Drucksache 16/2055 20. 02. 2013 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Andreas Hartenfels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten Überwachungsmethodik beim Gewässerschutz Die Kleine Anfrage 1335 vom 24. Januar 2013 hat folgenden Wortlaut: Die Universität Landau hat die bisherige Überwachungsmethodik beim Gewässerschutz nach einem Bericht des SWR vom 15. Januar 2013 als „ungeeignet“ bezeichnet, um Insektengifte nachzuweisen. Demnach seien festgestellte Null-Belastungen deshalb zu verzeichnen gewesen, weil zu falschen Zeitpunkten gemessen wurde. Problematisch sei die Belastung für die Gewässer insbesondere dann, wenn es zu kurzen und intensiven Insektizideinsätzen komme. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Welche Haupteintragsquellen durch Pflanzenschutzmittel in die Gewässer sind in Rheinland-Pfalz bekannt? 2. Wie wird die Messung von Gewässerbelastungen durch Pflanzenschutzmittel derzeit vorgenommen (Überwachungsmethodik)? 3. Werden bei den bisherigen Messungen kurze und intensive Pestizideinsätze berücksichtigt (z. B. durch zielgenaue, saisonal abgestimmte Messungen auf Kläranlagen)? 4. Wie können genaue Messergebnisse künftig sichergestellt werden? 5. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um die Gewässerbelastungen durch Pflanzenschutzmittel zu verringern? Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 19. Februar 2013 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Grundsätzlich kann man Einträge aus „diffusen Quellen“ und aus „Punktquellen“ unterscheiden. Einträge aus „diffusen Quellen“ gelangen über Abschwemmung von behandelten landwirtschaftlichen Flächen, durch Abläufe aus Drainagen oder durch direkte Abdrift bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in die Oberflächengewässer. Sie sind in Rheinland-Pfalz von geringer Bedeutung. Einträge aus „Punktquellen“ gelangen als Abläufe von kommunalen Kläranlagen, durch Hofabläufe oder durch Abschwemmung von Pflanzenschutzmitteln von befestigten, an das Kanalnetz angeschlossene Flächen in die Gewässer. Einträge aus „Punktquellen“ haben die größte Bedeutung für die Kontamination von Oberflächengewässern. Hierbei verursachen vermutlich nicht fachgerechter Umgang mit Pflanzenschutzmitteln bzw. unsachgemäße Spritzenreinigung auf den Hofflächen, unerlaubte Bekämpfung von Pflanzenbewuchs auf befestigten Flächen (Höfe und Plätze, Einfahrten, Gehwege, Abflussrinnen etc.) sowie abgeschwemmte Pflanzenschutzmittel-Tropfverluste von Straßen und befestigten Wirtschaftswegen die höchsten Einträge. Mehrere Pflanzenschutzmittelwirkstoffe sind auch in Bioziden enthalten, die vielfältig Verwendung finden (Algen-, Schimmel-, Schädlingsbekämpfung, Gebäudeanstriche, Baumaterialien etc.). Sie gelangen durch Aus- bzw. Abwaschung über das Kanalnetz sowie die Kläranlagen in die Gewässer. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 13. März 2013 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/2055 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu Frage 2: Die Gewässerüberwachung auf Pflanzenschutzmittel (PSM)-Wirkstoffe in Rheinland-Pfalz folgt mindestens den Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie und Oberflächengewässer-Verordnung (OGewV) bzw. geht in fachlich begründetem Umfang deutlich darüber hinaus. Es ist zu unterscheiden zwischen Überblicksüberwachung und operativer Überwachung. Die Überblicksmessstellen sind mit Ausnahme der Sauer-Mündung automatische Messstationen mit Einrichtungen zur zeitüberdeckenden Probenahme. Dort werden PSM-Wirkstoffe in 14-Tagesmischproben untersucht, alle stofflichen Einträge werden lückenlos erfasst. Nach diesem Modus wird auch eine operative Trendmessstelle an der Selz bei Ingelheim seit 1997 zeitüberdeckend untersucht. Die übrigen operativen PSM-Messstellen werden gemäß Anforderung der OGewV mindestens in monatlichen Stichproben untersucht, in der Anwendungskampagne für PSM-Wirkstoffe von April bis Oktober kommen zusätzliche Proben in 14-tägigem Abstand hinzu. Ca. zehn bis zwölf operative Messstellen werden jeweils ein Jahr lang untersucht, ein Teil in mehrjährigem Rhythmus wiederholt. Durch diese Vorgehensweise wird die Gewässerbelastung an allen Gewässern vergleichbar und mit hinreichender statistischer Sicherheit überwacht. Die Überprüfung der Einhaltung von Umweltqualitätsnormen gemäß OGewV erfolgt anhand von Jahresmittelwerten und bei prioritären Stoffen zusätzlich von Jahreshöchstwerten. Zu Frage 3: Bei den Messstellen mit kontinuierlichen Probenahmen werden alle Einträge erfasst. Bei den Messstellen mit Stichprobenahme können naturgemäß nicht alle Einzelereignisse erfasst werden. Allerdings ist durch die Häufigkeit der Probenahme und durch das Zeitregime sichergestellt, dass die Einzugsgebiete von ca. 100 bis 500 km² hinsichtlich ihrer Belastungen vergleichbar abgebildet werden und fachlich vergleichbar bewertet werden können. Im Rahmen eines Leuchtturmprojektes (unter Federführung des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten) werden seit 2009 in einigen Oberflächenwasserkörpern in Rheinland-Pfalz kommunale Kläranlagen gezielt und zeitüberdeckend in 14-Tagesmisch proben auf PSM-Wirkstoffe überwacht. Eine zielgenaue, an einzelnen Pflanzenschutzmitteleinsätzen orientierte, saisonale Abstimmung ist für eine behördliche Überwachung nicht zielführend, da die unterschiedlichen Pflanzenschutzmaßnahmen nicht überall und nicht gleichzeitig erfolgen. Die ganzjährige Untersuchung der gesamten eingesetzten Wirkstoffpalette stellt aber sicher, dass einzugsgebietsbezogen realistische Belastungsszenarien abgebildet werden. 2010 umfasste die Wirkstoffpalette 83 Herbizide, 60 Fungizide, 38 Insektizide, zwei Biozide und sechs Arzneimittelwirkstoffe. Die Liste der zu untersuchenden Wirkstoffe wird regelmäßig den aktuellen Erfordernissen angepasst. Die Ergebnisse der Überwachung können beispielhaft in den Berichten des Landesamtes für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht (LUWG) im Internetportal des LUWG nachgelesen werden: (http://www.luwg.rlp.de/Service/Downloads/ Wasserwirtschaft/Ueberwachung-der-Fliessgewaesser/). Zu Frage 4: Unter Beibehaltung der personellen und finanziellen Handlungsspielräume der Überwachungsbehörden bleibt eine fachlich fundierte landesweite Messung der Einträge von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen wie bislang möglich. Zu Frage 5: Berufsmäßige Anwender von Pflanzenschutzmitteln werden ständig durch die Pflanzenschutzberater an den Dienstleistungszentren Ländlicher Raum (DLR) in Rheinland-Pfalz intensiv zur Problematik des Wasserschutzes beraten. Dabei werden die Pflanzenschutzmittelanwender (Landwirte, Gartenbauer, Winzer) während der Vegetationsperiode auf die einzuhaltenden Regeln der guten fachlichen Praxis im Pflanzenschutz hingewiesen (über Warndienste, Fay- und Internetangebote der DLR). Ferner werden spezielle Workshops zur Applikationstechnik angeboten, die Wissen und Regeln beim Umgang mit Pflanzenschutzmitteln und der Reinigung von Pflanzenschutzgeräten vermitteln. Haus- und Kleingärtner erhalten Beratung zum Umgang und Einsatz von Pflanzenschutzmitteln durch die Gartenakademie Rheinland-Pfalz am DLR Rheinpfalz. Im Rahmen des angesprochenen Leuchtturmprojekts werden die in den betroffenen Einzugsgebieten wirtschaftenden landwirtschaftlichen Betriebe speziell zur Vermeidung von Pflanzenschutzmitteleinträgen intensiv fachlich beraten. Ferner wurde am DLR Rheinpfalz ein großes Projekt zur Entwicklung von speziellen Reinigungsplätzen für Pflanzenschutzgeräte gestartet. In Vertretung: Dr. Thomas Griese Staatssekretär