Drucksache 16/2294 zu Drucksache 16/2167 03. 05. 2013 A n t w o r t des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur auf die Große Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/2167 – Inklusion und Bildung Die Große Anfrage vom 21. März 2013 hat folgenden Wortlaut: Die Entwicklung des Bildungssystems hin zu mehr Inklusivität ist eine der derzeit dringlichsten bildungspolitischen Aufgaben. Das gebietet nicht nur die Verabschiedung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung, sondern auch unsere politische Verantwortung für die Zukunftschancen aller Kinder. In Rheinland-Pfalz ist daher beim Thema Inklusion bereits Vieles auf den Weg gebracht worden. Gleichwohl sorgen die damit verbundenen, zum Teil tiefgreifenden Veränderungen auch für Verunsiche rung. Deshalb müssen wir unsere Überlegungen zur Schaffung neuer Rahmenbedingungen von Bildung eng an der Lebenswelt der betroffenen Schülerinnen und Schüler orientieren, an ihren Familien und unmittelbaren Be zugs - personen sowie an ihrem Umfeld in der professionellen Betreuung. Und umso wichtiger ist es, alle von diesen Prozessen Betroffenen in deren Gestaltung mit einzubeziehen. Diese Multiperspektivität war bei der Erstellung der vorliegenden Großen Anfrage von zentraler Bedeutung. Inklusion braucht Zusammenarbeit Dass Menschen verschieden sind, bereichert das Zusammenleben in der ganzen Gesellschaft. Diese Sichtweise greift die UN-Konvention für Menschen mit Behinderungen auf, indem sie Menschen mit und ohne Behinderungen das Recht auf gesellschaftliche Teilhabe gleichermaßen garan tiert. Darüber hinaus steht der Begriff „Inklusion“ für soziale Gerechtigkeit und ein höheres Maß an Zufriedenheit für alle Mitglieder der Gesellschaft. Voraussetzung dafür ist, dass alle Menschen – mit oder ohne Behinderung und Unterstützungsbedarf – barrierefrei und ohne Diskriminierung an der Gesell schaft teilhaben und gleichberechtigt zusammenleben können: unabhängig von Herkunft, Weltanschauung, sexueller Identität, von Fähigkeiten und Bedürfnissen. Für die Umsetzung von Inklusion ist eine Gesamtplanung erforderlich, in die unterschiedlichste Bereiche wie Wohn- und Quartiers planung, Verkehrs- und Stadtplanung, Sozial- und Jugend - hilfeplanung, Schulentwicklungs-, Gesundheits- und Infrastrukturplanung einfließen. Davon betroffen ist nicht zuletzt die Bildungslandschaft – auch in Rheinland-Pfalz. Wir fragen deshalb nach der Qualität unseres Bildungssystems, weil wir es stärken wollen. Folgende Bereiche sind für uns dabei von besonderem Interesse: – die öffentliche Zugänglichkeit unserer Einrichtungen. Wir wollen, dass alle jungen Menschen sie besuchen können. Barrieren jedweder Art müssen abgebaut werden; – die Stärkung und der Ausbau von Partizipationselementen. Nur, wenn alle Beteiligten auf Augenhöhe bei der Gestaltung der Lern- und Lebenswelt mitwirken, entsteht das Klima, das auch bürgerschaftliches Engagement fördert und Kita und Schule mit der Kommune verbindet ; – die Selbstständigkeit der Institutionen. Eine eigene Profilierung ermöglicht es ihnen, gemein - sam Kreativität zu entfalten, Kompetenzen zu erweitern und demokratische Strukturen zu entwickeln; – die institutionelle Verankerung von Kooperationen der unterschiedlichen mit Bildung, Förderung und Inklusion befassten Berufsgruppen. Nur so ist eine optimale Koordinierung von unterstützenden Maßnahmen zu erreichen. Kinder mit und ohne Behinderung haben ein Recht auf inklusive Betreuung und Bil dung. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Wirksamkeit inklusiver Bildung lie gen seit vielen Jahren vor, die UN-Behindertenrechtskonvention hat Gesetzescharak ter. Pläne zu ihrer schrittweisen gesellschaftlichen Verwirklichung müssen zeitnah Ge stalt annehmen und umgesetzt werden , damit Rheinland-Pfalz barrierefrei wird und möglichst alle Kinder und Jugendlichen ihren Möglichkeiten entsprechend gefördert und gefordert werden können. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 16. Mai 2013 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/2294 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode I. Inklusion als Gegenstand von Lehramtsstudium und Weiterbil dung 1. Welche Wahl-, Wahlpflicht- und Pflichtveranstaltungen in den Lehramtsstudien gängen werden angeboten, die zieldifferenziertes Unterrichten zum Gegenstand haben? 2. Inwieweit sind bereits jetzt förderpädagogische Ausbildungsinhalte in die Regelschulausbildung integriert? 3. Welche Pläne hat die Landesregierung, um alle angehenden Lehrerinnen und Lehrer zu - künftig förderpädagogisch zu qualifizieren? Auch im Masterstudiengang? 4. Sieht die Landesregierung vor, verpflichtende Praktika an Förder- oder Schwerpunktschulen für angehende Lehrkräfte umzusetzen? In welchem Abschnitt der Ausbildung? 5. Soll die Ausbildung zum Förderschullehramt für die Arbeit an Schwerpunktschulen modi - fiziert werden? Wenn ja, wie? 6. Inwieweit werden in der Seminarphase Referendarinnen und Referendare auf die Schwerpunkt schule vorbereitet und werden ihre Lehrproben den spezifischen Anforderungen gemäß bewertet? 7. Welche Fortbildungen erhalten Schulleitungen und Kollegien für den Einstieg in die SPS? Wie werden sie weiterhin begleitet? 8. Welche Fort- und Weiterbildungsangebote gibt es für Förderschullehrerinnen und -lehrer für den unterrichtlichen Einsatz in den Sekun darstufen? 9. Welche Fort- und Weiterbildungsangebote zu den Themen zieldifferenter Unterricht und „Inklusion“ bestehen für Schulleitun gen und Lehrkräfte? Wer bietet diese Fortbildungen an? II. Multiprofessionelle Zusammenarbeit 10. Welche Formen der multiprofessionellen Zusammenarbeit bestehen bisher in Schulen? 11. Welche Fortbildungsangebote für multiprofessionelle Zusammenarbeit bestehen für Fach - kräfte und Lehrerinnen und Lehrer? 12. Durch welche weiteren Maßnahmen wird die interne Teambildung zwischen Lehrerinnen und Lehrern, Schulleitung, Integrationshelferinnen und -helfern sowie weiteren Fachkräften an Schulen entwickelt, um damit die multiprofessionelle Arbeit zu unterstützen? III. Inklusion in Grundschulen 13. Wie verteilen sich Geschlechtszugehörigkeit, Migrationshintergrund und der Bezug von SGB II-Leistungen auf die Schülerinnen und Schüler je nach Schulart (Schwerpunktschule und Förderschule)? 14. Wie hat sich die Anzahl der Gutachten, die einen besonderen Förderbedarf bei Grundschulkindern feststellen, in den letzten fünf Jahren entwickelt? 15. Werden Kinder, die während der Grundschulzeit von Förderschulen auf Schwer - punktschulen und umgekehrt wechseln, gezielt beraten und begleitet? Wenn ja: von wem? IV. Inklusion in weiterführenden Schulen 16. Welche Qualitätskriterien bestehen aus Sicht der Landesregierung für ein gelingendes inklusives Schulkonzept? 17. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass bewilligte Schulbauvorhaben den Bedarfen von Schwerpunktschulen gerecht werden, besonders im Hinblick darauf, dass diese nicht allein durch Barrierefreiheit abgedeckt werden, sondern Schwerpunktschulen für Förderangebote spezifische Räume benötigen? 18. Welche Entwicklungen gibt es bei Gymnasien auf dem Weg zur inklusiven Schule? V. Inklusion in den berufsbildenden Schulen 19. Wie viele Schülerinnen und Schüler mit festgestelltem Förderbedarf werden an der BBS unterrichtet? 20. Wie hoch ist ihre Verweildauer an der BBS? 21. Wie viele von ihnen haben in den letzten fünf Jahren welche Abschlüsse erreicht? 22. Welche Beratungen und Hilfeleistungen gibt es im Bereich der BBS, um Menschen mit Beeinträchtigungen den Übergang in die Berufswelt zu erleichtern? 23. Welche Unterstützungssysteme mit Beteiligung außerschulischer Einrichtungen (beispielsweise der Bundesagentur für Arbeit) helfen Schülerinnen und Schülern mit und ohne Schulabschluss beim Eintritt in die Berufswelt? 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/2294 VI. Partizipation: Beteiligungsmöglichkeiten von Eltern, Kindern und Familien 24. Wie bewertet die Landesregierung demokratische Beteiligungsformen für Schulkinder in weiterführenden Schulen insbesondere vor dem Hintergrund der Kinder mit Förderbedarf ? Gibt es konkrete Beispiele für Best Practice? 25. Welche Wünsche äußern Eltern im Gutachtenportal und wie verfährt die Landesregierung mit diesen Anregungen? 26. Inwieweit werden Schulen unterstützt, Behinderung – entsprechend der Leitgedanken der UN-Behindertenrechtskonvention – unter dem Gesichtspunkt der Vielfalt zu betrachten? Welche Informations- und Fortbildungsmöglichkeiten eröffnet das Land Eltern, die Inklusion im Bildungsbereich weiter befördern wollen? 27. Welche Informations- und Fortbildungsmöglichkeiten bieten sich Schülerinnen und Schü - lern, die sich für die inklusive Schule engagieren wollen? VII. Entwicklungsperspektiven 28. Wird die Landesregierung einen konzeptionellen Rahmen- und Umsetzungsplan für die Inklusion im Schulsystem – gemeinsam mit relevanten Akteuren – entwickeln? In welchem Zeitfenster? 29. Inwieweit beabsichtigt die Landesregierung, auf eine Berücksichtigung inklusiver Bildungs - angebote bei der kommunalen Schulentwicklungsplanung hinzuwirken? 30. Mit welchen Initiativen zur Unterstützung inklusiver Schulgestaltung wird die Landesregie - rung an die Schulträger herantreten? 3 Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur hat die Große Anfrage namens der Landesregierung – Zuleitungsschreiben der Chefin der Staatskanzlei vom 3. Mai 2013 – wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Lange vor Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention hat sich Rheinland-Pfalz mit dem schrittweisen Ausbau des Schwerpunktschulnetzes auf den Weg gemacht, inklusiven Unterricht systematisch, flächendeckend und wohnortnah in der Schullandschaft zu verankern. Die im Schuljahr 2012/2013 vorhandenen 255 Schwerpunktschulen und weitere Regelschulen mit inklusiven Angeboten bilden neben den 138 Förderschulen die grundlegenden Säulen des Bildungsangebots für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen bzw. sonderpädagogischem Förderbedarf. Der Prozentanteil der Schülerinnen und Schüler, der an Förderschulen unterrichtet wird, weist den drittniedrigsten Wert im Ländervergleich auf und ist ein Beleg dafür, dass die rheinland-pfälzischen Regelschulen eine bemerkenswerte Integrationsleistung erbringen . Gleichzeitig hat sich der Inklusionsanteil – also der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die gemeinsam mit nichtbehinderten Gleichaltrigen an Regelschulen unterrichtet werden – in den vergangenen Jahren deutlich erhöht . In Rheinland-Pfalz liegt der Inklusionsanteil aktuell bei fast 25 Prozent und somit über dem Bundesdurchschnitt (22,3 % im Schuljahr 2011/2012). Die Angebote des gemeinsamen Unterrichts für behinderte und nichtbehinderte Kinder und Jugendliche werden ausgeweitet, um eine Steigerung des Inklusionsanteils zu ermöglichen. Unsere Gesellschaft muss sich in ganz besonderer Weise daran messen lassen, wie sie für die volle gesellschaftliche und soziale Teilhabe von Menschen mit Behinderungen einsteht. Dazu sind der Dialog und die Kooperation mit allen Beteiligten notwendig. I. Inklusion als Gegenstand von Lehramtsstudium und Weiterbildung 1. Welche Wahl-, Wahlpflicht- und Pflichtveranstaltungen in den Lehramtsstudiengängen werden angeboten, die zieldifferenziertes Unter richten zum Gegenstand haben? 2. Inwieweit sind bereits jetzt förderpädagogische Ausbildungsinhalte in die Regelschulausbildung integriert? 3. Welche Pläne hat die Landesregierung, um alle angehenden Lehrerinnen und Lehrer zukünftig förderpädagogisch zu qualifizieren? Auch im Masterstudiengang? 5. Soll die Ausbildung zum Förderschullehramt für die Arbeit an Schwerpunktschulen modifiziert werden? Wenn ja, wie? Der Themenbereich „Heterogenität und Inklusion“ ist Gegenstand der Lehrkräfteausbildung in der ersten und in der zweiten Ausbildungsphase , in Studium und Vorbereitungsdienst. Für das Studium sind die Curricularen Standards für das Fach Bildungswissenschaften maßgebend. Insbesondere Modul 3 (Diagnos - tik, Differenzierung, Integration) bietet den curricularen Rahmen für Inklusion und Heterogenität. Dieses Modul gilt für die Lehr- Drucksache 16/2294 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode amtsstudierenden für Realschulen plus, für Gymnasien und für berufsbildende Schulen und beinhaltet die Grundelemente der Inklusion , wie z. B. die Diagnose und Förderung individueller Lernprozesse, individuelle Förderung und Differenzierung und Konzepte der Leistungsmessung. Für die Lehrämter an Grundschulen und an Förderschulen finden sich Entsprechungen in dem Fach Grundschulbildung mit Grundschulpädagogik sowie in dem Fach Sonderpädagogische Förderung. Damit wurde schon mit der Reform der Lehrkräfteausbildung in Rheinland-Pfalz ein besonderer Schwerpunkt auf die Qualifizierung angehender Lehrerinnen und Lehrer zum gemeinsamen Unterrichten aller Kinder gelegt. Für das Studium zum Lehramt an Förderschulen ist vor allem das Modul 4 „Übergreifende pädagogische Grundlagen sonderpädagogischer Förderung“ hervorzuheben, aber auch Modul 1 „Pädagogische und soziologische Grundlagen sonderpädagogischer Förderung“. In den Schwerpunkten sonderpädagogischer Förderung findet sich die Inklusionsthematik vor allem in den Modulen zu den Förderschwerpunkten „Lernen“ und „Sozial-emotionale Entwicklung “. Insbesondere im Fach Bildungswissenschaften und im Fach Grundschulbildung sollen die Curricularen Standards mit besonderer Hervorhebung der Inklusion weiterentwickelt werden. Für die zweite Phase der Lehrkräfteausbildung (Vorbereitungsdienst) ist das Thema „Heterogenität und Inklusion“ im Modul 2 (Sozialisation, Erziehung, Bildung) und im Modul 5 (Diagnose, Beratung und Beurteilung) festgeschrieben. Mit Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 6. Dezember 2012 wurde Inklusion als Bildungsinhalt für alle Lehrämter verankert . Es gilt ergänzend folgende Vorgabe: „Den pädagogischen und didaktischen Basisqualifikationen in den Themenbereichen Umgang mit Heterogenität und Inklusion sowie Grundlagen der Förderdiagnostik kommt eine besondere Bedeutung zu.“ Diese Festlegung ist zugleich Basis der Qualifizierungsmaßnahmen in Rheinland-Pfalz und wird Zug um Zug auch Eingang finden in die rechtlichen Grundlagen für die Lehrkräfteausbildung. Darüber hinaus arbeitet die Kultusministerkonferenz an Ergänzungen der inhaltlichen Vorgaben für die einzelnen Fächer und für die Bildungswissenschaften (sogenannte „Saarbrücker Beschlüsse“). Entsprechend der KMK-Beschlusslage werden die curricularen Vorgaben in Rheinland-Pfalz gegebenenfalls angepasst. 4. Sieht die Landesregierung vor, verpflichtende Praktika an Förder- oder Schwerpunktschulen für angehende Lehrkräfte umzusetzen? In welchem Abschnitt der Ausbildung? Alle Studierenden in den lehramtsbezogenen Bachelor- und Masterstudiengängen müssen zwei orientierende Praktika und ein vertiefendes Praktikum im Bachelorstudiengang sowie ein vertiefendes Praktikum im Masterstudiengang absolvieren. Bei den orien - tierenden Praktika können die Studierenden die Schule und somit auch die Schulart frei wählen. Die vertiefenden Praktika werden in Verantwortung der Fachleiterinnen und Fachleiter der Staatlichen Studienseminare durchgeführt. Sie finden auch an Schwerpunktschulen statt, und zwar im laufenden Schuljahr an 48 Grundschulen und 57 Realschulen plus und drei Integrierten Gesamtschulen . Praktika an Schwerpunktschulen oder Förderschulen sollten für möglichst viele Studierende Teil ihres Studiums werden, um sie auf eine inklusive Unterrichtspraxis vorzubereiten. Eine generelle Verpflichtung ist jedoch derzeit nicht umsetzbar, da Kapazitäts - grenzen der Schulen einer solchen entgegenstehen. 6. Inwieweit werden in der Seminarphase Referendarinnen und Referendare auf die Schwerpunktschule vorbereitet und werden ihre Lehrproben den spezifischen Anforderungen gemäß bewertet? Für die zweite Phase der Lehrkräfteausbildung, den Vorbereitungsdienst, gilt eine curriculare Struktur, die auch die Anforderungen von Inklusion und Heterogenität berücksichtigt. Inklusion wird dabei als Querschnittsthema im Sinne eines Qualifikationsanspruchs für alle Lehrämter und alle Ausbildungsfächer ausdrücklich benannt. In der Ausbildungspraxis des Vorbereitungsdienstes findet bereits teilweise eine Kooperation der Studienseminare für die Lehrämter an Grundschulen, an Realschulen plus, an Gymnasien und an berufsbildenden Schulen mit Expertinnen und Experten aus Förderschulen und Studienseminaren für das Lehramt an Förderschulen statt. Dieser kooperative Ansatz soll im Zuge der Umsetzung der curricularen Vorgaben für alle Lehrämter weiter ausgebaut werden. Die Feststellung der Lernvoraussetzungen in einer Lerngruppe und die daraus resultierenden Konsequenzen für die Planung des Unterrichts sind Grundvoraussetzung für Unterrichtsvorbereitung und -durchführung. Nur durch eine differenzierte Erhebung der Lernvoraussetzungen kann Unterricht individuell geplant und jedes Kind optimal gefördert werden. Dieser Aspekt spielt in der Reflexion nach den Unterrichtsbesuchen ebenso eine Rolle wie in den Bewertungen von Prüfungsunterricht. 7. Welche Fortbildungen erhalten Schulleitungen und Kollegien für den Einstieg in die SPS? Wie werden sie weiterhin begleitet? Bei der Ernennung neuer Schwerpunktschulen werden Schulleitungen und Kollegien in der Regel sechs Monate vor dem Start als Schwerpunktschule über ihren pädagogischen Auftrag informiert, sodass die Schulen über ausreichend Zeit verfügen, ein für sie passendes Konzept zu entwickeln. Zu diesem Zweck führt die Schulbehörde ein erstes ausführliches Gespräch mit der Schule, in dem sie über den erweiterten pädagogischen Auftrag grundlegend informiert. Darüber hinaus hat jede neue Schwerpunktschule Anspruch auf einen zusätzlichen schulinternen Studientag, welcher der Konzeptentwicklung und Steigerung der Handlungsfähigkeit im Hinblick auf inklusiven Unterricht dient. 4 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/2294 Die Beraterinnen und Berater für Integration/Inklusion unterstützen und begleiten den weiteren Unterrichts- und Schulentwicklungsprozess zur inklusiven Schule, indem sie passgenau Schulleitungen, Lehrkräfte sowie schulische Arbeits- und Steuerungsgruppen beraten. Dieses Beratungs- und Unterstützungsangebot kann von den Schwerpunktschulen jederzeit in Anspruch genommen werden und ist im Sinne einer nachhaltigen Schulentwicklung prozessorientiert und längerfristig angelegt. Das Pädagogische Landesinstitut hält spezielle Fortbildungen für Lehrkräfte vor, die an einer neuen Schwerpunktschule arbeiten. In diesem Zusammenhang sind die Fortbildungsmodule „Grundlagen für die Arbeit an Schwerpunktschulen“ und „Förderplanung und Diagnostik“ zu nennen, welche getrennt für die Primar- und die Sekundarstufe I angeboten werden. Des Weiteren stellen die Einführungskurse „Grundlagen des integrativen/inklusiven Unterrichts“ und „Förderpädagogische Grundlagen für alle Lehrkräfte an Schwerpunktschulen“ wiederkehrende Bausteine im Fortbildungsprogramm dar. 8. Welche Fort- und Weiterbildungsangebote gibt es für Förderschullehrerinnen und -lehrer für den unterrichtlichen Einsatz in den Sekun darstufen? 9. Welche Fort- und Weiterbildungsangebote zu den Themen zieldifferenter Unterricht und „Inklusion“ bestehen für Schulleitungen und Lehrkräfte? Wer bietet diese Fortbildungen an? Inklusiver Unterricht und die Gestaltung des Entwicklungsprozesses zur inklusiven Schule sind Aufgaben aller an Schwerpunktschulen tätigen Lehrkräfte. Den Mitgliedern der Schulleitung, welche die Verantwortung für Maßnahmen zur Schul- und Unterrichtsentwicklung sowie Qualitätssicherung tragen, kommt in diesem Prozess eine Schlüsselfunktion zu. Die Fortbildungsmaßnahmen werden in der Regel allen Förderschul- und Regelschullehrkräften sowie Mitgliedern der Schulleitung angeboten. Da Teamteaching und interdisziplinäre Zusammenarbeit an inklusiven Schulen erforderlich sind, ist die Teilnahme multiprofessioneller Teams am Fortbildungsangebot besonders zielführend. Neben den Fortbildungsinstituten in kirchlicher Trägerschaft bietet vorrangig das Pädagogische Landesinstitut Fortbildungen auf mehreren Ebenen an, um Schulen in ihrer konzeptionellen und unterrichtlichen Weiterentwicklung zur inklusiven Schule zu unterstützen . Im Sinne von Nachhaltigkeit liegt ein Schwerpunkt auf der systemischen Begleitung von Schulen. Die Fortbildungen finden schulintern, regional und überregional statt. Im Schuljahr 2012/2013 stehen den Schulen 20 Beraterinnen und Berater für Integration/Inklusion und 16 Beraterinnen und Berater für Autismus zur Verfügung. Aktuell werden 13 weitere Beraterinnen und Berater für Integration/Inklusion qualifiziert. Unter anderem informieren sie Schulleitungen sowie Lehrkräfte und leiten thematische Arbeitsgruppen sowie Konferenzen mit ihrer fachlichen Expertise. Sie unterstützen die Durchführung schulinterner Studientage, die sich am Unterstützungsbedarf jeder einzelnen Schule orientieren. In Regionalen Arbeitsgemeinschaften wird der fachlich-kollegiale Austausch ermöglicht. Für die Jahre 2013 und 2014 sind 28 Regio - nale Arbeitsgemeinschaften vorgesehen. Um den spezifischen Beratungs- und Fortbildungsbedarf des Teilnehmerkreises Rechnung zu tragen, werden die Regionalen Arbeits - gemeinschaften in der Regel für die Primar- und Sekundarstufe I getrennt angeboten. Schwerpunktthemen sind z. B. Differenzierung im Fachunterricht, Teamarbeit und Kooperation oder schulische Aspekte zu Autismus-Spektrum-Störungen. Für den Herbst 2013 sind drei regionale Fortbildungsveranstaltungen mit dem Thema „Inklusive Schule – eine Aufgabe für Schulleitungen “ geplant. Überregional hat das Pädagogische Landesinstitut ein Fortbildungskonzept zu zentralen Themen des inklusiven Unterrichts entwickelt , welches aus insgesamt zwölf wiederkehrenden Fortbildungsmodulen für die Primar- und Sekundarstufe besteht. Um dem schulstufenspezifischen Fortbildungsbedarf zu entsprechen, wurden jeweils vier Module für die Primarstufe und vier Module für die Sekundarstufe konzipiert. Vier weitere Fortbildungsmodule richten sich an Förderschullehrkräfte, Regelschullehrkräfte und Schulleitungen beider Schulstufen. Alle Fortbildungsmodule können von Regelschul- und Förderschullehrkräften in beliebiger Reihen folge besucht werden. Die inhaltlichen Schwerpunkte des Fortbildungskonzepts liegen in den Themenbereichen Förderplanung und Diagnostik, Formen zieldifferenten Unterrichts sowie Teamarbeit und Kooperation. Neben der Vermittlung theoretischer Grundlagen beinhalten alle Module Übungs- und Anwendungsmöglichkeiten sowie Transferplanungen für den eigenen Unterricht und die eigene Schule. Über das bestehende Fortbildungskonzept zum inklusiven Unterricht hinaus führt das Pädagogische Landesinstitut das sich über 1 1/2 Jahre erstreckende Fortbildungsprojekt „Auf dem Weg zur Inklusion – gemeinsamer Unterricht in der Orientierungsstufe“ durch. Die Schulleitungen der teilnehmenden Schulen erhalten ein auf sie abgestimmtes Angebot zum Thema Change Management im Umfang von zwei Fortbildungstagen. Schulleitungen werden im Rahmen der Schulleitungsqualifizierung am Zentrum für Schulleitung und Personalführung in Boppard auf erforderliche Veränderungsprozesse in ihren Schulen vertiefend vorbereitet. In Anwendung für die eigene Praxis spielt die syste - mische Weiterentwicklung als Schwerpunktschule dabei eine besondere Rolle. 5 Drucksache 16/2294 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode II. Multiprofessionelle Zusammenarbeit 10. Welche Formen der multiprofessionellen Zusammenarbeit bestehen bisher in Schulen? Bildungspolitik, Bildungsforschung und Praxis haben – bestätigt durch die Ergebnisse der PISA-Studie – ein wachsendes Erfordernis zur multiprofessionellen Zusammenarbeit in den Schulen erkannt. Ausbau und Intensivierung dieser Zusammenarbeit gehören zu einer lebensweltorientierten Pädagogik. Multiprofessionelle Zusammenarbeit an Schulen findet zum einen statt als Zusammenarbeit von allen Personen, die an der Schule Unterricht erteilen oder eine unterrichtliche Tätigkeit ausüben. So gibt es an Förderschulen und Schwerpunktschulen langjährige Erfahrungen in der Zusammenarbeit von Lehrkräften und pädagogischen Fachkräften, die in der Regel eine sozial- oder heilpädagogische bzw. therapeutische berufliche Qualifikation haben. An berufsbildenden Schulen wird der Unterricht durch praktische Unterweisungen von Lehrkräften für Fachpraxis (Lehrkräfte mit Meisterprüfung) ergänzt. Des Weiteren regelt § 19 Schulgesetz die multiprofessionelle Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern. Hier sind beispielsweise Integrationshelferinnen und -helfer, Schulsozialarbeiterinnen und -sozialarbeiter, Schulpsychologinnen und -psychologen, Schulärztinnen und -ärzte sowie die Beraterinnen und Berater der Agentur für Arbeit zu nennen, die an Schulen aller Schularten tätig sein können. Auch in den Ganztagsschulen in Angebotsform haben sich engagierte multiprofessionelle Teams von Lehrkräften, pädagogischen Fachkräften und Vertreterinnen und Vertretern von außerschulischen Partnern gebildet, die die pädagogische Arbeit mit eigener Schwerpunktsetzung leisten. 11. Welche Fortbildungsangebote für multiprofessionelle Zusammenarbeit bestehen für Fachkräfte und Lehrerinnen und Lehrer? Der Aspekt der multiprofessionellen Zusammenarbeit wird in allen Fortbildungsmaßnahmen aufgegriffen. Diese Fortbildungsmaßnahmen beziehen sich auf die Bereiche „Individuelle Förderung“, „Lernen in Vielfalt“ und „schulische Inklusion“. Das Pädagogische Landesinstitut bietet an den Standorten Boppard und Speyer unterschiedliche Module für die an Schwerpunktschulen der Primarstufe und Sekundarstufe tätigen Personengruppen an. Exemplarisch für das Jahr 2013 sind die Module „Gemein - samer Unterricht in der Schwerpunktschule: Teamarbeit und Kooperation“, „Das Lernen inklusiv strukturieren und Kooperation gestalten“ und „Kommunikation-Beratung-Team“ zu nennen. 12. Durch welche weiteren Maßnahmen wird die interne Teambildung zwischen Lehrerinnen und Lehrern, Schulleitung, Integrationshelferinnen und -helfern sowie weiteren Fachkräften an Schulen entwickelt, um damit die multiprofessionelle Arbeit zu unterstützen? Schwerpunktschulen entwickeln individuelle Organisationsstrukturen für eine gelingende multiprofessionelle Zusammenarbeit und Maßnahmen zur Teambildung, die den spezifischen Gegebenheiten der jeweiligen Schule entsprechen. Unterstützung und fachliche Begleitung erfahren sie hierbei durch die Beraterinnen und Berater für Integration/Inklusion sowie durch die Fortbildungsprogramme des Pädagogischen Landesinstituts und der kirchlichen Fortbildungsinstitute. Zusätzlich können einzelne Lehrkräfte und Teams den schulpsychologischen Dienst anfordern, der im Rahmen eines Kurzzeitcoachings die interne Teamentwicklung unter - stützt. In dem allen Schwerpunktschulen zur Verfügung stehenden Kompendium werden bewährte, praxisnahe Formen zur internen Teambildung genannt. Dieses „Kompendium Schwerpunktschulen“ ist auf dem Bildungsserver des Landes abrufbar. So haben sich Absprachen zu festgelegten Zeiten, in deren Rahmen Regelschullehrkräfte und Förderschullehrkräfte gemeinsam Unterricht und Beratung planen und evaluieren, als förderliche Maßnahme zur internen Teambildung erwiesen. Weitere Maßnahmen zur Teambildung und Einbindung aller genannten Berufsgruppen sind die gemeinsame Förderplanung sowie Hilfeplan- und Teilhabekonfe - renzen. 6 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/2294 III. Inklusion in Grundschulen 13. Wie verteilen sich Geschlechtszugehörigkeit, Migrationshintergrund und der Bezug von SGB Il-Leistungen auf die Schülerinnen und Schüler je nach Schulart (Schwerpunktschule und Förderschule)? Die Angaben zu den Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund 1) sind in der nachfolgenden Tabelle enthalten: 7 männlich weiblich gesamt Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf 249 165 414 an Grundschulen (inkl. Primarstufe organisatorisch verbundener Grund- und Hauptschulen und Grund- und Realschulen plus) Schülerinnen und Schüler an Förderschulen (Primarbereich) 345 181 526 Quelle: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz, Amtliche Schulstatistik. 1) Entsprechend der Definition der Kultusministerkonferenz ist bei Schülerinnen und Schülern ein Migrationshintergrund anzunehmen, wenn mindestens eines der folgenden Merkmale zutrifft: a) keine deutsche Staatsangehörigkeit, b) nichtdeutsches Geburtsland, c) nichtdeutsche Verkehrssprache in der Familie bzw. im häuslichen Umfeld. Aussagen zu dem Bezug von SGB II-Leistungen können nicht getroffen werden, da diese Daten kein Bestandteil der amtlichen Schulstatistik sind. 14. Wie hat sich die Anzahl der Gutachten, die einen besonderen Förderbedarf bei Grundschulkindern feststellen, in den letzten fünf Jahren entwickelt? Besonderer Förderbedarf wird von der Schulbehörde auf der Grundlage eines sonderpädagogischen Gutachtens festgestellt. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in der Primarstufe an Förderschulen und im inklusiven Unter richt sowie deren Entwicklung kann nachfolgender Tabelle entnommen werden: 2008/2009 2009/2010 2010/2011 2011/2012 2012/2013 Zahl der Schülerinnen und Schüler 6 005 6 078 6 128 6 124 6 185 Quelle: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz, Amtliche Schulstatistik. 15. Werden Kinder, die während der Grundschulzeit von Förderschulen auf Schwerpunktschulen und umgekehrt wechseln, gezielt beraten und begleitet? Wenn ja: von wem? Eltern haben ein schulgesetzlich verankertes Recht auf Beratung und Unterrichtung in fachlichen, pädagogischen und schulischen Fragen. Im Falle eines Schulwechsels nehmen die abgebenden und aufnehmenden Lehrkräfte die gezielte Beratung der Eltern und Information über mögliche Förderorte wahr. Bei Bedarf leisten die zuständige Schulbehörde und der schulpsychologische Dienst zusätzliche Unterstützung. Der Wechsel in eine Schwerpunktschule oder Förderschule wird durch die abgebenden und aufnehmenden Lehrkräfte vorbereitet und begleitet, indem vor dem Schulwechsel ein Austausch über die Förderpläne und Art und Umfang der bisherigen Förderung erfolgt. Sofern es für die weitere Förderplanung erforderlich ist, verfassen die abgebenden Lehrkräfte Berichte über die erfolgte Förderung . Drucksache 16/2294 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode IV. Inklusion in weiterführenden Schulen 16. Welche Qualitätskriterien bestehen aus Sicht der Landesregierung für ein gelingendes inklusives Schulkonzept? Rheinland-Pfalz hat bereits seit Ende der 1990er Jahre im Anschluss an verschiedene Schulversuche mit dem Konzept der Schwerpunktschule Strukturen aufgebaut, auf die zur Weiterentwicklung der schulischen Inklusion zurückgegriffen werden kann. Bei der Setzung von Standards für den inklusiven Unterricht können folgerichtig die an Schwerpunktschulen gesammelten Erfahrungen einfließen. Die erfolgreiche Arbeit wird auch durch die Auszeichnung verschiedener Schwerpunktschulen der Primar- und Sekundarstufe I mit dem Schulpreis „Unterricht INKLUSIV – Preis zur inklusiven Unterrichtsgestaltung an Schwerpunktschulen“ im Jahre 2012 dokumentiert. Die in dem Qualitätswettbewerb ausgezeichneten Schwerpunktschulen räumen der Partizipation von Eltern, dem Einsatz und der Verankerung sonderpädagogischer Fachkompetenz sowie der interdisziplinären Teamarbeit konzeptionell einen besonders hohen Stellenwert ein. Weitere beispielhafte Eckpunkte für das Gelingen von Inklusion in der Schule sind: – Die gesamte Schule stellt sich auf die Vielfalt der Schülerinnen und Schüler ein. – Heterogenität wird grundsätzlich als pädagogische Chance und Herausforderung gesehen. – Gemeinsames Lernen wird in größtmöglichem Maße realisiert. – Der Unterricht trägt den unterschiedlichen Lern- und Leistungsvoraussetzungen Rechnung, sodass alle Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit haben, im eigenen Lerntempo individuelle Lerninhalte zu bewältigen. – Inklusiver Unterricht findet in der Kooperation zwischen Lehrkräften statt, die auf einem schuleigenen Kooperationskonzept basiert. – Lehrkräfte verschiedener Professionen erarbeiten Lern- und Entwicklungspläne für Kinder und Jugendliche mit erschwerten Lernbedingungen in gemeinsamer Verantwortung zur Umsetzung im gemeinsamen Unterricht. – Fördern ist integrativer Bestandteil des Unterrichts. 17. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass bewilligte Schulbauvorhaben den Bedarfen von Schwerpunktschulen gerecht werden, besonders im Hinblick darauf, dass diese nicht allein durch Barrierefreiheit abgedeckt werden, sondern Schwerpunktschulen für Förder - angebote spezifische Räume benötigen? Schulbau ist auch bei Schwerpunktschulen eine Pflichtaufgabe der kommunalen Selbstverwaltung. Grundsätzlich gewährt das Land gemäß § 87 Abs. 1 Schulgesetz (SchulG) den Gemeinden und Gemeindeverbänden unter Berücksichtigung ihrer Finanzkraft nach Maßgabe der Haushaltsmittel Zuschüsse zu den Aufwendungen für genehmigte Schulbauten und deren Erstausstattung (Baukosten ), soweit sie vom Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur als dem fachlich zuständigen Ministerium als berücksichtigungsfähig anerkannt sind. Für kommunale Schulbaumaßnahmen beträgt der Regelfördersatz derzeit 60 % der investiven Gesamtkosten. Durch die Weiterentwicklung der Inklusion werden keine neuen rechtlichen Anforderungen für Barrierefreiheit an Schwerpunktschulen begründet. Barrierefreies Bauen an den Schulen in Rheinland-Pfalz ist schon seit langem gängige Praxis. Im Zuge der baufachlichen Prüfung über die Förderfähigkeit eines Bauvorhabens an Schulen wird auch geprüft, ob in den Bauplanungen die Bestimmungen zur Herstellung der Barrierefreiheit eingehalten werden. Bauliche Maßnahmen für Barrierefreiheit werden gemäß der im jeweiligen Schulbauprogramm geltenden Förderbedingungen aus Schulbaumitteln gefördert. Sofern Schwerpunktschulen für den inklusiven Unterricht spezifische Räume benötigen, werden auch diese im Bedarfsfall aus Schulbaumitteln gefördert. Gemäß Nr. 1.5.1 Abs. 7 Schulbaurichtlinie wird dem Schulträger für die Bedarfsermittlung konkret die Möglichkeit eröffnet, im Zusammenwirken mit der Schule das Rahmenraumprogramm um pädagogisch erforderliche und sich aus dem Förderbedarf ergebende Räumlichkeiten zu ergänzen. Im Antragsverfahren auf Gewährung einer Landeszuwendung aus Schulbaumitteln wird in der Regel die konkrete Planung für ein Schulbauprojekt entwickelt. In dieser Planungsphase wird auch bei Schwerpunktschulen geprüft, ob besondere zusätzliche Räume für den Schwerpunktschulbetrieb erforderlich werden. Insbesondere bei Neubauten kann die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) bereits in den Planungs- und Beratungsgesprächen mit dem Schulträger und der Schule vor Ort sicherstellen, dass an den Schwerpunktschulen bedarfsgerecht und barrierefrei gebaut wird. Notwendige ergänzende Baubedarfe für spezifische Fachräume können zudem im Nachhinein ermittelt und gefördert werden. Damit wird auch bei der Beauftragung einer Schule als Schwerpunktschule den Belangen der Schulträger und der Schule Rechnung getragen, den notwendigen Raumbedarf an den jeweiligen individuellen Bedürfnissen vor Ort auszurichten. 8 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/2294 18. Welche Entwicklungen gibt es bei Gymnasien auf dem Weg zur inklusiven Schule? Grundsätzlich gilt auch für Gymnasien, dass der Unterricht für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf darauf abzielt, durch sonderpädagogische und individuelle Hilfen eine den persönlichen Möglichkeiten entsprechende schulische Bildung zu verwirklichen. An vielen Gymnasien gibt es schon lange gemeinsamen Unterricht für Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen, die den Mittleren Schulabschluss oder eine Hochschulreife anstreben. Zum Beispiel erfüllt das Wilhelm-Remy-Gymnasium in Bendorf seit Jahren erfolgreich den Auftrag, schwer körperbehinderte Kinder und Jugendliche zum mittleren Schulabschluss oder zum Abitur zu führen. Der Anteil der körperlich beeinträchtigten Jugendlichen beträgt durchschnittlich 5 % an der Gesamtzahl aller Schülerinnen und Schüler der Schule. Neben körperlich beeinträchtigten Jugendlichen besuchen zunehmend auch hör- und sehbeeinträchtigte Schülerinnen und Schüler die Schule. Hör- oder sehbehinderte Schülerinnen und Schüler werden auch am Gymnasium am Römerkastell in Alzey und am Gymnasium am Rittersberg in Kaiserslautern insbesondere gefördert. Am Erich-Klausener-Gymnasium in Adenau ist für hörbehinderte Schülerinnen und Schüler eine besondere Ausstattung eines Klassenraums vorgenommen worden. Am Gymnasium im Pamina-Schulzentrum in Herxheim wird an einem Konzept zum Thema Inklusion gearbeitet. Lehrkräfte dieser Schule haben an diversen Fortbildungsveranstaltungen teilgenommen und mit Förderschulen als Kooperationspartner Kontakt aufgenommen. Das Paul-Schneider-Gymnasium in Meisenheim erprobt zusammen mit der Bodelschwingh-Schule der Kreuznacher Diakonie (Förderschule mit den Förderschwerpunkten ganzheitliche und motorische Entwicklung) ein Konzept, in dem Kinder der Bodelschwingh -Schule in einzelnen Fächern in den Unterricht des Paul-Schneider-Gymnasiums eingebunden und zieldifferent gefördert werden. Eine Arbeitsgemeinschaft aus Mitgliedern des Paul-Schneider-Gymnasiums und der Bodelschwingh-Schule plant Inhalt und Struktur der gemeinsamen Beschulung und wertet die gemachten Erfahrungen aus. Ferner setzt das Meisenheimer Gymnasium ein Konzept um, das sich auf gehörlose und hörgeschädigte Schülerinnen und Schüler bezieht. Auch die Gymnasien sind aufgefordert, sich mit Konzepten zieldifferenten Unterrichts zu beschäftigen. V. Inklusion in den Berufsbildenden Schulen 19. Wie viele Schülerinnen und Schüler mit festgestelltem Förderbedarf werden an der BBS unterrichtet? Im Rahmen der amtlichen Schulstatistik wird der Förderbedarf bei Schülerinnen und Schülern an berufsbildenden Schulen nicht erfasst. Dies gilt auch für Schülerinnen und Schüler, die im Rahmen einer dualen Ausbildung nach § 66 Berufsbildungsgesetz (BBiG) oder § 42 Handwerksordnung (HWO) die Berufsschule besuchen. 2) 20. Wie hoch ist ihre Verweildauer an der BBS? 21. Wie viele von ihnen haben in den letzten fünf Jahren welche Abschlüsse erreicht? Da die Schullaufbahn einzelner Schülerinnen und Schüler nicht in den Daten der amtlichen Schulstatistik abgebildet wird, liegen die gewünschten Informationen über Verweildauer und Erreichen des Abschlusses nicht vor. Schülerinnen und Schüler mit dem Abschluss im Förderschwerpunkt Lernen können an der berufsbildenden Schule das Berufsvorbereitungsjahr und die Berufsschule besuchen. Das Berufsvorbereitungsjahr ist ein vollzeitschulisches Bildungsangebot und dauert ein Schuljahr. Die Berufsschule ist Teil der dualen Ausbildung und wird während der Berufsausbildung in Teilzeit besucht. Die Dauer des Besuchs der Berufsschule ist abhängig von der vorgesehenen Dauer der Ausbildung im jeweiligen Beruf. Dies können zweijährige, dreijährige oder 3 1/2-jährige Berufsausbildungen sein. 22. Welche Beratungen und Hilfeleistungen gibt es im Bereich der BBS, um Menschen mit Beeinträchtigungen den Übergang in die Berufswelt zu erleichtern? Aufgabe der berufsbildenden Schulen ist es, Jugendliche zu schulischen und beruflichen Abschlüssen zu führen, um ihnen einen Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Schülerinnen und Schülern mit Beeinträchtigungen erhalten die notwendige Unterstützung durch die Schule und den Schulträger. Dazu gehören die individuelle Beratung und Unterstützung der Schülerinnen und Schüler und deren Eltern durch die Lehrkräfte und die Schulsozialarbeit der Schule ebenso wie die Schaffung technischer und räumlicher Voraussetzungen im Rahmen der Möglichkeiten. 9 2) Nach § 66 BBiG und § 42 HWO können für Menschen mit Behinderung, die wegen Art und Schwere ihrer Behinderung keine Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf absolvieren können, von den zuständigen Stellen besondere Ausbildungsregelungen vereinbart werden. Die Ausbildungsinhalte sollen Lage und Entwicklung des allgemeinen Arbeitsmarktes aus den Inhalten anerkannter Ausbildungsberufe berücksichtigen . Drucksache 16/2294 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Darüber hinaus ist Schülerinnen und Schülern mit Behinderung auf der Grundlage von § 31 der Schulordnung für die öffentlichen berufsbildenden Schulen eine der Behinderung angemessene Arbeitserleichterung zu gewähren. Dies bedeutet, dass Schülerinnen und Schülern aufgrund ihrer Behinderung/Beeinträchtigung kein Nachteil entstehen darf. Im Berufsvorbereitungsjahr haben rund 20 Prozent der Schülerinnen und Schüler einen Abschluss der besonderen Form der Berufsreife . Sie werden in Klassen mit maximal 16 Schülerinnen und Schülern durch einen hohen Anteil an fachpraktischem Unterricht in schulischen Werkstätten und in Betriebspraktika auf die Arbeitswelt vorbereitet und zum Abschluss der Berufsreife geführt . In allen Berufsvorbereitungsjahren erhalten die Jugendlichen zusätzliche Unterstützung durch Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter. 23. Welche Unterstützungssysteme mit Beteiligung außerschulischer Einrichtungen (beispielsweise der Bundesagentur für Arbeit) helfen Schülerinnen und Schülern mit und ohne Schulabschluss beim Eintritt in die Berufswelt? „Berufswegeplanung ist Lebensplanung.“ Auf diesem Leitsatz baut die am 6. Oktober 2009 zwischen der Landesregierung, der Bundesagentur für Arbeit, den Kammern und der Wirtschaft abgeschlossene Rahmenvereinbarung auf. Festgelegt wurden darin erstmals gemeinsame Handlungsstrukturen im Bereich der Berufswahlvorbereitung und Studienorientierung, für die Mindeststandards für die Sekundarstufe I definiert sind. Damit sollen Jugendliche unterstützt werden, eigenverantwortlich und aktiv die Übergänge in Ausbildung und Beruf zu gestalten. Schulen, Arbeitsagenturen, Kammern und Wirtschaft tragen die gemeinsame Verantwortung für das Gelingen dieser Übergangsprozesse . Die Schulen sind zur Netzwerkbildung verpflichtet. Darüber hinaus führt die Landesregierung in Zusammenarbeit mit verschiedenen Trägern Projekte zum Übergang von der Schule in den Beruf durch. Die Jobfüxe helfen durch präventive, arbeitsweltorientierte Angebote, die Übergänge zwischen Schulsystem und Berufssystem zu erleichtern. Sie fördern damit die dauerhafte berufliche und soziale Integration. Die Jobfüxe sind insbesondere in den Abgangsklassen der Schulen direkte Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für Schülerinnen und Schüler und deren Eltern, für die Schulen sowie für Ausbildungsbetriebe. Im Schuljahr 2012/2013 werden 31 Jobfüxe in Rheinland-Pfalz gefördert. Um Jugendlichen ohne Ausbildungsplatz eine Alternative bieten zu können, hat das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie das Programm „Fit für den Job“ aufgelegt. Die Jugendlichen erhalten praxisnahe Einblicke in Berufsbilder und erwerben fachbezogene Qualifikationen. Durch Praktika und berufsbezogene Schulungen werden sie in der Bewerbungsphase für eine Ausbildung unterstützt. Eine sozialpädagogische Begleitung hilft den Jugendlichen in der Anfangsphase der Ausbildung. Aktuell wird das Programm an 24 unterschiedlichen Standorten durchgeführt. Aufgabe der zurzeit 25 geförderten Jugendscouts ist es, arbeitslose Jugendliche zu beraten, um ihnen den Wiedereinstieg in den Ausbildungs - bzw. Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Sie erreichen junge Menschen, die wegen persönlicher Merkmale vorhandene Angebote zur beruflichen Eingliederung nicht oder nicht mehr in Anspruch nehmen. Die Finanzierung der genannten Projekte erfolgt aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) und aus arbeitsmarktpolitischen Mitteln des Landes. Die gemeinsam mit der Agentur für Arbeit, Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland, durchgeführten Projekte der erweiterten Berufsorientierung zielen ähnlich wie die Jobfüxe darauf ab, dass sich Jugendliche möglichst frühzeitig mit ihren eigenen beruflichen Perspektiven befassen. Berufswunsch und Ausbildungsmöglichkeiten sollen passgenau miteinander in Einklang gebracht werden . Zielgruppe der Projekte sind Jugendliche mit Unterstützungs- oder Informationsbedarf, dazu zählen vor allem Jugendliche mit Migrationshintergrund, mit engem Berufswahlspektrum oder mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Im Jahr 2013 werden 21 Projekte aus Mitteln der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland und des ESF gefördert. Darüber hinaus finanziert die Agentur für Arbeit Fördermaßnahmen wie z. B. Ausbildungsbegleitende Hilfen. Weiterhin hat das Land flächendeckend Integrationsfachdienste beauftragt, welche vor allem Schülerinnen und Schüler mit umfänglichem Förderbedarf die dauerhafte Integration in den ersten Arbeitsmarkt als Alternative zur Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) ermöglichen sollen. Vier Integrationsfachdienste haben sich auf Schülerinnen und Schüler mit Hörbehinderungen spezialisiert. Die Integrationsfachdienste begleiten diese Schülerinnen und Schüler ab der achten Klasse bzw. in der Werkstufe beim Übergang von der Schule in den Beruf. Dies geschieht durch den Aufbau eines Netzwerks unter Einbeziehung aller Kooperationspartner (z. B. der Agentur für Arbeit, Arbeitgeber), durch Unterstützung der Schulen bei der Entwicklung eines Berufsorientierungs- und Berufswegeplanungskonzepts und durch gezielte und individuelle Unterstützungsangebote für die Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern (z. B. Berufswegeplanung, Begleitung und Evaluation der Praktika, Bewerbertraining). Auch nach einer erfolgreichen Aufnahme eines Arbeits- oder Ausbildungsplatzes kann der Integrationsfachdienst Berufsbegleitung weiterhin Unterstützung leisten. 10 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/2294 VI. Partizipation: Beteiligungsmöglichkeiten von Eltern, Kindern und Familien 24. Wie bewertet die Landesregierung demokratische Beteiligungsformen für Schulkinder in weiterführenden Schulen insbesondere vor dem Hintergrund der Kinder mit Förderbedarf? Gibt es konkrete Beispiele für Best Practice? Schulen, die Schülerinnen und Schüler beteiligen, sorgen für eine schulische Kultur der Wertschätzung. Sie fördern die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, unterstützen Engagement und Eigeninitiative und legen damit einen wichtigen Grundstein bei der Erziehung zu mündigen Bürgerinnen und Bürgern. Schulen, die Demokratieerziehung betreiben, ermöglichen den Schülerinnen und Schülern, Schlüsselkompetenzen zu erwerben, die leistungsfördernd sind und erfolgreiche Schulkarrieren unterstützen können . Neben diesem Aspekt ist ein Punkt für Kinder mit Förderbedarf von besonderer Bedeutung: Diejenigen, die besondere Unter - stützung benötigen, sind wie alle anderen Kinder in das Schulleben eingebunden. Schule ist keinesfalls der einzige Ort, an dem eine demokratische Bürgerschaft entwickelt werden kann. Dennoch spielt sie als ein zentraler Ort der Sozialisation von Kindern und Jugendlichen eine wichtige Rolle bei der Erziehung zu verantwortungsbewussten und aktiven Bürgerinnen und Bürgern. Dabei ist die Schulart unwesentlich. Beteiligung kann in allen Schularten erlebt und erlernt werden. Als gute Beispiele können die 44 „Modellschulen für Partizipation und Demokratie“ genannt werden, die gemeinsam daran arbeiten , über formale Beteiligungsformen hinaus eine demokratische Schul- und Lernkultur zu entwickeln. Demokratiepädagogische Elemente wie Klassenrat, Schülerparlament, wöchentliche Vollversammlung und Schülerbotschafter sind Teile der Qualitätsprogramme zahlreicher Schulen aus dem Bereich der Grundschulen und der Sekundarstufe I. Als Best-PracticeBeispiele können die Grundschule am Biewerbach in Trier, die Realschule plus in Gau-Algesheim und die Integrierte Gesamtschule in Nieder-Olm genannt werden, die in besonderer Weise alle Schülerinnen und Schüler gleichberechtigt einbinden. Selbstverständlich gehören das gemeinsame und gleichberechtigte Erfahren und Gestalten schulischer Selbst- und Mitbestimmung von Schülerinnen und Schülern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf zum pädagogischen Auftrag aller rheinland-pfälzischen Schulen. Die Landskronschule (Förderschule mit den Förderschwerpunkten Lernen und ganzheitliche Entwicklung) ist als ein herausragendes Beispiel von vielen aus dem Bereich der Förderschulen hervorzuheben. In ihrem Qualitätsprogramm setzt sie einen besonderen Schwerpunkt in der Vermittlung sozialer Kompetenzen und der eigenständigen Übernahme von Verantwortung durch ihre Schülerinnen und Schüler. 25. Welche Wünsche äußern Eltern im Gutachtenportal und wie verfährt die Landesregierung mit diesen Anregungen? Daten und Informationen zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs werden in einem Portal erfasst. Ein Bestandteil ist das sonderpädagogische Gutachten, das Grundlage für die Entscheidung ist, ob sonderpädagogischer Förderbedarf vorliegt. Die Ergebnisse des Gutachtens und die Möglichkeiten zur Förderung werden von der Schulleitung der Förderschule zusammen mit der Schwerpunktschule mit den Eltern besprochen. Die Eltern werden umfassend über die möglichen Lernorte Förderschule und Schwerpunktschule informiert. Entsprechend dem Elternwunsch notiert die Schulleitung im Portal den Lernort Förderschule oder Schwerpunktschule, damit die Schulbehörde davon Kenntnis erhält. In der Regel erfüllt die Schulbehörde diesen Wunsch bei ihrer Entscheidung im Rahmen des gewährten Wahlrechts. Sofern die Eltern im Rahmen der Anhörung weitere Wünsche äußern, werden diese ebenfalls notiert. In Einzelfällen wünschen die Eltern den Verbleib ihres Kindes an der bisherigen Schule. In diesen Fällen prüft die Schulbehörde, ob dies möglich ist. 26. Inwieweit werden Schulen unterstützt, Behinderung – entsprechend der Leitgedanken der UN-Behindertenrechtskonvention – unter dem Gesichtspunkt der Vielfalt zu betrachten? Welche Informations- und Fortbildungsmöglichkeiten eröffnet das Land Eltern, die Inklusion im Bildungsbereich weiter befördern wollen? Das Pädagogische Landesinstitut unterstützt Schulen bei der Erarbeitung und Umsetzung von pädagogischen Konzepten zur Inklusion und zur individuellen Förderung von Kindern und Jugendlichen, indem insbesondere diagnostische Kompetenzen, aber auch Unterrichtsmethoden und -modelle für individuelles und kooperatives Lernen vermittelt und erprobt werden. Dazu hat das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur mit dem Pädagogischen Landesinstitut u. a. die Projekte „Lernen in Vielfalt (LeiV)“ und „Auf dem Weg zur Inklusion – Gemeinsamer Unterricht in der Orientierungsstufe 2013 bis 2014“ initiiert. Themenschwerpunkt im Projekt LeiV ist der Umgang mit Heterogenität im schulischen Kontext, z. B. in der Orientierungsstufe und im fachlichen Unterricht. Mit dem Pilotprojekt „Auf dem Weg zur Inklusion – Gemeinsamer Unterricht in der Orientierungsstufe 2013 bis 2014“ unterstützt das Pädagogische Landesinstitut die Schulen mit einem umfänglichen Angebot, schuleigene Lösungen zu entwickeln, zu erproben und zu evaluieren. Die Projektschulen werden über 1 1/2 Jahre bei der Planung und Durchführung des Gesamtprozesses inklusiver Schulentwicklung von einem Beratertandem unterstützt. Schulleitungen und Lehrkräfte der teilnehmenden Schulen erhalten ein spezifisches Angebot zum Thema Inklusion. 11 Drucksache 16/2294 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Das Pädagogische Landesinstitut bietet regelmäßig Fortbildungen zu den Themen „Rechte und Pflichten von Elternvertretungen“ und „Kommunikation/Moderation“ an. Darüber hinaus gibt es eine eigene „Multiplikatorengruppe von Elternvertretungen“, die auf Nachfrage an einzelnen Schulstand - orten im Rahmen von Abend- oder Ganztagsveranstaltungen zum Thema „Rechte und Pflichten“ referieren und ganz spezifisch auf Frage- und Problemstellungen an den einzelnen Schulen eingehen kann. Im Rahmen der neu strukturierten Elternfortbildungsmaßnahmen nach § 47 Schulgesetz haben die Schulen die Möglichkeit, finanzielle Zuschüsse zu schuleigenen Elternfortbildungsmaßnahmen zu erhalten. Wenn Schulleitung und Schulelternbeirat dies wünschen, kann auch das Thema Inklusion Gegenstand einer derartigen Fortbildungsmaßnahme sein. Auch der Elternfachtag kann ein passender Rahmen sein, um sich mit Aspekten schulischer Inklusion zu beschäftigen. Im Rahmen des Landeselterntags wurde seit 2010 in jedem Jahr jeweils ein Workshop zu diesem Thema angeboten. 27. Welche Informations- und Fortbildungsmöglichkeiten bieten sich Schüler innen und Schülern, die sich für die inklusive Schule engagieren wollen? Im Rahmen von regionalen und landesweiten Tagungen der Landesschülervertretung können sich Schülerinnen und Schüler mit dem Thema Inklusion befassen. Solche Veranstaltungen werden über ein im Landeshaushalt eingestelltes Budget finanziert. So fanden beispielsweise im Rahmen der Veranstaltungsreihe „forum neue bildung“ unter Mitwirkung der Landesschülervertretung einige Termine zur Inklusion statt, zu denen Schülerinnen und Schüler über die kommunalen Schülervertretungen eingeladen waren. Im laufenden Jahr fanden die Veranstaltungen „Vielfalt nutzen: erfolgreich gemeinsam lernen“, „Schule in der Demokratie – gerecht und inklusiv“ sowie „Schulbau inklusiv“ statt. Schulen können das Engagement von Schülerinnen und Schülern im Rahmen von Arbeitsgemeinschaften und Begegnungsprojekten fördern. Die beim Pädagogischen Landesinstitut angesiedelte „Serviceagentur Ganztägig Lernen“ bietet in Kooperation mit dem Schulentwicklungsprogramm „Demokratie lernen und leben in Rheinland-Pfalz“ jährlich acht Fortbildungen an. Daran nehmen auch Schülerinnen und Schüler teil, unter anderem als Referentinnen oder Referenten. Ein Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung individueller Lernformen und auf der Einführung neuer Unterrichtsmethoden, auch im gemeinsamen Unterricht von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Behinderung. VII. Entwicklungsperspektiven 28. Wird die Landesregierung einen konzeptionellen Rahmen- und Umsetzungsplan für die Inklusion im Schulsystem – gemeinsam mit relevanten Akteuren – entwickeln? In welchem Zeitfenster? Rheinland-Pfalz baut seit dem Jahr 2001 mit dem Konzept der Schwerpunktschulen das Angebot inklusiven Unterrichts für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen kontinuierlich aus. Der deutschlandweit erste Landesaktionsplan zur Umsetzung der UNBehindertenrechtskonvention und der Beschluss des Landtags zur „Integration und Inklusion in rheinland-pfälzischen Bildungseinrichtungen “ von 2010 bekräftigten das Leitziel, Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen gemeinsam zu erziehen und gemeinsam zu unterrichten. Am 15. Januar 2013 hat die Landesregierung ein Konzept für die Weiterentwicklung der Inklusion im schulischen Bereich beraten und beschlossen. Dieses Landeskonzept beinhaltet unter anderem folgende Maßnahmen: – Schulgesetzliche Verankerung eines vorbehaltlosen Wahlrechts für Eltern von Kindern mit Behinderungen zwischen einem inklusiven Unterrichtsangebot an einer Regelschule und einem Angebot in einer Förderschule; die Gesetzesänderung wird noch in diesem Jahr auf den Weg gebracht und zum Schuljahr 2014/2015 in Kraft treten. – Weiterer Ausbau des gemeinsamen Unterrichts unter Einbeziehung aller Schularten unter dem Aspekt der Wohnortnähe, sodass dem uneingeschränkten Wahlrecht der Eltern Rechnung getragen werden kann. Für die weitere Planung in dieser Legislaturperiode wird ein Inklusionsanteil von 40 % zugrunde gelegt. – Weiterentwicklung von Förderschulen zu „Förder- und Beratungszentren“. Diese bieten Unterricht an und wirken als sonderpädagogische Unterstützungssysteme, damit sonderpädagogisches Fachwissen überall dort zur Verfügung steht, wo es erforderlich ist. Dazu gibt es erste Initiativen auf kommunaler Ebene. Die ersten Förder- und Beratungszentren werden voraussichtlich parallel zur Novellierung des Schulgesetzes – also zum Schuljahr 2014/2015 – an den Start gehen. – Erprobung von Formen zur Fortsetzung des inklusiven Unterrichts im berufsbildenden Bereich, insbesondere für schwerbehinderte Jugendliche durch Kooperation von berufsbildenden Schulen und der Berufsschulstufe (Werkstufe) an Förderschulen. 12 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/2294 – Verankerung der Inklusion im neuen Lehrerbildungsgesetz, intensivere Qualifizierung angehender Lehrkräfte für inklusiven Unterricht, verstärkte Kooperation der Studienseminare für das Förderschullehramt mit den Studienseminaren für andere Lehrämter sowie Ausweitung der Weiterbildungsangebote für Lehrkräfte durch das Pädagogische Landesinstitut. – Verstärkte Beratung von Eltern über die ganze Bandbreite der schulischen Fördermöglichkeiten für Kinder mit Behinderungen sowohl in der klassischen Form von Broschüren und Informationsflyern als auch über das Internet. Auf der Homepage des Bildungsministeriums sind die Grundlagen des Landeskonzepts in einem entsprechenden Text dargestellt . Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit sind Fachtagungen und Kongresse zur weiteren Kommunikation des Konzepts und dessen Umsetzung geplant. Die Kompetenzen der Fachverbände, der Lehrergewerkschaften und Lehrerverbände, Hauptpersonalräte und Interessenvertretungen der Betroffenen sind wichtig, um den Inklusionsprozess weiter voranzubringen. Mit ihnen steht das Bildungsministerium in einem ständigen Austausch. Das nächste Gespräch ist noch im laufenden Jahr geplant. Um ein gutes Angebot in der Fläche sicherzustellen und dies auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung sowie der finanziellen Auswirkungen zukunftsfest zu gestalten, erfolgt der Ausbau des inklusiven Unterrichtsangebots – ähnlich wie andere schulstrukturelle Projekte in der Vergangenheit – in engem Zusammenwirken mit den Kommunen als Schulträger. 29. Inwieweit beabsichtigt die Landesregierung, auf eine Berücksichtigung inklusiver Bildungsangebote bei der kommunalen Schulentwicklungsplanung hinzuwirken? 30. Mit welchen Initiativen zur Unterstützung inklusiver Schulgestaltung wird die Landesregierung an die Schulträger herantreten? Ziel der von kreisfreien Städten und Landkreisen zu erarbeitenden Schulentwicklungsplanung ist es, ein bedarfsgerechtes, ausgewogenes schulisches Angebot in erreichbarer Entfernung nachhaltig zu sichern und zukunftsfähig weiterzuentwickeln. Dabei sind auch der demografische Wandel und bildungspolitische Herausforderungen zu berücksichtigen. Dazu gehört vor dem Hintergrund der UN-Behindertenrechtskonvention die Sicherstellung einer quantitativ und qualitativ guten Versorgung mit inklusiven schulischen Angeboten. Die Schulbehörde unterstützt und berät die Kommunen bei den konkreten Planungen. Bereits nach der geltenden Schulbaurichtlinie können notwendige bauliche Maßnahmen für den inklusiven Unterricht an Schulen, die als Schwerpunktschule beauftragt sind oder werden, aus Landesschulbaumitteln gefördert werden. Zusätzlicher Raumbedarf wird über eine Einzelfallbetrachtung, wie bei allen Schulbauvorhaben, geprüft. Barrierefreies Bauen ist außerdem an rheinland-pfälzischen Schulen seit vielen Jahren gängige Praxis – basierend auf den Vorschriften des Landesgesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen, der rheinland-pfälzischen Bauordnung und den einschlägigen Normen für barrierefreies Bauen. Von daher ist eine grundsätzliche inhaltliche Anpassung der Schulbaurichtlinie an die Erfordernisse inklusiven Unterrichts nicht erforderlich, eine Überprüfung der geltenden Vorschriften findet regelmäßig im Kontext pädagogischer und organisatorischer Veränderungen statt. Darüber hinaus fördert die Landesregierung die inklusive Schulgestaltung durch folgende Maßnahmen: – Dem Schulträger wird ein Antragsrecht im Verfahren zur Einrichtung von Förder- und Beratungszentren eingeräumt. Im Antrag legt er seine Vorstellungen und Analysen zur Sicherung der sonderpädagogischen Förderung in Förderschulen, Schwerpunktschulen und anderen Regelschulen in seinem Gebiet bzw. gebietsübergreifend dar und stimmt sich mit der Schulbehörde und den beteiligten Schulen ab. Mit der Einrichtung von Förder- und Beratungszentren erhält der Schulträger stärker als bisher die Möglichkeit, die sonderpädagogische Struktur der Region bedarfsgerecht zu gestalten. – Der Schulträger hat ein Beteiligungsrecht vor der Ernennung von neuen Schwerpunktschulstandorten. – Mit den Trägern der Sozial- und Jugendhilfe sind geeignete Formen der Kooperation festzulegen, um den konkreten Bedarf an Integrationshelferinnen und -helfern zu ermitteln und deren Einsätze zu optimieren. In Gesprächen mit den Kommunalen Spitzenverbänden geht es darum, alle Fragen der schulischen Inklusion zu erörtern, die von gemeinsamem Interesse sind und die entsprechenden Aufgabenbereiche betreffen. Doris Ahnen Staatsministerin 13