Drucksache 16/1977 11. 01. 2013 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Hedi Thelen (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Finanzsituation der Einrichtungen der Altenhilfe, insbesondere der stationären Angebote, in Rheinland-Pfalz seit 2005 Die Kleine Anfrage 1295 vom 18. Dezember 2012 hat folgenden Wortlaut: Träger von Altenhilfeeinrichtungen in Rheinland-Pfalz beklagen ein immer weitergehendes Auseinanderfallen von Personal- und Sachkostensteigerungen in ihren Einrichtungen auf der einen Seite und Anpassung der Pflegesätze auf der anderen Seite. Die Einrichtungen bliebe mittlerweile nur noch Einsparungen beim Personal vorzunehmen. Dies erschwert jedoch eine gute Versorgung der Hilfebedürftigen. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. In welchem Umfang sind seit 2005 die Tarife für die in Einrichtungen der Altenhilfe beschäftigten Fachpflegekräfte und sonstigen Kräfte gestiegen? (Bitte nach Jahren bzw. Daten der Tarifabschlüsse aufschlüsseln.) 2. Ist der Landesregierung bekannt, in welchem Umfang Sachkosten, insbesondere Energie- und Wasserkosten seit 2005 gestiegen sind? 3. In welchem Umfang sind die seit 2005 zwischen den Kostenträgern und den Leistungserbringen ausgehandelten Tagessätze zu welchem Zeitpunkt prozentual gestiegen? 4. Wie bewertet die Landesregierung die aufgezeigte Entwicklung der Kosten und Einnahmen in den Einrichtungen der Alten- hilfe? 5. Welche Lösungsmöglichkeiten sieht die Landesregierung für die Einrichtungen zur Deckung der größer werdenden Diskrepanz? Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 11. Januar 2013 wie folgt beantwortet: Zu 1.: In Rheinland-Pfalz ist nur ein Teil der Einrichtungen der Altenhilfe tarifgebunden. Daher profitiert auch nur ein Teil der Einrichtungen der Altenhilfe von Tarifsteigerungen. Die Einrichtungen, die sich in kommunaler Trägerschaft befinden, sind durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst für Bund und Kommunen (TVöD) tarifgebunden. Weiterhin wendet die Arbeiterwohlfahrt (AWO) Pfalz einen eigenen Haustarifvertrag an, genauso wie die Einrichtungen des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Der DRK-Haustarifvertrag gilt dabei bundesweit. Bei kirchlichen Trägern kommen deren eigene Regelungen zum Tragen, das sind bei der Caritas die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) und bei der Diakonie die Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland. Rund die Hälfte der ambulanten und stationären Einrichtungen der Altenhilfe sind private Einrichtungen, die nach vorliegenden Informationen in der Regel nicht tarifgebunden sind. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 20. Februar 2013 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/1977 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 2 Die genannten Haustarifverträge beziehungsweise die arbeitsvertraglichen Richtlinien der Kirche ähneln in weiten Teilen dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst für Bund und Kommunen, weshalb die Tarifsteigerungen in der Regel auch an die des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst für Bund und Kommunen angepasst sind. Die Tarife des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst für Bund und Kommunen sind seit dem Jahr 2005 wie folgt erhöht worden: 2005 Einmalzahlung in Höhe von 100 Euro jeweils im April, Juli und Oktober. 2006 Einmalzahlung in Höhe von 150 Euro im April und Juli. 2007 Einmalzahlung in Höhe von 150 Euro im April und Juli. 1. Januar 2008 Anhebung des Tabellenentgelts pauschal um 50 Euro. Danach weitere Tarifsteigerung um 3,1 Prozent. 1. Januar 2009 Tarifsteigerung um 2,8 Prozent plus Einmalzahlung in Höhe von 225 Euro. 1. Januar 2010 Tarifsteigerung um 1,2 Prozent. 1. Januar 2011 Tarifsteigerung um 0,6 Prozent plus Einmalzahlung in Höhe von 240 Euro. August 2011 Tarifsteigerung um 0,5 Prozent. März 2012 Tarifsteigerung um 3,5 Prozent. 1. Januar 2013 Tarifsteigerung um 1,4 Prozent. August 2013 Tarifsteigerung um 1,4 Prozent. Zu 2.: Der Landesregierung ist nicht bekannt, wie sich die tatsächlichen Sachkosten für die Einrichtungen der Altenhilfe entwickelt haben . Die Verbraucherpreisindizes des Statistischen Bundesamtes für Deutschland weisen ab dem Jahr 2005 die nachfolgenden Steigerungen für Wasserversorgung und Energie aus. Wasserversorgung Strom, Gas und andere Brennstoffe 2005 + 1,8 + 11,2 2006 + 1,5 + 10,2 2007 + 1,0 + 3,9 2008 + 0,9 + 11,2 2009 + 1,7 – 2,4 2010 + 1,6 + 0,3 2011 + 1,2 + 9,5 Zu 3.: In Rheinland-Pfalz verhandeln die Kostenträger mit den Verbänden der Leistungserbringer regelmäßig über ein Angebot zur pauschalen Vergütungsanpassung für die stationäre Pflege. Die einzelnen Pflegeeinrichtungen können die ausgehandelte pauschale Vergütungsanpassung annehmen und erklären im Gegenzug, nur zu einer Einzelverhandlung aufzufordern, wenn sich unvorhersehbare wesentliche Veränderungen ergeben (§ 85 Absatz 7 des Elften Buches Sozialgesetzbuch). Die vereinbarten Angebote zur pauschalen Vergütungsanpassung seit dem Jahr 2005 sind der nachfolgenden Übersicht zu entnehmen : Angebot zur pauschalen Vergütungsanpassung in Prozent 1. Januar 2005 – 1. Juli 2006 + 0,5 1. Januar 2007 – 1. Juli 2008 + 2,06 1. Mai 2009 + 3,5 1. Januar 2010 + 1,5 1. Januar 2011 + 2,2 1. März 2012 + 1,95 1. Januar 2013 + 2,65 *) *) Laufzeit bis 31. März 2014. Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/1977 Es ist den Pflegeeinrichtungen unbenommen, anstelle der Annahme der pauschalen Vergütungsanpassung zu einer Einzelverhandlung aufzufordern. Zu den Ergebnissen von Einzelverhandlungen liegen der Landesregierung nur eingeschränkt Auswertungen vor. Den vorliegenden Daten zufolge gibt es bei den vereinbarten individuellen Vergütungserhöhungen die nachfolgenden Bandbreiten: 2009: 1,38 bis 9,5 Prozent 2010: 1,49 bis 9,53 Prozent 2011: 2,2 bis 8,99 Prozent 2012: 1,95 bis 6,75 Prozent. Zu 4.: Ist das Angebot zur pauschalen Vergütungsanpassung für eine Pflegeeinrichtung nicht auskömmlich, steht es dem Einrichtungsträger frei, mit den Kostenträgern über eine Pflegesatzvereinbarung mit einer höheren Steigerung zu verhandeln. Gleichzeitig zeigt die Zahl der die pauschale Vergütungsanpassung annehmenden Einrichtungen, dass die Verhandlungsergebnisse vielfach als hinreichend empfunden werden. Die pauschale Vergütungsanpassung für die Laufzeit vom 1. März 2012 bis Ende 2012 wurde beispielsweise von rund 78,5 Prozent der Pflegeeinrichtungen angenommen. Die Höhe des Angebots zur pauschalen Vergütungsanpassung kann aufgrund des Wesens des Pauschalangebots an alle Pflegeeinrichtungen , unabhängig vom jeweiligen Tarifvertrag, einzelne Tarifsteigerungen nicht abbilden. Das Angebot zur pauschalen Vergütungsanpassung an die Pflegeeinrichtungen gilt unabhängig von den unterschiedlichen Vergütungsstrukturen in den einzelnen Einrichtungen (vergleiche Antwort zu Frage 1). In Bezug auf individuelle Pflegesatzvereinbarungen hat das Bundessozialgericht in seinen Urteilen vom 29. Januar 2009 entschieden, dass die Einhaltung der Tarifbindung und die Zahlung ortsüblicher Gehälter stets als wirtschaftlich angemessen zu werten ist (vgl. insbesondere Aktenzeichen B 3 P 7/08 R). Vor diesem Hintergrund ist auch eine Klarstellung in den §§ 84 und 89 des Elften Buches Sozialgesetzbuch durch das Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz (PNG) erfolgt. Neben den Tarifsteigerungen wirken sich auch die Arbeitgeberanteile für Sozialversicherungsbeiträge auf die Personalkosten aus. Sinkende Sozialversicherungsbeiträge können höhere Personalkosten durch Tarifsteigerungen reduzieren oder zusätzlich erhöhen. Zu 5.: Die Landesregierung setzt sich auf Bundesebene für eine hinreichende Finanzausstattung der Pflegeversicherung ein. Ein von Rheinland -Pfalz initiierter Beschluss der letztjährigen Arbeits- und Sozialministerkonferenz fordert unter anderem: „Die staatliche Förderung privater, freiwilliger Pflegezusatzversicherungen ändert nichts an der Tatsache, dass die Leistungen in der gesetzlichen Pflegeversicherung dynamisiert werden müssen. Darüber hinaus besteht in der Pflege die gemeinsame Herausforderung, den Fachkräftebedarf zu sichern. Hierzu bedarf es guter Arbeitsbedingungen und damit einhergehend leistungsgerechter Vergütungen für die Kräfte. Höhere Löhne bedingen höhere Kosten in der Pflege. Zu deren Deckung muss die Pflegeversicherung ihren Anteil, auch in Form hinreichend dynamisierter Leistungen, erbringen. Pflegebedürftige Menschen, ihre Angehörigen, aber auch die öffentlichen Haushalte sind vor finanzieller Überforderung zu schützen. Um die sozialpolitische Funktion und Akzeptanz der gesetzlichen Pflegeversicherung zu erhalten, ist eine wirksame Leistungsdynamisierung unabdingbar.“ In Vertretung: Jacqueline Kraege Staatssekretärin 3