Drucksache 16/2312 14. 05. 2013 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Anne Spiegel und Dr. Dr. Rahim Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Verschreibungspraxis der „Pille danach“ in rheinland-pfälzischen Krankenhäusern Die Kleine Anfrage 1512 vom 24. April 2013 hat folgenden Wortlaut: Der Fall einer jungen Frau, der nach einer mutmaßlichen Vergewaltigung die notärztliche Behandlung von zwei katholischen Krankenhäusern in Köln verweigert wurde, hat die Verschreibungspraxis der sogenannten „Pille danach“ in Deutschland in die öffentliche Diskussion gebracht. Die Präparate Levonorgestrel und Ulipristalacetat, die in Deutschland unter dem Namen „Pille danach“ zusammengefasst werden, dienen nach der Einschätzung des Berufsverbands der Frauenärzte der Verhütung einer ungewollten Schwangerschaft und nicht dem Schwangerschaftsabbruch. Hierbei ist die Schnelligkeit der Einnahme nach der ungewollten Empfängnis entscheidend für die Wirkung des Präparats. Aus diesen Gründen ist es wichtig, die medizinische Akutversorgung mit der „Pille danach“ auch flächendeckend in rheinland-pfälzischen Krankenhäusern zu sichern, um den Mädchen und Frauen schnelle Hilfe zu bieten. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Ist die sogenannte „Pille danach“ flächendeckend in Rheinland-Pfalz erhältlich? 2. Welche Möglichkeit gibt es für Mädchen und Frauen, in Notsituationen die „Pille danach“ zu erhalten? 3. Wie beurteilt die Landesregierung die Tatsache, dass die „Pille danach“ verschreibungspflichtig ist? 4. Welche Maßnahmen erachtet die Landesregierung für sinnvoll, um den Zugang zur „Pille danach“ für alle Menschen unabhän- gig von ihrer finanziellen Situation und ihrem Wohnort zu gewährleisten? 5. Umfasst die medizinische Akutversorgung an rheinland-pfälzischen Kliniken die Verschreibung der „Pille danach“ auch bei Frau- en, die nicht vergewaltigt wurden, und sind hier Fälle bekannt, in denen die Gabe der „Pille danach“ den Frauen verwehrt wurde ? Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 13. Mai 2013 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Ja. Die Präparate, die unter dem Namen „Pille danach“ zusammengefasst werden, sind flächendeckend in Rheinland-Pfalz verfügbar. Zu 2.: Die Verordnung von verschreibungspflichtigen Medikamenten obliegt den Leistungserbringern im vertragsärztlichen Bereich. Zu den Krankenhausleistungen gehören ärztliche Behandlung, Krankenpflege und Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, die für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung der Patienten im Krankenhaus notwendig sind. Krankenhäuser sind auch im Rahmen der ambulanten Notfallbehandlung nicht berechtigt, Medikamente zu verordnen. Hier erfolgt die Versorgung der Patienten durch Verabreichung von Medikamenten, die im Rahmen der ambulanten Notfallleistung medizinisch erforderlich sind. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 11. Juni 2013 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/2312 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu 3.: Wegen seines hohen Hormongehaltes (15-fache Konzentration des Gestagengehaltes der normalen Antibabypille) wurde Levonorgestrel seinerzeit als Notfallkontrazeptivum in Deutschland der Verschreibungspflicht unterstellt. Das bedeutet, dass es ausschließlich nach vorheriger ärztlicher Verordnung in Apotheken erhältlich ist. Der Sachverständigenausschuss beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat bereits im Jahr 2003 unter Hinweis auf Erfahrungen in 28 Ländern (Europa, unter anderem in Frankreich, Großbritannien und in der Schweiz), in denen die „Pille danach “ mit dem Wirkstoff „Levonorgestrel“ ohne ärztliche Verordnung erhältlich ist, empfohlen, sie zur einmaligen Anwendung als Notfallkontrazeptivum aus der Verschreibungspflicht zu entlassen. Bei der Abgabe der „Pille danach“ mit dem Wirkstoff „Levonorgestrel “ müsse darauf geachtet werden, dass dieses Notfallkontrazeptivum nur mit pharmazeutischer Beratung in der Apotheke abgegeben wird und nicht unkontrolliert im Internet vertrieben werde. Sollten die weiteren Beratungen zeigen, dass es einen breiten Konsens für die Freistellung von Levonorgestrel als Notfallkontrazeptivum aus der Verschreibungspflicht gibt, ist zunächst die Bundesregierung gefordert, einen Entwurf zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) vorzulegen und die Rahmenbedingungen für die Abgabe des Medikaments festzulegen . Zu 4.: Versicherte haben gemäß § 24 a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bis zum vollendeten 20. Lebensjahr einen Anspruch auf Versorgung mit empfängnisverhütenden Mitteln, soweit sie ärztlich verordnet werden. Zu den empfängnisverhütenden Mitteln gehören insbesondere die hormonal wirkenden Mittel. Die „Pille danach“ gehört zu den verschreibungspflichtigen empfängnisverhütenden Mitteln. Verschrieben werden kann die „Pille danach“ jedoch nur zur Notfallkontrazeption . Bei gesetzlich versicherten Frauen unter 18 Jahren übernimmt die Krankenkasse die Kosten für die „Pille danach“ komplett. Vom 18. bis zum 20. Geburtstag fallen Zuzahlungen an. Nach dem 20. Geburtstag trägt die GKV nur noch die Kosten für die ärztliche Beratung einschließlich Untersuchung und Verordnung , das heißt, die Ausstellung des Rezeptes. Die Kosten für das Arzneimittel selbst sind – wie auch bei der „normalen“ Pille – vollständig von der Versicherten zu tragen. Für den Fall einer Vergewaltigung haben die Träger der katholischen Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz am 14. Februar 2013 und die Deutsche Bischofskonferenz am 21. Februar 2013 klargestellt, dass die Beratung sowie die Information über die Möglichkeiten einer nachträglichen Empfängnisverhütung durch die sogenannte „Pille danach“ zur medizinischen Akutversorgung gehören. Weitere Maßnahmen erachtet die Landesregierung zurzeit nicht für sinnvoll. Sie wird aber die Praxis sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich weiter verfolgen und gegebenenfalls darauf reagieren. Zu 5.: Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. Fälle, in denen die Verabreichung der „Pille danach“ in rheinland-pfälzischen Krankenhäusern verwehrt wurde, sind der Landesregierung nicht bekannt. Alexander Schweitzer Staatsminister