Drucksache 16/2197 05. 04. 2013 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 6. Mai 2013 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Pia Schellhammer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Nutzung von Open-Source-Software in der öffentlichen Verwaltung voranbringen Die Kleine Anfrage 1448 vom 18. März 2013 hat folgenden Wortlaut: Durch den Einsatz von Open-Source-Software (OSS) kann die Abhängigkeit von einzelnen Software-Herstellern vermieden und eine verbesserte Interoperabilität von Softwaresystemen sichergestellt werden. Ein Teil der Server des Landesbetriebs Daten und Information (LDI) läuft mit Betriebssystemen auf Basis von OSS. Auch einige der landeseigenen Internetseiten funktionieren auf Basis eines frei entwickelten Content-Management-Systems. Begleitend zu den Haushaltsberatungen im vergangenen Jahr hat der Landtag die Landesregierung aufgefordert, in geeigneten Bereichen den Einsatz offener und freier Software voranzubringen. Ich frage daher die Landesregierung: 1. Welche Erfahrungen hat die Landesregierung mit Open-Source-Software gemacht? Welche Entwicklungspotenziale lassen sich davon ableiten? 2. Wie hoch ist der Anteil der Server des LDI, die auf der Basis von OSS betrieben werden? 3. Konnte innerhalb des letzten Jahres eine Steigerung des Anteils von Servern, die auf Basis von OSS betrieben wurden, erreicht werden? Wenn ja, wie hoch war die Steigerung? 4. Wie hoch ist der Anteil der landeseigenen Internetseiten, die auf Basis von OSS betrieben werden? 5. Gab es bezüglich der landeseigenen Internetseiten, die mit OSS betrieben werden, eine Steigerung und wie hoch war diese? 6. Welche OSS-Anwendungen auf Arbeitsplatzrechnern gibt es bisher innerhalb der öffentlichen Verwaltung und wo werden sie angewendet? 7. Welche konkreten Projekte – entsprechend der Aufforderung des Antrags während der Haushaltsberatungen – sind in Planung? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 3. April 2013 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: In der Landesverwaltung spielt Open-Source-Software (OSS) in dafür geeigneten Bereichen eine bedeutende Rolle. Hierzu wurden bereits im Jahr 2006 in einem ressortübergreifenden Abstimmungsprozess unter Beteiligung des Landesbetriebs Daten und Information (LDI) die Grundzüge und Leitlinien zum OSS-Einsatz erarbeitet. Wesentliches Ziel hierbei war, jeweils das richtige Werkzeug zum richtigen Zweck zu nutzen. Drucksache 16/2197 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Die Erfahrungen beim Einsatz von OSS sind überwiegend als positiv zu beurteilen. Beispielhaft hierfür sind die folgenden Projekte zu nennen: – Migration des Landesportals (rlp.de) von einem proprietären Content-Management-System (CMS) auf die OSS „TYPO3“1). – Realisierung des Open-Government-Data-Portals mittels der OSS „CKAN“. – Realisierung der Kommunikations- und Informationsplattform der Geodateninfrastruktur Rheinland-Pfalz (geoportal.rlp) auf Basis von OSS. – Migration aller Arbeitsplätze der Vermessungs- und Katasterverwaltung von Windows nach Linux.2) In Bezug auf das OSS-Content-Management-System (CMS) „TYPO3“, auf dessen Basis mittlerweile die meisten Internetseiten der Landesverwaltung aufbauen, sowie auf das Open-Government-Data-Portal des Landes, das mittels der OSS „CKAN“ betrieben wird, erlaubt der offen liegende Quellcode beider Systeme die stetige Weiterentwicklung und Anpassung an die Gegebenheiten der Landesverwaltung . Diese profitiert hierbei von den technischen Entwicklungen einer großen Programmierer-Community, die für nahezu alle denkbaren Anwendungsfälle bereits fertige Lösungen entwickelt und diese unter Open-Source-Lizenzen veröffentlicht hat. Diese Erweiterungen lassen sich schneller und kostengünstiger in die vorhandenen Systeme integrieren, als dies bei proprietären Systemen der Fall wäre. Generell hat sich OSS in den Bereichen Serverbetriebssysteme, Middleware-Komponenten, Webserver und Datenbanken bewährt. Jedoch ist auch in diesen Bereichen beim Einsatz von OSS nicht immer eine vollständige Interoperabilität bzw. Unabhängigkeit von Softwareherstellern gegeben. So bestehen auch in diesen Fällen Abhängigkeiten zu den Anbietern der einzelnen Distributionen wie z. B. SuSE und RedHat. Die Landesregierung wird auch weiterhin eine aufgaben- und zielorientierte OSS-Strategie verfolgen. OSS wird überall dort zum Einsatz kommen, wo dies zweckmäßig und wirtschaftlich ist. Die wichtigsten Ziele, die mit dem Einsatz von OSS verfolgt werden, sind regelmäßig die Interoperabilität von Softwaresystemen und die Vermeidung bzw. Durchbrechung von Herstellerabhängigkeiten (sog. „Lock-in-Effekt“). Hierzu leisten offene Standards, die regelmäßig in OSS, jedoch mittlerweile auch verstärkt in proprietärer Software implementiert werden (z. B. Dokumentenformate , Protokolle und Schnittstellen), einen wichtigen Beitrag. Eine entsprechende Zielsetzung wird daher auch mit der OSS-Strategie des Landes verfolgt. In diesem Zusammenhang beteiligt sich die Zentralstelle für IT, Multimedia, eGovernment und Verwaltungsmodernisierung (ITZentralstelle ) aktiv in länderübergreifenden Gremien, wie z. B. der KoSIT, sowie an der Diskussion und Weiterentwicklung von Standardisierungsframeworks wie z. B. SAGA, die insbesondere die Interoperabilität und Herstellerunabhängigkeit von IT-Systemen zum Ziel haben. Zu Frage 2: Im Februar 2013 wurden im LDI von insgesamt 1 509 Servern 34 Prozent auf der Basis von OSS betrieben. Zu Frage 3: Von 2012 auf 2013 konnte im LDI keine Steigerung des prozentualen Anteils der Server auf der Basis von OSS erreicht werden. Dies ist im Wesentlichen darin begründet, dass im Jahr 2012 die Mehrzahl der Fachverfahren, die im Rahmen von Konsolidierungsprojekten in den LDI verlagert wurden, auf Servern mit anderen Betriebssystemen betrieben wird. Im Vergleich zu den OSSbasierten Servern im LDI hat dies zu einer Erhöhung der absoluten Anzahl dieser Server geführt. Dagegen konnte die Anzahl der Server mit einem OSS-Betriebssystem im LDI aufgrund LDI-interner Konsolidierungsmaßnahmen reduziert werden. Diese Entwicklung kann sich abhängig von den anstehenden Betriebsprojekten im nächsten Jahr bereits wieder verändern. 2 1) Alle Ministerien bis auf MJV und MWKEL nutzen ebenfalls TYPO3 als CMS für ihre Internetauftritte, daneben eine Vielzahl von Behörden im nachgeordneten Bereich. 2) Zum Zeitpunkt der Migration wurden etwa 1 900 PCs und Laptops umgestellt. Nach Umstrukturierungen in der Vermessungs- und Katasterverwaltung ist die Anzahl der PCs und Laptops auf ca. 1 500 gesunken. Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/2197 Die Einzelheiten zur Entwicklung des Anteils der Server mit einem OSS-Betriebssystem im LDI sind aus der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen: Februar 2011 Januar 2012 Februar 2013 Anzahl der Server 460 37 % 561 40 % 514 34 % mit OSS-Betriebssystemen Anzahl der Server 777 63 % 840 60 % 995 66 % mit anderen Betriebssystemen Summe 1 237 100 % 1 401 100 % 1 509 100 % Zu Frage 4: Der LDI betreibt und betreut im Auftrag der IT-Zentralstelle die zentrale OSS-basierte TYPO3-Instanz der CD-konformen Internetauftritte der Landesverwaltung. Zurzeit werden auf dieser Plattform 53 Auftritte der Landesbehörden betrieben. 292 Domains /Subdomains verweisen auf die Inhalte dieser Auftritte. Für die nicht CD-konformen Auftritte (12) bietet der LDI ein reines Hosting auf TYPO3-Basis an. 148 Domains/Subdomains verweisen auf die Inhalte dieser Auftritte. Mit einem proprietären CMS werden derzeit insbesondere noch die Internetpräsenzen der Justiz und der Polizei betrieben. Zu Frage 5: Die absolute Anzahl der landeseigenen Internetseiten, die unter TYPO3 betrieben wurden, hat sich seit Mitte des Jahres 2012 nicht mehr erhöht. Jedoch wurden eine Reihe von bisher separat gehosteten Auftritten in die zentrale TYPO3-Plattform der Landesverwaltung integriert. Zu Frage 6: OSS kommt in der Landesverwaltung in der Mehrzahl der Ressorts und Behörden auch am Arbeitsplatz zum Einsatz. Im Rahmen einer aktuell durchgeführten Umfrage wurden insbesondere die nachfolgenden Anwendungen genannt: – OpenOffice, LibreOffice (Office-Suiten) – PDFCreator/Ghostscript (PDF-Konverter) – Mozilla Firefox und Chrome (zum Internet Explorer alternative Browser) – 7-Zip (Datenkomprimierungsprogramm) – Audacity (Bearbeitung von Audiodateien) – VLC (Media Player u. a. zur Übertragung des Landtagsfernsehens) – Greenshot (Erstellung von Screenshots) – Filezilla, WINSCP (ftp-Clients) – Keepass (Passwortmanager) – GIMP (Bildbearbeitungssoftware) – Scribus (DTP-Programm) – Inkscape (vektorbasiertes Zeichenprogramm) – notepad++ (Texteditor) – Quantum GIS/GRASS (Geografisches Informationssystem) – WinMerge (Dateiverwaltungstool) – TortoiseSVN (Versionsverwaltungsdienst – Subversion Client) – PuTTY (Terminalemulator) – Trac, Gantt Project, OpenProj (Projektmanagementanwendungen) – TrueCrypt (Verschlüsselung) – FreeMind (Mindmapping) – UltraVNC (Fernwartung). 3 Drucksache 16/2197 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Darüber hinaus kommen auch OSS-Serverlösungen und Client-Betriebssysteme in einzelnen Ressorts und Dienststellen zum Einsatz . Im Einzelnen handelt es sich hierbei insbesondere um die nachfolgend genannten Anwendungen: – OpenLDAP (Verzeichnisdienst) – Apache Tomcat (Webserver) – Open-Xchange (Groupware) – MySQL (DBMS) – PostgreSQL (DBMS) – Nagios (Überwachungswerkzeug für Server und Netzwerk) – Apache Subversion (Versionsverwaltungsdienst) – Mapbender und OpenLayers (Web-GIS-Bereich) – QGIS (Desktop-GIS-Bereich) – MediaWiki (Wiki) – Moodle (objektorientiertes Kursmanagementsystem) – Ubuntu (Linux-Distribution) – Debian (Linux-Distribution) – SuSE (Linux-Distribution) – Liferay (Portalanwendung). Im Geschäftsbereich der Polizei beruht das Kommunikationsgateway (Übergang vom Polizeinetz in das Internet) mit seinen Komponenten (Firewall, Proxy, Auswerteprogramme) auf OSS. Ebenfalls bauen die Zugriff-Clients der Anti-Terror-Datei auf OSS auf. Im Geschäftsbereich der Vermessungs- und Katasterverwaltung werden rund 90 Prozent der eingesetzten Arbeitsplatz-PCs unter den Betriebssystemen SuSE Linux und Debian Linux betrieben. Basis für die Softwareverteilung und Systemverwaltung ist die OSSSystemmanagement -Lösung „Smart Client“. Die im Rahmen von Telearbeit genutzten Thin-Client-Arbeitsplätze operieren ebenfalls mit einem angepassten SuSE-Betriebssystem (IGEL-Linux). Für die E-Mail-Kommunikation wird clientseitig ausschließlich das Programm „KMail“ sowie die Software „Open-Xchange“ eingesetzt. Als Fachanwendungen sind mit Ausnahme einiger spezieller geodätischer oder photogrammetrischer Software, für die es keine OSSAlternativen gibt, beispielsweise folgende Anwendungen produktiv im Einsatz: Helpdesk/Issue-Tracking-System „Open Ticket Request System“ (OTRS); Quantum GIS; Bildbearbeitungsprogramme wie GIMP, KolourPaint und mtPaint; Scanprogramm XSaneb. Darüber hinaus werden mit Ausnahme eines einzigen Servers die Geobasisdaten webbasiert auf Grundlage von OSS bereitgestellt (SuSE-Linux Enterprise Server, Debian Lenny, Apache und Tomcat, OpenLayers-Client, UMN Mapserver, deegree, Geoserver, FWTools, GDAL, PostgreSQL/PostGIS-Datenbank). Im Rahmen des Aufbaus der Geodateninfrastruktur Rheinland-Pfalz (GDI-RP) wurden OSS-Komponenten (insbesondere Betriebssysteme , Datenbanken, Webserver, Kartenserver) z. B. im Bereich des ISIM, MWKEL, MBWWK, MSAGD sowie auch bei Kommunen und Städten eingerichtet. Neben den beschriebenen verteilten Systemen basiert auch das zentrale Geoportal des Landes komplett auf OSS. Das Portal wurde von Rheinland-Pfalz entwickelt und wird derzeit auch vom Saarland und Brandenburg sowie in landeseigenen Projekten eingesetzt . Das Land profitiert über die große Community von Anwendern an den von diesen betriebenen Weiterentwicklungen und umgekehrt. Als Fazit der letzten sieben Jahre lässt sich festhalten, dass ohne den intensiven Einsatz von OSS der Aufbau der Geodateninfrastruktur des Landes so nicht möglich gewesen wäre. Der Einsatz von OSS ist jedoch allein noch kein Garant für den Erfolg eines Softwareprojekts. Es ist vielmehr ein Zusammenspiel von offenen Standards und lizenzkostenfreier Software, die ein effizientes E-Government ermöglichen. Dies schließt die Verwendung proprietärer, kostenpflichtiger Software nicht aus. Zu Frage 7: Derzeit planen weitere Ressorts die Migration ihrer Internet- und Intranet-Umgebungen in die zentrale TYPO3-Umgebung. Grundsätzlich wird im Vorfeld von Softwareprojekten geprüft, ob diese mit OSS abgedeckt werden können. Im Rahmen der Ablösung oder Migration von Altverfahren wird grundsätzlich der Einsatz von OSS angestrebt. Kommerzielle neue Anwendungen werden nur beschafft, wenn OSS-Alternativen für die Erfüllung der jeweiligen Anforderung nicht vorhanden sind bzw. sich nur mit unverhältnismäßig hohem finanziellen und personellen Weiterentwicklungsaufwand an die fachlichen Erfordernisse anpassen lassen. In Vertretung: Heike Raab Staatssekretärin 4