Drucksache 16/1989 17. 01. 2013 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 21. Februar 2013 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Andreas Hartenfels und Dr. Fred Konrad (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur Staatsleistungen an Kirchen in Rheinland-Pfalz Die Kleine Anfrage 1296 vom 19. Dezember 2012 hat folgenden Wortlaut: Bei den sogenannten Staatsleistungen handelt es sich um Leistungen, die die Bundesländer an die jeweiligen Kirchengemeinschaften richten als Ausgleich für die Verstaatlichung von Kirchengut, die vor allem im Zuge der Reformation und der Französischen Revolution stattgefunden hat. Rechtsgrundlage dieser Zahlungen ist Art. 138 Abs. 1 der Weimarer Reichsverfassung, der über Art. 140 Grundgesetz Bestandteil des gültigen Verfassungsrechts ist. Trotz des Ablösungsauftrags des Art. 138 Abs. 1 WRV gab es hier noch keine Aktivitäten des Staates, eine solche Ablösung zu erreichen. Indes fällt die Höhe der Staatsleistungen in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich aus, die Stadtstaaten Hamburg und Bremen zahlen keine Staatsleistungen an Kirchen. Laut einer Zusammenstellung dieser Zahlungen im „Informationsportal Staatsleistungen “ (www.staatsleistungen.de) hat Rheinland-Pfalz mit 12,06 Euro den zweithöchsten Pro-Kopf-Beitrag im Vergleich der Bundesländer gegenüber beispielsweise 1,18 Euro und 0,69 Euro in den Nachbarländern NRW und Saarland (bezogen auf das Jahr 2010). Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie hoch sind die Ausgaben des Landes Rheinland-Pfalz für Staatsleistungen an Kirchen tatsächlich in den letzten zehn Jahren gewesen? 2. Wie erklärt sich eine (nach unseren Quellen vorhandene) jährliche Zunahme dieser Leistungen? 3. Wie verteilen sich die Leistungen auf die einzelnen Kirchen (Beispieljahr 2012 oder, falls nicht möglich, 2011)? 4. Auf welcher rechtlichen oder vertraglichen Grundlage berechnet sich die Höhe der Staatsleistungen an die Kirchen in Rheinland-Pfalz? 5. Wofür werden diese Mittel von den Empfängerinnen und Empfängern verwendet? 6. Hält die Landesregierung die Staatsleistungen an Kirchen angesichts der Tatsache für gerechtfertigt, dass nur bestimmte Glaubensgemeinschaften diese Leistungen erhalten, während der Bevölkerungsanteil, der einer anderen oder keiner Glaubensgemeinschaft angehört, immer größer wird? Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 17. Januar 2013 wie folgt beantwortet: Zu den Fragen 1 und 3: Die Ausgaben des Landes Rheinland-Pfalz für die Staatsleistungen an Kirchen und die Landeszuwendungen an Religionsgemeinschaften im Zeitraum der Kalenderjahre 2003 bis 2012 bitte ich der beigefügten Anlage zu entnehmen. Zu Frage 2: Bei den Staatsleistungen handelt es sich um keine Einzelbewilligungen, sondern um staatsvertraglich vereinbarte Leistungen. Eine Erhöhung der Staatsleistungen erfolgt vertragsgemäß entsprechend der Erhöhung der Dienstbezüge der rheinland-pfälzischen Landebeamtinnen und Landesbeamten. Drucksache 16/1989 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu Frage 4: Die Gewährung von Geld- und Sachleistungen von Seiten des Staates an die Kirchen und Religionsgemeinschaften geht auf die Säkularisation des Jahres 1803 (Reichsdeputationshauptschluss) zurück. Die Überlassung der Güter der Bistümer, Stifte, Abteien und Klöster zur freien und vollen Disposition der Landesherren geschah unter dem Vorbehalt der festen und bleibenden Ausstattung der Domkirchen und der Pensionen für die Geistlichkeit. Der Ausgleich zwischen Staat und Kirche wurde durch Konkordate und Staatskirchenverträge im 19. und 20. Jahrhundert präzisiert. Mit den evangelischen Landeskirchen wurde der Staatskirchenvertrag vom 31. März 1962 (GVBl. S. 173, BS Anhang I 20) geschlossen. Für die Katholischen Bistümer sind das Bayerische Konkordat vom 29. März 1924 und das Preußische Konkordat vom 14. Juni 1929 maßgeblich. Mit den katholischen Bistümern wurde kein Staatskirchenvertrag geschlossen. Aus Gründen der Parität finden deshalb die Regelungen des Staatskirchenvertrags mit den Evangelischen Landeskirchen vom 31. März 1962 entsprechend Anwendung. Nach Artikel 45 der Verfassung für Rheinland-Pfalz (LV) bleiben die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden bisherigen Leistungen des Staates an die Kirchen und sonstigen Religionsgemeinschaften ausdrücklich aufrechterhalten . Mit dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Rheinland-Pfalz wurde im Dezember 1999 ein Staatsvertrag zur Erhaltung und Pflege des gemeinsamen deutsch-jüdischen Erbes und zur Aufrechterhaltung jüdischen Gemeindelebens geschlossen. Das Land beteiligte sich an deren laufenden Ausgaben seit dem Jahr 2000 mit zunächst jährlich 500 000 DM bzw. 255 646 €. Seit dem 1. Januar 2006 wurde dieser Betrag auf 275 700 € jährlich erhöht. Am 26. April 2012 wurde ein neuer Staatsvertrag unterzeichnet, der eine jährliche Staatsleistung von 550 000 € ab dem Jahr 2012 gewährleistet (GVBl. S. 157, BS Anhang I 153). Die alt-katholische Kirche in Rheinland-Pfalz erhält eine jährlich zu beantragende Landeszuwendung. Bis zum Jahre 2002 wurde ein jährlicher Festbetrag von 4 600 € gezahlt. Seit dem Jahr 2003 beträgt dieser 5 000 €. An die freireligiösen Gemeinden in Alzey, Idar-Oberstein, Mainz und Ludwigshafen werden jährlich zu beantragende Landeszuwendungen gezahlt. Eine Erhöhung der Zuwendungen erfolgt – wie bei den katholischen Bistümern und den evangelischen Landeskirchen – entsprechend den Besoldungserhöhungen für die Landesbeamtinnen und Landesbeamten. Zu Frage 5: Die Staatsleistungen werden an die katholischen Bistümer und die evangelischen Landeskirchen als Dotationen und als Zuschüsse für Zwecke der Pfarrerbesoldung und Pfarrerversorgung gezahlt. Die Staatsleistung an den Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Rheinland-Pfalz ist entsprechend den Regelungen im Staatsvertrag für die religiösen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der jüdischen Kultusgemeinden und des Landesverbandes zu verwenden. Die Landeszuwendungen an die alt-katholische Kirche in Rheinland-Pfalz und die freireligiösen Gemeinden in Rheinland-Pfalz werden für die Pfarrer- und Predigervergütungen verwendet. Zu Frage 6: Auf die Gewährung der Staatsleistungen besteht ein verfassungsrechtlicher Anspruch. Artikel 45 LV gewährleistet den Kirchen und sonstigen Religionsgemeinschaften den Fortbestand der ihnen bisher gezahlten Staatsleistungen. Die Gewährleistung erfasst die bisherigen Leistungen, also solche, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Landesverfassung am 18. Mai 1947 entrichtet wurden. Später hinzugetretene Rechte schützt Artikel 44 LV (Grimm/Caesar, Kommentar zur Verfassung für Rheinland-Pfalz Rd.-Nrn. 3 und 7 zu Artikel 45 LV). Doris Ahnen Staatsministerin 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/1989 3