Drucksache 16/2024 04. 02. 2013 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Martin Brandl (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung Wirtschaftsfaktor Oberrhein Die Kleine Anfrage 1312 vom 11. Januar 2013 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie beurteilt die Landesregierung den Einfluss des Oberrheins auf die rheinland-pfälzische Wirtschaft? 2. In welcher Höhe hat die Situation am Oberrhein – Hochwasser, Niedrigwasser, Unpassierbarkeit als Folge von Unfällen – in den vergangenen Jahren volkswirtschaftliche Schäden verursacht? 3. Wie schätzt die Landesregierung den Einfluss des Rheins auf die rheinland-pfälzische Wirtschaft in den kommenden Jahren ein, vor dem Hintergrund eines erwarteten Klimawandels mit einer Häufung von Extremwetterlagen? 4. Wie beurteilt die Landesregierung vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Schäden durch den Rhein den aktuellen Handlungs- bedarf? 5. Inwiefern will die Landesregierung Maßnahmen ergreifen, um drohende wirtschaftliche Schäden durch den Rhein einzudäm- men? Das Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 4. Februar 2013 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Die Oberrheinregion ist aufgrund der grenzüberschreitenden Verflechtungen ein wichtiger Impulsgeber für die rheinlandpfälzische Wirtschaft. Insbesondere am nördlichen Oberrhein im Raum PAMINA mit den Grenzregionen Südpfalz, Mittlerer Oberrhein und Nord-Elsass blickt Rheinland-Pfalz auf eine langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit in den verschiedensten Bereichen zurück. Daraus hat sich im Laufe der Jahrzehnte eine stabile Kooperationskultur entwickelt, die auf vielfältigen grenzüberschreitenden Kontakten, Netzwerken und Kooperationsstrukturen aufbaut. Ein wichtiges Thema der strategischen Zusammenarbeit mit positiven Auswirkungen für die rheinland-pfälzische Wirtschaft ist die Frage der grenzüberschreitenden Fachkräftesicherung. Ein dynamischer grenzüberschreitender Arbeitsmarkt ist gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels wichtiger denn je zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft. Hier erwartet die Landesregierung positive Effekte über gemeinsame grenzüberschreitende Strategien zur Fachkräftesicherung und Arbeitskräfteentwicklung. Weitere Impulse erwartet die Landesregierung von der gemeinsamen Strategie der Trinationalen Metropolregion Oberrhein (TMO). Eine Intensivierung der Zusammenarbeit von Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft stärkt den Oberrhein als dynamischen und wettbewerbsfähigen Lebens- und Wirtschaftsraum im Herzen Europas insgesamt. Mit seinen Schwerpunkten im Bereich der wirtschaftlichen Zusammenarbeit wie der Clusterförderung, einer integrierten Arbeitsmarktpolitik, einer gemeinsamen Wirtschaftsförderung auf europäischer und internationaler Ebene, einer grenzüberschreitenden Tourismusförderung und dem Zukunftsthema der Förderung einer umweltfreundlichen, nachhaltigen Wirtschaft setzt der Oberrhein auf eine verstärkte grenzüberschreitende , integrierte Zusammenarbeit und eine Stärkung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit und Außenwahrnehmung. Davon profitiert auch die rheinland-pfälzische Wirtschaft, die in vielfältige bilaterale, trilaterale und multilaterale Clusterinitiativen , Netzwerke und Kooperationsprojekte am Oberrhein eingebunden ist. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 7. März 2013 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/2024 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Darüber hinaus ist der Oberrhein als Verkehrsweg für die Entwicklung der rheinland-pfälzischen Wirtschaft von großer Bedeutung . Mit den rheinland-pfälzischen Standorten der öffentlichen Binnenhäfen in Wörth, Germersheim, Speyer, Ludwigshafen und Worms sind wichtige trimodale Güterverkehrszentren verbunden. Der Oberrhein stellt im System mit der Binnenschifffahrt und den öffentlichen Binnen häfen für die Region daher einen immensen Standortvorteil dar und ist bei weltweiten Handels - verflechtungen ein unverzichtbares Logistikportal für die verladende exportorientierte Wirtschaft. Nachhaltige Ressourcenbewirtschaftung und umweltfreundliche Energieerzeugung sind am Oberrhein von besonderer Bedeutung. Zahlreiche Projekte insbesondere in den Bereichen erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Ökotourismus sind Beispiele für die langjährige Zusammenarbeit und zeigen das gemeinsame Entwicklungspotenzial. Zu Frage 2: Der Landesregierung liegen keine Daten über etwaige volkswirtschaftliche Schäden der vergangenen fünf Jahre vor. Zu den Fragen 3 bis 5: Die verladende Wirtschaft und die Logistikbranche sind auf extreme Wasserstände vorbereitet und können hierauf in der Regel auch kurzfristig reagieren, da häufig eine Kombination von verschiedenen Verkehrsträgern zum Einsatz kommt. Bei Störungen eines Verkehrsträgers kann der Gütertransport bei Bedarf vorübergehend auf andere verfügbare Verkehrsmittel verlagert werden. Können bei Niedrigwassersituationen die Binnenschiffe nicht mehr voll beladen werden, entstehen der Binnenschifffahrt Einnahmeausfälle , die über sog. „Kleinwasserzuschläge“ zumindest teilweise ausgeglichen werden. Hierbei handelt es sich um einen Frachtzuschlag, der vom Frachtführer in Zeiten niedrigen Wasserstandes eingefordert wird, um die Einnahmeausfälle wegen geringerer Beladung auszugleichen. Die möglichen Auswirkungen des Klimawandels auf Wasserstraßen und Schifffahrt sind das zentrale Thema des aktuellen Forschungsprogramms „KLIWAS“ (Auswirkungen des Klimawandels auf Wasserstraßen und Schifffahrt) des Bundes. Auf der Basis dieser Ergebnisse soll zu gegebener Zeit über mögliche Handlungsoptionen auch im Zuge der Bundeswasserstraßen in der Verantwortung des Bundes entschieden werden. Nach jetzigem Wissensstand ist zumindest bis etwa zum Jahr 2050 mit keinen gravierenden Änderungen für die Binnenschifffahrt zu rechnen, für den anschließenden Zeitraum sind derzeit noch keine sicheren Prognosen möglich. Im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung für die Hochwasserrückhaltemaß nahmen am Oberrhein wurde in einer Studie von 1995 das Hochwasserschadenspo tenzial am Oberrhein einschließlich der zu erwartenden Schäden und des Wertschöp - fungsverlustes bei Bruch aller Deiche nördlich der Staustufe Iffezheim in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hessen ermittelt. Danach ist bei Überflutung der Deiche am Oberrhein in Rheinland-Pfalz mit Hochwasserschäden von rd. sechs Milliarden Euro zu rechnen. Der Ausfall der Wertschöpfung im potenziellen Überflutungsgebiet für vier Wochen (Extremhochwasser) beträgt in Rheinland-Pfalz nach der Studie rd. 500 Millionen Euro (Preisstand 1995). Vor diesem Hintergrund war und ist der Hochwasserschutz am Oberrhein ein Schwerpunkt der Politik der Landesregierung. Bis auf den beklagten Polder Waldsee/Altrip/Neuhofen werden bis Sommer 2013 die rheinland-pfälzischen Polder fertiggestellt sein. Die Deichertüchtigung ist weitgehend bis auf Restbereiche abgeschlossen. Vor allem auch im Hinblick auf die Auswirkungen des Klimawandels sollen bei Hördt und Eich/Guntersblum zusätzlich zwei Reserveräume für Extremhochwasser gebaut werden. Weitere in den Hochwasserpartnerschaften am Rhein abgestimmte Maßnahmen zur Reduzierung der Hochwasserschäden werden in dem bis Ende 2015 als EU-Vorgabe aufzustellenden Hochwasserrisikomanagementplan enthalten sein. Eveline Lemke Staatsministerin