Drucksache 16/1968 10. 01. 2013 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 8. Februar 2013 b.w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Elisabeth Bröskamp (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur Dyskalkulie Die Kleine Anfrage 1287 vom 13. Dezember 2012 hat folgenden Wortlaut: In der Verwaltungsvorschrift vom 28. August 2007 (9321-Tgb. Nr. 2308/07), die sich mit der Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonderen Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben (Legasthenie) befasst, werden Schülerinnen und Schüler mit Dyskalkulie nicht ausdrücklich erwähnt. Jedoch nimmt die Zahl der Schülerinnen und Schüler mit der Diagnose „Dyskalkulie “ zu. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Inwiefern sind die in der Verwaltungsvorschrift vorgelegten Regelungen für Schülerinnen und Schüler mit Dyskalkulie anzu- wenden? 2. Besteht eine Regelung für Kinder mit Dyskalkulie bezüglich des Nachteilsausgleichs analog der Regelung für Kinder mit Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten? 3. Wenn ja, wie wirkt sich der Nachteilsausgleich aus und welche Bedeutung hat er für die Versetzung in die nächst höhere Klasse (bedeutet eine mangelhafte Benotung eine Nichtversetzung)? 4. Welche Beratungsmöglichkeiten haben Lehrer und Lehrerinnen sowie betroffene Familien (Eltern und Kinder) in den Schulen oder auch im Land Rheinland-Pfalz und wo erhalten sie diese? 5. Inwiefern werden die Referendarinnen und Referendare im Studium dahin gehend geschult und qualifiziert, dass sie mit diesen Kindern umgehen, sie individuell unterrichten und fördern können? 6. Kann sich Dyskalkulie auch auf die Leistungen in anderen Fächern auswirken? Wenn ja, wie? Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 9. Januar 2013 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Die Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur vom 28. August 2007 zur Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonderen Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben (Amtsbl. 2007, S. 473 ff.) konkretisiert die Vorschrift des § 50 (4) Übergreifende Schulordnung (ÜSchO) zur Leistungsfeststellung und Leistungsbeurteilung bei Vorliegen einer besonderen Lernstörung. Für Dyskalkulie, die in ihren Erscheinungsformen und ihrem Krankheitsbild bei Weitem noch nicht so erforscht ist wie die Leseund Rechtschreibschwäche, gibt es für Schulen der Sekundarstufe I keine entsprechende konkretisierende Vorschrift. Dennoch kommt der frühzeitigen Erkennung und Förderung bei Schülerinnen und Schülern mit anhaltenden Problemen im Erfassen rechnerischer Sachverhalte sowie im Umgang mit Zahlen und Rechentechniken besondere Bedeutung zu. Diesen Problemen widmen sich vor allem die Grundschulen, aber im Rahmen des Anfangsunterrichts auch die weiterführenden Schulen. Drucksache 16/1968 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu den Fragen 1 bis 3: Die Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur vom 28. August 2007 zur Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonderen Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben erfasst nicht Schülerinnen und Schüler mit Dyskalkulie und findet daher keine Anwendung. Die Maßnahmen im Umgang mit dieser Lernstörung sind in den weiterführenden Schulen auf eine individuelle Förderung ausgelegt . Für den Nachteilsausgleich gilt die o. g. übergeordnete Vorschrift des § 50 (4) ÜSchO. Eine gesonderte Regelung zum Notenschutz besteht nicht. Insofern kann eine mangelhafte Leistung zur Nichtversetzung führen. Zu Frage 4: In den 14 regionalen Schulpsychologischen Beratungszentren des Landes besteht für Lehrkräfte und Eltern die Möglichkeit, beratungsorientiert Unterstützung bzgl. des Themas Dyskalkulie zu erhalten. Dies ist im Rahmen von Beratungsprozessen im Einzelfall möglich, wobei seitens der Schulpsychologie in der Regel eine differenzierte Testdiagnostik nicht angeboten wird. Zu verweisen ist auf Fachinstitutionen in freier oder kommunaler Trägerschaft. Ziel ist es, gemeinsam mit allen Beteiligten Unterstützungsmöglichkeiten und Förderansätze in der Schule abzustimmen und zu vereinbaren. Auf Schulebene besteht die Möglichkeit, nachfrageorientiert Fortbildungen anzufragen, die direkt durch die regionalen Schulpsychologischen Beratungszentren angeboten werden können. Darüber hinaus sind auf dem Landesbildungsserver unter http://foerderung.bildung-rp.de/individuelle-foerderung.html umfassende Informationen zusammengestellt. Zum Thema „Prävention von Rechenschwäche“ wird beim Pädagogischen Landesinstitut derzeit eine Fortbildungsreihe durchgeführt . Deren Dokumentation wird Grundlage für die Erstellung einer Handreichung sein. Zum Thema Dyskalkulie haben beim Pädagogischen Landesinstitut zwischen 2008 und 2012 45 Fortbildungen mit insgesamt 950 Teilnehmerinnen und Teilnehmern stattgefunden. Zu Frage 5: In der Ausbildung von zukünftigen Lehrkräften ist der Aspekt Diagnose und Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonderen Schwierigkeiten im Rechnen sowohl während des Studiums als auch im Rahmen des Vorbereitungsdienstes Bestandteil des jeweiligen Curriculums. Die inhaltlichen Anforderungen für Studierende der lehramtsbezogenen Bachelor- und Masterstudiengänge in Rheinland-Pfalz sind in den curricularen Standards der jeweiligen Studienfächer definiert. Beispielsweise nennt das während eines lehramtsbezogenen Studiums verpflichtend zu studierende Fach Bildungswissenschaften im Modul „Diagnostik, Differenzierung, Integration“ u. a. folgende inhaltliche Anforderung: „Diagnose und Förderung individueller Lernprozesse: Lernprozessdiagnostik, individuelle Förderung und Differenzierung, förderpädagogische Aufgaben...“. Darüber hinaus sind die Aspekte Diagnose und Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonderen Schwierigkeiten im Rechnen in den Fachdidaktikmodulen des Fachs Mathematik verortet. Für zukünftige Lehrkräfte für die Primarstufe sind die Aspekte Diagnose und Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonderen Schwierigkeiten im Rechnen in besonderer Weise im Modul „Grundschulpädagogik“ verankert. Im Rahmen der Ausbildung in den Studienseminaren für die Lehrämter an allgemeinbildenden Schulen ist der Schwerpunkt „Lernund Leistungsschwäche“ integrativer Bestandteil der Ausbildung, vor allem in den Fachseminaren Grundschulpädagogik, Deutsch, Mathematik, in den Veranstaltungen mit förderpädagogischem Schwerpunkt und in den Veranstaltungen im Allgemeinen Seminar. Mit der Reform der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung in Rheinland-Pfalz wird der Vorbereitungsdienst für die Lehrämter modularisiert. Grundlage hierfür ist die lehramtsübergreifende „Curriculare Struktur der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung im Vorbereitungsdienst“. Entsprechende Qualifikationsziele sind sowohl in den zukünftigen berufspraktischen Modulen als auch in den fachdidaktischen Modulen formuliert. Zu Frage 6: Da mathematische Kenntnisse und Fähigkeiten auch in anderen Fächern in der Schule (vor allem in den Naturwissenschaften) von Bedeutung sind, können Schwierigkeiten beim Rechnen Auswirkungen auf die Leistungen in diesen Fächern haben. In die individuelle Förderung betroffener Schülerinnen und Schüler sollten daher möglichst alle Lehrkräfte einbezogen werden. In Vertretung: Vera Reiß Staatssekretärin