtdauer der mit demselben Arbeitgeber geschlossenen befristeten Verträge geprüft werden müssen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu Frage 1: Befristete Arbeitsverträge werden auf der rechtlichen Grundlage des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) abgeschlossen. Gemäß § 3 TzBfG wird unterschieden zwischen Arbeitsverträgen, die auf bestimmte Zeit geschlossen werden, deren Dauer also kalendermäßig bestimmt ist (Zeitbefristung), von denjenigen, deren Befristung sich aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung ergibt (zweckbefristeter Arbeitsvertrag). Beide Arten können auch in der Weise kombiniert werden, dass ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag mit einer – zusätzlichen – Zeitbefristung als Höchstfrist versehen wird (z. B. „…zur Vertretung von…, längstens bis zum…“). Sämtliche Varianten können mit Abrufarbeit vereinbart werden (§ 12 TzBfG). Drucksache 16/1955 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zeitbefristungen und Zweckbefristungen sind unter den gesetzlichen Voraussetzungen des § 14 TzBfG i. V. m. § 30 TV-L nur zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sind. Zusätzliche Befristungsgründe ergeben sich aus § 21 Bundeserziehungsgeldgesetz und § 6 Pflegezeitgesetz. Unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 und 3 TzBfG können ausnahmsweise auch zeitlich befristete Verträge ohne Sachgrund abgeschlossen werden. Alle befristeten Arbeitsverhältnisse können mit Vollzeitoder Teilzeitarbeit ausgestaltet sein. Zu Frage 2: Die Kleine Anfrage bezieht sich auf „Zeit- und Kettenverträge für Lehrerinnen und Lehrer in Mainz“. Bei der Beantwortung wird deshalb davon ausgegangen, dass nach der Situation von Lehrkräften gefragt ist, die für längere Vertretungseinsätze eingestellt wurden. Die zur Abdeckung von kurzfristigem Unterrichtsausfall eingestellten PES-Lehrkräfte sind von der Beantwortung nicht umfasst. Die Anzahl der am 12. Dezember 2012 an den staatlichen Schulen in Mainz eingesetzten Vertretungslehrkräfte ist aus der Anlage ersichtlich. Zu den Fragen 3 und 4: Wie eingangs dargestellt, ist der Abschluss mehrerer befristeter Verträge hintereinander oder deren Verlängerung mit jeweils gegebenem Sachgrund grundsätzlich rechtlich zulässig. Vertretungsverträge sind ein Instrument zur Sicherung der Unterrichtsversorgung . Sie können der Natur der Sache nach nicht der dauerhaften Erwerbssicherung und Lebensplanung der Vertretungskräfte dienen. Die Landesregierung verkennt zwar nicht, dass durch den Abschluss mehrerer Vertretungsverträge hintereinander bei den Lehrkräften Hoffnungen auf dauerhafte Beschäftigung erwachsen können. Die Vergabe der Planstellen muss jedoch aus verfassungsrechtlichen Gründen alleine nach dem Prinzip der Bestenauslese erfolgen; soziale Aspekte können dabei nicht berücksichtigt werden. Durch die Wahrnehmung von Vertretungstätigkeiten steigen jedoch für die Betroffenen mit voller Lehramtsqualifikation die Chancen auf den späteren Erhalt einer Planstelle. Denn bei der Ermittlung der sogenannten Auswahlnote, die für die Vergabe der Planstellen maßgeblich ist, wird ein Bonus für Vertretungstätigkeiten gewährt. Außerdem besteht für langjährige Vertretungskräfte mit vollständiger Lehramtsausbildung ein eigener Einstellungskorridor. Ob allerdings Planstellen zu vergeben sind, richtet sich alleine nach dem schulischen Bedarf. Um mehr jungen Lehrkräften schon frühzeitig eine dauerhafte Lebensperspektive zu eröffnen, baut das Land Rheinland-Pfalz – als eines von ganz wenigen Bundesländern – einen Vertretungspool mit Beamtenstellen auf, der derzeit 200 Stellen umfasst und bis 2016 auf 1 000 Stellen ausgebaut werden soll. Zu Frage 5: Die Daten derjenigen Lehrkräfte, die im Rahmen des Lehreraustauschverfahrens das Bundesland wechseln, werden jährlich im sogenannten Helzerbrief bekanntgegeben. Dabei handelt es sich jedoch um auf Dauer eingestellte Lehrkräfte, zumeist Beamtinnen und Beamte, die auf persönlichen Wunsch das Bundesland wechseln. Wie viele Lehrkräfte einen befristeten Vertrag vorzeitig beenden, um in ein anderes Bundesland zu wechseln bzw. nach dem Ende eines befristeten Vertrages ein Angebot eines anderen Bundeslandes annehmen, wird nicht erfasst. Auch darüber, wie viele Absolventinnen und Absolventen der rheinland-pfälzischen Studienseminare nach dem Abschluss ihrer Ausbildung Stellen in anderen Bundesländern annehmen, werden keine Daten erfasst. Dass ausgebildete Lehrkräfte Stellen in anderen Bundesländern annehmen, ist nicht unüblich. In Rheinland-Pfalz wurden zum Beginn des Schuljahres 2012/2013 im Wege des Planstellenvergabeverfahrens 233 Lehrkräfte eingestellt, die ihre Ausbildung nicht in Rheinland-Pfalz absolviert haben. Zu Frage 6: Nach wie vor ist die Vergabe von Planstellen das wesentliche personalplanerische Instrument zur Sicherung der Unterrichtsversorgung . Sofern allerdings eine dauerhaft beschäftigte Lehrkraft durch Krankheit oder Elternzeit ausfällt, wird durch den Abschluss eines befristeten Vertrages der ansonsten entstehende Unterrichtsausfall vermieden. Es handelt sich hierbei um eine notwendige Überbrückungsmaßnahme im Interesse der Schülerinnen und Schüler und nicht um eine „auf Befristung ausgerichtete Personalpolitik“. In Vertretung: Vera Reiß Staatssekretärin 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/1955 Anlage 3 Schule Personen BBS Mainz I 1 BBS Mainz II 2 BBS Mainz IV 1 GS Mainz Dr. M. L. King 2 GS Mainz Eisgrub 1 GS Mainz Feldberg 3 GS Mainz Goethe 1 GS Mainz Leibniz 1 GS Mainz Ludwig-Schwamb 2 GS Mainz Maler-Becker 7 GS Mainz Münchfeld 2 GS Mainz Theodor-Heuss 5 GS Mainz-Bretzenheim Mumbächer 3 GS Mainz-Ebersheim 3 GS Mainz-Finthen 6 GS Mainz-Gonsenheim 4 GS Mainz-Laubenheim 1 GS Mainz-Lerchenberg 2 GS Mainz-Mombach-West 5 GS Mainz-Weisenau Schiller 1 GY Mainz Frauenlob 12 GY Mainz Gutenberg 7 GY Mainz Rabanus-Maurus 12 GY Mainz Schloß 6 GY Mainz-Gonsenheim 16 HS Mainz Ludwig-Schwamb 2 HS Mainz Süd 1 HS Mainz Theodor-Heuss 1 IGS Mainz Anna Seghers 8 IGS Mainz Bretzenheim 10 IGS Mainz Hechtsheim 1 RS+ Mainz Anne Frank 7 RS+ Mainz Kanonikus-Kir 4 RS+ Mainz-Lerchenberg 1 SFL Mainz 3 SFS Mainz 1