Drucksache 16/2194 03. 04. 2013 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Wolfgang Reichel (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Spielhallen und Spielsucht entgegenwirken Die Kleine Anfrage 1440 vom 12. März 2013 hat folgenden Wortlaut: Immer mehr Spielhallen werden bundesweit angesiedelt. Sie entstehen entweder in den Innenstädten, in Gewerbegebieten und besonders auch in der Nähe von Autobahnen. Es gibt Auflagen, die die Spielhallenbetreiber einhalten müssen. Vor-Ort-Besichtigungen zeigen aber, dass diese nur halbherzig erfüllt werden, z. B. wenn Geldautomaten weiterhin unmittelbar vor dem Eingangsbereich der Spielhallen aufgestellt werden, um damit die Auflage Außenbereich zu erfüllen. Auch das eigentliche Werbeverbot wird umgangen, indem mit Sprüchen: „Bei uns gibt es keinen Alkohol!“ dennoch geworben wird. Gerade für suchtabhängige oder mindestens suchtgefährdete Menschen steigt das Risiko der unkontrollierten Geldausgabe damit erheblich. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Kontrollmöglichkeiten bestehen seitens der Ordnungsbehörden, um die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften zu über- prüfen bzw. welche Sanktionsmöglichkeiten sind bei Nichteinhaltung möglich? 2. Wie wird Werbung definiert und was fällt unter das Werbeverbot für Spielhallen? 3. Wie kann der Suchtgefährdung durch Spielautomaten mehr als bisher – zum Beispiel durch eine Intensivierung der Auf- klärungsmaßnahmen – vorgebeugt werden? 4. Welche gesetzlichen Änderungen zur Bekämpfung der Spielsucht wären notwendig? 5. Wie viele Therapieplätze stehen in Rheinland-Pfalz zur Spielsuchtbekämpfung zur Verfügung und wie hoch ist die Nachfrage bzw. wie lang ist die Wartezeit? 6. Welche Möglichkeiten hat die Landesregierung, die Ausbreitung von Spielhallen zu verhindern? Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 2. April 2013 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die (örtlichen) Ordnungsbehörden haben keine originären Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten gegenüber Spielhallen. Dies schließt nicht aus, dass sie zur Prüfung der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften durch die Betreiberinnen und Betreiber von Spielhallen im Wege der Amtshilfe für die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion tätig werden. Die Überprüfung gewerberechtlicher Vorgaben unterliegt der Kompetenz der Gewerbeämter. Die Kontrolle der Einhaltung der ordnungsrechtlichen Anforderungen für die Errichtung und den Betrieb einer Spielhalle nach § 11 des Landesglücksspielgesetzes wird durch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion sichergestellt. Ihr stehen dabei die Aufsichtsbefugnisse nach § 13 des Landesglücksspielgesetzes zur Verfügung. Parallel hierzu besteht unter den Voraussetzungen des § 16 des Landesglücksspielgesetzes die Möglichkeit zur Durchführung eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens. Zu 2.: Gemäß § 2 der auf § 5 Absatz 4 Satz 1 des Glücksspielstaatsvertrags beruhenden Werberichtlinie (MinBl. 2013, S. 102 ff.) vom 7. Dezember 2012 ist Werbung im Sinne dieser Richtlinie „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handelsgewerbes, Handwerks oder freien Berufes mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern“. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 6. Mai 2013 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/2194 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Die Frage, was unter das Werbeverbot für Spielhallen fällt, lässt sich nicht generalisierend beantworten. Die Beurteilung dieser Frage orientiert sich vielmehr im Einzelfall an der vorgenannten Richtlinie unter Berücksichtigung der Anforderungen des § 5 des Glücksspielstaatsvertrags. Zu 3.: Mit dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag und dem Landesglücksspielgesetz aus dem Jahr 2012 wurden auch Regelungen für die Spielhallen getroffen. So enthält § 11 des Landesglücksspielgesetzes – neben den in der Antwort zu Frage 6 genannten ordnungsrechtlichen Regulierungsansätzen – auch Vorgaben zum Jugend- und Spielerschutz. Demnach sind die Veranstalter von öffentlichen Glücksspielen verpflichtet, gemäß § 6 des Glücksspielstaatsvertrags ein Sozialkonzept zu entwickeln und das Personal in Fragen des Spieler- und Jugendschutzes zu schulen. Die Schulungen sollen das Personal befähigen, die Spieler zu verantwortungsbewusstem Spielen anzuhalten und der Entstehung von Glücksspielsucht vorzubeugen. Auch die Möglichkeit einer freiwilligen Selbstsperre kann zum Spielerschutz beitragen. Durch Einlasskontrollen soll ausgeschlossen werden, dass sich Minderjährige in einer Spielhalle aufhalten. Gleichzeitig soll auch der Abgleich mit der Sperrliste, die Spielhallen zu führen verpflichtet sind, erfolgen. Darüber hinaus werden die seit dem Jahr 2008 eingeleiteten suchtpräventiven Maßnahmen fortgeführt. Zu 4.: Der ordnungsrechtliche Regulierungsansatz des Landesglücksspielgesetzes zum gewerblichen Automatenspiel tritt ergänzend neben die automatenbezogenen Regelungen des Bundes in der Spielverordnung. Die Spielverordnung enthält unter anderem Regelungen über die höchstzulässige Zahl von Gewinnspielgeräten pro Aufstellungsort, den einzuhaltenden Mindestabstand zwischen den Geräten, Spielanreizen (Gewinnaussichten) und Maximalverlusten. Eine vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie in Auftrag gegebene Evaluierung der Fünften Novelle der Spielverordnung durch das Münchener Institut für Therapieforschung (IFT) im Jahr 2010 hat Verbesserungsbedarf beim Spieler- und Jugendschutz beim gewerblichen Spiel aufgezeigt. Das Bundesministerium hat auf seiner Webseite einen Entwurf der Sechsten Verordnung zur Änderung der Spielverordnung vorgelegt (Stand: 21. Februar 2013), der Änderungsvorschläge aus dem Evaluationsbericht aufgreift. Zur Verbesserung des Spieler- und Jugendschutzes sind gemäß dem Verordnungsentwurf unter anderem folgende Maßnahmen vorgesehen : – Reduzierung der zulässigen Anzahl von Geldspielgeräten in Gaststätten von drei auf eins. – Einführung einer personenungebundenen Spielerkarte. – Einführung einer Spielunterbrechung nach drei Stunden Spieldauer mit Nullstellung der Geräte. – Verbot des Hochladens von Punkten (sogenanntes „Vorheizen“) durch das Personal der Spielstätte. – Umsetzung des Unterrichtungsnachweises für Aufsteller von Geldspielgeräten. Die Ermächtigungsgrundlage hierfür wurde durch das Gesetz zur Änderung der Gewerbeordnung und anderer Gesetze vom 5. Dezember 2012 geschaffen. Aus Gründen des Jugend- und Spielerschutzes wären weiter reichende Maßnahmen wünschenswert. Dazu zählen die Verlängerung der Spieldauer des Einzelspiels (geringere Ereignisfrequenz), die Einführung einer personengebundenen Spielerkarte, die gesetzliche Verankerung des Verbots des Spielens an mehr als an einem Gerät, die Einführung einer Spielunterbrechung nach einer Stunde und die Absenkung des Maximalverlusts pro Stunde. Zu 5.: Mit der Verstärkung der Suchtberatungsstellen durch Mittel für 15 zusätzliche Vollzeitstellen für die Glücksspielsuchtprävention und Beratung im Jahr 2008 stieg die Zahl der Klientinnen und Klienten in den letzten Jahren stetig an (2008: 310 Klientinnen und Klienten; 2011: 736 Klientinnen und Klienten). Daher ist auch von einem Anstieg der Zahl der Weitervermittlungen in eine Behandlung auszugehen. Eine Behandlung von Glücksspielsüchtigen kann stationär in einer Fachklink stattfinden, da Glücksspielsucht eine von den Leistungsträgern anerkannte Krankheit ist. Je nach Störungsbild kommt eine Fachklinik für Abhängigkeitserkrankungen oder eine psychosomatische Fachklinik in Frage. In Rheinland-Pfalz werden im Rahmen der medizinischen Rehabilitation Suchtkranker in verschiedenen Fachkliniken Behandlungsangebote für pathologische Spielerinnen und Spieler vorgehalten. Eine Bezifferung der vorgehaltenen Plätze ist nicht möglich, da sich das Angebot nach der aktuellen Nachfrage richtet. Diese bedarfsorientierte Regelung erlaubt eine flexible Belegung. Eventuelle Wartezeiten sind nicht bekannt. Darüber hinaus hält die Ambulanz für Spielsucht der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz ein Angebot vor, das Beratung und ambulante therapeutische Behandlung verbindet. 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/2194 Zu 6.: Die in § 11 des Landesglücksspielgesetzes enthaltenen ordnungsrechtlichen Anforderungen an die Errichtung neuer Spielhallen – insbesondere das Verbot von Mehrfachkonzessionen, die Einhaltung eines Mindestabstandes von 500 Metern Luftlinie zu einer anderen Spielhalle oder zu einer Einrichtung, die überwiegend von Minderjährigen besucht wird – werden mit dazu beitragen, dass eine „Ausbreitung von Spielhallen“ nicht zu erwarten ist. Bei dieser Annahme ist mit zu berücksichtigen, dass nach Ablauf einer Übergangszeit von fünf Jahren grundsätzlich auch der weitere Betrieb von Bestands-Spielhallen an den ordnungsrechtlichen Anforderungen des § 11 des Landesglücksspielgesetzes zu messen sein wird. Alexander Schweitzer Staatsminister 3