Drucksache 16/2037 07. 02. 2013 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 18. März 2013 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Barbara Schleicher-Rothmund (SPD) und Gunther Heinisch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur Evaluierung des Bologna-Prozesses Die Kleine Anfrage 1321 vom 15. Januar 2013 hat folgenden Wortlaut: Der Landtag Rheinland-Pfalz hat sich 2009 mit der Umsetzung des sogenannten „Bologna-Prozesses“ beschäftigt und – unter anderem aufgrund von Anregungen seitens der Studierenden – Verbesserungen gefordert. Der Landtagsbeschluss (Drucksache 15/3735) benennt hierzu beispielsweise die stärkere Berücksichtigung der Studierbarkeit von Studiengängen und Möglichkeiten zu einer flexibleren, individuelleren Gestaltung des Studiums als Zielsetzungen. Wir fragen die Landesregierung: 1. Haben die Hochschulen bei der Studiendauer bis zum Bachelor- oder Masterabschluss, beim Übergang zwischen Bachelor und Master sowie bei der Reihenfolge der einzelnen Module eines Studiums für mehr Flexibilität sorgen können? 2. Wie hat sich die Anzahl der Prüfungen bzw. die Prüfungsdichte in den vergangenen drei Jahren entwickelt? 3. Inwiefern trägt die Gestaltung der Studiengänge der Ermöglichung von Auslandsaufenthalten Rechnung? 4. Konnten die Anrechnungsmöglichkeiten von durch Prüfungen erworbenen ECTS-Punkten beim Fach- und Hochschulwechsel verbessert werden? 5. Welcher Anteil der neuen Studienangebote zur Erreichung der Abschlüsse Bachelor bzw. Master kann als Teilzeitstudiengang studiert werden? Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 7. Februar 2013 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Zur Weiterentwicklung des Bologna-Prozesses haben Hochschulen und Land am 1. Dezember 2009 eine entsprechende Vereinbarung getroffen. Im Vordergrund stand dabei die Überprüfung der Studierbarkeit und des Prüfungsumfangs der Bachelor- und Masterstudiengänge. Durch die Einbindung der Studierenden wurde sichergestellt, dass ihre Anregungen aufgegriffen wurden. Dieser Prozess wurde durch konkrete Maßnahmen unterstützt, für die insgesamt zehn Millionen Euro von einschließlich 2010 bis 2012 jeweils zur Hälfte aus dem Landesprogramm „Wissen schafft Zukunft“ sowie aus den Hochschulhaushalten bereitgestellt wurden. Die Mittel wurden insbesondere zur Verstärkung der Prüfungs- und Auslandsämter, der Studienberatung, für Tutorienprogramme und für Lehraufträge eingesetzt. Bereits im Herbst 2010 hatten die Hochschulen Berichte zur Umsetzung dieser Vereinbarung vorgelegt. Wie in der Presseerklärung des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur vom 28. Oktober 2010 berichtet, wurden die Lernbedingungen der Studierenden insbesondere durch eine größere Freiheit bei der Studiengestaltung und durch den Abbau von Prüfungsbelastungen verbessert. Trotz dieses Nachsteuerungsbedarfs, der nicht nur in Rheinland-Pfalz, sondern bundesweit gegeben war, ist festzuhalten, dass die rheinland-pfälzischen Hochschulen die Umstellung auf die neue gestufte Studienstruktur mit großem Engagement vollzogen haben. Auch in Zukunft sollen berechtigte Kritikpunkte, die seitens der Lehrenden wie auch der Studierenden geäußert werden, in die Weiterentwicklung der Studienreform einbezogen werden. Nicht zuletzt wurde bei der Einführung der neuen Studiengänge mit der Verpflichtung zur Akkreditierung von Beginn an der Qualitätssicherung ein großer Stellenwert eingeräumt. Drucksache 16/2037 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Die nachfolgenden Beispiele aus den einzelnen Hochschulen sind nicht nur den Berichten aus dem Herbst 2010 entnommen, sondern beziehen sich auch auf aktuell abgefragte Informationen der Hochschulen zur Umsetzung der Vereinbarung „Weiterentwicklung des Bologna-Prozesses“ bezogen auf die Gesamtlaufzeit 2010 bis 2012. Zu Frage 1: Übergang zwischen Bachelor- und Master: Beim Übergang zwischen Bachelor- und Masterstudiengängen wurden hochschulpolitische Maßnahmen sowohl in Bezug auf den Zugang als auch auf die Zulassung getroffen, um zu gewährleisten, dass für interessierte Bachelorabsolventinnen und Bachelorabsolventen ein Masterplatz zur Verfügung steht. In Bezug auf den Zugang zum Masterstudium wurden mit der Novellierung des Hochschulgesetzes in 2010 wichtige gesetzliche Neuerungen eingeführt. Dabei wurde die bisherige Verpflichtung, das Masterstudium von weiteren besonderen Zugangsvoraussetzungen abhängig zu machen, deutlich abgeschwächt. Den Hochschulen wurde ein Ermessensspielraum eröffnet (§ 19 Abs. 2 Satz 2 HochSchG). Damit wurde eine der wesentlichen Forderungen der Studierenden, den Zugang zum Masterstudium zu öffnen, aufgegriffen. Zur Umsetzung dieser gesetzlichen Regelung berichtet beispielsweise die Johannes Gutenberg-Universität Mainz, dass bei der Vorlage von Master-Prüfungsordnungen darauf geachtet wird, den Zugang für einen Masterstudiengang nicht vom Erreichen einer Mindestabschlussnote des vorausgegangenen Bachelorstudiums abhängig zu machen. Dies soll in der Regel nur erfolgen, wenn belastbare empirische Daten über die prognostische Validität der Bachelorabschlussnoten im Hinblick auf den zu erwartenden Studienerfolg im Master vorliegen. Auch die Hochschule Koblenz hat die genannte gesetzliche Regelung genutzt, um in vielen Masterstudiengängen eine Mindestnote gänzlich abzuschaffen. Ebenso kann die Universität Trier als Beispiel für die Senkung beziehungsweise Außerkraftsetzung von Mindestnoten genannt werden. Darüber hinaus muss selbst die Festsetzung einer Bachelorabschlussnote als Zugangsvoraussetzung für den Master keine unüberbrückbare Hürde darstellen. So berichtet die Hochschule Ludwigshafen am Rhein über die Möglichkeit, in diesen Fällen durch eine erfolgreiche schriftliche oder mündliche Prüfung den Zugang dennoch zu eröffnen. Des Weiteren sind an den Hochschulen auch Nachweise über Sprachkenntnisse als besondere Zugangsvoraussetzung insbesondere in Masterstudiengängen mit internationaler Ausrichtung nicht unüblich. Auch hierzu haben die Hochschulen als Erleichterung für die Studierenden nicht selten Regelungen, dass der entsprechende Nachweis auch innerhalb des ersten Studienjahres eines Masters nachgereicht werden kann, wie z. B. die Fachhochschule Worms berichtet. Als weitere gesetzliche Regelung, die auf einen flexiblen Übergang zwischen Bachelor und Master zielt, ist § 19 Abs. 2 Satz 3 HochSchG zu nennen. Sie wurde für begründete Ausnahmefälle geschaffen, in denen die Abschlussprüfungen eines Bachelorstudienganges nicht – wie eigentlich erforderlich – bereits mit Semesterende, sondern erst im Rahmen der vorlesungsfreien Zeit bzw. zu Beginn des folgenden Semesters beendet werden. In solchen begründeten Ausnahmefällen kann künftig zugelassen werden, dass das Masterstudium bereits vor dem Erwerb der allgemeinen Zugangsvoraussetzung (berufsqualifizierender Hochschulabschluss, Bachelor) aufgenommen wird (§ 19 Abs. 2 Satz 3 HochSchG). Andernfalls dürften sich die betreffenden Studierenden erst mit Beginn des darauffolgenden Semesters einschreiben, sodass sie unverschuldet fast ein ganzes Semester warten müssten. Alle rheinland -pfälzischen Hochschulen wenden diese gesetzliche Bestimmung an. In Bezug auf die Zulassung zum Masterstudium hat die Kultusministerkonferenz sowohl zum Wintersemester 2010/2011 als auch zum Wintersemester 2011/2012 entsprechende Untersuchungen veranlasst, um der Frage nachzugehen, ob für interessierte Studierende ausreichend Masterplätze zur Verfügung stehen. Diese flächendeckenden, bundesweiten Erhebungen haben ergeben, dass insgesamt lediglich 24 Prozent aller Masterstudienplätze mit einer örtlichen Zulassungsbeschränkung belegt sind. Der Anteil der zulassungsbeschränkten Masterstudiengänge lag in Rheinland-Pfalz in beiden Erhebungszeiträumen unterhalb dieses Bundesdurchschnitts (Wintersemester 2010/2011: 19 Prozent; Wintersemester 2011/2012: 12,3 Prozent). Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz verfolgt trotz Rekordzahlen bei den Studierenden das Ziel, im möglichst weitgehenden Rahmen auf Zulassungsbeschränkungen für die Masterstudiengänge zu verzichten. Dementsprechend werden Zulassungsbeschränkungen nur in solchen Fällen beschlossen, in denen die Zahl der Bewerbungen und der nachfolgenden Einschreibungen die Zahl der zur Verfügung stehenden Studienplätze wiederholt und deutlich überschritten hat. Dementsprechend waren im Wintersemester 2012/2013 lediglich 21 der insgesamt 101 Masterstudiengänge an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz zulassungsbeschränkt, d. h. 80 Prozent der Masterstudiengänge waren zulassungsfrei. Zur Reihenfolge der einzelnen Module: In der Hochschulgesetznovelle von 2010 wurde ebenso neu festgelegt, dass Module nicht miteinander verknüpft werden sollen (§ 25 Abs. 2 Satz 5 HochSchG). Durch diese Regelung sollen Freiräume erhalten bleiben; eine Verkettung von Modulen soll nicht 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/2037 erfolgen, da sie zu einer unflexiblen Studiengestaltung führen würde. Dies ist eine der Kernvorgaben, die die Hochschulen bei Überarbeitung ihrer Studiengänge besonders berücksichtigt haben. Die Hochschulen berichten einheitlich, dass die Studiengänge so überarbeitet wurden, dass Module in der Regel in ihrer zeitlichen Abfolge frei wählbar sind und die Teilnahme nicht an bestimmte Vorkenntnisse geknüpft ist. An der Universität Koblenz-Landau stellen Ausnahmen von dieser Regel zum Beispiel Laborübungen dar, in denen teilweise aus Sicherheitsgründen bestimmte Vorkenntnisse zwingend erforderlich sind. Die Hochschule weist zudem darauf hin, dass sie auch beim Verzicht auf die Vorgabe verpflichtender Teilnahmevoraussetzungen für die Studierenden Empfehlungen ausspricht, um einen Orientierungsrahmen zu bieten. Es liegt somit in der Verantwortung der Studierenden zu entscheiden, ob sie diese Empfehlungen aufgreifen. Darüber hinaus berichten viele Hochschulen, dass die Freiheit der Studierenden bei der Studiengestaltung durch die Erweiterung des Angebots an Wahlpflicht- und Wahlveranstaltungen erhöht wurde. Zur Flexibilisierung der Studiendauer: In Bezug auf die Frage nach der Flexibilisierung der Studiendauer ist darauf hinzuweisen, dass die „Ländergemeinsamen Strukturvorgaben für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen“ (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 10. Oktober 2003 i. d. F. vom 4. Februar 2010) eine Vielzahl von Gestaltungsspielräumen für die Hochschulen beinhalten. Im Übrigen wurden die Hochschulen von Seiten der Kultusministerkonferenz mehrfach aufgefordert, diese auch zu nutzen. Die Regelstudienzeit für ein Vollzeitstudium von Bachelorstudiengängen kann sechs, sieben oder acht Semester und von Masterstudiengängen vier, drei oder zwei Semester betragen. Die Gesamtregelstudienzeit für ein Vollzeitstudium in konsekutiven Studiengängen beträgt fünf Jahre (zehn Semester). Kürzere und längere Regelstudienzeiten sind bei entsprechender studienorganisatorischer Gestaltung möglich. Die rheinland-pfälzischen Hochschulen nehmen diesen Gestaltungsspielraum wahr. Beispiele hierzu sind in der Antwort zur Frage 3 aufgeführt. Zu Frage 2: Mit der Gesetzesnovelle von 2010 wurden wichtige Regelungen zur Reduzierung der Anzahl der Prüfungen bzw. der Prüfungsdichte getroffen. Eine zentrale strukturelle Neuerung der Bachelor- und Masterstudiengänge im Vergleich zu den herkömmlichen Studiengängen ist die Modularisierung. Hierbei werden Stoffgebiete zu thematischen und zeitlichen Einheiten zusammengefasst. Dies kann nur erreicht werden, wenn Module – wie in § 25 Abs. 2 Satz 2 HochSchG gefordert – einen angemessenen Umfang aufweisen und nicht zu kleinteilig sind, da ihre Anzahl auch entscheidend für das Prüfungsaufkommen ist. Darüber hinaus sieht § 25 Abs. 2 Satz 3 HochSchG zur Reduzierung der Prüfungsbelastung vor, dass Module in der Regel nur mit einer Prüfung abgeschlossen werden. Die genannten Regelungen fanden mit Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 4. Februar 2010 auch Eingang in die „Ländergemeinsamen Strukturvorgaben für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen“. Sie sind damit Vorgabe für jedes Akkreditierungsverfahren und ihre Einhaltung ist in dessen Rahmen zu überprüfen. Dabei machen die Hochschulen auch von der Möglichkeit Gebrauch, Akkreditierungsanträge nicht nur der Akkreditierungsagentur, sondern meist im Vorfeld auch dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur vorzulegen. Von Seiten des Ministeriums wird auf die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen und der Beschlusslage der Kultusministerkonferenz geachtet. Dabei hat sich im Rahmen der oben genannten Vereinbarung zur Weiterentwicklung des Bologna-Prozesses gezeigt, dass Abweichungen von den Vorgaben nur in begründeten Ausnahmefällen erfolgen und das Prüfungsaufkommen im Sinne der gesetzlichen Zielsetzung folglich in den letzten drei Jahren reduziert werden konnte. Darüber hinaus haben die Hochschulen bereits in ihren Berichten aus dem Herbst 2010 zur Weiterentwicklung des BolognaProzesses hervorgehoben, dass bei der Überprüfung der Studiengänge zwar überwiegend ein angemessener Arbeitsaufwand für die Studierenden festgestellt worden sei, sich aber auch Belastungsspitzen beispielsweise gegen Ende des Semesters zeigten. Neben der oben dargestellten Reduzierung der Anzahl der Prüfungen wurde deshalb auch an einer Optimierung und Entzerrung von Prüfungsterminen gearbeitet. Zu Frage 3: Einige Hochschulen – so auch in Rheinland-Pfalz – hatten mit der Einführung der neuen Bachelor- und Masterstudiengänge zunächst einen Rückgang bei der Studierendenmobilität zu verzeichnen. Es ist davon auszugehen, dass dieser Rückgang Ausdruck einer Übergangssituation war, die sich durch Umstellungsschwierigkeiten kennzeichnete, die mittlerweile behoben werden konnten. Um während des Studiums die Mobilität zu erhöhen, wurden die Hochschulen mit der Novelle des Hochschulgesetzes in 2010 verpflichtet , in ihren Prüfungsordnungen Zeiträume für Aufenthalte an anderen Hochschulen vorzusehen (§ 26 Abs. 5 Satz 2 HochSchG). Dies wird in den „Ländergemeinsamen Strukturvorgaben für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen“ auch als „Mobilitätsfenster“ bezeichnet. 3 Drucksache 16/2037 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Grundsätzlich stellt die flexible Gestaltungsmöglichkeit des Studiums eine zentrale Voraussetzung dafür dar, dass Studierende ein Auslandsstudium bzw. ein Auslandspraktikum in ihr Studium integrieren können. In vielen Studiengängen der rheinland-pfälzischen Hochschulen sehen die Prüfungsordnungen verpflichtende oder fakultative Auslandssemester vor. Darüber hinaus werden durch studienorganisatorische Maßnahmen Zeitfenster für Auslandsaufenthalte geschaffen. Des Weiteren können an Fachhochschulen vorgesehene Praxisphasen oder Praxissemester auch im Ausland absolviert werden, ebenso wie auch Abschlussarbeiten sowohl in inländischen als auch in ausländischen Betrieben erstellt werden können. An einigen Fachhochschulen wurde im Rahmen von Reakkreditierungsverfahren geprüft, inwieweit die Regelstudienzeit von Bachelorstudiengängen von sechs auf sieben Semester zu Gunsten eines „Mobilitätsfensters“ erhöht werden kann. So wurden in diesem Sinne beispielsweise im Fachbereich 2 – Technik, Informatik und Wirtschaft der Fachhochschule Bingen die Regelstudienzeiten aller Bachelorstudiengänge von sechs auf sieben Semester erweitert. Auch die Hochschule Trier berichtet über eine Verlängerung der Regelstudienzeit von sechs auf sieben Semester in einigen Bachelorstudiengängen im Zuge der Reakkreditierung. Einen wichtigen Baustein für die Förderung von Auslandsaufenthalten bieten spezielle Programme wie beispielsweise ERASMUS oder COMENIUS sowie die institutionalisierten Austauschprogramme im Rahmen verbindlicher Vereinbarungen mit ausländischen Hochschulen. An den rheinland-pfälzischen Hochschulen wurden im Zeitraum der genannten Vereinbarung zur Weiterentwicklung des Bologna-Prozesses von 2010 bis 2012 die Hochschulpartnerschaften mehrheitlich ausgebaut. Von besonderer Bedeutung sind auch die integrierten Studiengänge, die Studierenden die Möglichkeit bieten, auf der Grundlage eines gemeinsam verantworteten Studienprogramms ein Studium sowohl an einer rheinland-pfälzischen Hochschule als auch an einer oder mehreren ausländischen Partnerhochschulen zu absolvieren. Hier können die Studierenden ggf. auch einen zweifachen Abschluss (double degree) oder einen gemeinsamen Abschluss (joint degree) erwerben. Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz bietet beispielsweise sechs solcher integrierter Studiengänge an. Weitere internationale Studiengänge befinden sich aktuell in der Entwicklung. Die Technische Universität Kaiserlautern setzt ebenso wie andere rheinland-pfälzische Hochschulen einen besonderen Fokus auf die Studierendenberatung. Neben den allgemein bekannten Anlaufstellen zur Beratung für einen Auslandsaufenthalt (Abteilung Internationales, Auslands- und/oder ERASMUS-Beauftragte der Fachbereiche) gibt es an der Hochschule Fachbereiche, die für Studierende ein erweitertes Beratungsangebot zur Verfügung stellen. Die unterschiedlichen Semesterzeiten der ausländischen Hochschulen erfordern eine sehr gut abgestimmte Planung des Auslandsaufenthaltes, um Studienzeitverluste möglichst zu vermeiden . Dazu gehört die individuelle Beratung der Studierenden zur Festlegung des günstigsten Aufenthaltszeitraums unter Berücksichtigung des Studienfortschritts, die organisatorische Unterstützung durch Herstellung von Kontakten zu Partnerhochschulen, die Abstimmung des Studienprogramms mittels Learning Agreement. Letzteres ist allgemein für ERASMUS-Studierende verpflichtend. Mit dem Learning Agreement wird sowohl der Studienplan für den Aufenthalt an der Gastuniversität im Ausland festgelegt als auch zugleich die spätere Anerkennung geprüft. Dies schafft für die Studierenden Planungssicherheit. Die Fachhochschule Mainz hat sich beispielsweise in 2012 einer Auditierung „Internationalisierung“ von Seiten der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) unterzogen. Das Verfahren wurde im Jahr 2009 ins Leben gerufen, um die deutschen Hochschulen darin zu unterstützen, ihre Internationalisierung strategisch nach ihren Bedarfen auszurichten und innerhalb der Institution dauerhaft zu verankern. So hat auch die Fachhochschule Mainz einen Empfehlungsbericht erhalten, in dem Stärken und Schwächen dargelegt und Empfehlungen für die Entwicklung einer Internationalisierungsstrategie ausgesprochen wurden. Auch an der Fachhochschule Worms und der Universität Trier wird ein entsprechendes Verfahren durchgeführt. Dies zeigt einmal mehr die Bedeutung , welche die Hochschulen in Rheinland-Pfalz der Internationalisierung beimessen. Zu Frage 4: Mit der Verankerung der Lissabon-Konvention (Art. III) wurde hinsichtlich der Anerkennung von an einer Hochschule erbrachten Leistungen eine grundlegende Änderung vollzogen. Die Regelung wurde sowohl im rheinland-pfälzischen Hochschulgesetz mit der Novellierung in 2010 als auch mit den Änderungen der „Ländergemeinsame Strukturvorgaben für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen“ mit Beschluss der KMK vom 4. Februar 2010 bundesweit verankert. Während die Hochschulen zuvor die Leistungen hinsichtlich ihrer „Gleichwertigkeit“ bewerten mussten, haben sie mit der Lissabon-Konvention einen wesentlich größeren Spielraum erhalten, Prüfungsleistungen anzuerkennen, auf deren Grundlage Leistungspunkte, die sogenannten ECTS-Punkte (European Credit Transfer and Accumulation System), vergeben werden. Die Regelung im rheinland-pfälzischen Hochschulgesetz (§ 25 Abs. 3 Satz 1) besagt, dass an einer Hochschule erbrachte Leistungen grundsätzlich anerkannt werden. Von diesem Grundsatz darf lediglich abgewichen werden, wenn durch die Hochschule wesentliche Unterschiede nachgewiesen werden. Bei Nichtanerkennung sind die Gründe den Studierenden mitzuteilen („Beweislastumkehr “). Die Studierenden haben die für die Anerkennung erforderlichen Unterlagen mit dem Antrag auf Zulassung vorzulegen. Die Anerkennung von Leistungen in fachlich verwandten Studiengängen erfolgt von Amts wegen, in anderen Studiengängen auf 4 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/2037 In Hinblick auf die Möglichkeit, ein Teilzeitstudium zu absolvieren, ist insbesondere auf die jüngste Novellierung des Hochschulgesetzes vom 20. Dezember 2011 hinzuweisen. Damit wurde das Studium für alle Studierenden bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss, in konsekutiven Bachelor- und Masterstudiengängen bis zum zweiten berufsqualifizierenden Abschluss, uneingeschränkt beitragsfrei gestellt (§ 70 Abs. 1 und 2 HochSchG). Grundsätzlich ermöglicht die Gebührenfreiheit des Erststudiums jeder Studierenden und jedem Studierenden, ein Studium auch in Teilzeitform zu absolvieren – wenn auch ohne Verleihung eines offiziellen Status als Teilzeitstudierende. Alle Studierenden sollen durch die Gebührenfreiheit ihr Studium weitestgehend selbstbestimmt gestalten können. Dies beinhaltet auch die Option, das Studium teilweise oder vollständig in Teilzeit zu absolvieren, was mit einer Verlängerung der tatsächlichen Studiendauer gegenüber der Regelstudienzeit einhergehen kann. Studierende können so ohne bürokratische Hürden direkt und selbstständig sowie ohne Antragstellung, also „spontan“, von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. Damit lässt die Gebührenfreiheit sehr individuelle Lösungen zu. Auch im Rahmen der aktuellen zweiten Phase des Hochschulschulpakts wird der Ausbau von Teilzeitstudiengängen unterstützt. So erhalten die Hochschulen für Studienanfängerinnen und Studienanfänger in berufsbegleitenden bzw. berufsintegrierten Studiengängen eine Sonderprämie in Höhe von 10 Prozent. Zudem stehen im Hochschulpakt sogenannte Programmbudgets in Höhe von über 40 Mio. Euro für die Jahre 2011 bis 2015 zur Verfügung, die für die Weiterentwicklung der Qualität in der Lehre, eine aktive Förderung von Frauen und die Entwicklung der sozialen Vielfalt an den Hochschulen zu nutzen sind. Beispielsweise setzt die Fachhochschule Kaiserslautern diese Mittel auch für ein Projekt zur „Verbesserung der Qualität der Lehre in berufs- und familienbegleitenden Studiengängen“ ein. Eine hohe zeitliche Flexibilität ermöglichen für die Studierenden insbesondere auch Fernstudiengänge. Mit dem „Distance and International Studies Center“ (DISC) an der Universität Kaiserslautern verfügt das Land über einen der größten Anbieter postgradualer Studiengänge in Deutschland. Die Zentralstelle für Fernstudien an Fachhochschulen in Koblenz ist bundesweit der größte Anbieter von Fernstudien an Fachhochschulen mit akademischem Abschluss. Aber auch an den anderen Hochschulen des Landes sind bedeutende Weiterbildungs- und Fernstudienzentren entstanden, so z. B. das Zentrum für wissenschaftliche Weiterbildung an der Universität Mainz und das Zentrum für Fernstudium und universitäre Weiterbildung an der Universität KoblenzLandau . Doris Ahnen Staatsministerin 5 Antrag. Damit wurde ein wesentlicher Schritt zur Verbesserung der Anerkennungspraxis von Leistungen an den Hochschulen vollzogen . Die Hochschulen haben die genannten Regelungen in ihre Prüfungsordnungen übernommen. Zur Unterstützung wurde ein entsprechender Mustertext von Seiten des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur zur Verfügung gestellt. Zu Frage 5: Es ist eine der Zielsetzungen der Landesregierung, dass familiäre Verpflichtungen, aber auch eine Berufstätigkeit mit einem Studium vereinbar sein sollen. Vor diesem Hintergrund ist der Ausbau von Studiengängen in Teilzeitform wünschenswert. Der Ausbaustand zum Wintersemester 2011/2012 ist in der folgenden Tabelle dargestellt: Teilzeitstudiengänge im Wintersemester 2011/2012 an rheinland-pfälzischen Hochschulen (staatliche und nicht staatliche Hochschulen in freier Trägerschaft) insgesamt davon Anteil Teilzeit- (gerundet) studiengänge Bachelorstudiengänge 315 14 4,5 % Masterstudiengänge 268 54 20,2 % Insgesamt 583 68 11,7 %